Zivilrechtsklausur vom 18.07.2019
ZivilR-Klausur 18.07.2019 Frage 1: Ansprüche der B gegen P: A. § 812 Abs. 1 S.1, 1.Var. I. Anspruch entstanden 1. P etwas erlangt? (+), Gutschrift über Euro 7.500,- (= § 780 S.1) 2. durch Leistung der B? (-), zwar bewusste, jedoch aus der – im Zweifel maß- geblichen – verobjektivierten Sicht des P keine zweck- gerichtete Vermögensmehrung durch B (vielmehr durch K). II. Ergebnis: § 812 Abs. 1 S.1, 1.Var. (-). B. § 812 Abs. 1 S.1, 2.Var.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 1. P etwas erlangt? (+), s.o. 2. „in sonstiger Weise“ auf Kosten der B? a) nicht durch Leistung der B? b) heißt „in sonstiger Weise“ auch: nicht durch Leis- tung eines Dritten (maW: gibt es einen Vorrang von Leistungsbeziehungen)? aa) grds. (+), Wertung des § 816 Abs. 1; Ausnahmen aber nach den Wertungen der §§ 816 Abs. 1 S.2, 932 und 935. bb) Griffe hier eine Ausnahme ein? (-), das Schreiben des K an P wäre zu spät.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 cc) Zu prüfen also, ob ein Dritter die Gutschrift an P geleistet hat. (1) des P eigene Bank? (-), formal zwar (+), aber wertend bleibt der bloße Leistungsmittler (zum Zwecke der Vereinfachung) im Bereicherungsausgleich unberücksichtigt. (2) des K? (a) nach dem formalen Leistungsbegriff? (-), jedenfalls nicht iHv Euro 2.500,-, weil er dies gerade nicht wollte (und nicht wusste); allein die objektive Sicht des P ist nicht ausreichend. (b) abweichende wertende Betrachtung?
ZivilR-Klausur 18.07.2019 - bei dem BereichAusgl im Mehrperso- nenverhältnis verbietet sich jede sche- matische Lösung anhand des formalen Leistungsbegriffs - vorrangig sind die Gesichtspunkte der Risikoverteilung und des Vertrauens- schutzes (aa) danach grds.: Rückabwicklung innerhalb des je- weils gestörten Vertragsverhältnis- ses, d.h. „im Dreieck“ anhand der Leistungskette danach hier Rückabwicklung zwi- schen K und B, nicht B und P.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 (bb) Ausnahme aber dann, wenn dies gegen Wertungen des Zivilrechts verstößt - entscheidend nach hM, ob die Ver- mögensmehrung dem K noch „zu- gerechnet“ werden kann. - früher bei sog. „Anweisungsfäl- len“ streitig, wann noch zuzurech- nen. - seit BGH NJW 2015, 3093 ff.: „Dreh- und Angelpunkt“ ist jetzt (seit 2011) § 675j. Zu prüfen ist, ob der K die Überweisung ggü B „autorisiert“ hat.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 hier (-), K hat nur eine Überweisung über Euro 5.000,-, nicht über Euro 7.500,- autorisiert. (c) dem K ist die Gutschrift nur iHv Euro 5.000,- zurechenbar. c) also hat P die Gutschrift iHv Euro 2.500,- „in sonsti- ger Weise“ auf Kosten der B erlangt. 3. ohne rechtlichen Grund (+), zwischen B und P bestand überhaupt kein Rechts- grund (ein RGrund K – P ist irrelevant, Relativität von Schuldverhältnissen). II. Rechtsfolge: P muss, da er die Gutschrift nicht herausgeben kann (§ 818 Abs. 2), Wertersatz iHv Euro 2.500,- leisten.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 C. Ergebnis zu Frage 1 P schuldete der B die Euro 2.500,- aus § 812 Abs. 1 S.1, 2.Var. Die Klage der B gegen P ist also zu Unrecht abge- wiesen worden. Frage 2: Klage des K gegen B B wird auf die zulässige Klage des K hin zur Zahlung der Euro 45.000,- verurteilt, wenn dem K ein darauf gerichteter durchsetzbarer Anspruch gegen B zusteht. A. §§ 700 Abs. 1 S.1, 488 Abs. 1 S.2 I. Anspruch entstanden 1. Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag bezügl. Geld? a) Das Giroverhältnis wird geprägt von einem Zah- lungsdiensterahmenV iSd § 675f Abs. 2 S.1.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 b) Wird dem Zahlungsdienstnutzer auf dem Konto zudem ein Dispositionsrahmen eingeräumt, liegt des Weiteren ein DarlehensV iSd § 488 vor. c) Wird das Konto im Haben geführt, verwahrt die Bank das Guthaben für den Kunden; das ist unre- gelmäßige Verwahrung von Geld, § 700 Abs. 1 S.1 (BGH NJW 1996, 190 f.). =>also Vertrag iSd §§ 700 Abs. 1, 488 diesbezüglich(+) 2. Wirksam? (+) 3. Guthaben iHv Euro 45.000,- entstanden? (+). =>also Anspruch auf Auszahlung gemäß §§ 700 Abs. 1 S.1, 488 Abs. 1 S.2 entstanden
ZivilR-Klausur 18.07.2019 II. Anspruch erloschen / übergegangen? 1. Verlust der Forderung durch Abtretung an C gemäß § 398 S.1, S.2? a) Einigung zwischen K und C iSd § 398 S.1? (+), am 01.07.2014. b) wirksam? könnte unwirksam sein gemäß § 138 Abs. 1 wegen anfänglicher Übersicherung BGH, hM: anfängliche Übersicherung liegt vor, wenn der (Verkehrs-)Wert der Sicherheiten den Nominalbetrag eines Darlehens um üblicherweise mehr als 100 % überschreitet (200 – 300 % vom Nominalbetrag des Darlehens). Dann kann auch auf sittenwidrige Gesinnung geschlossen werden.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 so hier (+), Guthaben lag bei Euro 45.000,- im Zeit- punkt der Einigung, Nominalbetrag des Darlehens lag bei Euro 15.000,-: also anfängliche Übersiche- rung (300 % des Nominalbetrages). =>also kein Verlust der Forderung durch Abtretung an C gemäß § 398 S.1, da Abtretung nichtig ist. 2. Verlust der Forderung durch Erfüllung, § 362 Abs. 1? (-), die Auszahlung an C erfolgte nicht an den richti- gen Gläubiger; K blieb Gläubiger. 3. Liberation der B durch Auszahlung an C unter Vorla- ge des schriftlichen Abtretungsvertrages? könnte sich nach § 409 Abs. 1 S.2 richten a) Wortlaut der Vorschrift erfüllt? (+), C hat Abtretungsvertrag ggü B vorgelegt.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 b) Teleologische Reduktion? aa) wenn K der B vorher angezeigt hat, dass die Abtretung unwirksam sei? (-), das kann – wie ein Vergleich zu §§ 406, 407 Abs. 1 zeigt – iRd § 409 Abs. 1 S.2 nicht aus- reichen. bb) allerdings BGH NJW 1971, 1938: verstößt die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot, so kann der Schuldner sich nicht auf den Schutz des § 409 berufen, um die Wirkun- gen des § 134 nicht zum umgehen. cc) Gilt dies auch für Verstoß gegen § 138 Abs. 1? (-), hierfür wäre zunächst umfassende Prüfung des Schuldners erforderlich (ganz hM).
ZivilR-Klausur 18.07.2019 c) also Liberationswirkung zugunsten der B gemäß § 409 Abs. 1 S.2 (+). III. Ergebnis: §§ 700 Abs. 1 S.1, 488 Abs. 1 S.2 (-), Anspruch ist erloschen durch Auszahlung des Guthabens an C. B. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 I. Anspruch entstanden 1. Wirksames Schuldverhältnis K – B? (+), sowohl aus Zahlungsdiensterahmenvertrag als auch aus unregelmäßiger Verwahrung (s.o.). 2. Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht der B iSd § 241 Abs. 2? ganz hM: (+), § 409 Abs. 1 S.2 steht einer solchen Sicht weise nicht entgegen, da die Bank trotzdem Rück- sichtnahmepflicht ggü ihrem Kunden hat.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 3. Vertretenmüssen der B? (+), wird vermutet, § 280 Abs. 1 S.2; keine Exkulpa- tion, da K die B ja sogar von der Unwirksamkeit infor- miert hat. 4. kausaler Schaden des K? (+), iHv Euro 45.000,-; dass K diesen Betrag ggf. auch von C (gemäß § 816 Abs. 2) zurückverlangen kann, schließt seinen Schaden nicht aus (B und C wären dann Gesamtschuldner iSd § 421). =>also Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 entstan- den. II. Anspruch erloschen (-), nicht ersichtlich. III. Anspruch durchsetzbar?
ZivilR-Klausur 18.07.2019 Verjährung gemäß § 214 Abs. 1? 1. Einrede von B erhoben? (+) 2. Wann begann die Verjährungsfrist zu laufen? a) grds. gemäß § 199 Abs. 1 hier also mit Ablauf des 31.12.2014. b) abweichende Beurteilung gemäß §§ 700 Abs. 1 S.3, 695 S.2: erst mit dem Rückforderungsverlangen des K, d.h. am 05.10.2017? (-), findet keine (analoge) Anwendung auf §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, die Norm passt nur für den (ver- haltenen) Anspruch aus § 695 S.1, da dieser nach § 199 Abs. 1 ansonsten stets drei Jahre nach Hinga- be zur Verwahrung verjährt wäre.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 =>also Verjährungsfristbeginn am 31.12.2014, § 199 Abs. 1. 3. Reguläres Verjährungsfristende? mit Ablauf des 31.12.2017, § 195. 4. rechtzeitige Hemmung oder Neubeginn? a) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1? (-), „Erhebung“ der Klage setzt Zustellung voraus (§ 253 Abs. 1 ZPO), das war erst am 18.02.2018. b) gemäß § 167 ZPO iVm § 204 Abs. 1 Nr. 1? (+), wenn die Zustellung der am 29.12.2017 bei Ge- richt eingegangenen Klage „demnächst“ erfolgt ist. aa) „demnächst“ ist alles innerhalb von 14 Tagen hier (-).
ZivilR-Klausur 18.07.2019 bb) „demnächst“ ist aber auch das, was länger als 14 Tage dauerte, sofern dem Zustellenden kein Verschulden an einer mehr als 14 Tage dauern- den Verzögerung anzulasten ist. hier (-), die Vorschussanforderung für die Zu- stellung der Klage (§ 12 GKG) stammt vom 05.01.2018, die Einzahlung des Vorschusses er- folgte durch die Prozessbevollmächtigten des K (s. § 85 Abs. 2 ZPO) erst am 07.02.2018; das ist eine nicht entschuldigte Verzögerung von mehr als 14 Tagen. =>also ist der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 ver- jährt. IV.Ergebnis: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 nicht mehr durchsetz- bar.
ZivilR-Klausur 18.07.2019 C. Ergebnis zu Frage 2 Kein Anspruch des K gegen B auf erneute Zahlung der Euro 45.000,-. Die zulässige Klage wird daher kostenpflich- tig (§ 91 Abs. 1 ZPO) abgewiesen.
Ende