Eine schwierige Differentialdiagnose

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
FRAGEN ZU FALLBEISPIEL 2
Advertisements

Temporallappenläsionen
HWS und Mikronährstoffe
Differentialdiagnose Fazialisparese
Universitätsklinikum Essen, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Fragestellung: Das Auftreten von Hirnmetastasen ist für die betroffene Patientin.
Dr. Guido Scherer ÄLRD Rettungsdienstbereich Mainz
Klinischer Fall: Multiple Sklerose
Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch nach ICD-10 und DSM-IV
Diagnostik der Multiplen Sklerose
Idiopathische Fazialisparese (Bell’s Palsy)
Das Gehirn.
Bedeutung der Zöliakie bei Kindern und Jugendlichen in Sachsen
Einführung in die Innere Medizin
Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen
Ein wunderbares Gefühl.”
PRISMS 4-Jahres-Ergebnisse
RINGVORLESUNG KOMPLEMENTÄRMEDIZIN Wien
1 Vortrag mit Fallbeispielen ….. Alkoholfolgeerkrankungen Referent: Thorsten Montanus Facharzt f ü r Nervenheilkunde.
Serologie: Indikation und Interpretation
Begleitschein für virologische und virusserologische Untersuchungen
M. van der Linden1, M. Pletz2 und M. Imöhl1
COMPLEX REGIONAL PAIN SYNDROME
Toxoplasmose Julia Walochnik Medizinisch Universität Wien
Diagnostik bei Aszitespunktion
3) Fraunhofer MEVIS, Bremen (Deutschland),
Georgios Grammatikos, Mittagsfortbildung
Praxis für Nierenerkrankungen und Diabetes Bochum
Fallsammlung der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft e.V. MRT – Fall 10 K. Naßenstein, Essen START.
Berliner Colitis /Crohn-Dialog Berliner Colitis /Crohn-Dialog.
Chronische Müdigkeit Depression, Schlafapnoe, Schlaf gestört: Stress, Arbeitsüberlastung Tranquilizer, Koffeinentzug Anämie, Eisenmangel, Krebs, HIV, Niereninsuffizienz,
ONOKOROUND TANCZOS Danny 05/3606.
Berliner Colitis /Crohn-Dialog Berliner Colitis /Crohn-Dialog.
Anamnese : Elli ist 82 Jahre alt und wird durch Schwester Marianne von
Organspezifische AK Labor Gärtner
Hintergrund Verlauf und Diskussion Bildgebung OBERSCHWABENKLINIK Patient 1: 13-jähriger Junge. Symptome: Massives Erbrechen, epigastrische Bauchschmerzen.
Fallvorstellung und Verlauf Eine seltene Variante von Alpha-1-Antitrypsinmangel A. Schaumann 1, N. Weber 1, T. Greulich 2, J. Behr 1 1 Asklepios Fachkliniken.
Beidseitige Temporohyoid- Osteoarthropathie nach Otitis media et interna A. Ertelt, U. Reichelt, R. Schmitz, H. Gehlen Fallbericht/Anamnese Ein 14-jähriger.
Der besondere Fall – Postoperatives Management eines Chylothorax S.R. Döppner¹, P. Gössmann-Lange ¹, J. Kuhlgatz ¹ ¹ Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,
OBERSCHWABENKLINIK Labordiagnostik Diskussion Hintergrund Eine neurochirurgische Ursache des akuten Abdomens Bildgebung Wir berichten über einen knapp.
Leistungsportler in der Hausarztpraxis – Eishockeyprofi mit Rückenschmerzen, Schwächeepisoden und erhöhten Infektparametern 1 P. Fluri, 2 R.M. Biedert,
„Einem Depressiven zu sagen, dass er seine Probleme einfach vergessen soll, ist wie einem Blinden zu sagen, dass er genauer hinsehen soll.“ Affektive Störungen:
Untersuchungen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung
Die laparoskopische Fundoplikatio nach Nissen zur Therapie der gastroösophagalen Refluxerkrankung - eine 15-jährige Erfahrung. D. Prassas , F-J. Schumacher.
A. Troppmann1, L. Haftel1, F. Wild1, I. Henrichs1, B. Aydeniz2
Subakute zervikale Myelopathie als Differentialdiagnose des atypischen Guillain-Barré-Syndroms Dirk Ulbricht1, René J Metz1, Francisco Macian1, Annick.
Zwei Fälle von zerebraler Vaskulitis bei Neuroborreliose in 2007
Das seltene onkozytäre Nebennierenrindenadenom mit Myelolipomanteilen
klinisch-chemischen Liquordiagnostik
L. Haftel1, F. Wild1, Astrid Troppmann1, H. König2 , I. Henrichs1
Benserazid-induzierte Diarrhoe –
Klinisch nicht signifikantes PCR-Resultat aus Liquor
Harnpflichtige Stoffe
Die klinische und neuropsychologische Heterogenität bei Patienten mit semantischer Demenz – eine komparative Fallstudie Hansen, A., Vater, R., Ibach, B.
Frühprognose nach Reanimation und therapeutischer Hypothermie
Statin verringert die Mortalitätsrate bei Schlaganfallpatienten, die eine systemische Thrombolyse erhalten haben Toralf Brüning1,2, Mohamed Al-Khaled2.
P 548 Der Pupillographische Schläfrigkeitstest bei neurologischen Erkrankungen Landwehr R, Endres B, Wittig C, Wössner R, Fink R, Treib J Neurologische.
Schwere Intelligenzminderung mit Sprachentwicklungsstörung, Ungeschicklichkeit und gut behandelbarer Epilepsie bei einem Jungen mit GAMT-Defekt Hackenberg.
T. Hirsch*, O. Schilling**, J. Barth* *Medizinische Klinik
auxologische Diagnostik: Größe < 3. Perzentile
Einführung Methode Ergebnisse Zusammenfassung
CAMPUS INNENSTADT MEDIZINISCHE KLINIK INNENSTADT INTENSIVSTATION
Luetische Amyotrophie mit symmetrischen Paresen der intrinsischen Handmuskulatur bei einem 27-jährigen: ein Fallbericht Degen Ch., Hofstadt-van Oy U.
„Hemi-Choreo-Athetose nach Zahnbehandlung“ Toralf Brüning1,2 1Abteilung VI a – Neurologie, Bundeswehrkrankenhaus Hamburg 2Klinik für Neurologie, Universität.
DIE NUKLEARMEDIZIN.
Informationen für unsere Hausärzte
Diagnostik und Therapie der Epilepsie
BGA Analyse (Beispiel 1)
Fallvorstellung Georgia Hadjimichael
Fallpräsentation M. Butryn Universitätsklinikum Magdeburg
Fallpräsentation Fall 1: Sven Klimpe, Stefan Klebe , Katalin Komlosi
 Präsentation transkript:

Eine schwierige Differentialdiagnose Relapsing ADEM (akute demyelinisierende Enzephalomyelitis) oder Multiple Sklerose (MS) Eine schwierige Differentialdiagnose C.Bölke1, Ch. Merzkirch1, B. Zieger2, M.Henschen1 1 Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Schwarzwald-Baar-Klinikum, Villingen-Schwenningen 2 Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Schwarzwald-Baar-Klinikum, Villingen-Schwenningen Abb.1: 05.07.06 Abb.1. (Alter: 16 Monate): Fleckiges angehobenes Signal kortikal und subkortikal parietal beidseits mit etwas verwaschener Mark-Rinden-Grenze, dazu leichte Signalanhebungen auch im Marklager in der Umgebung der Cella media und ein inhomogenes Signal im Thalamus. Sowohl die Multiple Sklerose als auch die ADEM sind im Kleinkindesalter sehr seltene Erkrankungen. Die Inzidenz der Multiplen Sklerose bei Kindern bis zum Alter von 10 Jahren lag in den Jahren 1997 bis 1999 in Deutschland bei 0,1/100.000 und die der ADEM bei 0,09/100.000. Im Alter unter 3 Jahren wurden in diesem Zeitraum 2 Patienten mit einer ADEM und kein Patient mit einer MS registriert. Typischer Weise ist die ADEM eine monophasische Erkrankung. In seltenen Fällen wurde von einer rekurrierenden ADEM berichtet. Symptome und laborchemische Resultate können im Kleinkindesalter bei beiden Erkrankungen ähnlich sein.1 1Paediatric multiple sclerosis and acute disseminated encephalomyelitis in Germany: results of a nationwide survey. Eur J Pediatr (2007) 166:405-412. Der Patient: Wir berichten von einem mittlerweile 2-1/2 jährigen Jungen, der uns im Alter von 13 Monaten erstmals vorgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Junge eine Erdnuss aspiriert, die bronchoskopisch entfernt werden musste. Ob die Aspiration in einem Zusammenhang zu der später aufgetretenen Schluckstörung zu sehen ist, bleibt fraglich. Normalbefunde: Grosses Blutbild, BSG, CRP, CK, SGOT, SGPT, GGT, Elektrolyte, Kreatinin, Harnsäure, BZ, Ammoniak, Lactat, TSH, fT4, CDT (Carbohydrat-Def.Transferrin). Serologie: Mycoplasma pneumoniae, Enteroviren AK und –RNA n, FSME, Masern, Mumps, VZV, CMV IgA und IgG, EBV IgG, EBV EBNA 1 IgG, HSV IgM und IgA. Liquor: Glucose, Eiweiss, Laktat, Enteroviren-AK, Enteroviren-RNA, Herpes simplex DNA, EBV-DNA, HSV 1/2 IgG, VZV IgG. Liquor-, Blut- und Urinkultur ohne Keimwachstum. Kein hinweis auf Organo- und Aminoazidopathien. Augenärztl. Untersuchung. VEP, SEP des N. medianus und N. tibialis. MRT-LWS, Rö-Thorax. Pathologische Befunde: Körpertemperatur 38,1°C, Leukozyten 16.600/µl, LDH 433 U/l, BE -6,2 mmol/l, Bikarbonat 18,4 mmol/l, Ammoniak 109mg/dl. Serologie: EBV IgM 55 (später 23) U/ml, EBV IgG <10U/ml (später 471U/ml), EBNA-1IgG: <3,0U/ml (später >600U/ml), HSV1/2 IgG. Liquor: 56/3 Zellen, Albumin 151 mg/l, IgG 11,1 mg/l (grenzwertiger IgG Quotient), oligoklonales IgG schwach positiv. Urin: Keton: 40mg/dl. EEG: Sharp-wave-Focus fronto-zentro-temporal. Abb.2: 11.10.06 Abb.2 (Alter 21 Monate): Atrophien in den vormals betroffenen Gebieten temporal und parietal. Neu aufgetrete Veränderungen in der weissen Substanz periventrikulär bds. ohne Störung der Blut-Hirn-Schranke. 1. Krankheitsschub: Im Alter von 16 Monaten ist uns der Junge dann mit Krampfanfällen vorgestellt worden. Die weiteren Symptome waren eine Gangataxie, eine Fazialisparese links und Schluckstörungen. Bei unspezifischer Serologie und schwach positiven oligoklonalen Banden stellten wir die Diagnose einer ADEM und behandelten mit Prednisolon hochdosiert i.v.. Die Symptomatik besserte sich folgend und die Krampfanfälle sistierten. Es persistierten eine Gangataxie, eine Dysphagie und eine inkomplette Fazialisparese links. Abb.3 (Alter 25 Monate): Mehrere neu aufgetretene kleine Zonen mit gestörter Blut-Hirn-Schranke und perifokaler Signalanhebung parietal bds. Und parietotemporal rechts. Abb.3: 09.03.07 2. Krankheitsschub: Im Alter von 24 Monaten kam es zu einem fokalen Krampfgeschehen. Im NMR zeigten sich mehrere neue Läsionen parietal beidseits und parieto-temporal rechts. Auch in dieser Phase behandelten wir mit Prednisolon in hoher Dosis. Die Krampfanfälle sistierten, es zeigten sich jedoch weiterhin neurologische Residuen. Seitdem ist es zu keinerlei neuen Symptomen und zu keinem Krampfanfall mehr gekommen, sodass wir von einer biphasischen Enzephalitis ausgehen. Momentaner Zustand: Es sind keine erneuten Krampfanfälle aufgetreten. Er spricht lautierend mit einfachen Silben, läuft frei. Somit rückläufige Befunde bei verzögerter Sprachentwicklung. Abb4. (Alter: 29 Monate ): Deutlich rückläufiger Befund. Keine neu aufgetretenen Läsionen. Abb.4: 26.06.07 Diskussion: Sowohl die MS, als auch die rekurrierende ADEM stellen im frühen Kleinkindesalter eine sehr seltene Differentialdiagnose dar. Im Fall einer biphasisch abgelaufenen Enzephalitis und einer monophasischen Enzephalitis unklarer Genese sollten beide Differentialdiagnosen frühzeitig in Betracht gezogen werden. Aufgrund der positiven Entwicklung nach zweimaliger Cortison-Stosstherapie und anderer in der Litaratur beschriebener Fälle erscheint die Prognose günstig. Erst die weitere neurologische Entwicklung wird für eine dezidierte Diagnosestellung wegweisend sein.