Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 PD. Dr. Joachim Renn 31. Okt.Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen:

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Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 PD. Dr. Joachim Renn 31. Okt.Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen: Esser Habermas

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31 Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Vom subjektiven Sinn zu (sozial institutionalisierten) Typen des Handelns: Problem der Koordination unter der Bedingung der Unsicherheit des subjektiven Sinns. Die Geschichte des Michael Kohlhaas (H.v.Kleist): Von einem, dem Pferde beschlagnahmt, ruiniert und nicht erstattet werden, und der daraufhin (nach mancher Eskalation) Fehde erklärt und sein Recht erzwingt – am Ende dem Urteil sich fügt und fröhlich sein Leben gibt. Eine Geschichte über ein Handeln, dessen Ziele (und Mittel) Rätsel aufgeben: Zwischen zuverlässiger Sitte und rechtlicher Garantie: das (unverhältnismäßige) Unrecht zur Einsetzung des Rechtszustandes und die Frage „warum und wozu“ handelt die Figur wie sie handelt.

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31 Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Zwei systematische Gesichtspunkte.: 1. Handlungstyp durch Motivform bestimmt: 1a) zweckrational egozentrisch 1b) normengeleitet und verständigungsorientiert 2. Handlungskoordinationen durch typische Motivbindung: 2a) empirische Spielregeln 2b) ausgehandelte normative Bindungen Die Schlüsselszene in Luthers Stube: - Kohlhaas erzwingt 1) Gehör (durch Androhung des augenblicklichen Freitodes) 2) Partielle Verständigung über Motive 3) Kooperation/ Vermittlung (Übermittlung des Vorschlages, gegen freies Geleit und Vortrag des Anliegens die Fehde auszusetzen) - Luther: ändert die Einschätzung gewährt Kooperation verweigert aber die Abnahme der Beichte

Wie kommen die Beteiligten zum Verständnis des subjektiven Sinns? Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Wie kommen die Beteiligten zum Verständnis des subjektiven Sinns? Sprechakte und Subjektiver Sinn: Die soziale Form eines Sprechaktes transportiert und konstituiert die Intention (Konvention: Drohung, Bitte etc. typisiert das Motiv) Typen des Handelns: Typen der subjektiven Sinnorientierung (von Motive des Handelns, von Zielen und Einstellungen zu alter ego) [Am Beispiel: will Kohlhaas Luther zwingen, überreden, überzeugen? – welchen Sprechakt vollzieht er, was sagt das über sein Motiv]  zweckrationales, kommunikatives, strategisches Handeln (…) Koordinationen des Handelns (als Koordination von Motiven von ego und alter ego a) in actu – Aushandlung der Situation b) qua „Vorverständigung“: generelle Erwartung typischer Abläufe: Standardmotive) [Am Beispiel: Sanktionsandrohung oder Begründung von Geltungsansprüchen?] Normative Integration als Koordination des Handelns durch kulturell homogene Wert- (also: Motiv)bindung

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31 Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns – Horizont: Kritische Theorie (Kritik des „instrumentellen“ Handelns/ der „instrumentellen“ Vernunft Ausweisung normativer Maßstäbe – über den Weg einer integrativen Theorie der Handlungsrationalität (und des soz. Erkenntnisinteresses) Kommunikative Vernunft: Rational ist die Form, in der Handelnde miteinander der Verpflichtung folgen, einander Gründe für ihre Überzeugungen, Interessen und Handlungspläne zu liefern → „prozedurale Vernunft“ Sprechakte: Dreierlei „Geltungsanspruch“ (Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit) Dramaturgisches / expressives Handeln Instrumentelles / strategisches Handeln Kommunikatives Handeln

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31 Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Koordinationsformen und Handlungsrationalität: Den subjektiven Sinn in Standardform zuschreiben oder: In der Interaktion aushandeln (sich darüber „verständigen“ = bestimmen und rechtfertigen) [Beobachter- und Teilnehmerperspektive: Einflußnahme oder Verständigung] Rationalisierung (Lebenswelt und System) Lebenswelt: a) traditionale Übereinstimmung → b) rationalisierte Aushandlung System: a) lebensweltliches Hintergrundwissen → b) Entkoppelung von Handlungssystemen Grade der Handlungsrationalität Koordinierung niedrig Hoch Durch Interessen-lage Faktisch eingewöhntes Handeln Strateg-isches Handeln (Interessen-handeln) Durch normatives Einver-ständnis Konventio-nelles Ein-verständ-nishandeln Postkonventionelles Einverständnishandeln

Zweckrationalität und Marktkoordination als Sonderformen: Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Zweckrationalität und Marktkoordination als Sonderformen: Primärer Modus der Koordination von Handlungen ist (über die Aushandlung des subjektiven Sinnes) das kommunikative Handeln, bei dem a) normative Aspekte des Handelns verhandelt werden und das b) selbst einen normativen Status hat (Autonomie der Beteiligten) Sekundärer Modus der Koordination von Handlungen sind systemische Zusammenhänge (Markt, Administration, zum Teil: Recht) in denen a) Handlungen über ihre Folgen (z.B.: „Tauschwert“ der Produkte von Arbeit) koordiniert werden und b) der subjektive Sinn über Kommunikationsmedien (z.B. Geld) zu Standardmotiven generalisiert ist.

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31 Vorlesung: Einführung in die Soziologie – Wintersemester 2007/08 31. Okt. Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen Alternative: Zweckrationalität ist Normalform, Verständigungsorientierung und normative Bindung sind abgeleitet: Kohlhaas ist nicht von Gerechtigkeitsintuitionen getrieben, sondern von der Kalkulation, dass der Nutzen durch Sicherstellung des Rechtszustandes die Kosten des Abenteuers übertrifft Hartmut Esser: Rational Choice – Frame Selection (subjective expected utility) Koordination durch Interessen (Nutzenmaximierung), Hintergrund: a) nomologisches Modell der Erklärung b) Monismus zweckrationaler Handlung (Nutzen-Maximierung) Spieltheorie c) „Kultur“ (normative Orientierungen) über Ergänzung: „Frame“ a) praktischer Syllogismus: Explanandum: A vollzieht H. „Gesetz“: Wenn A das Ziel Z „hat“ und glaubt, dass für Z die Handlung H notwendig ist, dann handelt er nach H. Randbedingungen: A hat Z und glaubt, dass H für Z notwendig ist H ist „kausal“ erklärt.