Familienlastenausgleich Johanna Reden
Begriff Bei der Abgrenzung des Begriffs kann man eine Unterscheidung in zwei Gruppen vornehmen: Weiten Begriffsfassung: Familienlastenausgleich = Gesamtheit aller familienpolitischen Maßnahmen. Engere Begriffsfassung: duales System = Familienbeihilfe und Kinderfreibeträge.
Familienpolitik Familie so zu unterstützen, dass diese ihre Grundfunktionen erfüllen können. Entwicklung familienpolitischer Maßnahmen (ordnungs- und ablaufpolitische Mittel) Ursprung: Frankreich - Familienpolitik wurde dort in der Hälfte des 19. Jahrhundert aufgrund der sinkenden Geburtenrate eingeführt. 1939 wurden Maßnahmen des Familienlastenausgleichs installiert und die Familie erhielt eigenständige Rechte. Hauptaufgabe: Der Schwerpunkt der Familienpolitik liegt auf einer finanziellen Besserstellung von Familien einerseits und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits.
Familienlastenausgleich Bedarfsprinzip Familienpolitische Leistungen, die aus dem Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit und der Lebensstandardsicherung abgeleitet sind, zielen darauf ab, bestimmte Belastungen der Eltern zu kompensieren, die durch die Geburt und Erziehung der Kinder entstehen. = Familienlastenausgleich Leistungsfähigkeitsprinzip Zweite Aufgabe der staatlichen Familienpolitik ist es Leistungen der Erziehung, Versorgung und Bildung der Kinder zu kompensieren, die die Familien für die Gesellschaft erbringen, die aber nicht über den Markt abgegolten werden. = Familienleistungsausgleich Die Beiträge, die die Familie zur Ausprägung der geistigen, kulturellen, sozialen und beruflichen Dimensionen des Humanvermögens leisten, ist für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Qualität einer Gesellschaft ausschlaggebend.
Motive & Argumente Ökonomische Motive: Aspekte der Gerechtigkeit oder der Effizienz Kind als Benachteiligung Kind als Investition Rechtliches Motiv Familien als schutzbedürftiges Subjekt Recht auf Familiengründung: allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Demographisches Motiv Sorge um die Fertilität
Ziele & Politikfelder Familienpolitik und ihre Ziele stehen in Verbindung und sind Teil von andern Politikfeldern! Sozialpolitik Arbeitsmarktpolitik Frauenpolitik Gesundheitspolitik Umverteilungsziele Horizontale Umverteilung Vertikale Umverteilung
Ziele des Familienlastenausgleichs Allgemeine Ziele Sicherung des sozial kulturellen Mindestbedarfs für alle Kinder Anpassung der Haushaltseinkommen an den durch Kinder bedingten unterschiedlichen Bedarf der Familie Finanzielle Anerkennung der Leistung der Familien für die Gesellschaft Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung Gleichstellung von Mann und Frau
EU-Ebene: Work-Life Balance Eine Initiative, welche die Work-Life Balance von arbeitenden Eltern, mithilfe von ergänzenden rechtlichen und politischen Maßnahmen unterstützen soll. Legislative Maßnahmen Vaterschaftsurlaub Elternzeit Pflegeurlaub Flexible Arbeitszeiten/ Teilzeitarbeit Nichtlegislative Maßnahmen Kündigungsschutz Ausgleich der Geschlechter in Bezug auf Karenz und Teilzeitarbeit Ökonomische Reize für Zweitverdiener schaffen
Österreich - Leistungen und Instrument Finanzielle Familienleistungen des Familienlastenausgleichsfonds Familienbeihilfe Schulstartgeld Mehrkindzuschlag Kinderbetreuungsgeld Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld Unterhaltsvorschuss Freifahrten und Fahrtenbeihilfe Wochengeld und Betriebshilfe
Österreich - Leistungen und Instrument Finanzielle Leistungen im Rahmen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung Familienzuschläge in der ALV Kinderzuschuss Wochengeld Kinderbetreuungsbeihilfe Steuerliche Leistungen Kinderfreibetrag Kinderabsetzbetrag Alleinverdienerabsetzbetrag Unterhaltsabsetzbetrag Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten
Österreich - Leistungen und Instrument Andere Leistungen Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung Pensionssplitting Kranken-Mitversicherung Kindergärten und -krippen sowie Horte Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen Schulbücher Familienberatungsstellen Beitrag In Vitro Fertilisation Schüler Unfallversicherung Mutter Kind Pass
Österreich - Leistungen und Instrument Bei finanzieller Notlage Familienhärteausgleich Familienhospizkarenz- Härteausgleich Unterhaltsvorschuss Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) ist das zentrale Finanzierungsinstrument der österreichischen Familienförderung. Die wichtigsten Leistungen des FLAF sind die Familienbeihilfe oder das Kinderbetreuungsgeld. Familie und Arbeit Mutterschutz Elternkarenz Elternteilzeit Pflegefreistellung
Familienbeihilfe Erhöhung des verfügbaren Einkommens durch zusätzliche Transferleistungen. Leistungen nicht zweckgebunden. Alter des Kindes Betrag pro Monat ab Geburt 111,80 Euro ab 3 Jahre 119,60 Euro ab 10 Jahre 138,80 Euro ab 19 Jahre 162 Euro
Familienbeihilfe Der monatliche Gesamtbetrag an Familienbeihilfe erhöht sich durch die Geschwisterstaffelung für jedes Kind. Geschwisterstaffel Betrag pro Monat 2 Kinder 6,9 Euro 3 Kinder 17 Euro 4 Kinder 26 Euro 5 Kinder 31,4 Euro 6 Kinder 35 Euro ab 7 Kinder jeweils 51 Euro
Kinderabsetzbetrag & Kinderbetreuungsgeld Mit Familienbeihilfe ausgezahlt Anspruch: Jede/r Steuerberechtigte/r die/der Familienbeihilfe bezieht 58,40 Euro pro Monat Auszahlung auch bei keiner oder geringer Steuerleistung! Kinderbetreuungsgeld 2 Systeme Kinderbetreuungsgeld-Konto Einkommensabhängiges KBG
Kinderfreibetrag Wenn für mehr als 6 Monate Kinderabsetzbetrag oder Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Vermindert das Steuerpflichtige Einkommen. wenn er nur von einer/m Steuerpflichtigen geltend gemacht wird: 440 Euro jährlich wenn er von zwei Steuerpflichtigen für dasselbe Kind geltend gemacht wird: 300 Euro jährlich pro Person Finanzielles Volumen Steuermindereinnahmen 2015: 100 Mio Euro Ist der Kinderfreibetrag gerecht?
Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) „Der Familienlastenausgleichsfonds ist seit 1967 das bedeutendste familienpolitische Förderinstrument in Österreich.“ Zuständigkeit: Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Gesetzliche Grundlage: Familienlastenausgleichsgesetz 1967 Aus dem Familienlastenausgleichsfonds werden Familienleistungen in Form von Geld- und Sachleistungen sowie verschiedenartige Kostenerstattungen gezahlt bzw. geleistet. Zweckwidmung Familienlastenausgleichsfonds ist vom allgemeinen Bundeshaushalt entkoppelt und ein geschlossener Finanzierungskreislauf. Dies bedeutet auch, dass Überschüsse nicht zur Abdeckung eines allfälligen Defizits des Gesamthaushaltes verwendet werden dürfen. Interessenskonflikt zwischen Budget- und Familienpolitik!
Einnahmen & Ausgaben des FLAF 2010 – 2015 in Mio Euro 2011 2012 2013 2014 2015 Familienbeihilfe 3.447 3.124 3.138 3.166 3.132 3.295 Kinderbetreuungsgeld 1.155 1.183 1.162 1.092 1.118 1.122 Freifahrten & Freifahrtbeihilfe 389 393 413 407 426 471 Schulbücher 102 106 107 110 Sonstige Leistungen 1 1.354 1.407 1.300 1.436 1.579 1.465 Ausgaben 6.446 6.213 6.120 6.207 6.359 6.463 Einnahmen 5.757 6.085 6.303 6.511 6.723 6.928 Überschüsse -690 -128 183 305 364 465 Gesamtausgaben 78.931 78.674 Gesamteinnahmen 69.881 71.510 1 Unterhaltsvorschüsse, Familienberatungsstellen, Beiträge zur Schülerunfallversicherung, Teilersatz der Aufwendungen für das Wochengeld und Ersatz der halben Aufwendungen für die Betriebshilfe, Beitrag zum In-vitro-Fertilisations-Fonds, Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten.
Einnahmeposten des FLAF Quelle: BMF, Erfolg 2009
Entwicklung Ausgaben des FLAF in % des BIP Quelle: BMF, Statistik Austria
Entwicklung Ausgabenposten des FLAF Quelle BMF, Eigene Berechnungen (Stand der Prognose 23.02.2010)
Erklärungsmodell der Entwicklung der FLAF Wagner’sche Gesetz (Erklärungsmodell für steigende Staatsausgaben) Wachstum der Staatsausgaben überproportional zum Wachstum des Sozialproduktes Steigende Lebenserhaltungskosten, Verstädterung, höhere Stellung öffentlicher Leistungen Verstädterung: z.B.: Kinderbetreuungsplätze höhere Stellung öffentlicher Leistungen: gesundheits- und bildungsrelevante Leistungen (längerer Ausbildungszeiten)
Literatur Bundesministerium für Finanzen (Hrsg) (2015): Bericht der Bundesregierung. Budgetbericht 2016. – Wien. Bundesministerium für Finanzen (Hrsg) (2015): Förderbericht 2015. – Wien. Lampert H. (1996): Priorität für die Familie. Plädoyer für eine rationale Familienpolitik. – Berlin. Mayrbäurl A. (2010): Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Entwicklung und Optionen. – Wien. Sozial Ministerium (Hrsg) (2016): Sozialstaat Österreich. Leistungen, Ausgaben und Finanzierungen 2016. – Wien. Bundesministerium für Familien und Jugend: https://www.bmfj.gv.at/familie.html. 12.12.2017 https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/8/Seite.080711.ht ml. 12.12.2017