Vorlesung Familienrecht

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 Präsentation transkript:

Vorlesung Familienrecht Wintersemester 2018/2019 PD Dr. Robert Magnus

Vorlesungsgliederung A. Einführung und Grundbegriffe B. Begründung der Ehe und Verlöbnis C. Allgemeine Ehewirkungen D. Eheliches Güterrecht E. Scheidung und Scheidungsfolgen F. Abstammung und Eltern-Kind-Verhältnis

A. Einführung PD Dr. Robert Magnus

PNP - Do, 16.5.2013, S.2

Literaturempfehlungen 26. Aufl. 2018, 524 S., 26,90 €  32. Aufl. 2018, 582 S., 32,90 €

Literaturempfehlungen 6. Aufl. 2010, 1059 S., 124 €  3. Aufl. 2015, 208 S., 19,80 €

Bedeutung im Examen gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SpStr. 4 JAPrO (1. Staatsexamen) „die Bezüge des Familienrechts zum bürgerlichen Vermögensrecht (insbesondere die §§ 1357, 1359, 1362, 1363- 1371, 1408, 1589, 1626, 1629, 1643, 1664, 1795 BGB)“ gem. § 51 Abs. 1 Nr. 1 SpStr. 2 JAPrO (2. Staatsexamen) „aus dem Familienrecht: Wirkungen der Ehe im Allgemeinen, gesetzliches Güterrecht, Ehescheidung mit Unterhalts- und Sorgerecht, Abstammung, Verwandtschaft und Unterhaltspflicht unter Verwandten, gesetzliche Vertretung von Kindern“

Bedeutung in der Praxis

Bedeutung in der Praxis

Instanzenzug in Familiensachen BGH (XII. Zivilsenat, § 130 I 1 GVG) § 133 GVG 2. Instanz OLG (Familiensenat, § 116 I 1 GVG) § 119 I Nr. 1 GVG 1. Instanz AG (Familiengericht, § 23b I GVG) § 23a GVG

§ 114 FamFG (Vertretung durch einen Rechtsanwalt) Bedeutung in der Praxis § 114 FamFG (Vertretung durch einen Rechtsanwalt) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. (…)

Rechtsquellen PD Dr. Robert Magnus

Quelle: wikipedia PD Dr. Robert Magnus

Rechtsquellen - Grundgesetz Art. 6 GG (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. (5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Rechtsquellen - Grundrechte-Charta Art. 7: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation. Art. 9: Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln. Art. 14 III: Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.

Rechtsquellen – Grundrechte-Charta Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein. Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

Rechtsquellen – Grundrechte-Charta Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet. Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

Rechtsquellen – EMRK Art. 8 (1): Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Art. 12: Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Prot. Nr. 7 Art. 5: Ehegatten haben untereinander und in ihren Beziehungen zu ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten privatrechtlicher Art hinsichtlich der Eheschließung, während der Ehe und bei der Auflösung der Ehe. Dieser Artikel verwehrt es den Staaten nicht, die im Interesse der Kinder notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Welche Grundrechtsauslegung hat Vorrang?

EGMR zum (deutschen) Familienrecht Umgangs- und Sorgerecht des nichtehelichen Vaters = Görgülü (BVerfG NJW 2004, 3407; EGMR NJW 2004, 3397); Zaunegger (NJW 2010, 501); Schneider (NJW 2012, 2781) Diskriminierung nichtehelicher Kinder = Mitzinger (FamRZ 2017, 656); Wolter/Safert (FamRZ 2017, 829) Einschränkungen des Anfechtungsrecht der rechtlichen Vaterschaft durch den leiblichen Vater = Kautzor (NJW 2013, 1937) „Ehe für Alle“ = Schalk/Kopf (NJW 2011, 1421)

EGMR NZFam 2018, 455 Entziehung von Teilen des elterlichen Sorgerechts aufgrund religiös motivierter Züchtigung 1. Die Gefahr, dass Kinder im Rahmen ihrer Erziehung systematischer und regelmäßiger Züchtigung ausgesetzt werden, stellt einen stichhaltigen Grund dar, um den Eltern das Sorgerecht zumindest teilweise zu entziehen und die Kinder in Pflege zu nehmen. 2. Damit diese schwerwiegende Maßnahme, die zu einer Trennung der Familie führt, unter Art. Art. 8 EMRK gerechtfertigt werden kann, ist es allerdings nötig, dass der Entscheidung dar- über ein angemessener Entscheidungsfindungsprozess unter Beteiligung der Betroffenen vorangeht und sie nur auf die strikt notwendigen Bereiche und tatsächlich der Gefahr der Züchtigung ausgesetzten Kinder beschränkt wird. 3. Die Maßnahme muss auch insgesamt ausreichend begründet werden. EGMR, Urteil vom 22.3.2018, V. Kammer – Bsw. Nr. 68.125/14 und 72.204/14 Wetjen u. a. gg. Deutschland

BVerfG NJW 2017, 3643 – Das Dritte Geschlecht

Wichtige einfachgesetzliche Regelungen §§ 1297-1921 BGB; LPartG Versorgungsausgleichsgesetz v. 03.04.2009, BGBl. I, S. 700 (VersAusglG) §§ 23a-23d GVG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17.12.2008, BGBl. I, S. 2586, 2587 (FamFG)

B. Begründung der Ehe und Verlöbnis PD Dr. Robert Magnus

Friedrich Schiller – Das Lied von der Glocke: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, // Ob sich das Herz zum Herzen findet. // Der Wahn ist kurz, die Reu’ ist lang.“ PD Dr. Robert Magnus

Grundlagen des bürgerlichen Eherechts Standort im historischen Kontext Monogamie Auf Lebenszeit geschlossen Abgrenzung zu Konkubinat und französischem pacs Konsensprinzip und Formbedürftigkeit Obligatorische Zivilehe und Grundsatz der staatlichen Voraustrauung Religiöse Neutralität

Codex Iuris Canonici 1983, Gesetzbuch der katholischen Kirche Titel VII: Ehe Can. 1059 — Die Ehe von Katholiken, auch wenn nur ein Partner katholisch ist, richtet sich nicht allein nach dem göttlichen, sondern auch nach dem kirchlichen Recht, unbeschadet der Zuständigkeit der weltlichen Gewalt hinsichtlich der rein bürgerlichen Wirkungen dieser Ehe.

Codex Iuris Canonici 1983, Gesetzbuch der katholischen Kirche Titel VII: Ehe Can. 1061 — § 1. Eine gültige Ehe zwischen Getauften wird als lediglich gültige Ehe bezeichnet, wenn sie nicht vollzogen worden ist; als gültige und vollzogene Ehe, wenn die Ehegatten auf menschliche Weise miteinander einen ehelichen Akt vollzogen haben, der aus sich heraus zur Zeugung von Nachkommenschaft geeignet ist, auf den die Ehe ihrer Natur nach hingeordnet ist und durch den die Ehegatten ein Fleisch werden. § 2. Haben die Ehegatten nach der Eheschließung zusammengewohnt, so wird der Vollzug der Ehe so lange vermutet, bis das Gegenteil bewiesen wird.

§ 1297 BGB (Unklagbarkeit, Nichtigkeit eines Strafversprechens) Das Verlöbnis § 1297 BGB (Unklagbarkeit, Nichtigkeit eines Strafversprechens) (1) Aus einem Verlöbnis kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden. (2) Das Versprechen einer Strafe für den Fall, dass die Eingehung der Ehe unterbleibt, ist nichtig.  Verlöbnis = Vertrag (§§ 106 ff.!), in dem sich die Verlobten die Eingehung der Ehe versprechen (h.M.); a.A. familienrechtlicher Vertrag sui generis oder Realakt Klagbarkeit der Pflicht zur Eingehung der Ehe ausgeschlossen, d.h. unvollkommene Verbindlichkeit

Das Verlöbnis - Rechtsfolgen (nicht klagbare) Pflicht zur Eheschließung Erbrechtliche Besonderheiten (§§ 2077 Abs. 2, 2275 Abs. 3, 2276 Abs. 2, 2279 Abs. 2, 2290 Abs. 3 Satz 2, 2347 Abs. 1, 2352) Garantenstellung, z.B. § 13 StGB Angehöriger gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB Zeugnis- und Aussageverweigerungsrechte (§§ 383-385 ZPO, 29-31 FamFG, 52, 55 StPO), Gutachtensverweigerungsrecht (§§ 408 Abs. 1 ZPO, 29 Abs. 2 FamFG, 76 Abs. 1 StPO), Eidesverweigerungsrecht (§ 61 StPO) Kein gesetzliches Erbrecht und auch keine Unterhaltspflicht

§ 1298 BGB Ersatzpflicht bei Rücktritt Das Verlöbnis § 1298 BGB Ersatzpflicht bei Rücktritt (1) Tritt ein Verlobter von dem Verlöbnis zurück, so hat er dem anderen Verlobten und dessen Eltern sowie dritten Personen, welche anstelle der Eltern gehandelt haben, den Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist, dass sie in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind. Dem anderen Verlobten hat er auch den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er in Erwartung der Ehe sonstige sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berührende Maßnahmen getroffen hat. (2), (3) … Bsp.: Kosten der Verlobungsanzeige, Brautkleid, Buchung der Hochzeitsreise Auflösung des Verlöbnisses: Eheschließung (Erfüllung),Tod eines Verlobten, einvernehmliche Aufhebung durch Vertrag („Entlobung“), einseitiger Rücktritt (höchstpersönlich  §§ 107 ff.; jederzeit  §§ 119 ff.)

§ 1298 BGB Ersatzpflicht bei Rücktritt Das Verlöbnis § 1298 BGB Ersatzpflicht bei Rücktritt (1)… (2) Der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als die Aufwendungen, die Eingehung der Verbindlichkeiten und die sonstigen Maßnahmen den Umständen nach angemessen waren. (3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für den Rücktritt vorliegt. Dauer der Verlobung, Absehbarkeit der Eheschließung, Gewicht der Maßnahme Ursache im Risikobereich des anderen Teils, Eingehung der Ehe bei vernünftiger Würdigung unzumutbar; Verschulden nicht erforderlich; NICHT allein Änderung der emotionalen Einstellung/erlahmte Zuneigung

Das Verlöbnis § 1299 BGB Rücktritt aus Verschulden des anderen Teils Veranlasst ein Verlobter den Rücktritt des anderen durch ein Verschulden, das einen wichtigen Grund für den Rücktritt bildet, so ist er nach Maßgabe des § 1298 Abs. 1, 2 zum Schadensersatz verpflichtet. § 1301 BGB Rückgabe der Geschenke Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem anderen die Herausgabe desjenigen, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Im Zweifel ist anzunehmen, dass die Rückforderung ausgeschlossen sein soll, wenn das Verlöbnis durch den Tod eines der Verlobten aufgelöst wird. Rechtsfolgenverweisung

Prüfungsschema: Ersatzpflicht aus § 1298 Wirksames Verlöbnis Auflösung des Verlöbnisses durch Rücktritt des Anspruchsgegners ohne wichtigen Grund, § 1298 I, III oder durch schuldhafte Veranlassung des Rücktritts des Anspruch- stellers, § 1299 III. Anspruchsberechtigter der betroffene Verlobte dessen Eltern dritte Personen, die an Stelle der Eltern gehandelt haben

Prüfungsschema: Ersatzpflicht aus § 1298 Schaden 1. – Aufwendungen oder Eingehung von Verbindlichkeiten oder – Nachteile in Folge von sonstigen Maßnahmen, die das Vermögen des betroffenen Verlobten oder seine Erwerbs- stellung berühren und in Erwartung der Eheschließung (Kausalität) angemessener Umfang, § 1298 II Verjährung, § 1302

Prüfungsschema: Rückgabe von Geschenken nach § 1302 Wirksames Verlöbnis Unterbleiben der Eheschließung (ein ausdrücklicher Rücktritt ist nicht erforderlich) Geschenk an den anderen Partner zum Zeichen des Verlöbnisses Nicht: sonstige Geschenke, z.B. zum Geburtstag, oder Zuwendungen i.R.d. nichtehelichen Lebensgemeinschaft Kein Ausschluss der Rückforderung wegen Todes, § 1301 S. 2 RF: Herausgabe des Geschenks nach §§ 818 ff.

Enttäuschte Erwartungen A aus Kiel und B aus Passau lernen sich im Internet kennen. Nach einigen längeren Chat-Abenden macht B der A spontan einen Heiratsantrag, den diese auch freudig annimmt. Es wird verabredete, dass B seine Stellung als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei aufgeben und zu A nach Kiel ziehen soll. Als sich A und B nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch B zum ersten Mal in Kiel persönlich treffen, ist A von dem im Internet wesentlich besser aussehenden B doch nicht mehr so angetan und sagt sich von der Verlobung los. Der jetzt arbeitslose B verlangt von A Ersatz für die ihn durch die Kündigung entgangenen Gehaltszahlungen sowie die Rückgabe des Verlobungsringes (Wert 1500 €), den er A per Post zugesendet hatte. A hat den Ring verkauft und ist von dem Geld in den Urlaub gefahren. Bestehen die Ansprüche des B?

Lösung: Anspruch B gegen A aus § 1298 wegen der entgangenen Gehaltszahlungen Wirksames Verlöbnis (+) Rücktritt ohne wichtigen Grund (§ 1298 III) (+) B als Anspruchsberechtigte Person (+) Rechtsfolge Ersatz angemessener Aufwendungen Kündigung der Arbeitsstelle hier angemessen?

OLG Frankfurt, FamRZ 2008, 1181 Die Aufgabe einer gesicherten Erwerbstätigkeit nach einem Verlöbnis, welches nach mehreren Telefongesprächen und ohne persönliches Kennenlernen des Partners zustande kam, ist unangemessen im Sinne des § 1298 II BGB; der daraus entstandene Schaden ist deshalb bei Rücktritt vom Verlöbnis nicht zu ersetzen.

Lösung: B. Anspruch B gegen A aus § 1301 auf Wertersatz in Höhe von 1.500 € Wirksames Verlöbnis (+) Unterbleiben Eheschließung (+) Geschenk als Zeichen des Verlöbnisses (+) Kein Ausschluss nach § 1301 S. 2 Rechtsfolge Rechtsfolgenverweis in das Bereicherungsrecht Herausgabe Ring nach § 818 I nicht mehr möglich Wertersatzpflicht nach § 818 II (+) Entreicherung nach § 818 III? (-) da wohl anderweitige Aufwendungen erspart

Eheschließung

§ 1310 BGB Zuständigkeit des Standesbeamten; Heilung fehlerhafter Ehen Ehevoraussetzungen Eheschließung im Inland vor einem deutschen Standesbeamten (§ 1310 I) § 1310 BGB Zuständigkeit des Standesbeamten; Heilung fehlerhafter Ehen (1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen. Der Standesbeamte muss seine Mitwirkung verweigern, wenn 1. offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Absatz 2 aufhebbar wäre, oder 2. nach Artikel 13 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die beabsichtigte Ehe unwirksam wäre oder die Aufhebung der Ehe in Betracht kommt.

Ehevoraussetzungen § 1312 BGB Trauung Übereinstimmende Erklärung miteinander die Ehe eingehen zu wollen (§§ 130 I, 1312) § 1312 BGB Trauung Der Standesbeamte soll bei der Eheschließung die Eheschließenden einzeln befragen, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen, und, nachdem die Eheschließenden diese Frage bejaht haben, aussprechen, dass sie nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute sind. 2Die Eheschließung kann in Gegenwart von einem oder zwei Zeugen erfolgen, sofern die Eheschließenden dies wünschen.

Typische materiellrechtliche Eheverbote im Rechtsvergleich Polygamie (nicht überall) Verwandtschaft (Grad unterschiedlich, auch bei Adoption?) Gleiches Geschlecht der Partner Minderjährigkeit oder Geschäftsunfähigkeit eines Partners Religionsverschiedenheit Im islamischen Recht, im jüdischen Recht

Ehevoraussetzungen Bis Oktober 2017: Verschiedengeschlechtlichkeit (vgl. § 1 Abs. 1 LPartG)

Ehevoraussetzungen Bis Oktober 2017: Verschiedengeschlechtlichkeit (vgl. § 1 Abs. 1 LPartG)

Ehevoraussetzungen § 1303 BGB Ehemündigkeit Neuregelung 2017, zuvor Eheschließung mit 16 jährigen Partner möglich Was soll Unterscheidung in S. 1 und S. 2? Welchen Hintergrund hatte Neuregelung? § 1303  BGB Ehemündigkeit Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

Problemfall Kinderehe Im islamischen Recht, im jüdischen Recht

Art. 13 EGBGB (Eheschließung) „Kinderehen“ Art. 13 EGBGB (Eheschließung) (..) (3)  Unterliegt die Ehemündigkeit eines Verlobten nach Absatz 1 ausländischem Recht, ist die Ehe nach deutschem Recht 1. unwirksam, wenn der Verlobte im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte, und 2. aufhebbar, wenn der Verlobte im Zeitpunkt der Eheschließung das 16., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte.

„Kinderehen“ Schaffung einer speziellen Eingriffsnorm zugunsten des deutschen Verbots einer Eheschließung durch Minderjährige Anwendung des Art. 13 Abs. 3 EGBGB auch, wenn ansonsten ausländisches Recht zur Anwendung kommt) Differenzierung zwischen Nichtehen und aufhebbaren Ehen Bei aufhebbaren Ehen gelten grds. die Scheidungsfolgen (§ 1318 I) bei unwirksamen Ehen hingegen nicht Vorlesung / Internationales Privatrecht/ PD Dr. Robert Magnus

„Kinderehen“ Rechtsfolgen bei Nichtigkeit der Ehe aber problematisch Art. 13 Abs. 3 EGBGB soll insbesondere minderjährige Ehefrau schützen Bei Nichtigkeit der Ehe verliert die Ehefrau aber: güterrechtliche Ausgleichsansprüche nacheheliche Unterhaltsansprüche Ansprüche auf Versorgungsausgleich erbrechtliche Ansprüche am Vermögen des Mannes

„Kinderehen“ Bei Nichtigkeit der Ehe verliert die Ehefrau aber: uU Ansprüche auf Zahlung von Kindesunterhalt (wenn Vaterschaft ohne Eingreifen der Ehelichkeitsvermutung unklar) ihr Aufenthaltsrecht, wenn dieses vom Aufenthaltsrecht des Mannes abgeleitet wird Unterhaltsansprüche während der Trennungszeit Eigentums- und Besitzpositionen, die von ihrem Mann abgeleitet werden (Mietvertrag Wohnung, wenn nur vom Mann unterschrieben, gemeinsamer Hausrat)

„Kinderehen“ Lösungen der Gerichte? Anwendung des § 1315 I 1 b) analog (so OLG Oldenburg NZFam 2018, 609)? Vorlage an BVerfG (Art. 100 GG) wegen Verstoß gegen Art. 6 GG ( EGMR und Art. 8 EMRK)? BGH hält Regelung für verfassungswidrig und hat Frage mit Beschluss vom 14.11.2018 (veröffentlicht am 14. 12.2018 (!)) dem BVerfG vorgelegt (BeckRS 2018, 32048)

Ehevoraussetzungen Persönliche Erklärung (§ 1311 S. 1), keine sog. Handschuhehe Keine Bedingung oder Befristung (§ 1311 S. 2) Wolfgang Freiherr von Polheim vollzieht die „Handschuhehe “ zwischen Anne de Bretagne stellvertretend für den abwesenden Maximilian I. von Habsburg. Illustration in La Lecture Journal des Romans, Nr. 83, 20-05-1857.

§ 1304 BGB Geschäftsunfähigkeit Ehevoraussetzungen § 1304 BGB Geschäftsunfähigkeit Wer geschäftsunfähig ist, kann eine Ehe nicht eingehen. OLG Brandenburg, FamRZ 2011, 216 Die Ehegeschäftsfähigkeit hängt nicht allein von der Intensität der Geistesstörung ab, sondern von der Frage, ob die Geistesstörung die Einsicht in die Bedeutung der Ehe und die Freiheit des Willensentschlusses zur Eingehung der Ehe beeinträchtigt. Danach ist für die Frage der Ehegeschäftsfähigkeit nicht entscheidend, ob der Betroffene die rechtlichen Konsequenzen einer Ehe erfassen kann, sondern es ist ausreichend, dass der Betroffene den Sinn einer Ehe und die Veränderung in seinem Leben durch eine Eheschließung erkennen und begreifen kann. Denn selbst eine erhebliche geistige Behinderung muss nicht die notwendige Einsichtsfähigkeit in das Wesen der Ehe und die freie Willensentscheidung zur Eheschließung ausschließen. Siehe auch BGH NJW-RR 2012, 897 (Berücksichtigung von Art. 6 GG)

§ 1306 BGB Bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft Eheverbote § 1306 BGB Bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht. Zulässigkeit von Polygamie in anderen Kulturen (Überblick Coester/Coester-Waltjen FamRZ 2016, 1618) und grds. Anerkennung der Rechtswirkungen im Ausland geschlossener ausländischer polygamer Ehen im Inland Polygame Eheschließung im Deutschland hingegen Straftat (§ 172 StGB) Sonderfall Wiederheirat nach Todeserklärung (§§ 1319, 1320)

§ 1307 BGB Verwandtschaft § 1308 BGB Annahme als Kind Eheverbote § 1307 BGB Verwandtschaft Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern. Dies gilt auch, wenn das Verwandtschaftsverhältnis durch Annahme als Kind erloschen ist. § 1308 BGB Annahme als Kind (1) Eine Ehe soll nicht geschlossen werden zwischen Personen, deren Verwandtschaft im Sinne des § 1307 durch Annahme als Kind begründet worden ist. Dies gilt nicht, wenn das Annahmeverhältnis aufgelöst worden ist. (…)

Eheverbote Inzestverbot in § 173 StGB Normzweck des § 1307 BGB: Schutz vor der Gefahr erblicher Erkrankungen der Kinder, Unzweideutigkeit der sozialen Rolle, Schutz vor familiär bedingten Abhängigkeiten, etc. (str.) Siehe auch EGMR FamRZ 2012, 937 und BVerfG NJW 2008, 1137 dazu auch Hufen/Jahn JuS 2008, 550

§ 1314 BGB Aufhebungsgründe Fehlendes Geschäftsbewusstsein (Bsp: AG Prüm FamRZ 2002, 1561) Willensmängel „Las Vegas-Ehe“ § 1314  BGB Aufhebungsgründe (2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn 1. ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand; 2. ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt; 3. ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist; Beispiele: Mehrverkehr, Schwangerschaft, vorhandene Kinder, tatsächlicher Beruf, Sterilisation, Erbkrankheiten

§ 1314 BGB Aufhebungsgründe Willensmängel § 1314  BGB Aufhebungsgründe (2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn (…) 4. ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist; 5. beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen. Auch Drohung durch Dritte ausreichend Problem: Zwangsehen, vgl. § 237 StGB Sog. Scheinehe zur Erschleichung eines Aufenthaltsrechts oder von steuerlichen Vorteilen

Eheschließungsmängel - Rechtsfolgen Deutsches Recht unterscheidet eine von Anfang an nichtige Ehe (Nichtehe) und eine lediglich auf Antrag aufhebbare Ehe (vgl. §§ 1313 BGB) In sieben Schritten, Katharina von Arragon, Anne Boleyn

Eheschließungsmängel - Rechtsfolgen Die Aufhebung hat grds nur eine Wirkung ex nunc. Gem. § 1318 I BGB gelten grds. die Rechtsfolgen einer Scheidung (Zugewinnausgleich, Unterhalt, Vaterschaftsvermutung, Versorgungsausgleich etc) Eine nichtige Ehe entfaltet hingegen keinerlei Rechtswirkung

Eheschließung Nichtigkeitsgründe Aufhebungsgründe Eheschließung im Inland nicht vor einem Standesbeamten (§ 1310 I) Keine übereinstimmende Willens- erklärungen, Ehe eingehen zu wollen Eheschließung unter 16 Jahren (§ 1303 S. 2) Bis 2017: Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts Aufhebungsgründe Fehlende Geschäftsfähigkeit (§ 1304) Eheschließung mit 16-17 Jahren (§ 1303 S. 1) Eheverbote (§§ 1306, 1307) keine persönliche Erklärung oder Bedingung/Befristung (§ 1311) Willensmängel (§ 1314 II Nr. 1-4) Scheinehe (§ 1314 II Nr. 5) Wieso kein Verweis auf §§ 119 ff., 117 ? Was ist anders?

Aufhebungsverfahren Vorliegen eines Aufhebungsgrundes Keine Heilung der Mängel und Ausschluss der Aufhebung nach § 1315 Antragsberechtigung nach § 1316 Grds. die Ehegatten auch „zuständige Verwaltungsbehörde“ (in Baden-Württemberg: Regierungspräsidium Tübingen) „Dritte Person“ bei § 1306 Einhaltung der Antragsfrist nach § 1317 grds. 1 Jahr, aber drei Jahre bei § 1314 II Nr. 4 (Zwangsehen)

Aufhebungsverfahren Rechtsfolgen Eheaufhebung ex nunc (§ 1313 S. 2) Folgewirkungen entsprechen gem. § 1318 grds. denjenigen einer Scheidung

C. Allgemeine Ehewirkungen PD Dr. Robert Magnus

§ 1353 BGB Eheliche Lebensgemeinschaft Neu seit Oktober 2017: „Ehe für Alle“ Rechtswirkungen der Ehe § 1353 BGB Eheliche Lebensgemeinschaft (1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. (2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist. Haushaltsgemeinschaft: (s.a. räumlich- gegenständlicher Bereich der Ehe: §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog) Geschlechtsgemeinschaft: (str.), sexuelle Treue Beistand und Rücksicht: (außerhalb des persönlichen Bereichs § 280 Abs. 1 analog) §§ 1565 f.

Rechtswirkungen der Ehe Im Innenverhältnis der Ehegatten Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft Treue- und Beistandspflicht Haushaltsführung nach § 1356 Besonderer Haftungsmaßstab nach § 1359 Durchsetzbarkeit dieser Pflichten? Vollstreckungsausschluss eng auszulegen: nur für Ansprüche, die in erster Linie das personale Verhältnis der Eheleute betreffen § 120 FamFG. Vollstreckung (1)-(2) … (3) Die Verpflichtung zur Eingehung der Ehe und zur Herstellung des ehelichen Lebens unterliegt nicht der Vollstreckung.

Rechtswirkungen der Ehe Im Außenverhältnis zu Dritten Status als Ehegatten (Konsequenzen für Erbrecht, Unterhalt, Steuerecht, Aufenthaltsrecht etc…) Ehename (§§ 1355 I 2, 12) Schlüsselgewalt gem. § 1357 Eigentumsvermutung (§ 1362) und Gewahrsamsfiktion (§ 739 ZPO)

Ehename

Ehename § 1355 BGB Ehename (1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung. (…) (6) Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem Standesamt einzutragen ist Unterscheidung: Geburtsname Ehename Begleitname

Ehename Namesfragen Eva Weiß möchte Adam Schwarz heiraten. Wie heißen die Eheleute fortan und ihre gemeinsamen Kinder? Die Eheleute können einen gemeinsamen Familiennamen wählen, müssen dieses aber nicht (§ 1355 I 1) Wählen sie keinen gemeinsamen Ehenamen, führen sie ihre Geburtsnamen weiter Gemeinsame Kinder erhalten nach Wahl der Eltern dann entweder den Geburtsnamen des einen oder des anderen Elternteils als eigenen Geburtsnamen (§ 1617)

Ehename Namesfragen Eva Weiß möchte Adam Schwarz heiraten. Wie heißen die Eheleute fortan und ihre gemeinsamen Kinder? Die Eheleute können aber durch Erklärung ggü Standesbeamten bei Eheschließung einen Geburtsnamen als Ehenamen bestimmen Eine solche Bestimmung kann durch öffentlich beglaubigte Erklärung auch später erfolgen (§ 1355 III 2) Möglichkeit 1: Eva und Adam Weiß Möglichkeit 2: Eva und Adam Schwarz

Ehename Namesfragen Eva Weiß möchte Adam Schwarz heiraten. Wie heißen die Eheleute fortan und ihre gemeinsamen Kinder? Den Ehenamen erhalten dann auch automatisch die gemeinsamen Kinder (§ 1616) als Geburtsnamen Die Bildung eines echten Doppelnamens: Schwarz-Weiß oder Weiß-Schwarz ist nicht möglich Nach § 1355 IV kann ein Ehegatte seinen Geburtsnamen den Ehenamen aber anfügen oder voranstellen (sog. Begleitname)

Ehename § 1355 BGB Ehename (1)-(2) … (3) Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens soll bei der Eheschließung erfolgen. Wird die Erklärung später abgegeben, so muss sie öffentlich beglaubigt werden. (4) Ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Ehename aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Ehegatten aus mehreren Namen, so kann nur einer dieser Namen hinzugefügt werden. … (5)-(6) …

Ehename Namesfragen Eva Weiß möchte Adam Schwarz heiraten. Wie heißen die Eheleute fortan und ihre gemeinsamen Kinder? Möglichkeit 1: Eva Schwarz-Weiß und Adam Schwarz Möglichkeit 2: Eva Weiß-Schwarz und Adam Schwarz Möglichkeit 3: Eva Weiß und Adam Schwarz-Weiß Möglichkeit 4: Eva Weiß und Adam Weiß-Schwarz

Unterschied Begleitname zu einem echten Doppelnamen Ehepartner heißen unterschiedlich Für die gemeinsamen Kinder ist der Begleitname irrelevant Begleitname kann nicht geführt werden, wenn Ehename oder Geburtsname bereits aus mehreren Namen bestehen (§ 1355 IV 2 u. 3 ) Beispiel: Eva Rot-Weiß möchte Adam Schwarz heiraten Möglichkeit 1: Eva Rot-Schwarz, Eva Schwarz-Rot Möglichkeit 2: Eva Weiß-Schwarz, Eva Schwarz-Weiß Zweck: Verhinderung von Dreifachnamen !

Ehename § 1355 BGB Ehename (1)-(4) … (5) Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, oder dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Absatz 4 gilt entsprechend. Wahlrecht: Geburtsname Früherer Ehename Hinzufügung Begleitname Grundregel: Tod des anderen Ehegatten oder Scheidung haben keine unmittelbare Auswirkung auf den Familiennamen Problem: Eheaufhebung? Sehr str. (vgl. OLG Celle NJW 2013, 2292)

Ehename OLG Celle NJW 2013, 2292 M hatte eine „Gräfin von G“ geheiratet und deren Namen angenommen. Später wurde durch Sachverständige festgestellt, dass die Ehefrau bereits im Zeitpunkt der Eheschließung an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten hat, weshalb die Ehe gemäß §§ 1314 I, 1304 BGB aufgehoben wurde. Dann stellte sich die Frage, welche Rechtsfolge die Eheaufhebung im Hinblick auf den Ehenamen hat. § 1318 BGB sagt, dass „nur in den nachfolgend genannten Fällen“ die Folgen der Aufhebung nach den Vorschriften über die Scheidung erfolgen. § 1355 V BGB ist darin nicht genannt. Eine analoge Anwendung hat das OLG Celle (mE zu Recht) abgelehnt, und kam daher zu dem Ergebnis, dass der Familienname bei einer Eheaufhebung nicht weitergeführt werden darf.

§ 1356 BGB Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit Haushaltsführung und Familienunterhalt § 1356 BGB Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit (1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung. (2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

§ 1360 BGB Verpflichtung zum Familienunterhalt Unterscheidung: Familienunterhalt (§ 1360) Trennungsunterhalt (§ 1361) Scheidungsunterhalt (§§ 1569 ff.) Haushaltsführung und Familienunterhalt § 1360 BGB Verpflichtung zum Familienunterhalt Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts. Anspruch des anderen Ehegatten, nicht „der Familie“ Zahlung an ihn, nicht in eine gemeinsame Kasse Unterhaltsanspruch gem. §§ 1610 ff. besteht daneben Bemessung des Unterhalts nach § 1360a

§ 1360a BGB Umfang der Unterhaltspflicht Haushaltsführung und Familienunterhalt § 1360a BGB Umfang der Unterhaltspflicht (1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen. (…) Verpflichtung jedes Ehegatten, den anderen die Möglichkeit der Benutzung der ihm gehörenden Hausratsgegenstände einzuräumen Ausnahme: Gegenstände, die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch bestimmt

Haushaltsführung und Familienunterhalt Kampf um die Ehewohnung Zwischen Eva und Adam ist es zu einem erbitterten Streit gekommen. Im Zuge dessen verlässt Adam vorübergehend die im Eigentum der Eva stehende Ehewohnung, bis sich die Situation wieder etwas entspannt hat. Als er zurückkommen will, muss er feststellen, dass Eva zwischenzeitlich die Schlösser ausgewechselt hat und er deswegen die eheliche Wohnung nicht mehr betreten kann. Was kann Adam tun, um wieder Zugang zur Wohnung zu erlangen?

Haushaltsführung und Familienunterhalt Lösung: Einstweilige Anordnung, § 49 FamFG Voraussetzungen: Anordnungsanspruch: §§ 866, 861 BGB Anordnungsgrund: dringendes Regelungsbedürfnis Keine Vorwegnahme der Hauptsache: vorläufige Regelung

Haushaltsführung und Familienunterhalt Nach h.M. hat der haushaltsführende Ehegatte einen Anspruch auf Zahlung eines Taschengelds gegen den erwerbstätigen Gatten (vgl. BGH NJW 2004, 2450) Dieser Anspruch geht über die Befriedigung der Grundbedürfnisse (Nahrung, Wohnung, Kleidung, Körperpflege, medizinische Versorgung, Mobilität, Kranken- und Altersvorsorge) hinaus Höhe des Anspruchs hängt vom konkreten Einzelfall ab, üblich sind 5-7 % des Nettogesamteinkommens

Ehestörungsklage Es gibt kein durchsetzbares Recht einen Ehebruch zu unterlassen Allerdings wird unter bestimmten Umständen der sog. „räumlich- gegenständliche Bereich der Ehe“ als absolutes Recht iSd §§ 823 I, 1004 iVm Art. 6 GG geschützt Der Schutzbereich dieses Recht erfasst die gemeinsame Ehewohnung, eventuell auch gemeinsam genutzte Geschäftsräume Dem betrogenen Ehegatten steht ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu, mittels dessen er verlangen kann, dass der Ehegatte den oder die Geliebte aus der Wohnung entfernt bzw ihm/ihr ein nochmaliges Betreten untersagt

Ehestörungsklage OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 55 Als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren kommt allein die von der Rechtsprechung entwickelte Ehestörungsklage in Betracht. Es ist anerkannten Rechts, dass ein Ehegatte zum Schutze seines (absoluten) Rechts an der ehelichen Lebensgemeinschaft „Angriffe auf den räumlich- gegenständlichen Bereich, der ihm erst die Entfaltung als Ehegatte ermöglicht, abwehren ... (kann), sei es ... gegenüber dem anderen Ehegatten oder gegenüber dem Dritten“ (...). der Kläger erstrebt − unbeschadet seines möglicherweise weiterreichenden und auf das ungestörte eheliche Zusammenleben gerichteten Beweggrundes − mit seinem Begehren auch von der Zweitklägerin nicht die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern lediglich die Verdrängung des Nebenbuhlers.

Ehestörungsklage OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 55 Eine derartige Entfernung des Ehebrechers aus dem räumlich- gegenständlichen Bereich der Ehe, namentlich aus der Ehewohnung, ist von der Rechtsprechung wiederholt als zulässiges Ehestörungsverlangen angesehen worden (...). Durch die Befugnis zur Ehestörungsklage soll ein Ehegatte (nur) davor geschützt werden, dass es ihm durch ein sittenwidriges und ehrkränkendes Verhalten des anderen Ehepartners oder des Dritten dauernd unmöglich gemacht wird, sich in seinem äußeren ehelichen Lebensbereich entsprechend seiner ehelichen und familiären Stellung so zu bewegen und zu betätigen, dass seine Würde, sein Persönlichkeitsrecht und seine Gesundheit unangetastet bleiben (…).

Ehestörungsklage Auch Schadensersatzansprüche sind aufgrund der Verletzung der ehelichen Treue weder gegen den Ehegatten noch gegen den Dritten gegeben Die Ursache der Ehestörung liegt in der Regel in innerehelichen Problemen, deren Folgen abschließend im Familienrecht geregelt sind. Deliktische und andere Schadensersatzansprüche werden verdrängt (s.a. BGHZ 57, 229)

Ehestörungsklage Ehestörung Eva ist mit Dario „durchgebrannt“. Adam verlangt von Dario Unterlassung der ehewidrigen Beziehung sowie Ersatz für die Kosten der benötigten Haushaltshilfe. Zu Recht?

Ehestörungsklage Lösung: Anspruch des A gegen D auf Unterlassung analog §§ 1004 I 2, 823 I Verletzung eines geschützten Rechtsgutes? Rechtsgut Ehe (§ 1353 I 2)? (-) Geschützt ist nur der räumlich-gegenständliche Bereich, der hier nicht betroffen ist Gesundheits- oder Ehrverletzung? (-) zudem § 1359 zu beachten Anspruch A gegen D auf Schadensersatzanspruch aus § 823 I RGV ebenfalls (-)

Die „Schlüsselgewalt“

§ 1357 BGB Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs Maßstäbe der §§ 1360, 1360a; nicht Geschäfte größeren Umfangs, die ohne Weiteres zurückgestellt werden können Die „Schlüsselgewalt“ § 1357 BGB Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs (1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Dingliche Wirkung (-), aber oft Miteigentum nach allgemeinen Regeln, BGHZ 114, 74 Ansprüche: str., ob § 428 oder § 432 Sekundäre Gläubigerrechte: Mahnung, Fristsetzung, Anfechtung, Rücktritt, Widerruf etc. durch jeden für beide (alles sehr str.) Verbraucher: Information nur ggü. Handelndem, Frist für beide (str.) Haftung: str., ob § 421 oder akzessorisch; § 770 analog

§ 1357 BGB Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs Die „Schlüsselgewalt“ § 1357 BGB Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs (2) Ein Ehegatte kann die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Familiengericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412. (3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben § 1567

Die „Schlüsselgewalt“ Prüfungsschema § 1357 BGB Anwendbarkeit Wirksame Ehe Kein Getrenntleben Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs Kein Ausschluss Eigengeschäft iSd § 1357 I 2 aE BGB Beschränkung gemäß § 1357 II iVm § 1412 BGB Rechtsfolgen

Die „Schlüsselgewalt“ Voraussetzungen eines Schlüsselgewaltgeschäfts Art des Geschäfts: Deckung des Lebensbedarfs (Beispiel: Lebensmittel, Haushaltsgegenstände, Reparaturverträge, Arztkosten etc., i.d.R. nicht: Haus, Auto, teure Elektronikartikel) Bedarfsdeckung der konkret betroffenen Familie (Nicht, wenn nur Freizeitgestaltung oder Berufssphäre eines Ehegatten betroffen) Bedarfsdeckung muss „angemessen“ sein (bestimmt sich nach Lebenszuschnitt, der nach außen in Erscheinung tritt) Rechtsnatur: hM: gesetzliche Verpflichtungsermächtigung

Die „Schlüsselgewalt“ 2. Schuldrechtliche Rechtsfolgen Mitverpflichtung: Ehegatten werden Gesamtschuldner (§ 421). Mitberechtigung: Gilt § 432 (Gläubigergemeinschaft) oder § 428 (Gesamtgläubigerschaft; so hM)? Unterschied: Schuldner wird bei § 432 nur frei, wenn er an beide Ehegatten gemeinschaftlich leistet; jeder Ehegatte kann nur Leistung an beide fordern. Anwendung § 428 daher überzeugender: Jeder Ehegatte soll einzeln Geschäfte zur Deckung Lebensbedarf abschließen und entsprechende Rechtsfolgen durchsetzen können. .

Die „Schlüsselgewalt“ 2. Schuldrechtliche Rechtsfolgen Bei Gesamtschuldnerschaft und Gesamtgläubigerschaft (§§ 429 III, 425) gilt grds. nur Einzelwirkung („soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt“). Ob bei Ehegatten die Einzelwirkung aber angemessen ist, ist umstritten (Bsp.: Entfaltet eine Mahnung gegenüber einem Ehegatten auch Wirkung gegenüber anderen?) Umstritten ist auch die Berechtigung bzw. notwendige Beteiligung des über § 1357 mitberechtigten Ehegatten zur Ausübung von Sekundär- /Gestaltungsrechten (vgl. etwa § 351 für den Rücktritt)

Bestellungen unter Ehegatten I Die „Schlüsselgewalt“ Bestellungen unter Ehegatten I Der 17-jährige Adam ist mit der 19-jährigen Eva verheiratet. Adam bestellt im Internet einen Toaster, Eva eine Kaffeemaschine. Wurde der andere Ehegatte jeweils wirksam mitverpflichtet?

Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: Adams Geschäft I. Verpflichtung Adam selbst Wirksamer Kaufvertrag: Adam bleibt trotz Heirat nur beschränkt geschäftsfähig. Die Vermögenssorge (§ 1626 I 2 2. Alt.) der Eltern wird infolge der Eheschließung nicht eingeschränkt, Mangels Einwilligung Eltern § 107 ist von Adam geschlossenes Geschäft zunächst schwebend unwirksam und bei Ausbleiben Genehmigung endgültig unwirksam. Ergebnis: Adam wurde durch sein eigenes Geschäft nicht gebunden.

Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: Adams Geschäft II. Verpflichtung Eva Möglicherweise ist Eva gemäß § 1357 I 2 gebunden Bindung über Stellvertretungsrecht nach §§ 164 ff. BGB scheidet aus, weil Adam nicht in fremdem Namen gehandelt und auch keine Vertretungsmacht vorlag. 2. Voraussetzungen des § 1357? Anwendbarkeit: Wirksame Ehe und kein Getrenntleben (+) Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs (Toaster) (+) kein Ausschlusstatbestand (+)

Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: Adams Geschäft II. Verpflichtung der Eva Problem: Weil Adam minderjährig, kann und muss § 165 analog angewendet werden Rechtsfolge Obwohl aus § 1357 grds nur eine gesamtschuldnerische Haftung folgt, geht hier Minderjährigenschutz vor und nur Eva wird verpflichtet. B. Evas Geschäft: Wegen des Rechtsgedankens von § 107 keine Bindung von Adam gemäß § 1357

Bestellungen unter Ehegatten II Die „Schlüsselgewalt“ Bestellungen unter Ehegatten II Hausfrau Eva bestellt bei Weinhändler W zwölf Flaschen Sekt auf Rechnung, worauf sich dieser in dem Glauben einlässt, dass der ihm bekannte Adam schon zahlen wird. In Wirklichkeit will Eva mit ihren Freundinnen Adams gerade erfolgten Auszug feiern. Kann W von Adam die Bezahlung der Sektflaschen verlangen?

Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: I. Mitverpflichtung des Adam über § 1357? Wirksame Ehe (+) Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs (Lebensmittel) (+) Aber: Getrenntleben (§ 1567) beendet nach § 1357 III sowohl Schlüsselgewalt als auch Mitverpflichtung des Adam II. Analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 170-172? Rechtsscheinhaftung (-) Schutz des Vertragspartners über § 1357 ist unabhängig von Kenntnis von dessen Voraussetzungen vgl. auch e contrario § 1366 II

Die „Schlüsselgewalt“ 3. Dingliche Rechtsfolgen Nach h.M. beschränkt sich die Mitberechtigung und Mitverpflichtung über § 1357 auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und erfasst die dingliche Ebene hingegen nicht (ausführlich dazu BGH NJW 1991, 2283)

Die „Schlüsselgewalt“ Neue Lichter (BGH NJW 1991, 2283) Eva ist mit Adam verheiratet und kauft im Laden des S eine neue Lampe für die gemeinsame Ehewohnung, die Sie auch gleich mitnimmt und installiert. Wer erlangt wann Eigentum an der Lampe?

Eigentumslage an der Lampe beim Kauf im Ladengeschäft Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: Eigentumslage an der Lampe beim Kauf im Ladengeschäft I. Einigung Einigungserklärung des S (+) Einigungserklärung der E im eigenen Namen und konkludent auch im Namen des A? Verstoß gegen das Offenkundigkeitsprinzip der Stellvertretung? Aber hier „Geschäft für den, den es angeht“ Auslegung der Erklärung der E, Hausrat soll grds. beiden Ehegatten gemeinsam gehören (vgl. auch § 1568b II) Eine stillschweigende Bevollmächtigung zum Erwerb von Hausratsgegenständen kann grds. unterstellt werden

Eigentumslage an der Lampe beim Kauf im Ladengeschäft Die „Schlüsselgewalt“ Lösung: Eigentumslage an der Lampe beim Kauf im Ladengeschäft II. Übergabe E erlangt noch im Laden unmittelbaren Besitz und mittelt Mitbesitz hinsichtlich des Miteigentumsanteil an A III. Ergebnis A hat bereits im Laden Miteigentum an der Lampe erlangt

Haftungsprivilegierung § 1359 BGB Umfang der Sorgfaltspflicht Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. § 277 BGB Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit. Erstreckung auf alle Bereiche der ehelichen Beziehung – weit zu verstehen, Geschehen „im häuslichen Bereich“ reicht in jedem Fall; nicht: Vertrag, bei dem sich Ehegatten wie beliebige Dritte gegenüber-stehen Wichtige Ausnahme: Straßenverkehr (kein Raum für individuelle Sorgfalt, BGHZ 53, 352)

Gefährliches Wasserski (BGH NJW 2009, 1875) Haftungsprivilegierung Gefährliches Wasserski (BGH NJW 2009, 1875) Adam und Eva fahren mit ihrem Bekannten Bernd mit dessen Motorboot zum Wasserskifahren auf den Bodensee hinaus. Als Eva ihre Wasserskifahrt beenden will und auf das Motorboot zu schwimmt, drückt der am Steuer stehende Adam aufgrund eines Warnschreis des Bernd die beiden Gashebel nach vorne. Da sich – ohne Adams Wissen, der mit Bernds Motorboot noch nicht besonders vertraut ist – die beiden Gashebel in Rückwärtsposition befinden, fährt das Boot nicht wie beabsichtigt nach vorne, sondern nach hinten. Dadurch gerät Eva in die Schraube des Bootes und verletzt sich schwer. Als Eigentümer des Bootes wird Bernd rechtskräftig zu Schadensersatzansprüchen gegenüber Eva verurteilt. Bernd will nun in Höhe von 80% anteiligen Regress bei Adam nehmen. Zu Recht?

Haftungsprivilegierung Lösung: Gesamtschuldnerregessanspruch B gegen A aus § 426 I und §§ 426 II, 823 I, 840? A. Gesamtschuldnerische Haftung von A und B nach §§ 840, 421, 426? I. Haftung des B steht rechtskräftig fest II. Auch A hat E widerrechtlich und schuldhaft (fahrlässig) verletzt und dadurch grds. den Tatbestand des § 823 I erfüllt. III. Möglicherweise ist seine Haftung jedoch wegen § 1359 BGB ausgeschlossen. A müsste dafür „bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen“ objektiv fahrlässig gehandelt haben OLG: § 1359 BGB anwendbar: Gemeinsame sportliche Aktivität Teil der gemeinsamen ehelichen Freizeitgestaltung. Kein Unfall im Straßenverkehr, für den § 1359 nicht gilt. Geringe Schuld des A wegen Augenblicksversagen

Haftungsprivilegierung Lösung: Gesamtschuldnerregessanspruch B gegen A aus § 426 I und §§ 426 II, 823 I, 840? A müsste dafür „bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen“ objektiv fahrlässig gehandelt haben BGH: Rechtsprechung zu Straßenverkehrsfällen übertragbar, da hier Unfall mit motorisierten Fahrzeug von vergleichbarer Gefährlichkeit, kein Raum für individuellen Sorgfaltsmaßstab Trotz Ausübung Freizeitaktivität im Rahmen ehelicher Lebensgestaltung hat A primär Vorschriften aus Wasser- und Schifffahrtsrecht verletzt, nicht Verpflichtungen aus dem ehelichen Verhältnis. B. Ergebnis A und B sind Gesamtschuldner und Regressansprüche des B gegen A bestehen

§ 1362 BGB Eigentumsvermutung (1) Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau wird vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Diese Vermutung gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im Besitz des Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Inhaberpapiere und Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind, stehen den beweglichen Sachen gleich. Widerleglich durch Eigentumsnachweis lex specialis zu § 1006

§ 1362 BGB Eigentumsvermutung (2) Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu den Gläubigern vermutet, dass sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Anders als bei Abs. 1 auch im Verhältnis der Eheleute zueinander

Eigentumsvermutung § 739 ZPO Gewahrsamsvermutung bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten und Lebenspartner Wird zugunsten der Gläubiger eines Ehemannes oder der Gläubiger einer Ehefrau gemäß § 1362 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermutet, dass der Schuldner Eigentümer beweglicher Sachen ist, so gilt, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer. (…)

Eigentumsvermutung § 808 ZPO. Pfändung beim Schuldner (1) Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. (2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird. Werden die Sachen im Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die Wirksamkeit der Pfändung dadurch bedingt, dass durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist. § 766 ZPO. Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung (1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. … § 771 ZPO. Drittwiderspruchsklage (1) Behauptet ein Dritter, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt. (…)

Voraussetzungen des § 1362 BGB Eigentumsvermutung Voraussetzungen des § 1362 BGB Wirksame Ehe Schuldnerstellung eines Ehegatten Bewegliche Sache im Besitz eines oder beider Ehegatten Ausnahmen: Die Eigentumsvermutung gilt nicht, bei Getrenntleben für Sachen, die sich im Besitz des anderen Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist, § 1362 I 2 für Sachen, die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des anderen Ehegatten bestimmt sind, § 1362 II BGB

Der begehrte Perserteppich Eigentumsvermutung Der begehrte Perserteppich G hat bei Ebay von dem Privatmann S einen Perserteppich gekauft, den S von seinem Opa geerbt hatte. Weil S die Erfüllung des Vertrags verweigert, obwohl G den Kaufpreis bereits überwiesen hat, klagt G auf Übergabe und Übereignung und erhält ein entsprechendes Herausgabeurteil. Als der Gerichtsvollzieher V den Teppich aus der Wohnung des S mitnehmen will, widerspricht dessen Ehefrau F. Muss V von der Wegnahme absehen?

Eigentumsvermutung Lösung: A. Vollstreckung eines Herausgabeanspruchs: §§ 883 ff. ZPO B. Wertung des § 886 ZPO Hat F (= Dritte) Gewahrsam? § 739 ZPO: Fiktion des Alleingewahrsams §1362 BGB (+) GV darf die Sache wegnehmen F muss Drittwiderspruchsklage erheben

Eigentumsvermutung Analoge Anwendung des § 1362 BGB auf eheähnliche Beziehungen? BGH NJW 2007, 992 : (-) Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke und analoge Anwendung auch nicht von Verfassungs wegen geboten Diskriminierung der Ehe? Bewusste Entscheidung des Gesetzgebers und mittelbare und unmittelbare wechselseitige Vermögensteilhabe von Ehegatten, die bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften in dieser Form nicht besteht

D. Eheliches Güterrecht PD Dr. Robert Magnus

Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe Vermögensrechtliche Wirkungen, die unabhängig von einem besonderen Güterstand eintreten, bspw §§ 1357, 1362 werden als sog. allgemeine Ehewirkungen bezeichnet Weitere Wirkungen, die die Eheschließung auf Vermögen der Ehegatten hat, hängen davon ab, in welchen Güterstand die Ehegatten leben (sog. eheliches Güterrecht) Rechtsvergleichend gibt es grds. drei Modelle für das eheliche Güterrecht: Gütertrennung = Ehe hat keine vermögensrechtlichen Wirkungen, jeder Gatte bleibt Eigentümer seines bisherigen und des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens, kein Ausgleich bei Auflösung Ehe

Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe Rechtsvergleichend gibt es grds. drei Modelle für das eheliche Güterrecht: Gütergemeinschaft = Ehegatten erlangen stets Miteigentum an während der Ehe erwirtschafteten Vermögen und können hierüber grds. nur gemeinsam verfügen, teilweise auch Miteigentum an bisherigen Vermögen, nach Auflösung Ehe wird gemeinschaftliches Vermögen grds. hälftig geteilt Zugewinngemeinschaft = jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines bisherigen Vermögens und erwirbt grds. auch Alleineigentum an dem von ihm während der Ehe erwirtschafteten Vermögen, bei Auflösung der Ehe findet dann aber ein sog. Zugewinnausgleich statt, bei dem das während der Ehe erlangte Vermögen grds hälftig geteilt wird

Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe Auswirkungen einer Eheschließung und einer Eheauflösung auf das Vermögen und die Verfügungsbefugnis der Ehegatten Bei Eheschließung vorhandenes Vermögen Während der Ehe erworbenes Vermögen Eigentumslage unverändert Miteigentum Eigentum nur eines Teils allgemeine Regeln Ausgleich bei Eheauflösung Kein Ausgleich Ausgleich

Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle? Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle? Welches Modell passt zu welchen Ehetyp?

Gesetzlicher und vertraglicher Güterstand Gesetzlicher Güterstand in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff.) Wenn nicht durch Ehevertrag anderes vereinbart, gilt Zugewinngemeinschaft Vermögen der Ehegatten bleibt getrennt (§ 1363 II 1) Es gelten jedoch bestimmte Verfügungsverbote (§ 1365 und § 1369) Bei Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod bzw bei Wechsel Güterstand wird ein sog Zugewinnausgleich durchgeführt

Gesetzlicher und vertraglicher Güterstand Statt der Zugewinngemeinschaft können die Ehegatten aber auch eine Gütertrennung (§ 1414), eine Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff.) oder die deutsch-französische Wahlzugewinngemeinschaft (§ 1519) wählen Die Wahl muss in einem Ehevertrag getroffen werden, der notariell beurkundet werden muss (§§ 1408, 1410 BGB) Bei der Gütertrennung bleibt jeder Ehegatte vollumfänglich Eigentümer seiner Vermögensgegenstände. Es findet kein Zugewinnausgleich statt und es gelten auch keine Verfügungsbeschränkung Gütertrennung wird oft gewählt, wenn ein Ehegatte bei Ehebeginn sehr vermögend ist

§ 1363 BGB Zugewinngemeinschaft Gesetzlicher und vertraglicher Güterstand § 1363 BGB Zugewinngemeinschaft (1) … (2) Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.

Gesetzlicher und vertraglicher Güterstand Gütergemeinschaft ist in der Praxis hingegen sehr selten. Sie ist teilweise noch im landwirtschaftlichen Bereich anzutreffen Bestehendes und neu erworbenes Vermögen der Ehegatten wird mit Eheschließung grds. gemeinschaftliches Vermögen Es greifen hinsichtlich dieses Vermögens sehr weitreichende Verfügungsbeschränkungen (vgl. §§ 1422 ff. BGB) Gütergemeinschaft gilt daher oft als für den Alltag zu kompliziert

Eheverträge Nach deutschen Recht ist für Eheverträge die notarielle Beurkundung vorgeschrieben (§§ 1408, 1410 BGB) Sinn und Zweck der Formvorschrift? § 1410 BGB Form Der Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden

Eheverträge Weitere Gestaltungsfreiheit der Gatten durch Eheverträge? Auch Versorgungsausgleich (vgl. § 1408 Abs. 2) und nachehelicher Unterhalt (§ 1585c) stehen vertraglicher Gestaltung der Ehegatten offen §§ 305 ff. sind wegen § 310 IV 1 nicht anwendbar Sachenrechtlicher Typenzwang, d.h. außerhalb von §§ 1415 ff. nur schuldrechtliche Vereinbarungen möglich Wirkung gegenüber Dritten haben Vereinbarungen nur bei Eintragung im Güterrechtsregister oder Kenntnis des Dritten (§ 1412)

BGH = Inhaltskontrolle über §§138, 242: Eheverträge Grenzen der Gestaltungsfreiheit? BGH = Inhaltskontrolle über §§138, 242: „wenn sich eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist.“

Eheverträge Inhaltskontrolle (auch: Abschlusskontrolle) Ehevertrag ist gem. § 138 Abs. 1 nichtig, wenn er zu evident einseitigen Lastenverteilung bei Scheidung führt, die nicht durch individuelle Lebensgestaltung der Eheleute gerechtfertigt Leitbild: gesetzlicher Güterstand Im Hinblick auf wirtschaftliche Absicherung unproblematisch: Gütergemeinschaft Problematisch: Gütertrennung, insbesondere in Kombination mit Ausschluss Versorgungsausgleich und Ausschluss nachehelichen Unterhalts

Eheverträge Ausübungskontrolle Ist Ehevertrag zur Zeit seines Abschlusses noch nicht nichtig, zeigt sich aber bei Scheidung, dass sein Inhalt in Anbetracht der tatsächlichen Lebensverhältnisse der geführten Ehe zu einer evident einseitigen Lastenverteilung führt, so ist Berufung auf diesen Inhalt nach § 242 ausgeschlossen.

Eheverträge Wirksamkeitskontrolle, § 138 I BGB (Sittenwidrigkeit) Zeitpunkt = Vertragsschluss Kernbereich-Rechtsprechung: Oberste Stufe: § 1570 BGB Mittlere Stufe: §§ 1571 f. BGB + Versorgungsausgleich Unterste Stufe: §§ 1573 ff. BGB + Zugewinnausgleich Ausübungskontrolle, § 242 BGB (Treu und Glauben) Zeitpunkt = Scheitern der Ehe

Eheverträge Der Ehevertrag Der beruflich erfolgreiche Adam verspricht der aus einfachem Hause stammenden Eva das Paradies auf Erden, wenn sie ihn heirate und sich „aus steuerlichen Gründen“ auf Gütertrennung, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs sowie einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht für den Fall der Scheidung einlässt. Da beide ohnehin keine Kinder wollen und Eva weiterhin ihrer Arbeit als Sekretärin nachgehen will, willigt Eva ein und unterschreibt einen notariellen Ehevertrag, der die entsprechenden Regelungen enthält. Nach drei Ehejahren wird sie unerwartet schwanger und bringt Zwillinge zur Welt. Als diese zwei Jahre alt sind, verlässt Adam seine Familie und lässt sich scheiden. Eva kann wegen Betreuung der Kinder zusätzlich keiner Arbeit nachgehen. Eva verlangt deshalb Betreuungsunterhalt. Zu Recht?

Eheverträge Lösung: A. Anspruch E gegen A auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 (+) B. Ausschluss des Anspruches durch den Ehevertrag? I. Formwirksamer Abschluss eines Ehevertrages gem. §§ 1408, 1410 (+) II. Nachehelicher Unterhalt auch mögl Gegenstand einer Vereinbarung (+) III. Unwirksamkeit des Vertrages nach § 138 (Inhaltskontrolle)? Anspruch § 1570 BGB gehört zum innersten Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts und sein Ausschluss stellt eine einseitig E belastende Regelung dar. Auch erhebliche Ungleichheit der Vermögensverhältnisse bei Vertragsschluss. Andererseits waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine gemeinsamen Kinder geplant und E sollte weiterhin ihrer Berufstätigkeit nachgehen.

Eheverträge Lösung: B. Ausschluss des Anspruches durch den Ehevertrag? III. Unwirksamkeit des Vertrages nach § 138 (Inhaltskontrolle)? Inhaltskontrolle daher (+/-) IV. Ausübungskontrolle nach § 242 Im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft ergibt sich aus dem vereinbarten Ausschluss des Unterhaltsanspruchs eine evident einseitige Lastenverteilung, die den betroffenen Ehegatten unzumutbar belastet. C. Ergebnis Berufung auf Ausschluss ist missbräuchlich und kann dem Unterhaltsanspruch der E daher nicht entgegen gehalten werden

Die Zugewinngemeinschaft Die Zugewinngemeinschaft hat grds keine dingliche Wirkungen Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines Vermögen und erwirbt auch während der Ehe grds. Alleineigentum Mit der Zugewinngemeinschaft gehen jedoch Verfügungsbeschränkungen in zwei Fällen einher, die sehr klausurrelevant sind Verpflichtung zur Verfügung und Verfügung über das Vermögen im Ganzen (§ 1365) Verpflichtung zur Verfügung und Verfügung über Haushaltsgegenstände (§ 1369)

Die Zugewinngemeinschaft Zweck der Verfügungsbeschränkungen ist der Schutz der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des gemeinsamen Haushalts und des künftigen Zugewinnausgleichs

§ 1365 BGB Verfügung über Vermögen im Ganzen Die Zugewinngemeinschaft Siehe auch § 183 = Widerruflichkeit der Einwilligung § 1365 BGB Verfügung über Vermögen im Ganzen (1) Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. (2) … [Ersetzung durch das Familiengericht] Verträge über das Vermögen im Ganzen i.S.d. § 311b Abs. 3 Einzelner Gegenstand: 90% bei „großen“, 85% bei „kleinen“ Vermögen; dann aber Kenntnis des Vertragspartners, dass Gegenstand im Wesentlichen gesamtes Vermögen ist, erforderlich – nicht: Kenntnis der Ehe! Versprochene Gegenleistung ist bei Bewertung nicht zu berücksichtigen

§ 1369 BGB Verfügungen über Haushaltsgegenstände Kenntnis des Dritten von Zugehörigkeit zum Haushalt irrelevant Die Zugewinngemeinschaft § 1369 BGB Verfügungen über Haushaltsgegenstände (1) Ein Ehegatte kann über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch nur verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt. (2) Das Familiengericht kann auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit verhindert ist, eine Erklärung abzugeben. (3) Die Vorschriften der §§ 1366 bis 1368 gelten entsprechend. Bewegliche Sache, die der gemeinsamen privaten Lebensgestaltung der Familie zu dienen bestimmt ist und zumindest einem Ehegatten gehört (Anwartschaft reicht) Sache des anderen (str.): M1 = allg. Regeln §§ 932 ff., aber § 935 (Mitbesitz) M2 = § 1369 analog, Erst-Recht-Schluss

§ 1366 BGB Genehmigung von Verträgen § 184 Rückwirkung der Genehmigung Die Zugewinngemeinschaft § 1366 BGB Genehmigung von Verträgen (1) Ein Vertrag, den ein Ehegatte ohne die erforderliche Einwilligung des anderen Ehegatten schließt, ist wirksam, wenn dieser ihn genehmigt. (2) … (4) Wird die Genehmigung verweigert, so ist der Vertrag unwirksam. § 184 Rückwirkung der Genehmigung Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. (2) …

Die Zugewinngemeinschaft § 1368 BGB Geltendmachung der Unwirksamkeit Verfügt ein Ehegatte ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten über sein Vermögen, so ist auch der andere Ehegatte berechtigt, die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebenden Rechte gegen den Dritten gerichtlich geltend zu machen. Der verfügende Ehegatte kann die Klage ohnehin aus eigenem Recht erheben, wird dies aber in der Praxis selten tun § 985; § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Gesetzliche Prozessstandschaft: Ausnahmsweise zulässige Geltendmachung fremder Rechte in eigenem Namen

Gemeinsame Regeln für die Verfügungsbeschränkungen Die Zugewinngemeinschaft Gemeinsame Regeln für die Verfügungsbeschränkungen Einwilligung des anderen Ehegatten (bzw. Ersetzung durch das Familiengericht) erforderlich Genehmigung von Verträgen durch den anderen Ehegatten (bzw. Ersetzung durch das Familiengericht) möglich Unwirksamkeit einseitiger Rechtsgeschäfte Prozessstandschaft des anderen Ehegatten bei Geltendmachung („Revokationsklage“)

Die Zugewinngemeinschaft §§ 1365, 1369 stellen sog. absolute Verfügungsverbote dar, d.h. sie schließen auch einen gutgläubigen Erwerb aus und § 135 kommt nicht zur Anwendung Aber: Wenn der Erwerber an einen Dritten weiterveräußert, so kann dieser gutgläubig erwerben, da für diese zweite Verfügung §§ 1365, 1369 nicht gelten. Anders als § 935 bewirken §§ 1365, 1369 keine absolute Sperre eines gutgläubigen Erwerbs auch für alle nachfolgenden Verfügungen

Haus mit Wohnrecht (vgl. BGH NJW 2013, 1156) Die Zugewinngemeinschaft Haus mit Wohnrecht (vgl. BGH NJW 2013, 1156) A begehrt nach einer Grundstücksübertragung durch seine Ehefrau E die Berichtigung des Grundbuchs. A ist mit E im gesetzlichen Güterstand verheiratet. E war Alleineigentümerin eines Hausgrundstücks, das sie 2018 auf ihren Sohn S aus erster Ehe übertrug. Im Gegenzug wurde ihr von S ein dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) in einer Untergeschosswohnung eingeräumt. Das Wohnungsrecht hat nach einem Sachverständigengutachten einen Wert von 44 .000 Euro, das Hausgrundstück einen Wert von insgesamt 220.000  Euro geschätzt wurde. Weiteres nennenswertes Vermögen besitzt E nicht. A verlangt von S die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung, da die Verfügung unwirksam gewesen sei. Zu Recht?

Die Zugewinngemeinschaft Lösung: A. Anspruch A - S auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Formelle Rechtslage: S ist als Eigentümer im Grundbuch eingetragen Materielle Rechtslage 1. Ursprüngl. E Eigentümerin Wirksame Übereignung E-S gem. §§ 873, 925? Auflassung und Eintragung im Grundbuch (+) Berechtigung der E? Zustimmung des A gem. §§ 1365, 1366 erforderlich? Verfügung über „Vermögen im Ganzen“? Grundstück > als 85 %, wenn Wohnungsrecht nicht mitgerechnet,

Die Zugewinngemeinschaft Lösung: A. Anspruch A - S auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 Berechtigung der E? hingegen < als 85 % wenn Wohnungsrecht als verbleibendes Vermögen berücksichtigt Berücksichtigung Wohnungsrecht daher entscheidend M1: (-) Bestellung Wohnungsrecht eigenständige Verfügung, Wohnungsrecht nicht übertragbar, kann nicht gepfändet werden und wird auch für Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt M2 (BGH): (+), bei engen Zusammenhang Gesamtbetrachtung vorzunehmen, Wohnrecht wirkt erga omnes und stellt beträchtlichen Vermögenswert dar, Wohnrecht und Nutzungsmöglichkeit bleiben ehelichen Vermögen erhalten

Die Zugewinngemeinschaft Lösung: A. Anspruch A - S auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. § 894 III. Ergebnis § 1365 greift nicht ein, E konnte daher ohne Zustimmung des A wirksam verfügen und Grundbuch ist richtig Anspruch (-)

Haushaltsgegenstände Die Zugewinngemeinschaft Haushaltsgegenstände Adam verkauft ohne Wissen von Eva deren antike Kommode für 1.000 € an Dario. Die Kommode haben Eva und Adam gemeinsam als Aufbewahrungsgegenstand für alte Comichefte benutzt. Eva verlangt die Kommode von Dario zurück. Dario weigert sich und macht hilfsweise Schadensersatzansprüche gegen Adam gelten. Wie ist die Rechtslage?

Die Zugewinngemeinschaft Lösung: A. Anspruch E gegen D aus § 985 Besitz des D (+) Eigentum der E Ursprüngl. (+) Verlust durch Übereignung A-D gem. §§ 929, 932? (-) wg. § 935 § 1369 nicht anwendbar, da Kommode E gehört Ob § 1369 analog anwendbar, kann hier noch offen bleiben III. Kein Recht zum Besitz (+) IV. Ergebnis: Anspruch (+)

Die Zugewinngemeinschaft Lösung: B. Anspruch D gegen A auf SE gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 Abschluss wirksamer Kaufvertrag § 1369 erfasst auch bereits das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft § 1369 nicht direkt anwendbar, aber § 1369 analog? M1: Ja, Schutz des ehelichen Vermögensbestandes hier erforderlich, Erst- Recht-Schluss M2: Nein, Wortlaut eindeutig, keine gleichgelagerte Interessenslage, § 1369 soll nicht den Erwerb vom Nichtberechtigen einschränken II. Ergebnis Nach M1 Anspruch (-), nach M2 Anspruch (+)

Durchführung Der Zugewinnausgleich bei Scheidung (vgl. § 1372) bei Tod eines Ehegatten, wenn der überlebende andere nicht (kraft Gesetzes [§§ 1931, 1371 Abs. 1] oder durch letztwillige Verfügung) zu den Erben gehört oder mit einem Vermächtnis bedacht ist (§ 1371 Abs. 2) oder die Erbschaft ausschlägt (vgl. § 1371 Abs. 3) und einen Anspruch hat Bei Güterstandswechsel oder vorzeitigem Zugewinnausgleich nach § 1385

Der Zugewinnausgleich § 1373 BGB  Zugewinn Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Zur Bestimmung §§ 1375, 1376 Zur Bestimmung §§ 1374, 1376 f.

§ 1378 BGB Ausgleichsforderung Der Zugewinnausgleich § 1378 BGB Ausgleichsforderung (1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu. (2) … (3) Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar.

Grundlagen der Berechnung Der Zugewinnausgleich Grundlagen der Berechnung Feststellung der Differenz von Anfangsvermögen und Endvermögen für jeden Ehegatten = Zugewinn dieses Ehegatten (§ 1373) Feststellung der Differenz des Zugewinns der beiden Ehegatten Ausgleichsanspruch des Ehegatten mit geringerem Zugewinn in Höhe der Hälfte der Differenz des Zugewinns (§ 1378 Abs. 1)

Der Zugewinnausgleich Ausgleichsansprüche Adam und Eva hatten anfangs nichts, nunmehr hat er ein Vermögen von 100.000 € und sie von 40.000 €. Zugewinn Adam: 100.000 € – 0 € = 100.000 € Zugewinn Eva: 40.000 € – 0 € = 40.000 € Überschuss Adam: 100.000 € – 40.000 € = 60.000 € Zugewinnausgleich: 60.000 € : 2 = 30.000 €

Der Zugewinnausgleich Ausgleichsansprüche II Adam hatte anfangs 80.000 € Schulden, nunmehr hat er ein Vermögen im Wert von 20.000 €. Eva hatte hingegen ein Anfangsvermögen in Höhe von 0 € und bei Scheidung Schulden in Höhe von 50.000 €.

Der Zugewinnausgleich Lösung: Zugewinn Adam: - 80.000 € (§ 1371 III) zu + 20.000 € = 100.000 € Zugewinn Eva: 0 € zu – 50.000 € = 0 € (nach BGH NJW-RR 2011, 73 gibt es keinen Zuverlust) Überschuss Adam: 100.000 € – 0 € = 100.000 € Zugewinnausgleich: 100.000 € : 2 = 50.000 € Gem. § 1378 II 1 ist Ausgleichsanspruch auf bei Adam vorhandenes Vermögen begrenzt: Ausgleichsforderung daher 20.000 €

Der Zugewinnausgleich Ausgleichsansprüche III Adam und Eva haben vermögenslos geheiratet. Evas Eltern haben den frisch Vermählten eine Wohnung im Wert von 200.000 € geschenkt. Wie ist dieser Vorgang zu bewerten, wenn die Ehe geschieden wird und kein sonstiges Vermögen vorhanden ist?

Der Zugewinnausgleich Lösung: Früher Rspr.: Im Verhältnis zur Tochter: Schenkung iSv § 1374 II. Im Verhältnis zum Schwiegersohn: keine Schenkung iSv § 1374 II, sondern nur sog. ehebezogene Zuwendung. Konsequenz: Evas Zugewinn beträgt 0, Adams Zugewinn beträgt 100.000 €, wovon er gemäß § 1378 I BGB 50.000 € an Eva herausgeben muss (die restlichen 50.000 € kann er behalten). Heute Rspr.: Unentgeltliche Zuwendungen von Schwiegereltern an Schwiegerkind sind echte Schenkungen i.S.v. § 1374 II und werden deshalb vom Zugewinnausgleich insgesamt nicht erfasst Schwiegereltern haben uU Ansprüche nach § 313 bzw. nach § 812 I 2 (Var. 2) gegen Schwiegersohn

§ 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall Sog. erbrechtliche Lösung Zugewinnausgleich im Todesfall § 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall (1) Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben. (2) Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten. (…) Sog. güterrechtliche Lösung

Zugewinnausgleich im Todesfall Bei Auflösung Ehe durch Tod hat überlebender Gatte zwei Möglichkeit: Sog. erbrechtliche Lösung: Ehegatte erhält neben gesetzlichen Erbteil (§ 1931 Abs. 1 BGB = ¼ neben Kindern des Erblassers), ein weiteres Viertel der Erbschaft (§ 1371 Abs. 1 BGB). Durch dieses Viertel wird der Zugewinnausgleich pauschal abgegolten. Die Erbschaft wird im Ergebnis zwischen Kindern und Ehegatten hälftig geteilt Sog. güterrechtliche Lösung: Kleiner Pflichtteil (§ 1931 Abs. 1 BGB = ¼ neben Kindern des Erblassers, Pflichtteil davon die Hälfte = 1/8) + Durchführung eines Zugewinnausgleichs nach den §§ 1373 ff. BGB. Dies ergibt sich aus §§ 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB

Vorteile der erbrechtlichen Lösung? Zugewinnausgleich im Todesfall Vorteile der erbrechtlichen Lösung? Die Erhöhung des Erbteils findet auch dann statt, wenn tatsächlich kein Zugewinnausgleichsanspruch besteht, weil kein Zugewinn erzielt wurde oder der überlebende Ehegatte mehr Zugewinn erworben hat Die oft komplizierte Darlegung und Berechnung des Zugewinns (genaues Anfangs- und Endvermögen der Ehegatten) ist entbehrlich

Zugewinnausgleich im Todesfall Zugewinnausgleich oder Erbschaft? Eva und Adam waren mehr als 20 Jahre verheiratet und haben die gemeinsame Tochter T. 2018 stirbt Eva. Zu Beginn der Ehe hatte Eva Schulden in Höhe von 200.000 €, im Zeitpunkt ihres Todes hinterlässt sie Vermögen im Wert von 400.000 €. Adam hatte weder zu Beginn noch im Zeitpunkt des Todes der Eva eigenes Vermögen. Würden Sie als Anwältin/Anwalt A zur güter- oder zur erbrechtlichen Auflösung des Güterstandes raten?

Zugewinnausgleich im Todesfall Lösung: Erbrechtliche Lösung: A erhält die Hälfte der Erbschaft (¼ nach § 1931 I und ¼ nach § 1371 I) = 200.000 € Güterechtliche Lösung: A schlägt die Erbschaft aus (§ 1371 III) und erhält als Pflichtteil (§ 1371 II, III, 1931 I, 2303 I 1) 1/8 der Erbschaft = 25.000 € Zudem kann er nach §§ 1371 II, III, 1373 ff. den Zugewinnausgleich verlangen. Zugewinn E: AV – 200.000 €, EV 400.000 = 600.000 € Zugewinn A: AV 0 €, EV 0 € Zugewinnausgleich nach § 1378 I = 300.000 € (keine Begrenzung durch § 1378 II1)

Zugewinnausgleich im Todesfall Lösung: Ergebnis: Bei güterrechtlicher Lösung erhält A insgesamt 325.000 €, bei einer erbrechtlichen Lösung hingegen nur 200.000 €. Er sollte deshalb die Erbschaft nach § 1371 III ausschlagen.

Nebengüterrecht Der Zugewinnausgleich regelt die vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute grds. abschließend Weitere Ansprüche aus GbR, § 812 , § 528 ff. bestehen neben dem Zugewinnausgleich grds. nicht , sondern werden durch diesen pauschal abgegolten Geschenke der Ehegatten untereinander werden grds. nicht als Schenkungen i.S.d. § 516 ff angesehen, sondern als sog. unbenannte Zuwendungen, die ihren Rechtsgrund in dem Fortbestand der Ehe haben und Ausgleichsansprüche nicht rechtfertigen

Nebengüterrecht In bestimmten Fällen wird der Zugewinnausgleichsmechanismus aber als nicht hinreichend angesehen und es werden gleichwohl Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten neben dem allgemeinen Güterrecht (sog. Nebengüterrecht) Die hierfür von der Rechtsprechung verwendeten Instrumente sind die Annahme eines familienrechtliche Kooperationsvertrages sui generis, die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft, die condictio ob rem (§ 812 I 2 (Var.2)) und der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313)

Nebengüterrecht Beispiel 1: Adam hat vor der Ehe mehrere Jahre kostenlos im Betrieb der Eva mitgearbeitet. Die Arbeit erfolgte im Hinblick auf die spätere Eheschließung. Vom Zugewinnausgleichsanspruch werden diese Leistungen im Falle einer Scheidung nicht erfasst, da sie auf Kosten des Adams das Anfangsvermögen der Eva erhöht haben. Adam kann von Eva insoweit einen Ausgleich nach § 812 I 2 (2. Alt.) verlangen, eventuell kommt auch die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft mit entsprechenden Ausgleichansprüchen in Betracht

Nebengüterrecht Beispiel 2: Adam und Eva wollen heiraten und erwerben zu diesem Zweck eine gemeinsame Immobilie. Evas Eltern steuern 100.000 € bei, die sie Adam noch vor der Hochzeit überweisen. Nachdem die Ehe kurze Zeit später in die Brüche gegangen ist, verlangen die Eltern das Geld von Adam zurück. Die Zahlung an Adam ist als Schenkung zu qualifizieren (§ 516 ff.). Da sie noch vor Eheschließung erfolgt ist, erhöht sie das Anfangsvermögen des Adams und wird vom Zugewinnausgleich nicht erfasst. Der BGH (NJW 2010, 2202) hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Schenkung aus § 346 I iVm § 313 I, III angenommen. Daneben kommt aber auch ein Anspruch aus § 812 I 2 (Var. 2) In Betracht (vgl. BGH NJW 2010, 2884).

Scheidung und Scheidungsfolgen PD Dr. Robert Magnus

Seit 1977 Zerrüttungsprinzip, nicht mehr Verschuldensprinzip Die Scheidung Rechtsnatur Materiell-rechtliches, durch Verfahrenshandlung auszuübendes Gestaltungsrecht; wirksam erst mit rechtsgestaltender Endentscheidung des Gerichts Voraussetzungen Scheitern der Ehe Grds. Ablauf des Trennungsjahres Seit 1977 Zerrüttungsprinzip, nicht mehr Verschuldensprinzip

Die Scheidung § 1564 BGB Scheidung durch richterliche Entscheidung Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften. § 121 FamFG. Ehesachen Ehesachen sind Verfahren 1. auf Scheidung der Ehe (Scheidungssachen), 2.-3. … § 124 FamFG. Antrag Das Verfahren in Ehesachen wird durch Einreichung einer Antragsschrift anhängig. … § 114 FamFG. Vertretung durch einen Rechtsanwalt Vor dem Familiengericht (…) müssen sich die Ehegatten in Ehesachen (…) durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. (…)

Die Scheidung § 1565 BGB Scheitern der Ehe (1) Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. (2) Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

§ 1566 BGB Vermutung für das Scheitern Die Scheidung § 1566 BGB Vermutung für das Scheitern (1) Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. (2) Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben. Einvernehmliche Scheidung: Zustimmung zum Scheidungsantrag und Trennungsjahr Prüfung bei unwiderlegbarer Vermutung: Nur wenn Voraussetzungen der unwiderlegbaren Vermutung nicht gegeben sind, ist Tatbestandsmerkmal selbst noch zu prüfen Streitige Scheidung: 3 Jahre getrennt leben

Die Scheidung § 1567 BGB Getrenntleben (1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. (2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht. H.L.: Bis 3 Monate Gilt auch für § 1565 Abs. 2

Die Scheidung § 1568 BGB Härteklausel (1) Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. „Ehegattenschutzklausel“ „Kinderschutzklause“

Die Scheidung Prüfungsschema: Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist und kein Härtegrund gegeben ist (Zerrüttungsprinzip). Scheitern der Ehe, § 1565 I § 1566 II: Unwiderlegliche Zerrüttungsvermutung bei dreijähri- gem Getrenntleben § 1566 I: Unwiderlegliche Zerrüttungsvermutung bei einjähri- gem Getrenntleben und Einverständnis beider Ehegatten § 1565 I 2: Grundtatbestand – Positives Feststellen des Scheiterns der Ehe Vor Ablauf d. Trennungsjahres: Unzumutbare Härte, § 1565 II Kein Härtefall i.S.d. § 1568

Die Scheidung Schwierige Trennung (vgl. OLG Köln, 4 UF 182/12) Herr A betreibt die Scheidung von seiner Frau B und trägt vor, die Ehe sei am Ende, da B spätestens Ende 2017 eine andere feste Beziehung und auch er seit Oktober 2018 ebenfalls eine neue Beziehung habe; B habe erklärt, sie liebe A nicht mehr und wolle nur noch bei den Kindern bleiben; es fänden keinerlei gemeinsame Aktivitäten mehr statt und B komme ihren Haushaltspflichten nicht mehr nach; zudem habe B ihn vor den beiden Kindern und Fremden gedemütigt und für eine Trennung reiche es aus, wenn man im Schlafzimmer nebeneinander liege, weil sonst das Wohnzimmer seine Funktion verlöre. B wasche und bügele zwar nach wie vor im Wesentlichen allein; entsprechendes gelte hinsichtlich der Bestückung des Kühlschranks und seine Nächte verbringe er – ebenso wie B – im gemeinsamen Ehebett; gemeinsame Unternehmungen habe es aber schon lange nicht mehr gegeben. Hilfsweise beruft sich A auf die Zerrüttung der Ehe aus denselben Gründen.

Die Scheidung Lösung: A. Scheidungsvoraussetzungen Antrag des A (+) Scheitern der Ehe i.S.d. § 1565? Vermutung nach § 1566 II oder § 1566 I? Getrenntleben i.S.d. § 1567 I (-) Unzumutbare Härte i.S.d. § 1565 II bei Fortbestand der Ehe (-) B. Scheidungsvoraussetzung liegen nicht vor und Antrag wird abgewiesen

Die Scheidungsfolgen Zugewinnausgleich gem. §§ 1372 ff. bei gesetzlichem Güterstand Versorgungsausgleich nach Versorgungsausgleichsgesetz (vgl. § 1587) Aufteilung von Ehewohnung und Haushaltsgegenständen bei Getrenntleben nach §§ 1361a, 1361b (vorläufig) und bei Scheidung nach §§ 1568a, 1568b (endgültig) Nachehelicher Unterhalt nach §§ 1569 ff. U.U. Neuverteilung des Sorgerechts (§ 1671) und Regelung eines Umgangsrecht für gemeinsame Kinder (§§ 1684 f.) Namensrecht (§ 1355 V)

Scheidungsfolgen: Wohnung und Hausrat Getrenntleben Scheidung Ehewohnung § 1361a Anspruch auf zeitweise Überlassung der Wohnung, der mit dem Ende der Trennung endet Nur wechselseitige Ansprüche der Ehegatten untereinander, d.h. Wirkung nur im Innenverhältnis § 1568a Anspruch auf dauerhafte, d.h. endgültige Überlassung der Wohnung nach Scheidung Ggf. Umgestaltung bestehender oder Begründung neuer schuldrechtlicher (mietvertraglicher) Beziehungen zu Dritten, d.h. insoweit auch Wirkung im Außenverhältnis Hausrat § 1361b Anspruch auf zeitweise Überlassung von Hausratsgegenständen, der mit dem Ende der Trennung endet § 1568b Anspruch auf dauerhafte, d.h. endgültige Überlassung und ggf. Übereignung von Hausratsgegen-ständen nach Scheidung Ggf. Änderungen der Eigentumslage, d.h. insoweit auch Wirkung im Außenverhältnis

§ 1568b Haushaltsgegenstände Scheidungsfolgen: Wohnung und Hausrat § 1568a BGB  Ehewohnung (1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. (…) § 1568b Haushaltsgegenstände (1) Jeder Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die im gemeinsamen Eigentum stehenden Haushaltsgegenstände überlässt und übereignet, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. (…)

§ 1569 BGB Grundsatz der Eigenverantwortung Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt § 1569 BGB Grundsatz der Eigenverantwortung Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften. Anders als beim Getrenntlebensunterhalt nicht bei jeder Bedürftigkeit, sondern nur, wenn die Bedürftigkeit auf bestimmten Gründen beruht: Fälle, in denen die Bedürftigkeit noch mit der Ehe zusammenhängt.

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Betreuungsunterhalt, § 1570 Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes Unterhalt für mindestens drei Jahre nach Geburt Verlängerung nach Billigkeit (Umstände des Einzelfalls: Dauer der Ehe, Rollenverteilung in der Ehe, Alter und besondere Bedürfnisse des Kindes, Betreuungsmöglichkeiten vor Ort, Übernahme eines Teils der Kinderbetreuung durch den Unterhaltsschuldner)

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Unterhalt wegen Alters, § 1571 Wegen Alters im Zeitpunkt der Scheidung oder dem Zeitpunkt, in dem bestimmte andere Unterhaltstatbestände enden, Erwerbstätigkeit nicht mehr zu erwarten (Rentenalter oder Altersgrenze, soweit vorhanden) Keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung, sondern grundsätzlich auf Dauer angelegt („nicht mehr erwartet werden kann“)

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen, § 1572 Wegen Krankheit oder Gebrechen im Zeitpunkt der Scheidung oder dem Zeitpunkt, in dem bestimmte andere Unterhaltstatbestände enden, Erwerbstätigkeit nicht mehr zu erwarten Keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung, aber immerhin nicht grundsätzlich auf Dauer angelegt (anders, als bei § 1571, nur „nicht“, kein „nicht mehr“)

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, § 1573 I, III, IV („Überbrückungsunterhalt“) Angemessene (§§ 1574 II, 1575 III) Erwerbstätigkeit nach der Scheidung oder dem Zeitpunkt, in dem bestimmte andere Unterhaltstatbestände enden, nicht zu finden Verletzung der Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen und sich ggf. aus- oder fortbilden bzw. umschulen zu lassen, führt zum Verlust des Anspruchs Ausdrückliche zeitliche und inhaltliche Begrenzung: „solange und soweit“

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Aufstockungsunterhalt, § 1573 II-IV Einkünfte aus angemessener (§§ 1574 II, 1575 III) Erwerbstätigkeit erreichen nicht vollen Unterhalt (§ 1578 – eheliche Lebensverhältnisse!) Tatsächliches Einkommen nicht vorausgesetzt, ggf. Differenz zwischen erzielbarem fiktivem Einkommen und vollem Unterhalt Ausdrückliche zeitliche und inhaltliche Begrenzung: „solange und soweit“, zudem inhaltliche Begrenzung auf Differenz

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsunterhalt, § 1575 Aufnahme einer in Erwartung oder während der Ehe nicht aufgenommenen, unter- oder abgebrochenen Schul- oder Berufsausbildung, entsprechend bei Fortbildung oder Umschulung zum Ausgleich ehebedingter Nachteile Ausdrückliche zeitliche Begrenzung auf übliche Ausbildungsdauer unter Berücksichtigung ehebedingter Verzögerungen

Unterhaltstatbestände Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Unterhaltstatbestände Unterhalt aus Billigkeitsgründen, § 1576 Erwerbstätigkeit kann aus sonstigen schwerwiegenden Gründen nicht erwartet werden Versagung von Unterhalt wäre unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig Keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung

Höhe und Dauer des Unterhalts Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Höhe und Dauer des Unterhalts Maßstab: „eheliche Lebensverhältnisse“, § 1578 Eheliche Lebensverhältnisse werden grds. nur durch Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind „Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren“ (BGH, NJW 2012, 384)

Höhe und Dauer des Unterhalts Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Höhe und Dauer des Unterhalts Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, § 1577 Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten, § 1581 „Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat“ (BGH, NJW 2012, 384)

Höhe und Dauer des Unterhalts Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Höhe und Dauer des Unterhalts Grenzen der nachehelichen Solidarität Herabsetzung gem. § 1578b Abs. 1 möglich: „angemessener Lebensbedarf“ statt „ehelicher Lebensverhältnisse“ Zeitliche Begrenzung gem. § 1578b Abs. 2 möglich Verwirkung wegen grober Unbilligkeit, § 1579 (Berufen hierauf kann wiederum durch Leistung ungekürzten Unterhalts über langen Zeitraum verwirkt werden)

Höhe und Dauer des Unterhalts Scheidungsfolgen: Nachehelicher Unterhalt Höhe und Dauer des Unterhalts Ende des Unterhaltsanspruchs, § 1586 Wiederverheiratung Tod des Berechtigten – Kein Erlöschen beim Tod des Verpflichteten, § 1586b! Wiederaufleben bei Auflösung der späteren Ehe nur bei Betreuungsunterhalt, § 1586a

Abstammung und Eltern-Kind-Verhältnis F. Abstammung und Eltern-Kind-Verhältnis PD Dr. Robert Magnus

Abstammungsrecht § 1589 BGB Verwandtschaft (1) Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten. § 1590 BGB Schwägerschaft (1) Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.

Abstammungsrecht Mutterschaft Mutter ist, wer Kind geboren hat (§ 1591) Problem 1: Gespaltene Mutterschaft bei Eizellen- bzw. Embryonenspende. Mutter trägt Kind aus, das genetisch von einer anderen Frau abstammt. Ist in Deutschland nach § 1 EmbryonenschutzG verboten Wurde Verfahren im Ausland durchgeführt, gilt gem. § 1591 die gebärende, nicht die genetische Mutter als Mutter

Abstammungsrecht Mutterschaft § 1 Embryonenschutzgesetz. Mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle überträgt, 2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt, 3.-7. … (2)-(4) …

Abstammungsrecht Mutterschaft Mutter ist, wer Kind geboren hat (§ 1591) Problem 2: Leihmutterschaft die Leihmutterschaft als soziales/gesellschaftliches Phänomen Rechtliche Problematik

Abstammungsrecht Vaterschaft § 1592: Vater des Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1) der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2) dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (Nr. 3)

Abstammungsrecht Vaterschaft Gilt § 1592 Nr. 1 auch bei zwei verheiratete Frauen für die Co-Mutter? M1: Ja, konsequente Umsetzung und Gleichstellung der „Ehe für Alle“ M2: Nein, § 1591 Nr. 1 gilt als Vermutungsregel bei einer zumindest möglichen oder wahrscheinlichen genetischen Abstammung, die in solchen Konstellationen aber ausgeschlossen ist

Abstammungsrecht Vaterschaft Gilt § 1592 Nr. 1 auch bei zwei verheiratete Frauen für die Co-Mutter? Wie sind in solchen Fällen die Möglichkeiten zur Anfechtung der „Co- Mutterschaft“ ausgestaltet und geht die „Co-Mutterschaft“ bei Auflösung der Ehe verloren? Wie ist rechtliche Stellung des (anonymen) Samenspenders einzuordnen und wie ist das Verhältnis zur „Co-Mutter“?

Die Anerkennung der Vaterschaft Abstammungsrecht Die Anerkennung der Vaterschaft ist eine höchstpersönliche Handlung (§ 1596 IV) ist ausgeschlossen, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht (§ 1594 II) bedarf der Zustimmung der Mutter und uU auch des Kindes (§ 1595) Anerkennung und Zustimmung müssen öffentlich beglaubigt werden (§§ 1597 I, 129) Verbot einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft nach § 1597a

§ 1597a BGB Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft Abstammungsrecht § 1597a BGB Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft (1) Die Vaterschaft darf nicht gezielt gerade zu dem Zweck anerkannt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, auch nicht, um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu schaffen (missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft).

§ 1597a BGB Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft Abstammungsrecht § 1597a BGB Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft (2) (…) Ein Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte ist insbesondere: das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Anerkennenden oder der Mutter oder des Kindes (…) das Fehlen von persönlichen Beziehungen zwischen dem Anerkennenden und der Mutter oder dem Kind der Verdacht, dass der Anerkennende bereits mehrfach die Vaterschaft von Kindern verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat (…), oder der Verdacht, dass dem Anerkennenden oder der Mutter ein Vermögensvorteil für die Anerkennung der Vaterschaft oder die Zustimmung hierzu gewährt oder versprochen worden ist. (…)

Die Anfechtung der Vaterschaft Abstammungsrecht Die Anfechtung der Vaterschaft Auch die Anfechtung ist eine höchstpersönliche Handlung (§ 1600a) Anfechtungsberechtigt: Mann, dessen Vaterschaft vermutet oder anerkannt (1), Mann, der eidesstattlich versichert, Mutter beigewohnt zu haben (2), Mutter (3), Kind (4) (§ 1600 I) Ausschluss Anfechtung durch (2), wenn sozial-familiäre Beziehung zwischen Vater und Kind besteht (§ 1600 II) Sozial-familiäre Beziehung, wenn Vater Verantwortung trägt (§ 1600 III)

Die Anfechtung der Vaterschaft Abstammungsrecht Die Anfechtung der Vaterschaft Ausschluss Anfechtung durch Vater und Mutter bei künstlicher Befruchtung mittels Samenspende (§ 1600 IV) Anfechtung durch Kind und Feststellung des genetischen Vaters bleibt aber möglich

Die Anfechtung der Vaterschaft Abstammungsrecht Die Anfechtung der Vaterschaft Die Anfechtung kann gem. § 1600b I grds. nur innerhalb von zwei Jahren erfolgen Die Frist beginnt allerdings erst zu laufen, wenn der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen seine Vaterschaft sprechen (§ 1600b I 2) Im Anfechtungsverfahren gilt eine Vermutung für die bestehende Vaterschaft (§ 1600c)

Abstammungsrecht Scheinvaterregress Anspruch Scheinvater gegen Kind auf Rückzahlung des rechtsgrundlos geleisteten Unterhalts aus § 812 I 1 Var. 1? An sich (+), aber i.d.R. Entreicherung, § 818 Abs. 3 Anspruch Scheinvater gegen wirklichen Vater? (+) aus gem. § 1607 III 2 aus übergegangenem Anspruch des Kindes auf Unterhalt für die Vergangenheit aus § 1613 II Nr. 2 gegen den wirklichen Vater

Klärung der genetischen Abstammung Abstammungsrecht Klärung der genetischen Abstammung Vater, Mutter und Kind haben jeweils einen Anspruch gegeneinander auf Zustimmung zur Teilnahme an einer genetischen Untersuchung der Abstammung (§ 1598a) Eine verweigerte Zustimmung kann durch das Gericht ersetzt werden Aus Gründen des Kindeswohls kann eine Untersuchung ausgesetzt werden (§ 1598a Abs. 3)

Eltern-Kind-Verhältnis Elterliche Sorge setzt sich aus der Personensorge und der Vermögenssorge zusammen (§ 1626) Das Sorgerecht steht den Eltern grds. gemeinsam zu (§ 1626a). Aber auch Anordnung eines alleinigen Sorgerechts ist möglich (§ 1671), insbesondere bei dauerhaften Getrenntleben der Ehegatten. Im Übrigen Sorgerecht der Mutter (§ 1629a III) Das Sorgerecht erfasst auch die gesetzliche Vertretung des Kindes (§ 1629).

Eltern-Kind-Verhältnis Personensorge Vermögenssorge Tatsächliche Sorge Tatsächliche Personensorge Tatsächliche Vermögenssorge Gesetzliche Vertretung Vertretung in persönlichen Angelegenheiten Vertretung in Vermögens-angelegenheiten

Eltern-Kind-Verhältnis Grds. vertreten beide Ehegatten das Kind gemeinschaftlich, bei alleiniger Sorge besteht Alleinvertretungsmacht des Sorgerechtsinhabers (§ 1629 I 3 BGB) Zur Ausübung der Vertretungsmacht bei getrennt lebenden Ehegatten vgl. § 1687 Bei bestimmten Rechtsgeschäften ist allerdings eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich (§§ 1629 II, 1795 I u. II, 181; §§ 1643, 1821, 1822)

Eltern-Kind-Verhältnis Beschränkung der Haftung eines Minderjährigen für Verbindlichkeiten nach § 1629a Beschränkung der Haftung der Eltern gegenüber ihrem Kind auf die diligentia quam in suis (§§ 1664, 277) Umgangsrechte der Eltern mit dem Kind nach §§ 1684 ff. Neu ist das Umgangsrecht des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters in § 1686a Verwandtenunterhalt nach den Maßgaben der §§ 1601-1615 Berechnung des Kindesunterhalts nach der sog. Düsseldorfer Tabelle

Vielen Dank und schöne Semesterferien !!! PD Dr. Robert Magnus