Diagnostik und Therapie der Epilepsie

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 Präsentation transkript:

Diagnostik und Therapie der Epilepsie Waiblingen, 21.04.2018 Bernhard J. Steinhoff Epilepsiezentrum Kork

Diagnostik und Differentialdiagnose

Liquor- und Labordiagnostik Inspektion Eigen- und Fremdanamnese Klinisch-neurologischer Untersuchungsbefund

Kernfragen bei der Anamnese Erster Anfall, letzter Anfall, Intervalle, Serienneigung, Eigenanamnese: exakte Schilderung Erstes Symptom, Uniformität, amnestische Lücke Akzessorische und postiktuale Symptome Dauer Triggerfaktoren Familienanamnese Frühe epilepsiespezifische Anamnese Begleiterkrankungen Exogene Noxen Fremdanamnese Neue Medien!!

Epilepsietypische Muster sind nicht epilepsiespezifisch Wiederholte normale Routine-EEGs widerlegen keine Epilepsie Mindestens 4 normale Routine-EEGs + V.a. Epilepsie: Video-EEG Pathologischer EEG-Befund: Zielgerichtete weitere Diagnostik (z.B. kortikale Dysplasie, mesial temporale Sklerose)

Methoden zur Erhöhung der Sensitivität Zeitpunkt des EEGs Aktivierungsmethoden Schlaf Schlafentzug Hyperventilation Photostimulation Verlängerung der Ableitdauer Verwendung von Zusatzelektroden

EEG – generalisierte epilepsietypische Muster

EEG – regionale epilepsietypische Muster

Goldstandard simultane Video-EEG-Registrierung

Liquor- und Labordiagnostik Stoffwechselerkrankungen Infektionen Meningitis/Enzephalitis Chronisch-entzündliche ZNS-Prozesse: Limbische Enzephalitis!!! Chronisch entzündlicher ZNS-Prozess: Vaskulitiden Medikamente / Drogen

Bedeutung v. Spiczak et al., Z Epileptol 2011

Bildgebende Diagnostik Theysohn et al., Hippocampus 2009;19:1-7

Empfehlungen: Durchführung eines MRTs beim ersten epileptischen Anfall (Minimalanforderung und epileptologischen Gesichtspunkten) Schichtdicke: 4 mm und kleiner; Kontrastmittel beim Vorliegen einer Läsion

ausdrücklich zur stationären Behandlung zugewiesen Patienten mit Anfällen > 1 Jahr ausdrücklich zur stationären Behandlung zugewiesen Fragestellung differentialdiagnostische Klärung oder therapieresistente Anfälle 208 konsekutive stationäre Patienten 81 (39%) schon früher in Kork behandelt 127 (61%) MRT ja: 114 (90%) MRT nein: 13 (10%) Leitlinienkonform: 34 (30%) Nicht leitlinienkonform: 80 (70%) Steinhoff et al., J Neurol 2013

T. Bast, P. Kahane, P. Jayakar 2015, in preparation

Therapie N O H OCH3 H3C

Wichtige Aspekte vor dem Beginn einer medikamentösen Therapie Wie sicher ist die Diagnose Gibt es Triggerfaktoren, deren Vermeidung ausreicht, um Anfälle in Zukunft zu verhindern? Erlaubt die gute Prognose Abwarten? Gibt es zusätzliche Gründe für den frühzeitigen Beginn der Pharmakotherapie?

Gründe für frühzeitigen Therapiebeginn Hohes Rezidivrisiko (JME) Gute Therapieprognose (JME) Reduzierte Chancen, durch entsprechenden Lebensstil anfallsfrei zu bleiben Anfälle mit Bewußtlosigkeit Epilepsietypische Muster im EEG Konkordante MR-Läsion Erwachsenenalter

Antiepileptika der 1. und 2. Generation Bromide Primidon/Phenobarbital Phenytoin Carbamazepin Valproat Sultiam Ethosuximid Epilepsiezentrum Kork Hanauer Schloss

Dritte Generation der Antiepileptika Dritte Generation der Antiepileptika * = Zulassung zur Monotherapie fokaler Epilepsien 1992 Vigabatrin 1992 Lamotrigin 1993* Gabapentin 1995* Felbamat 1995 Tiagabin 1997 Topiramat 1998* Oxcarbazepin 2000* Levetiracetam 2000* Pregabalin 2004 Zonisamid 2005* Rufinamid 2007 (Lennox-Gastaut Syndrom) Stiripentol 2008 (Dravet-Syndrom) Lacosamid 2008* Eslicarbazepinacetat 2009 Retigabin 2011 Perampanel 2012 Brivaracetam 2016 Everolimus 2017 (bei TSC und Epilepsie) 2017

Elger, CE, Berkenfeld, R, et al., 2017

State of the Art

Pharmakotherapie der Epilepsie 2018 Ein Großteil der Patienten hat eine lebenslange Therapie vor sich Keine wesentlichen Wirksamkeitsunter-schiede zwischen den Antiepileptika 70% werden anfallsfrei, egal, ob mit alten oder neuen Antiepileptika 85% der anfallsfreien Patienten nehmen auch Störwirkungen in Kauf und lehnen eine Umstellung ab Steinhoff, BJ. Antikonvulsive Pharmakotherapie Jugendlicher und Erwachsener – State of the art. Z Epileptol 2013;26:142-153

Pharmakotherapie der Epilepsie 2018 Die Erstauswahl eines Antiepileptikums kann heutzutage diesen Aspekten gerecht werden! Vorbeugung von Langzeittoxizität Vorbeugung von Interaktionsproblemen mit Anderen Antiepileptika Anderen Medikamenten bei Auftreten behandlungsbedürftiger anderer Erkrankungen akut und im Langzeitverlauf Verbesserung der Lebensqualität der Patienten Steinhoff, BJ. Antikonvulsive Pharmakotherapie Jugendlicher und Erwachsener – State of the art. Z Epileptol 2013;26:142-153

Medikation der ersten Wahl: Fokale Epileptogenese, symptomatische oder unbekannte Ätiologie Erste Wahl LEV: LTG: Weitere Optionen je nach individuellem Patientenbedürfnis: TPM, GBP, OXC, ZNS, LCM, ESL Nachrangig, aber denkbar: CBZ, VPA

Medikation der ersten Wahl: Generalisierte Epileptogenese, idiopathisch Erste Wahl VPA Weitere Optionen je nach individuellem Patientenbedürfnis: LTG, TPM 3. Wahl (bei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen): PRM, PB

Medikation der ersten Wahl: Generalisierte Epileptogenese, idiopathisch, Absencen, keine bilateral konvulsiven Anfälle Erste Wahl ESM, VPA Weitere Optionen je nach individuellem Patientenbedürfnis: LTG

Polytherapie Fokale Epileptogenese: Generalisierte Epileptogenese: Einziges Kriterium: Enzyminduktions- bzw. Interaktionspotenzial Fokale Epileptogenese: GBP, LCM, LEV, PGB, TPM, ZNS LTG, OXC, ESL, PER, BRV CBZ, PB, PHT,PRM VPA gestrichen Generalisierte Epileptogenese: LEV, TPM LTG VPA

Individualspezifische Therapie

Around two-thirds of patients achieve seizure freedom with AEDs1 Previously untreated patients (n=470) 4% Not seizure free 13% Seizure free with first AED Seizure free with second AED 36% Seizure free with third AED 47% AED, antiepileptic drug 1Kwan & Brodie. N Engl J Med 2000;342:314

Polytherapie Fokale Epileptogenese: Generalisierte Epileptogenese: Einziges Kriterium: Enzyminduktions- bzw. Interaktionspotenzial Fokale Epileptogenese: GBP, LCM, LEV, PGB, RTG, TPM, ZNS LTG, OXC, ESL, PER, BRV CBZ, PB, PHT,PRM VPA gestrichen Generalisierte Epileptogenese: LEV, TPM LTG VPA

Therapie

Diagnostik und Therapie der Epilepsie Waiblingen 21.04.2018 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !!