Entscheidungstheorien

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Poisson-Neurone und Poisson-Verhalten
Advertisements

Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung - Verteilungen -
Maschinelles Lernen   Präsenzübung.
Seminar Textmining WS 06/07 Themen Übung 11 unsupervised vs. supervised Symbolfolgen, Kunstsprachen Page Rank.
Modellierung und Schätzung von Variogrammen
Fehler in der Entscheidungstheorie
Entscheidungstheorien in Psychologie und Ökonomie
Gleich oder verschieden
Automatische Verfahren zur Bestimmung der Hörschwelle
Entscheidungstheorien
Entscheidungstheorie für Unentschlossene Indecision Theory.
Gliederung Definition des Wahrscheinlichkeitsbegriffes
Konfidenzintervalle für Parameter
Modellvergleich.
K. Desch - Statistik und Datenanalyse SS05
Kapitel III: Stochastische Modelle im Januar haben wir behandelt: 12/3
Statistische Methoden I
Konfidenzintervalle Intervallschätzung
Statistische Methoden II SS 2007 Vorlesung:Prof. Dr. Michael Schürmann Zeit:Freitag (Pause: ) Ort:Hörsaal Loefflerstraße Übungen.
Bitte mein Manuskript (liegt im Bibliotheksgebäude aus) nicht nach Außerhalb tragen. Die Weitergabe an Dritte (d. h. an Personen, die nicht Hörer der Vorlesung.
Die Student- oder t-Verteilung
Statistische Methoden I WS 2007/2008 Donnerstag, 31. Januar 2008 und Freitag, 1. Februar 2008 Probeklausur - statt Vorlesungen -
Erwartungswert und Varianz I Der endliche Fall Erwartungswert Varianz.
Konfidenzintervalle Intervallschätzung Jeder Beobachtung wird ein Intervall C( ) der reellen Zahlen zugeordnet Niveau Dabei ist die Wahrscheinlichkeit,
Neu Übungsgruppentausch:
Statistische Methoden I WS 2007/2008 Probeklausur Donnerstag, 31. Januar 2008 und Freitag, 1. Februar statt Vorlesungen -
Hier noch ein Beispiel zur bedingten Wahrscheinlichkeit Drei Personen A, B und C befinden sich im Gefängnis. Einer von den dreien ist zum Tode verurteilt,
Klausurtermin (laut Prüfungsamt) Probeklausur Freitag, 13. Juni 2003 statt Vorlesung.
Achtung Vorlesung am Montag, den 21. Juni Zeit: Uhr Ort: Kiste.
II. Wahrscheinlichkeitstheorie
Wahrscheinlichkeitstheorie. Statistische Methoden I WS 2009/2010 Einleitung: Wie schätzt man die Zahl der Fische in einem See? Zur Geschichte der Statistik.
Erwartungswert und Varianz I Der endliche Fall Erwartungswert Varianz.
Erwartungswert und Varianz I Der endliche Fall Erwartungswert Varianz.
Häufigkeiten Gegeben ist eine Datenliste (Urliste) (hier z. B. die Klausur-Noten von 50 Studenten)
Extra-SPSS-Kurse Durchführung: Birte Holtfreter Termine Di Mi Mi Ort PC-Pool Loefflerstarße.
Bedingte Wahrscheinlichkeiten Die Belegschaft eines Betriebes wird nach Rauchern und Nicht- rauchern eingeteilt. Dabei ergibt sich die folgende Tabelle:
Streuungsparameter für Median Mittlere Abweichung vom Median Die Ungleichung gilt für jede Konstante c.
Urnenmodelle. Die Normalverteilung (Gauß-Verteilung) (Gaußsche Glockenkurve)
Statistische Methoden I WS 2009/2010 Probeklausur Montag, 25. Januar statt Vorlesung -
Grundbegriffe der (deskriptiven) Statistikder Wahrscheinlichkeitstheorie.
Statistische Methoden I WS 2004/2005 Probeklausur Freitag, 21. Januar statt Vorlesung - In 2 Wochen In 2 Wochen!
Verteilungsfunktion der Normalverteilung I. Verteilungsfunktion der Normalverteilung II.
Grundbegriffe der (deskriptiven) Statistik
Grundbegriffe der (deskriptiven) Statistikder Wahrscheinlichkeitstheorie.
Sportwissenschaftliche Forschungsmethoden SS Statistischer Test.
Vorlesung: Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Wiederholung: Einfache Regressionsgleichung
Histogramm/empirische Verteilung Verteilungen
Ausgleichungsrechnung II
Wahrscheinlichkeitsverteilung
Die Poisson-Verteilung: Mittelwert und Standardabweichung
Mittelwert und Standardabweichung
SStotal SStotal SStreat SSerror SStreat SSerror Biomasse (g) wenig
IK Ökonomische Entscheidungen und Märkte
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Statistik I - Übung Sarah Brodhäcker.
1 (C) 2002, Hermann Knoll, HTW Chur, Fachhochschule Ostschweiz Wahrscheinlichkeitsverteilung Lernziele: Wahrscheinlichkeitsverteilung und der Wahrscheinlichkeitsdichte.
Theorie psychometrischer Tests, II
Begriff der Zufallsgröße
Statistik – Regression - Korrelation
Statistik – Wahrscheinlichkeit
Einführung zur Fehlerrechnung
Entscheidungstheorie für Unentschlossene Indecision Theory.
Die Binomialverteilung
K. Desch - Statistik und Datenanalyse SS05
Geoinformationssysteme
Independent Component Analysis: Analyse natürlicher Bilder Friedrich Rau.
Methoden der Psychologie
Entscheidungstheorien
 Präsentation transkript:

Entscheidungstheorien Christian Kaernbach

Gliederung Der Einfluß von Kosten und Nutzen auf die Entscheidung Darstellung von Entscheidungsdaten als Tabelle / als Graphik Die Eigenschaften der ”Receiver Operating Characteristics” klassisches Modell: Gaußsches Modell mit gleicher Varianz  Asymmetrie der Daten Rettungsversuche für das Gaußsche Modell  Schwellenmodelle Poissonmodell  Modellvergleich Anwendung: Sprache in Rauschen bei Leichtgläubigen

Statistische Entscheidungstheorie Statistical Decision Theory, SDT Beispiel: Entscheidungsverhalten an der Wahrnehmungsschwelle, Signalentdeckungstheorie, Signal Detection Theory, SDT sensorische Komponente (Urteilsbasis) strategische Komponente (Kosten/Nutzen) zwei Reizkonstellationen Rauschen (kein Signal), Signal plus Rauschen zwei Antwortmöglichkeiten Ja (Signal war vorhanden), Nein (kein Signal)

Tabellarische Datendarstellung Ja Nein Signal + Rauschen Treffer Auslasser 73 27 100 falscher korrekte Rauschen Alarm Zurückweisung 11 89 100

Motivation Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles (Goethe, Faust) Laborexperimente: Manipulation mittels Kosten/Nutzen-Matrix (payoff matrix) Ja Nein S+R +1 € -1 € R -1 € +1 €

Graphische Datendarstellung Trefferwahrscheinlichkeit (pT) als Funktion der Falschalarmwahrscheinlichkeit (pFA). Wo ist der Datenpunkt, wenn die Versuchsperson alles richtig macht? alles falsch macht? immer mit „Ja“ antwortet? immer „Nein“ antwortet? per Münzwurf entscheidet? im „Normalfall“? Wohin wandert der Datenpunkt, wenn Auslasser stärker bestraft werden?

Receiver Operating Characteristics ROC Daten: Empiriepraktikum Universität Leipzig WS 96/97

Drehsymmetrie des ROC (anti-kooperatives Verhalten)

Drehsymmetrie des ROC (anti-kooperatives Verhalten)

Der ROC ist konvex AROC  BROC  ABROC

Geraden gleichen Payoffs Payoff-Matrix Ja Nein S+R +10 –40 R –5 +10 mittlerer Payoff: Pay = 0,5 · (10 · pT – 40 · (1–pT)) + 0,5 · (–5 · pFA + 10 · (1–pFA))

Geraden gleichen Payoffs 0 +5 5 10 15 20 +10 Payoff-Matrix Ja Nein S+R +10 –40 R –5 +10 mittlerer Payoff: Pay = 0,5 · (10 · pT – 40 · (1–pT)) + 0,5 · (–5 · pFA + 10 · (1–pFA))

Geraden gleichen Payoffs 0 +5 5 10 15 20 +10 Payoff-Matrix Ja Nein S+R mT mA R mFA mKZ mittlerer Payoff: Pay = 0,5 · (mT · pT + mA · (1–pT)) + 0,5 · (mFA · pFA+ mKZ · (1–pFA)) verhaltensbestimmend: die Steigung (mKZ – mFA) / (mT – mA)

Ein Würfelspiel Signal: Münzwurf (Kopf: 2, Zahl 0) Rauschen: Summe zweier Würfel (2...12) Aufgabe: Erraten, ob Kopf gefallen ist, gegeben ein bestimmtes Gesamtergebnis

Wahrscheinlichkeitsdichten S+R / R. ROC aus Wahrscheinlichkeitsdichten auf der „Entscheidungsachse“ (decision axis, internal response, ...) R S+R Je weiter rechts die innere Antwort auf der Entscheidungsachse, desto wahrscheinlicher ist das Signal. Die Versuchsperson sagt „Ja“, wenn der Wert auf der Entscheidungsachse ein bestimmtes Kriterium k überschreitet. Rückt k ein infinitisemales Stück nach rechts, dann werden sowohl pFA als auch pT kleiner. Das Verhältnis pT / pFA ist die Steigung des ROC und läßt sich berechnen als Bruch der Wahrscheinlichkeitsdichten S+R / R.

Welche Verteilung? Normalverteilung kumulative Normalverteilung, KNV

Gaußsches Modell mit gleicher Varianz S+R = N(0,1) S+R = N(d‘,1) 2 Parameter: Sensitivität d‘ (Kurve) Kriterium k (Punkt) k‘ = KNV1(FA) d‘ = KNV1(T)  KNV-1(FA)

Gaußsches Modell: Symmetrie S+R = N(0,1) S+R = N(d‘,1) 2 Parameter: Sensitivität d‘ (Kurve) Kriterium k (Punkt) k‘ = KNV1(FA) d‘ = KNV1(T)  KNV-1(FA)

Asymmetrie realer Daten   ROC nach Gauß (gl. Varianz) zu symmetrisch  

Gaußsches Modell mit ungleicher Varianz S+R = N(0,1) S+R = N(d‘,) 3 Parameter: Sensitivität d‘ (Kurve) Streuung S+R  (Kurve) Kriterium k (Punkt)   ROC nicht konvex  

Hochschwellenmodell (Blackwell, 1953) S+R = {1, 0} S+R = {1, } 2 Parameter: p(D|S+R) =  (Kurve) Kriterium (Punkt)   unrealistisch: Falschalarmrate = 0  

Niedrigschwellenmodell (Luce, 1963) S+R = {1, } S+R = {1, } 3 Parameter: p(D|R) =  (Schar) p(D|S+R) =  (Kurve) Kriterium (Punkt)   perfekte Leistung unmöglich  

Hoch/Niedrigschwellenmodell (Krantz, 1969) S+R = {1, , 0} S+R = {1, , } 4 Parameter: p(D|R) =  (Schar) p(D|S+R) =  (Kurve) p(D*|S+R) =  (Kurve) Kriterium (Punkt)   zuviele Parameter  

Kontinuierliche und diskrete Modelle Kann man ROCs aus kontinuierlichen Verteilungen (z.B. Gauß) von ROCs aus Modellen mit wenigen diskreten Zuständen (Schwellenmodelle: Blackwell, Luce, Krantz) an der „Eckigkeit“ unterscheiden? ROCs aus Rating-Daten sind „rund“: VP gibt Sicherheit für „Ja“ auf kontinuierlicher Skala an (Bleistiftstrich) VL setzt post-hoc verschiedene Schwellen für „Ja“ Krantz argumentiert gegen „runde Rating-ROCs“ gegeben zwei Zustände, D und D. verschmiertes Antwortverhalten aus Skala, Gaußverteilungen für D und D. > runder ROC „Nein“ „Ja“

Das Poissonmodell (Egan, 1975) 3 Parameter: µ(R) (Schar) µ(S+R) (Kurve) Kriterium (Punkt)   va bene  

Übergänge Poisson µ(R) = 0  Hochschwellenmodell Poisson µ(R) < .2  Hoch/Niedrigschwellenmodell Poisson µ(R)    Gaußsches Modell mit gleicher Varianz

Modellvergleich Sparsamkeit Kompatibilität Parameter Schar Kurve Punkt Probleme Gauß mit gleicher Varianz 0 1 1 nur symmetrische Daten mit ungleicher Varianz 0 2 1 ROC nicht konvex Hochschwellen 0 1 1 FA-Rate = 0 Niedrigschwellen 1 1 1 erreicht nicht „perfekt“ Hoch/Niedrigschw. 1 2 1 zu viele Parameter Poisson 1 1 1 

Sprache in Rauschen bei Leichtgläubigen Diplomarbeiten von Gerit Haas und Ulrike Jury, Universität Graz, 2007 245 Versuchspersonen füllen Online-Fragebogen aus Persönlichkeitsmerkmal “Magical Ideation” (MI) erheben mit 30 Items wie Ich vollführe ab und zu kleine Rituale, um ungünstige Ereignisse abzuwenden. Es gibt Leute, bei denen ich spüre, wenn sie an mich denken. Wenn bestimmte Leute mich ansehen oder mich berühren, habe ich manchmal das Gefühl, Energie zu gewinnen oder zu verlieren. Ich glaube, ich könnte lernen, die Gedanken Anderer zu lesen, wenn ich nur wollte. Die Regierungen halten Informationen über UFOs zurück. ... Extremgruppenvergleich 8 Personen mit niedrigem MI-Wert (1,25  1,3) 9 Personen mit hohem MI-Wert (22  2,4)

Sprache in Rauschen bei Leichtgläubigen Semantisches Priming Regelentdeckung in einem Computerspiel Erkennen von Objekten in visuellen Rauschbildern Erkennen von Wörtern in Rauschen behaviorale Untersuchung: 100 Durchgänge, davon 60 mal nur Rauschen 20 mal Rauschen plus sehr leises Wort 20 mal Rauschen plus leises Wort Aufgabe: War da ein Wort? Vierstufiges Rating sicher ja eher ja eher nein sicher nein bildgebendes Verfahren (NIRS) zu Wörtern in Rauschen

Sprache in Rauschen bei Leichtgläubigen Erkennen von Wörtern in Rauschen Asymmetrie: Hinweis auf Poissonverteilung MI-hoch und MI-niedrig produzieren gleiche ROC-Kurve Position der Punkte auf ROC-Kurve unterscheidet sich deutlich basale Wahrnehmungsprozesse sind identisch (liefern gleiche Information) Kriterien beim Auswerten dieser Information sind unterschiedlich

Hausaufgaben Es werden 200 Versuche gemacht, davon 100 mit S+R, 100 mit R. Die VP macht 16 falsche Alarme und 50 Treffer. Wie groß ist k? Wie groß ist d‘? Wie viele Treffer und falsche Alarme würde die VP an dem Punkt machen, der an der Gegendiagonale gespiegelt ist? Wie groß ist d‘ für diesen Punkt? Wie groß muß k sein, damit die VP diesen Punkt erzeugt? Und weil‘s so schön war: Eine andere VP macht bei der gleichen Lautstärke 16 falsche Alarme und 84 Treffer. Gleiche Fragen wie oben...