Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger

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 Präsentation transkript:

Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger SoSe 2019 Mo. 9-12 h HS III

Fall 14: Vormerkung „Die Erste“ Teil 1: A ist als Eigentümer einer Gebäude- und Freifläche in Abteilung I des Grundbuchs von Regensburg, Blatt 135, eingetragen. Der wahre Eigentümer des Grundstücks ist jedoch B. Dennoch verkauft A das Grundstück mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 1.4.2017 an P und bewilligt diesem gleichzeitig eine Auflassungsvormerkung. Der Eintragungsantrag bezüglich der Vormerkung geht am 6.4.2017 beim Grundbuchamt ein. Am 10.4.2017 erfährt P davon, dass in Wahrheit B der Eigentümer des Grundstücks ist. Am 3.5.2017 wird die Auflassungsvormerkung zugunsten des P in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Am 3.6.2017 erwirkt B auf Grundlage einer einstweiligen Verfügung des LG Regensburg einen Widerspruch gegen die Eintragung des A. Dieser wird am 11.6.2017 ins Grundbuch eingetragen.

Fall 14: Vormerkung „Die Erste“ Gleichwohl trägt das AG Regensburg – in seiner Funktion als Grundbuchamt – nach formgerechter Erklärung der Auflassung durch A und P, Bewilligung der Eintragung der Rechtsänderung und Stellung des Eintragungsantrags durch A (am 1.8.2017) den P am 20.8.2017 als neuen Eigentümer im Grundbuch ein. B verlangt nun von P die Zustimmung zu seiner Eintragung als Eigentümer. Er sei schließlich die gesamte Zeit über der wahre Eigentümer des Grundstücks gewesen und dies seiner Ansicht nach auch geblieben. Steht B der gegenüber P geltend gemachte Anspruch zu?

Fall 14: Vormerkung „Die Erste“ Teil 2: A, der anstelle des wahren Eigentümers B fälschlich als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen ist, schließt am 1.4.2017 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag mit P und bewilligt diesem gleichzeitig eine Auflassungsvormerkung. Der Eintragungsantrag bezüglich der Vormerkung geht am 6.4.2017 beim Grundbuchamt ein. Am 10.4.2017 erfährt P davon, dass in Wahrheit B der Eigentümer des Grundstücks ist. Am 15.4.2017 schließt A erneut einen formgerechten Kaufvertrag über dasselbe Grundstück vor einem anderen Notar mit D, erklärt die Auflassung und beantragt dessen Eintragung beim Grundbuchamt. D hat zu diesem Zeitpunkt von den Geschehnissen, insbesondere von den wahren Eigentumsverhältnissen, keine Kenntnis.

Fall 14: Vormerkung „Die Erste“ Am 3.5.2017 wird die Vormerkung zugunsten des P eingetragen und im Zuge dessen erfährt D von dem früheren Kaufvertrag zwischen A und P. Am 3.6.2017 erwirkt B auf Grundlage einer einstweiligen Verfügung des LG Regensburg einen Widerspruch gegen die Eintragung des A. Dieser wird am 11.6.2017 ins Grundbuch eingetragen. Nichtsdestotrotz wird D am 20.8.2017 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Erfreut über die Gunst des Grundbuchamts nimmt D das Grundstück in Besitz und macht sich sofort an Werk: Am 27.8.2017 reißt er die auf dem Grundstück befindliche Garage ab, wodurch ein Wertverlust i. H. v. 50.000 EUR eintritt. Welche Ansprüche hat P gegen D?

Zeittafel zu Teil 1 1.4.2017 Kaufvertrag A-P und Bewilligung der Auflassungsvormerkung 6.4.2017 Eingang des Eintragungsantrags bezüglich der Vormerkung 10.4.2017 Kenntnis des P vom Eigentümer des Grundstücks = B 3.5.2017 Eintragung der Vormerkung zugunsten des P 3.6.2017 Widerspruch des B gegen die Eintragung des A (LG Regensburg) 11.6.2017 Eintragung des Widerspruchs 20.8.2017 Eintragung des P als Eigentümer in das Grundbuch

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB VSS: Unrichtigkeit des Grundbuchs, d.h. Grundbuchinhalt entspricht nicht der tatsächlichen materiellen Rechtslage. Anspruchsgegner: P, als Buchberechtigter mit Eintragung am 20.08.2017 Materielle Rechtslage Anspruchssteller B Eigentümer?

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB B ursprünglich Eigentümer des Grundstücks Übergang des Eigentums auf P durch Übereignung von A an P gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB i. V. m. § 892 Abs. 1 BGB? Auflassung gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB: (+) Eintragung gem. § 873 Abs. 1 BGB: (+) Verfügungsbefugnis des A: (-)

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB gutgläubigen Grundstückserwerbs gem. § 892 Abs. 1 BGB? rechtsgeschäftlicher Erwerb; Verkehrsgeschäft (+) kein Widerspruch gem. § 899 BGB und keine vorherige Kenntnis von der fehlenden Berechtigung des A? Hier: Widerspruch und Kenntnis vor Eintragung des P als Eigentümer (+) Aber: ggf. (gutgläubiger) Erwerb einer Auflassungsvormerkung?

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB gutgläubiger Erwerb einer Auflassungsvormerkung Rechtsfolge des gutgl. Erwerbs der Auflassungsvormerkung? Bzgl. Widerspruch i.S.v. § 899 BGB Bzgl. nachträglicher Bösgläubigkeit Grundsätzliche Möglichkeit eines gutgl. Erwerbs einer Vormerkung? h.M. (+), str. jedoch Rechtsgrundlage: § 892 I BGB analog § 893 BGB § 893 BGB analog

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB Voraussetzungen des gutgläubigen Vormerkungserwerbs gem. §§ 883 Abs. 1, 885 BGB i. V. m. §§ 893, 892 Abs. 1 BGB (analog) Bewilligung der Vormerkung nach §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (+) Eintragung gem. § 885 Abs. 1 S. 1 BGB: (+) Vormerkungsfähiger Anspruch (Akzessorietät!): Verfügungsbefugnis des A (-) Gutgläubiger Erwerb?

Teil 1: Anspruch B gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB gutgläubiger Erwerb gem. §§ 893, 892 Abs. 1 BGB analog Rechtsgeschäftlicher Erwerb (+) Kein Widerspruch i. S. v. § 899 BGB zum Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung = 3.5.2017(+) Guter Glaube i. S. v. § 892 Abs. 1 BGB (+) Ergebnis: Gutgl. Erwerb der Vormerkung (+). Damit analoge Anwendung des § 883 Abs. 2 auf nachträglichen Erwerbshindernisse (Widerspruch; Kenntnis). P ist materiell-rechtlich zutreffend als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Die Voraussetzungen des § 894 Abs. 1 BGB sind mangels Unrichtigkeit des Grundbuchs mithin nicht gegeben. B steht damit kein Anspruch gegen P auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung i. S. v. § 19 GBO zu.

Zeittafel Teil 2 1.4.2017 1. Kaufvertrag A-P und Bewilligung der Auflassungsvormerkung 6.4.2017 Eingang des Eintragungsantrags bezüglich der Vormerkung 10.4.2017 Kenntnis des P vom Eigentümer des Grundstücks = B 15.4.2017 2. Kaufvertrag A-D plus Auflassung plus Eintragungsantrag 3.5.2017 Eintragung der Vormerkung zugunsten des P; Kenntnis des P vom KV zwischen A und D 3.6.2017 Widerspruch des B gegen die Eintragung des A (LG Regensburg) 11.6.2017 Eintragung des Widerspruchs 20.8.2017 Eintragung des D als Eigentümer 27.8.2017 Abriss der Garage

Teil 2: Ansprüche des P gegen D I. Anspruch des P gegen D auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Abs. 1 BGB Formell: Anspruchsgegner D Materielle Rechtslage: Anspruchssteller P Eigentümer? ursprünglich B Eigentümer des Grundstücks Übergang des Eigentums auf D durch Übereignung von A an D gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB i. V. m. § 892 Abs. 1 BGB? Auflassung gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB (+) Eintragung gem. § 873 Abs. 1 BGB (+) Verfügungsbefugnis des A (-)

Teil 2: Ansprüche des P gegen D gutgläubiger Erwerb des D gem. § 892 Abs. 1 BGB? rechtsgeschäftlicher Erwerb (+); Verkehrsgeschäft (+) guter Glaube i. S. v. § 892 Abs. 1 BGB (+) Widerspruch gem. § 899 BGB vor Eintragung; § 892 Abs. 2 (-)! Ergebnis: Kein Eigentumserwerb des D Übergang des Eigentums auf P durch Übereignung von A an P gem. §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB i. V. m. § 892 Abs. 1 BGB (-), da keine Auflassung und keine Eintragung des P im Grundbuch Ergebnis: § 894 Abs. 1 BGB (-), da P nicht dinglich Berechtigter am Grundstück.

Teil 2: Ansprüche des P gegen D II. Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung gem. § 888 BGB Wirksamer Vormerkungserwerb zugunsten des P Vormerkungswidrige Verfügung i. S. v. § 883 Abs. 2 BGB - (wirksame) Verfügung i. e. S. (-) - Verzicht auf Wirksamkeitserfordernis bzw. § 883 Abs. 2 BGB analog bzgl. Erlangung der Buchposition - Rechtsfolge: Zustimmungsanspruch gem. § 888 Abs. 1 BGB - Fälligkeit: - e.A. vor wirksamer Auflassung kein genügender Anlass - h.M. keine Einschränkung der Fälligkeit (keine Anhaltspunkte im Wortlaut des § 888 Abs. 1 BGB)

Teil 2: Ansprüche des P gegen D III. Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 989 Abs. 1, 990 BGB analog P = Eigentümer des Grundstücks? Nein, nur Inhaber einer Vormerkung. Analoge Anwendbarkeit der §§ 989f. BGB im Verhältnis zwischen Vormerkungsberechtigtem und im Besitz des Grundstücks befindlichen Dritt- /Zwischenerwerber? Grundsatzfrage lautet, ob sich P nur an seinen Vertragspartner A (SE- Anspruch wegen Vertragsverletzung) halten kann oder auch an D direkt. Analogievoraussetzungen: Planwidrige Regelungslücke, vergleichbare Interessenlage

Teil 2: Ansprüche des P gegen D Voraussetzungen des § 989 BGB analog Verschlechterung (+) Bösgläubigkeit i. S. v. § 990 Abs. 1 BGB, worauf ist abzustellen? Verschulden Kausaler Schaden (+)