Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger

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 Präsentation transkript:

Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger SoSe 2019 Mo. 9-12 h HS III

Vorspann/Wiederholung zu §§ 929 ff. Überblick Die drei Elemente des dinglichen Rechtsgeschäfts: Einigung, Übergabe/Eintragung, Berechtigung Reihenfolge der Prüfung Wann ist „Einigsein“ zu prüfen?

Vorspann/Wiederholung Zum gutgl. Erwerb nach §§ 932 ff. §§ 929/932; §§ 930/930, §§ 931/934 (2 Alt.!!) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts? Abhandenkommen Gutgläubigkeit

Vorspann/Wiederholung Nicht vergessen: wenn nur allgemein nach Herausgabeansprüchen gefragt ist: HG-Ansprüche aus Besitz: § 861, § 1007 Abs. 1, § 1007 Abs. 2, Aus Bereicherungsrecht (Leistungskondiktion, Eingriffskondiktion) Aus Deliktsrecht (Eigentumsschutz mit § 249 Naturalrestitution = Herausgabeanspruch; berechtigter Besitz als sonstiges Recht) Auf Widerspruchsfreiheit achten!

Voraussetzungen des § 1007 Anspruch des früheren Besitzers gegen den bösgläubigen Besitzer, § 1007 I Anspruch des früheren Besitzers gegen den gutgläubigen Besitzer, § 1007 II wegen Abhandenkommen

Anspruch aus § 1007 Abs. 1 (gegen bösgläubigen Besitzer) Voraussetzungen (kumulativ) Anspruchsteller ist ehemaliger Besitzer Anspruchsgegner ist jetziger Besitzer Anspruchsgegner war beim Besitzerwerb bösgläubig Verteidigung des Anspruchsgegners (alternativ) Anspruchsteller hat den Besitz selbst bösgläubig erworben (§ 1007 III) Anspruchsteller hat den Besitz freiwillig aufgegeben (§ 1007 III) Anspruchsgegner hat ein Recht zum Besitz (§§ 1007 III, 986: sog. petitorische Einwendungen anders als bei § 861 nicht ausgeschlossen!)

Anspruch aus § 1007 Abs. 2 (bei Abhandenkommen) Voraussetzungen (kumulativ) Anspruchsteller ist ehemaliger Besitzer Anspruchsgegner ist jetziger Besitzer Sache ist dem Anspruchsteller abhanden gekommen Verteidigung des Anspruchsgegners (alternativ) Anspruchsteller hat den Besitz selbst bösgläubig erworben (§ 1007 III) Anspruchsgegner ist Eigentümer (§ 1007 II 1) Anspruchsgegner hat ein Recht zum Besitz (§§ 1007 III, 986: sog. petitorische Einwendungen nicht ausgeschlossen!) Sache war, bevor sie der Anspruchsteller hatte, dem Anspruchsgegner abhanden gekommen (§ 1007 II) Es handelt sich um Geld oder Wertpapiere (vgl. auch § 935 II).

Fall 1: Die antike Skulptur Teil I A verleiht dem B für eine Woche seine aus der Antike stammende Skulptur einer griechischen Sagengestalt, da B in diesem Zeitraum Besuch vom Kunstkenner C erhält und diesem gegenüber als kultivierter Kunstsammler auftreten möchte. Da C sich durchaus für die Skulptur begeistern kann und B ohnehin finanzielle Sorgen plagen, wird man sich schnell über den Verkauf und die Veräußerung einig. C zahlt den Kaufpreis in Höhe von 80.000€ (objektiver Wert: 40.000€) und nimmt die Skulptur gleich mit. Auf die Frage des C, wie er denn an dieses schöne Stück gekommen sei, antwortet der B, dies stamme aus dem Nachlass seiner verstorbenen Mutter und gehöre jetzt ihm.

Fall 1 (Fortsetzung) Nach Ablauf der Woche meldet sich A wieder bei B und verlangt die Rückgabe der Skulptur. B behauptet zunächst, bei ihm sei eingebrochen worden und bei dieser Gelegenheit sei auch die Skulptur entwendet worden. Zufälligerweise sind A und C aber miteinander bekannt und A erfährt wenig später die Wahrheit. A überlegt sich, welche Ansprüche ihm gegen B und C zustehen. C verweigert die Herausgabe der Skulptur an A oder B unter Hinweis auf den an B gezahlten Kaufpreis. Bearbeitervermerk: Welche Ansprüche hat A gegen B und C?

Teil II/Variante Die Skulptur wird nicht von B an C veräußert, sondern X, der Hausangestellte des B schafft sie während der Abwesenheit des B aus dem Haus und bietet sie dem Z für 80.000€ an. Z schlägt ein und lässt sich die Skulptur sofort übergeben. Dem B spiegelt X vor, er habe die Skulptur aus Versehen umgestoßen. Da er sie für eine billige Replik gehalten habe, habe er die Scherben aufgefegt und in die Mülltonne geworfen, die bereits geleert sei. Er sei selbstverständlich untröstlich, hafte aber nach den Grundsätzen über gefahrgeneigte Arbeit dem A wohl nicht für den Schaden. Als Z versucht, die Skulptur seinerseits über eine Auktionsplattform zu verkaufen, kommt der Sachverhalt ans Licht. Bearbeitervermerk: Kann A von Z Herausgabe der Skulptur nach § 985 BGB verlangen?

A. Ansprüche A gegen C § 604 I BGB (-) C ist nicht Vertragspartner des A   § 604 IV BGB Gebrauch der Sache? (-) Überlassung i.S.v. § 604 IV BGB Analoge Anwendung des § 604 IV BGB? (-) § 604 IV BGB ist bereits eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift § 604 IV BGB bloßer Annex zum Hauptanspruch aus § 604 I BGB Im Übrigen: § 242 BGB (dolo petit falls C Eigentümer)

A. Ansprüche A gegen C § 985 BGB - Anwendbarkeit des § 985 neben vertraglichen Ansprüchen? Besitz des C (+) Eigentum des A - A ursprünglicher Eigentümer Eigentumsverlust durch Übereignung B an C gem. §§ 929 S.1, 932 I S.1, II BGB? - Einigung über Eigentumsübergang (+) - Übergabe (+) - Berechtigung und Verfügungsbefugnis (-)

A. Ansprüche A gegen C Gutgläubiger Erwerb des Eigentums?: Kein Abhandenkommen gem. § 935 BGB Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts (+) Guter Glaube des C im Zeitpunkt der Übergabe, § 932 I S.1, II BGB (+)

A. Ansprüche A gegen C §§ 861 I, 869 BGB (-) § 1007 I BGB (-) § 1007 II BGB § 812 I S.1 Alt.1 BGB (-) § 812 I S.1 Alt.2 BGB Erlangtes Etwas (+) Auf sonstige Weise (-) § 823 I BGB (-)

B. Ansprüche des A gegen B Herausgabeansprüche (-) Schadensersatzansprüche §§ 280 I, III, 283 BGB - Schuldverhältnis (+) - Pflichtverletzung: Nichtleistung wegen nachträglicher Unmöglichkeit (+) - Vertretenmüssen des die Unmöglichkeit bewirkenden Leistungshindernisses (+) - Haftungsausfüllend kausaler Schaden (+)

B. Ansprüche des A gegen B §§ 990 I S.1, 989 BGB Vindikationslage im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (der Weiterveräußerung) (-) P: Entsprechende Anwendung der §§ 987ff. BGB wegen Überschreitung der Grenzen des Besitzrechts? E.A. (+) H.M. (-) keine Aufspaltung der Besitzpositionen in rechtmäßige und unrechtmäßige Anteile; keine analoge Anwendbarkeit

B. Ansprüche des A gegen B §§ 990 I S.1, 989 BGB P: Entfallen des Besitzrechts durch „Aufschwingen“ vom rechtmäßigen Fremdbesitzer zum unrechtmäßigen Eigenbesitzer? - BGH: „Aufschwingen“ als Besitzerwerb i.S.v. § 990 I 1 BGB - BGH/Teil d. Lit. - Arg.: Fremd- und Eigenbesitz als wesensverschiedene Besitzarten - a.A. § 990 I erfasst nicht nachträgliche Änderung der subjektiven Haltung - kann im Ergebnis dahinstehen, da hier andere Sachlage i.E. Anspruch (-)

B. Ansprüche des A gegen B § 823 I BGB (+) § 823 II BGB i.V.m. § 246 I StGB (+) § 826 BGB (+)

B. Ansprüche des A gegen B Erlösherausgabeansprüche § 285 I BGB Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB der eigentlich gem. § 604 I BGB geschuldeten Rückgabe (+) Infolgedessen erlangtes Surrogat P: Veräußerungserlös als Surrogat? P: Identität von geschuldetem Gegenstand und Ersatz?

B. Ansprüche des A gegen B §§ 687 II, 681 S.2, 667 BGB (+) §§ 985, 285 I BGB - P: Anwendbarkeit des § 285 I BGB auf § 985 BGB? § 816 I S.1 BGB Anwendbarkeit (+) Verfügung (+) Eines Nichtberechtigten (+) Wirksamkeit der Verfügung (+) P: Kann A lediglich den objektiven Wert der Skulptur (40.000€) oder den vollen Veräußerungserlös (80.000€) herausverlangen? e.A.: verlangt werden kann nur der objektive Wert h.M.: verlangt werden kann der volle Veräußerungserlös

B. Ansprüche des A gegen B § 812 I S.2 Alt.1 BGB Erlangtes Etwas (+) Durch Leistung (+) Späterer Wegfall des Rechtsgrundes (+) Rechtsfolge

Teil II/Variante Die Skulptur wird nicht von B an C veräußert, sondern X, der Hausangestellte des B schafft sie während der Abwesenheit des B aus dem Haus und bietet sie dem Z für 80.000 € an. Z schlägt ein und lässt sich die Skulptur sofort übergeben. Dem B spiegelt X vor, er habe die Skulptur aus Versehen umgestoßen. Da er sie für eine billige Replik gehalten habe, habe er die Scherben aufgefegt und in die Mülltonne geworfen, die bereits geleert sei. Er sei selbstverständlich untröstlich, hafte aber nach den Grundsätzen über gefahrgeneigte Arbeit dem A wohl nicht für den Schaden. Als Z versucht, die Skulptur seinerseits über eine Auktionsplattform zu verkaufen, kommt der Sachverhalt ans Licht. Bearbeitervermerk: Kann A von Z Herausgabe der Skulptur nach § 985 BGB verlangen?

Teil II: Anspruch des A gegen Z auf Herausgabe der Skulptur nach § 985 BGB I. Eigentum des A: Verlust des Eigentums durch Veräußerung der Skulptur durch X an Z? a) Einigung zwischen X und C (+) b) Übergabe (+) c) Berechtigung des X (-) d) Gutgl. Erwerb nach § 932 BGB? aa) Guter Glaube? Wird zwar vermutet, aber zweifelhaft angesichts des hohen Kaufpreises und des fehlenden Nachweises der Eigentümerstellung des X.

Variante (Fortsetzung) bb) Abhandenkommen? Definition: Unfreiwilliger Verlust des unmittelbaren Besitzes, vgl § 935 Abs. 1 S. 2. Unmb Besitzer im Moment der Veräußerung ist noch B, denn X ist Besitzdiener (§ 855). B verliert damit den unmb Besitz unfreiwillig, also ist die Sache abhanden gekommen. Damit scheidet ein gutgl. Erwerb unabh. von der Gutgläubigkeit ohnehin aus. 2. Besitz des Z (+) 3. Kein Recht des Z zum Besitz (+), denn KV mit X wirkt nicht im Verh. zu A. Ergebnis: § 985 (+)