Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG

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Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Gesetz gegen Wettbewerbs- beschränkungen Freier und unverfälschter Wettbewerb Unternehmen als Normadressat Unternehmen als Schutzobjekt (Schutzgut „Wettbewerb“) Kartellverbot Diskriminierungs- und Behinderungsverbot Fusionskontrolle Verbot der Ungleichbehandlung und un-billigen Wettbewerbsbehinderung durch marktbeherrschende Unternehmen Verbot wettbewerbs-beschränkender Absprachen Verbot von wettbe-werbsschädlichen Unternehmens-fusionen

Nationales Kartellrecht Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG §§ 36, 40 GWB § 1 GWB § 21 GWB §§ 19, 20 GWB Verbot von Kartellabspra-chen Diskriminierungs- und Behinderungsverbot Kartellbehördliche Kontrolle von Unter-nehmensfusionen Boykottaufruf marktbeherrschende Unternehmen Unternehmen Unternehmen Unternehmen + § 35 GWB Verboten sind: Aufruf zu Liefer- oder Bezugssperren Nötigung zu einem wett- bewerbsbeschr. Verhalten Androhen von wirtschaftl. Nachteilen wegen „Unter- stützung“ der Kartellbe- hörde Verboten sind: wettbewerbsbeschr. Absprachen wettbewerbsbeschr. Beschlüsse abgestimmte Ver- haltensweisen Verboten ist: Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund unbillige Behinderung im Wettbewerb Verboten sind Fusionen, die: die Entstehung einer mb Stellung die Verstärkung einer mb Stellung erwarten lassen

Zu klärende Rechtsbegriffe: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Zu klärende Rechtsbegriffe: Unternehmen z.B. öff. Hand als Unternehmen Marktabgrenzung marktbeherrschende Stellung Def. der Marktbeherrschung Kriterien der Marktbeherrschung Konkurrenzklausel Wettbewerbsbeschränkung Bildung von Arge gleiche Sachverhalte Ungleichbehandlung sachl. gerechtfertigter Grund Unbillige Behinderung Anmietung für Kfz-Prägestelle, OLG Düs- seldorf, WuW/E DE-R 2522 ff.

Europäisches Kartellrecht Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Art. 101 AEUV Art. 102 AEUV FKVO Verbot von Kartellabspra-chen Diskriminierungs- und Behinderungsverbot Fusionskontrolle durch durch EU-Kommission marktbeherrschende Unternehmen marktbeherrschende Unternehmen Unternehmen + Art. 1 FKVO Unternehmen Verboten sind: wettbewerbsbeschr. Absprachen wettbewerbsbeschr. Beschlüsse wettbewerbsbeschr. abgestimmte Verhaltensweisen die geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen und eine Wettbewerbsbeschränkung inner- halb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken Verboten ist: Missbrauch einer mb Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben, sofern hierdurch der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt werden kann Verboten sind Fusionen, die: durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung einer mb. Stellung (Art. 2 III FKVO)

Verbot des Art. 101 AEUV kann für unanwendbar erklärt werden Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Verbot des Art. 101 AEUV kann für unanwendbar erklärt werden Einzelfreistellung durch EU-Kommission, Art. 10 der VO 1/2003 (öffentliches Interesse) Gruppenfreistellung durch EU-Kommission, Art. 101 III AEUV, Art. 29 der VO 1/2003 Legalausnahme Art. 1 II der VO 1/2003, Art. 101 III AEUV Art. 101 AEUV Art. 102 AEUV Europäisches KartellR Nationales KartellR Nein Ja Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels

Verhältnis zwischen Europäischem und Deutschem Kartellrecht Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Verhältnis zwischen Europäischem und Deutschem Kartellrecht Es gelten folgende Grundsätze: § 22 GWB Kartellbehörden und Kartellgerichte der Mitgliedsstaaten wenden nicht nur ihr nationales Kartellrecht, sondern auch Artt. 101 und 102 AEUV (Anwendungskompetenz und -pflicht) Art. 3 – 6, 16 der VO 1/2003 Anwendung des nationalen Kartellrechts darf nicht zum Verbot von Verhaltensweisen führen, die nach Art. 101 III AEUV erlaubt sind (vgl. § 22 II GWB) → Fälle oberhalb der Zwischenstaatlichkeit Anwendung des nationalen Kartellrechts darf nicht zur Gestattung von Verhaltensweisen führen, die nach Art. 101 III AEUV verboten sind (Vorrang des Unionsrechts) → Fälle oberhalb der Zwischenstaatlichkeit nationales Kartellrecht darf aber strenger sein als Art. 102 AEUV (vgl. § 22 III 3 GWB) → bei Fällen oberhalb der Zwischenstaatlichkeit setzt sich EU- Recht durch (vgl. § 22 III 1 und 2 GWB) → bei Fällen außerhalb des EU-Rechts ist strengeres nationales Recht erlaubt (vgl. § 22 III 3 GWB) nationale Kartellbehörden und Kartellgerichte dürfen zu Artt. 101, 102 AEUV keine Entscheidung treffen , die von einer Entscheidung der EU-Kommission abweicht → notfalls: Aussetzung des nationalen Verfahrens

Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG § 1 GWB Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen bezwecken oder bewirken abgestimmte Ver- haltensweisen Vereinbarung von Unternehmen Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs Beschlüsse von Unternehmensver- einigungen

Vereinbarung von Unternehmen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Vereinbarung von Unternehmen Vereinbarung Unternehmen inhaltlich übereinstimmende Willensäußerung zu einem bestimmten Marktverhalten Es gilt der funktionale Unternehmensbegriff nicht der private Verbrauch Verträge iSd Zivilrechts nicht der Arbeitsmarkt (AN) gentlemen`s agreement nicht der konzerninterne Waren- und Geschäftsverkehr keine bloß einseitigen Maßnahmen nicht die bloße Information über künftiges Marktverhalten nicht die hoheitliche Betätigung, vgl. OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 2436 ff. nicht die reine Beschaffungstätigkeit, der keine anbietende gegenübersteht (Nachfrage der öffentlichen Hand oder Sozialversicherungsträger), str. wohl die wirtschaftliche Betätigung des Staates, vgl. § 130 Abs. 1 S. 1 GWB wohl die wirtschaftliche Tätigkeit von Sport- und Berufsverbänden wohl das künftige Unternehmen (Schutz des potentiellen Wettbewerbs)

Beschlüsse von Unternehmens- vereinigungen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Beschlüsse Unternehmensvereinigung Vereinigung von mindestens 2 Unternehmen mit eines Mindestmaß an gemeinschaftlicher Organisation Abgabe paralleler Erklärungen zum Zwecke der Verhaltensabstimmung auf die zivilrechtliche Wirksamkeit kommt es nicht an Arbeitgeberverbände DFB bei der Vermarktung von Spielen Mehrheitsentscheidung kann nach Statuten genügen; zugerechnet wird jedem, der sich dem Mehrheitsentscheid unterwirft DLTB bei der Nachfrage nach gewerbl. Spielver- mittlung, BGH, DB 2008, 2249 Rn. 25 Kammern der freien Berufe Kennzeichen ist ein nach außen zum Ausdruck gekommener Koordinierungswille der Unternehmensvereinigung zu einem bestimmten Marktverhalten vgl. BGH, DB 2008, 2249 Rn. 27 ff. nicht die Gewerkschaften als solche → anders bei wirtschaftlicher Betätigung der Gewerkschaft ! nicht die Verbraucherverbände

Abgestimmte Verhaltensweisen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Abgestimmte Verhaltensweisen Die Parteien setzen bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs Verboten ist jede unmittelbar oder mittelbare Fühlungnahme zwischen Unter-nehmen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines anderen Marktteilnehmers zu beeinflussen oder einen Mitbewerber über das eigene aktuelle oder geplante Marktverhalten ins Bild zu setzen nicht die bloß einseitige Anpassung des Verhaltens eines Unternehmens an dasjenige eines Mitbewerbers (bewusstes, aber autonomes Parallelverhalten) wichtigstes Mittel der Verhaltensabstimmung ist der gegenseitige Informationsaus- tausch über wettbewerbsrelevante Marktdaten die Form der Abstimmung ist unerheblich (mündlich, schriftlich, öffentlich, nichtöffentlich) erforderlich, aber auch ausreichend ist ein – als solches auch erkanntes – Abstimmungs- angebot und dessen zumindest konkludente Annahme durch den Mitbewerber Abstimmung muss zu einem entsprechenden Marktverhalten geführt haben eine Wettbewerbsbeeinträchtigung muss noch nicht eingetreten sein

Abgrenzung abgestimmte Verhaltensweisen/Vereinbarung Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Abgrenzung abgestimmte Verhaltensweisen/Vereinbarung Gemeinsamkeit: → Koordinierung des wettbewerblichen Verhaltens ► autonome Anpassung an das Wettbewerbsverhalten eines Mitbe- werbers ist erlaubt, auch wenn im Ergebnis ein gleichförmiges Verhalten am Markt stattfindet Unterschied: → Bindungswille der beteiligten Unternehmen ► „Vereinbarung“ Wille zu einer rechtlichen Bindung → Vertrag Wille zu einer bloß wirtschaftlichen, moralischen oder gesell- schaftlichen Bindung → gentlemen`s agreements

► „abgestimmte Verhaltensweise“ Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG ► „abgestimmte Verhaltensweise“ kein Wille zu einer irgendwie gearteten (rechtlichen oder faktischen) Bindung beteiligte Unternehmen wollen vielmehr die uneingeschränkte Ent- scheidungsfreiheit darüber behalten, ob sie die „Abstimmung“ be- folgen oder nicht Koordinierung des wettbewerblichen Verhaltens geschieht durch eine darauf abzielende Fühlungnahme der Unternehmen Parallelverhalten am Markt ist (aussagekräftiges) Indiz für eine Ver- haltensabstimmung wichtigstes Mittel der Verhaltensabstimmung ist der gegen- seitige Informationsaustausch Versuch, über das Verhalten des Wettbewerbers Aufschluss zu erhalten, um sein eigens Verhalten danach auszurichten Information über das eigene künftige Wettbewerbsverhalten in der Erwartung, dass sich die unterrichteten Wettbewerber danach richten → Ziel ist es, die Unsicherheit über die Reaktion des Konkurrenten zu be- seitigen

Beispiele einer Verhaltensabstimmung: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Beispiele einer Verhaltensabstimmung: Teilnahme an gemeinsamen Sitzungen, auf denen Informationen über Preise, Verkaufsmengen, Kunden o.ä. ausgetauscht werden - Zusammenstellung und Verteilung individueller Lieferdaten von Wettbewerbern durch eine zentrale Stelle - Verteilung von Preislisten o.ä. über den Verband - u.U. die öffentliche Ankündigung von Preiserhöhungen in der erkenn- baren Erwartung, dass sich die Wettbewerber dem anschließen jedenfalls, wenn die Preisankündigung unnötig früh oder unnötig präzise erfolgt Abgrenzung zum Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Recht des Unternehmens zur Werbung

OlG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1917 ff. - OTC-Präparate Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG OlG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1917 ff. - OTC-Präparate Sachverhalt: Apotheker A. betreibt in Herford eine Apotheke A. ist seit Jahren Sprecher der Herforder Apotheker A. beraumt für den 18.11.2003 eine Vorbesprechung mit 7 Apothekerkollegen sowie für den 27.11.2003 eine außerordentliche Versammlung aller Herforder Apotheker an → Thema: Wegfall der gesetzlichen Preisbindung bei den OTC-Präparaten (= nicht verschreibungspflichtige Medikamente) zum 1.1.2004 Einladung zur Vorbesprechung: „Bevor unsere Kollegenversammlung … stattfindet, halte ich es für sinnvoll, zuerst mit unserem „kleinen Kreis“ bezüglich des GKV-Modernisierungsgesetzes zu einem Konsens zu kommen, den wir in die Hauptversammlung einbringen können. Das wichtigste ist wohl unsere Preisgestaltung ab 1.1.2004 im OTC-Bereich. Soweit es überhaupt noch in unserer Macht steht, dort eine Stabilität zustande zu bringen, sollten wir jede Anstrengung unternehmen, um englische Verhältnisse (= ruinöser Preis- kampf) zu vermeiden.“

zusammen alles versuchen, um unsere Apotheken am Leben zu erhalten. Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Einladung zum 27.11.2003: „…. Wir wissen nicht, wie unsere Kollegenschaft mit der Tatsache umzugehen weiß, dass zu Jahresbeginn die Preisbindung im OTC-Bereich fallen wird. Ich vertrete die Meinung, dass die Skala der sich hieraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten sich zwischen den Eckpunkten Existenzvernichtung oder Existenzerhaltung bewegen können. Wir sollten zusammen alles versuchen, um unsere Apotheken am Leben zu erhalten. Um sich zu diesem kritischen Bereich auszutauschen, lade ich Sie zum …… zu einer Ver- sammlung ein.“ Versammlung am 27.11.2003: → Gegenstand: Preisbildung bei den OTC-Präparaten ab 1.1.2004 → A. berichtet über eine von ihm besuchte Informationsveranstaltung und verdeutlicht anhand eines Kalkulationsbeispiels die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen von Preissenkungen → anschließende Diskussion unter den Teilnehmern → Ziel des A.: Erstellen eines Meinungsbildes → Mehrzahl der Apotheker: Entwicklung zunächst abwarten und beobachten; zunächst Beibehaltung der Hersteller-Preisempfehlung → A. und weitere Apotheker erklärten diese Absicht ausdrücklich

→ Bindungswille der beteiligten Apotheker nicht festzustellen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Lösung: Verstoß gegen § 1 GWB Preisabsprachen der Apotheker ? → Bindungswille der beteiligten Apotheker nicht festzustellen abgestimmte Verhaltensweise der Apotheker ? → Erstellung eines Meinungsbildes zum künftigen Preisverhalten mit dem Ziel, einen Preiswettbewerb zu verhindern Preiswettbewerb wird als äußerst gefährliche Situation für die Apotheker bezeichnet Unwissenheit über das künftige Preisverhalten der Kollegen wird beklagt Stabilität wird abgemahnt, um englische Verhältnisse zu ver- hindern Meinungsbild soll Vertrauen zur Beibehaltung der Preisem- pfehlungen des Herstellers schaffen

Verhinderung, Einschränkung oder Ver- fälschung des Wettbewerbs Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Verhinderung, Einschränkung oder Ver- fälschung des Wettbewerbs Geschützt ist nur der lautere, erlaubte Wettbewerb, dieser aber in allen seinen Erscheinungsformen (nicht: verbotenes Glücksspiel, unlautere Werbung) Das Kartellverbot umfasst jedwede Beschränkung der wettbewerblichen und unternehmerischen Handlungsfreiheit Das Kartellverbot gilt für horizontale wie für vertikale Vereinbarungen Bsp.: Preisabsprachen, Festlegung von Lieferquoten oder Absatzgebieten, Abkaufen von Wettbewerb, Verständigung auf Vertragsbedingungen, Vereinbarung von Wettbewerbsverboten, Einräumung von Gebietsschutz Die Wettbewerbsbeschränkung muss spürbar sein, d.h. sie muss geeignet sein, die Verhältnisse auf dem Markt mehr als nur in einem unbedeutenden Umfang zu beeinflussen (→ ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal)

bezwecken oder bewirken Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG bezwecken oder bewirken (objektiv) bezwecken bewirken Die Einschränkung wettbewerblicher Handlungsfrei- heiten ist unmittelbar Gegenstand von Vertragspflichten Ein objektiver wettbewerbsbeschränkender Zweck ist nicht festzustellen Es bedarf keiner näheren Marktanalyse, ob tatsächlich wettbewerbsbeschränkende Wirkungen eintreten werden Es muss in concreto die Möglichkeit einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung festgestellt werden Kernbeschränkungen Sonstige Beschränkungen Exklusiver Bezug von einem Lieferanten Vertikalverhältnis Horizontalverhältnis gemeinsame Produktion oder Ver- marktung Preisabsprachen Festsetzung von WVP Quotenabsprachen Gewährung von absol. Gebiets- schutz für den Abnehmer Gebietsaufteilungen Abkaufen von Wettbewerb Wettbewerbsverbote z.N. der Abnehmerseite Nichtangriffspakt

Anwendungsbeispiele Wettbewerbsverbote in Unternehmenskaufverträgen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Anwendungsbeispiele Wettbewerbsverbote in Unternehmenskaufverträgen in Gesellschaftsverträgen Zulässig, wenn sie auf das Maß desjenigen be- schränkt sind, was erforderlich ist, um dem Erwerber die Chance einzuräumen, den erworbenen Kunden- Stamm zu erwerben Zulässig, wenn und soweit sie für die Aufrechter-haltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft unerlässlich sind (Schutz vor innerer Aushöhlung) ph Gesellschafter Die Erforderlichkeit ist zu wahren in 3 Richtungen: Minderheitsgesellschafter mit alleiniger Geschäftsführungsbefugnis räumlich (Hauptabsatzgebiet des Veräußerers) Minderheitsgesellschafter, der strategisch wichtige Entscheidungen aufgrund einer Einstimmigkeitsklausel blockieren kann (BGH, WuW/E DE-R 2742 – Gratiszeitung Hallo) gegenständlich (Produkte des Veräußerers) zeitlich (max. 4 bis 5 Jahre) nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen nebenstehenden Anforderungen genügen

Kundenschutzklausel in einem Subunternehmervertrag, vgl. BGH, WuW/E Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Wettbewerbsverbote und andere wettbewerbsbeschränkende Absprachen sind kartellrechtlich zulässig, sofern sie vertragsimmanent sind oder eine notwendige Nebenabrede darstellen, um den Hauptzweck des als solchen kartellrechts-neutralen Vertrages zu verwirklichen Diese Anforderungen gelten für horizontale wie für vertikale Wettbewerbsbe-schränkungen, vgl. BGH, WuW/E DE-R 2554 - Subunternehmervertrag II. Kundenschutzklausel in einem Subunternehmervertrag, vgl. BGH, WuW/E DE-R 2554 - Subunternehmervertrag II. Wettbewerbsverbot zu Lasten des Hauptunternehmers, wenn der Subunter- nehmer erheblich in die Geschäftsbeziehung investiert hat Verpflichtung des Franchisenehmers, die vom Franchisegeber entwickelten Geschäftsmethoden und das überlassene Know how einzusetzen Pflicht des Fachhändlers im selektiven Vertrieb, nur an autorisierte Wieder- verkäufer zu liefern Wettbewerbsverbot in Miet- oder PachtV z.N. des Vermieters/Verpächters (OLG Naumburg, WuW/E DE-R 1427)

Subunternehmervertrag II Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Subunternehmervertrag II Sachverhalt: Bekl. ist für Kl. als deren Subunternehmer ständig mit näher bezeichneten Montage- leistungen an Brandschutzanlagen befasst Vertrag sieht ein umfassendes Wettbewerbsverbot vor: Bekl. darf die in Rede stehenden Montageleistungen ausschließlich für Kl. Aus- führen - Jegliche Betätigung der Bekl. für Mitbewerber der Kl. ist untersagt - Wettbewerbsverbot gilt auch noch 2 Jahre nach Vertragsende Kl. nimmt die Bekl. auf Einhaltung des nachvertragl. Wettbewerbsverbots in Anspruch Lösung: Verstoß gegen § 1 GWB - Kl. und Bekl. sind Unternehmer im kartellrechtlichen Sinne zum Nachteil der Bekl. Konkurrenzklausel führt zu einer Wettbewerbsbeschränkung zum Nachteil der Wettbewerber der Kl.

- Erforderlichkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG - Erforderlichkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots: → Subunternehmervertrag ist als solcher kartellrechtsneutral → Wettbewerbsverbot als Nebenabrede kartellrechtlich nur zulässig, soweit es auf das notwendige Maß beschränkt ist: sachlich zeitlich räumlich Kl. akquiriert Kunden → Arbeitsteilung: Bekl. führt Arbeiten aus → Störung dieses Leistungsaustausches, wenn Bekl. mit den Kunden eigene Vertragsbeziehungen knüpft nachvertragliche Kundenschutzklausel für 1 Jahr unbedenklich nachvertragliches umfassendes Wettbewerbsverbot geht über das Notwendige hinaus - Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung - geltungserhaltende Reduktion nur in zeitlicher Hinsicht § 138 BGB (Spürbarkeit nicht erforderlich !)

Unternehmenskooperationen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Unternehmenskooperationen Arbeitsgemeinschaften Bietergemeinschaften Absicht mehrerer Unternehmen, einen oder mehrere größere Aufträge gemeinsam durch-zuführen (abzugrenzen vom Gemeinschaftsunternehmen) Kartellrechtlich zulässig, wenn und soweit: sich die Zusammenarbeit für die beteiligten Unternehmen als „wirtschaftlich sinnvoll und kaufmännisch vernünftig“ darstellt wobei es insoweit auf einen objektivierten Maßstab ankommen muss die Kooperation muss also nicht zwingend erforderlich sein → unter den genannten Voraussetzungen wirkt sich die Kooperation nicht wettbewerbs- beschränkend, sondern sogar wettbewerbsfördernd aus, weil Unternehmen auf den Markt treten, die ohne die Zusammenarbeit kein Angebot abgegeben hätten

Gemeinsame Werbung, Forschung etc. Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Gemeinsame Werbung, Forschung etc. Gemeinschaftswerbung ohne vertragliche Beschränkung der eigenen Werbung ist grundsätzlich zulässig (kritisch ist die gemeinschaftliche Werbung mit Preisangaben → kritisch ist die gemeinschaftliche Werbung mit Preisangaben (Preisabsprache oder Preisabstimmung oder Preisempfehlung) Verkaufsgemeinschaften zwischen Wettbewerbern sind nur zulässig, wenn sich die Beteiligten Unternehmen weder in ihrem eigenen selbstständigen Verkauf und ihrer Preisgestaltung binden noch sich sonst über einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck Verkaufsgemeinschaften zwischen Wettbewerbern sind nur zulässig, wenn sich die Beteiligten Unternehmen weder in ihrem eigenen selbstständigen Verkauf und ihrer Preisgestaltung binden noch sich sonst über einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck geeinigt haben → bei homogenen Massengütern wird der gemeinsame Verkauf idR unzulässig sein Einkaufsgemeinschaften von Wettbewerbern sind grundsätzlich unzulässig, weil sie regelmäßig den Nachfragewettbewerb beschränken Gemeinsame Forschung, Entwicklung und Produktion von Wettbewerbern sind kartellrechtlich im Allgemeinen bedenklich, weil sie regelmäßig mit einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den beteiligten Unternehmen verbunden sind → Ausnahme: Erfahrungs- oder Meinungsaustausch über bloß generelle Probleme

Gründung eines Gemeinschafts- Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Gründung eines Gemeinschafts- unternehmen (GU) Fusionskontrolle es findet eine Doppelkontrolle statt anhand von § 1 GWB Im Rahmen des § 1 GWB ist zu unterscheiden: GU plant, handelt und entscheidet autonom Gesellschafter sind auf die Wahrnehmung ihrer Be- teiligungsinteressen beschränkt konzentratives GU keine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens § 1 GWB (-) Es ist zu erwarten, dass über das GU das Wettbewerbs- verhalten koordiniert wird, weil beide Muttergesellschaften als Wettbewerber auf dem Markt tätig sind oder bleiben (Forschungs-, Produktions- oder Vertriebs-GU) kooperatives GU die Muttergesellschaften auf einem vor- oder nachgelager- ten Markt tätig sind (GU für Vorprodukte oder gem. Einkauf) § 1 GWB (+) GU ausschl. oder überwiegend an seine Mütter liefert oder von ihnen bezieht

BGH, WuW/E DE-R 711 ff. - Ost-Fleisch Sachverhalt Moksel und Südfleisch sind im Wettbewerb stehende GroßU der Fleischindustrie → Betrieb von Schlachthöfen in Süddeutschland und den neuen Bundesländern → bundesweiter Absatz von Rinder- und Schweinehälften → Moksel betreibt in Ostdeutschland 2 Schlachthöfe → Südfleisch betriebt in Ostdeutschland 1 Schlachthof Moksel und Südfleisch wollen ihre ostdeutschen Schlachthöfe in einem GU zusammenführen → Ziel ist die Steigerung der Wirtschaftlichkeit (Einsparung der Verwaltungskosten, Synergien bei der Weiterverarbeitung, Spezialisierung bei den Schlachtungen) Sie gründen zu diesem Zweck die Ostfleisch als GU Lösung zu § 1 GWB → Mütter des GU sind bei Gründung des GU Wettbewerber → Mütter bleiben auch nach der GU-Gründung als Wettbewerber tätig

→ Zweck des GU ist es, die Erlössituation der Mütter zu verbessern (Kostenersparnis beim Betrieb der 3 Schlachthöfe) → das wiederum setzt voraus, dass die im GU realisierten Kostenvorteile nicht oder nur zum Teil an die Abnehmer weitergegeben werden → das wiederum bedeutet kaufmännisch: - im Verhältnis der Mütter zum GU darf es keinen Preiswettbewerb geben - im Verhältnis zueinander müssen die Mütter des GU auf Preiswettbewerb verzichten → es liegt nahe, dass die Mütter über das GU ihr Marktverhalten koordinieren: Sobald für das GU ein bestimmtes Marktverhalten beschlossen ist, werden die Mütter dies nicht durch Wettbewerb konterkarieren Ebenso können die Mütter den Informationsfluss im GU dazu nutzen, ihr Marktverhalten unter- einander zu koordinieren Daher: Typischerweise liegt ein konzentratives GU vor, wenn 1. Das GU sämtliche Funktionen eines selbständigen Unternehmens wahrnimmt, 2. Marktbezogene Leistungen erbringt auf demselben Markt wie die Mütter 3. Nicht ausschließlich oder überwiegend tätig auf einem vor- oder nachgelagerten Markt für die Mütter

Marktinformationssysteme Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Marktinformationssysteme Angebotsmeldeverfahren Verbandsstatistiken Einschränkung des Geheimwettbewerbs Identifizierende Marktinformationssystems sind grds. bedenklich Nicht identifizierende Systeme sind grds. unbedenklich Im Einzelfall kommt es auf den „Aggregationsgrad“ der Daten an je enger der Markt ist, desto höher muss der Aggregationsgrad sein je transparenter der Markt, desto höher muss der Aggregationsgrad sein schädlich ist es bereits, wenn ein vorstoßender Wettbewerb sofort erkennbar wird

Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 1 GWB § 32 GWB § 134 BGB § 33 GWB Nichtigkeit des Kartell- vertrages Pflicht zur Beseitigung der Wettbewerbsstörung Abstellungsver- fügung Nichtigkeit der Ausführungs- verträge zur Umsetzung der Kartellabsprache Pflicht zur Unterlassung künftiger Störungen - Verbotsverfügung Wirksamkeit der im Vertikalver- hältnis geschlossenen Folge- verträge Schadensersatzpflicht - Gebotsverfügung Aktivlegitimation Feststellungsverfü- gung; zum Feststellungsinter- esse siehe § 33 Abs. 4 S. 1 GWB; zudem bei bestehender Wieder- holungsgefahr: vgl. BGH, DB 2008, 2249 Rn. 51 ff. ist nur eine Klausel nichtig, gilt § 139 BGB; → salvatorische Klausel beachten ! → Verbände, § 33 II 1 GWB → Betroffene, § 33 I 3 GWB → Bindungswirkung, § 33 IV GWB geltungserhaltene Reduktion in zeitlicher Hinsicht zulässig § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB Bußgeld

Ausnahmen von § 1 GWB § 2 GWB § 3 GWB Rationalisierungskartelle fallen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Ausnahmen von § 1 GWB § 2 GWB § 3 GWB Legalausnahme vom Verbot des § 1 GWB Rationalisierungskartelle fallen unter die Legalausnahme des § 2 GWB, sofern entspricht im Wesentlichen Art. 101 Abs. 3 AEUV die vereinbarte zwischenbetriebliche Zusammenarbeit der Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge dient, freigestellt sind Wettbewerbsbeschränkungen iSv § 1 GWB unter folgenden Voraussetzungen: angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher der Wettbewerb nicht wesentlich beein- trächtigt wird Verbesserung der Warenerzeugung und -verteilung, Förderung des techn./wirtschaftl. Fortschritts die Zusammenarbeit dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mitt- erer Unternehmen zu verbessern - keine Beschränkungen, die für die Verwirklichung dieser Ziele unerlässlich sind Keine Möglichkeit, für einen wesentlichen Teil der Waren den Wettbewerb auszuschalten GruppenfreistellungsVO gelten entsprechend

Besonderheiten des Art. 101 AEUV Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Besonderheiten des Art. 101 AEUV Nichtigkeit: Art. 101 II AEUV Spürbarkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung > EU-Kommission: Bagatellbekanntmachung → 10 % Marktanteil der beteiligten Unternehmen bei horizontalen Beschränkungen → 15 % Marktanteil bei vertikalen Beschränkungen → Schwarze Liste mit Kernbeschränkungen, bei denen unabhängig von den Marktanteilen eine Spürbarkeit angenommen wird > EuGH: mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung des Wettbewerbs → Gesamtwürdigung aller Umstände unter Einbeziehung quantitativer und qualitativer Elemente Zwischenstaatlichkeitsklausel → Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten ▪ Wahrscheinlichkeitsprognose anhand aller Umstände des Falles ▪ Absprachen, die sich auf mehrere Mitgliedsstaaten auswirken ▪ Absprachen, an denen nur Unternehmen aus einem Mitgliedsstaat beteiligt sind (→ Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene)

Verbot des § 21 GWB Verbot, die Teilnahme an Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Verbot des § 21 GWB Verbot, die Teilnahme an einem erlaubten Kartell, zu einem Zusammenschluss pp. zu erzwingen (§ 21 Abs. 3 GWB) Aufruf zu Liefer- oder Bezugs- Sperren (§ 21 Abs. 1 GWB) Verbot, Nachteile wegen der Zusammenarbeit mit der Kartellbehörde zuzufügen (§ 21 Abs. 4 GWB) Verbot, wettbewerbsbeschränkend- des Verhalten zu erzwingen (§ 21 Abs. 2 GWB)

Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB Verrufer Dreipoliges Verhältnis Adressat des Aufrufs Verrufene (Gesperrte) Aufforderung zu einer Liefer- oder Bezugssperre Verrufer, Adressat des Aufrufs und Verrufener müssen rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängig sein Sperre im Konzern oder Weisung an den Handelsvertreter werden nicht erfasst Aufforderung des Verrufers, den Verrufenen nicht zu beliefern oder nicht von ihm zu beziehen ist der Adressat dem Verrufener gegenüber rechtswirksam zur Beachtung der ausgesprochenen Sperre verpflichtet, scheidet § 21 Abs. 1 GWB aus - bloßer Hinweis auf eine andere Bezugsmöglichkeit ist keine Aufforderung - bloße Warnung vor einem wettbewerbswidrigen Verhalten des betr. Unter- nehmens reicht ebenfalls nicht

Absicht der unbilligen Beeinträchtigung des Verrufenen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Die Umsetzung der Aufforderung ist nicht erforderlich Absicht der unbilligen Beeinträchtigung des Verrufenen erforderlich ist eine wettbewerbsbeeinträchtigende Absicht dolus eventualis genügt nicht es genügt aber, dass dieser Zweck zumindest mitbestimmend ist Unbilligkeit der beabsichtigten Wettbewerbsbeeinträchtigung erforderlich ist eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB als Faustformel gilt: Der Boykott greift in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit ein und ist deshalb regelmäßig unbillig. Im Einzelfall kann er durch eine besondere Sach- und Interessenlage gerechtfertigt sein , z.B. Abwehr eines rechtswidrigen oder unlauteren Wettbewerbsverhaltens

„Milchpreisoffensive 2008“ Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG „Milchpreisoffensive 2008“ OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.9.2009, VI-Kart 13/08 (V) Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) „Milchpreisoffensive 2008“, nachdem Milchpreis z.T. auf 30 Cent/kg → Vollkosten deckender bundesweiter Basismilchpreis von 43 Cent/kg → Anhebung des Umrechnungsfaktors von Liter auf Kilogramm von 1,02 auf 1,03 kg/l Milch → Einführung einer flexiblen Mengensteuerung unter Regie der Milch- erzeuger zur Gewährleistung eines Milchpreises von 43 Cent/kg → Einführung einer Umlage von 0,5 Cent/kg Milch Mitgliederbefragung Mitte April 2008: 88 % für Milchliefer-Stopp

Presseerklärung vom 17. April 2008: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Presseerklärung vom 17. April 2008: → Bekanntgabe des Befragungsergebnisses → Molkereien erhalten noch eine Chance, durch erfolgreiche Preisabschlüsse zu beweisen, das sie an der Seite der Milchbauern stehen Rundschreiben und Presseerklärung des BDM vom 26. Mai 2008: → Überschrift: „Hintergrundinformation zum Milchlieferstopp“ und „Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sieht keine Alternative zum Milchlieferstopp“ → Text: ▪ keine gütliche Einigung mit Molkereien möglich ▪ Milchpreisoffensive gegen Preisverfall unumgänglich ▪ Start der Aktion am 26. Mai 2008 um 11.00 Uhr mit Kundgebung ▪ dort weitere Informationen zum Lieferstopp

Weitere Veröffentlichung vom 26. Mai 2008: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Weitere Veröffentlichung vom 26. Mai 2008: „Die Aussage von BDM-Vorstandsvorsitzendem Romuald Schaber „Ich lasse ab morgen meine Milch zuhause! Und ich gehe davon aus, dass es viele Milch- erzeuger genauso machen werden“ fand jubelnde Zustimmung unter den Kund- gebungsteilnehmern. Es ist daher davon auszugehen, dass alle Milcherzeuger, die sich im April für einen unbefristeten Milchlieferstopp ausgesprochen haben, ab morgen ebenfalls ihre Milchlieferung einstellen werden.“ Einschätzung des BDM: 90 % der Mitglieder und viele Nichtmitglieder haben sich an dem Lieferstopp beteiligt Lieferstopp am 5. Juni 2008 beendet, nachdem einige große Lebensmittel-Dis- counter ihre Preise für Trinkmilch und Butter angehoben hatten, um einen höheren Milchpreis zu ermöglichen BDM-Vorsitzender auf Großkundgebung: „Ich fordere dazu auf, den Milchlieferstopp einzustellen und ab heute wieder Milch zu liefern“

→ Materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG → Materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung ► Tatbestand des § 21 Abs. 1 GWB erfüllt ? Verrufer Hier: BDM ▪ Dreipoliges Verhältnis Adressat des Aufrufs Hier: Milchbauern Verrufener (Gesperrter) Hier: Molkereien ▪ Unternehmereigenschaft der 3 Beteiligten → funktionaler Unternehmensbegriff (jedwede Tätigkeit im geschäft- lichen Verkehr) ◦ BDM als Unternehmensvereinigung der Milchbauern ◦ Milchbauern als Unternehmer ◦ Molkereien als Unternehmer

▪ Aufforderung zu einer Liefer- oder Bezugssperre Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG ▪ Aufforderung zu einer Liefer- oder Bezugssperre Verrufer, Adressat des Aufrufs und Verrufener müssen rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängig sein Sperre im Konzern oder Weisung an den Handelsvertreter werden nicht erfasst Aufforderung des Verrufers, den Verrufenen nicht zu beliefern oder nicht von ihm zu beziehen Ist der Adressat dem Verrufener gegenüber rechtswirksam zur Beachtung der ausgesprochenen Sperre verpflichtet, scheidet § 21 Abs. 1 GWB aus Bsp.: selektiver Vertrieb Die bloße Weitergabe von Informationen oder eine ausschließlich kommen- tierende und kritische Bewertung der Sachlage erfüllt nicht den Tatbestand der Aufforderung i.S.v. § 21 Abs. 1 GWB Hier: Auslegung der Verlautbarungen vom 26. Mai 2008 in einer Gesamtschau → Aufforderung zur Sperre der Molkereien (+)

Einwand, dass die überwiegende Zahl der Milchbauern schon vor dem Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Einwand, dass die überwiegende Zahl der Milchbauern schon vor dem 26. Mai 2008 zur Liefersperre entschlossen waren ◦ rechtlich unerheblich, weil die Boykottaufforderung als solche verboten ist (Befolgung der Aufforderung und ihre Kausalität nicht erforderlich) ◦ „überwiegende Anzahl“ ≠ alle Adressaten, Nichtmitglieder Einwand, dass die Molkereien ihren Rohmilchbedarf im Ausland decken konnten ◦ Praktizierung der Sperre und tatsächlicher Sperrerfolg nicht erforderlich Aufforderung zum Boykott bestimmter Unternehmen es genügt, wenn der Kreis der Verrufenen hinreichend individualisierbar ist Absicht (der unbilligen Behinderung) des Verrufenen - erforderlich ist eine wettbewerbsbeeinträchtigende Absicht - dolus eventualis genügt nicht - es genügt, dass dieser Zweck zumindest mitbestimmend ist

(Absicht der) unbilligen Behinderung des Verrufenen Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG (Absicht der) unbilligen Behinderung des Verrufenen erforderlich ist eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB als Faustformel gilt: Der Boykott greift in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit ein und ist deshalb regelmäßig unbillig Im Einzelfall kann er durch eine besondere Sach- und Interessenlage gerechtfertigt sein Hier gilt für die Interessenabwägung Folgendes: ◦ Interesse der verrufenen Molkereien: → massiver Eingriff in die wettbewerbliche Handlungsfreiheit (Durchsetzung eines in Verhandlungen nicht durchzusetzenden Milchpreises; abgestimmte Aktion mit dem Ziel, bundesweit und unbefristet den Wettbewerb beim Absatz von Rohmilch auszuschalten)

◦ Interesse der Milchbauern: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG ◦ Interesse der Milchbauern: → Sperrziel eines kostendeckenden Rohmilchpreises im Wettbewerb besteht kein Anspruch auf kostendeckende Preise auch nicht kostendeckende Preise genießen den Schutz des Kartellrechts (§ 21 GWB, § 1 GWB, §§ 19, 20 Abs. 1 GWB oder § 20 Abs. 2 GWB ) kein Selbsthilferecht, sondern § 33 GWB oder § 32 GWB → in zahlreichen Bundesländern werden weniger als 43 Cent zur Kostendeckung benötigt

BGH, BGH-Report 2001, 972 Sachverhalt: Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG BGH, BGH-Report 2001, 972 Sachverhalt: Kl. ist bundesweit tätiger Schilderpräger Bekl. ist Landkreis und Hauseigentümer der Kfz-Zulassungsstelle Ausschreibung für 3 Container-Stellplätze auf dem Zulassungsstellengelände Regelung im Mietvertrag mit den 3 Stellplatzmietern, wonach der Mieter keine rechtlichen oder tatsächlichen Beziehungen zu einem Großfilialisten der Branche unterhalten darf bei Verstoß: außerordentliches Kündigungsrecht des Bekl. Klage auf Verurteilung des Bekl., die beanstandete Vertragsklausel nicht mehr zu benutzen Lösung: Anspruch aus §§ 33, 21 Abs. 1 GWB → Tatbestand des Boykottaufrufs

Absatzmarkt fernzuhalten Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG Klausel ist gegen die Kl. gerichtet mit dem Ziel, sie vom örtlichen Absatzmarkt fernzuhalten → Bekl. ist der Verrufer → Kl. ist die Verrufene → Mieter des Bekl. sind Adressaten des Boykottaufrufs - Aufruf zu einer Belieferungs- und Beteiligungssperre z.N. der Kl. Absicht des Bekl. zur Wettbewerbsbehinderung, weil Kl. vom örtlichen Schilderprägermarkt ausgeschlossen werden soll Unbilligkeit dieser Wettbewerbsbeschränkung, weil dem Bekl. keine rechtfertigenden Gründe zur Seite stehen → strukturpolitische Entscheidung, einheimische Schilderpräger zu bevorzugen, nicht per se unzulässig → sie ist aber unbeachtlich, wenn der Bekl. als marktbeherrschendes Unternehmen auf dem örtlichen Markt für die Vermietung von Gewerbeflächen zum Betrieb eines Schilderprägegewerbes zur Gleichbehandlung verpflichtet ist