Einleitung und Abbruch der künstlichen Ernährung am Lebensende.

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 Präsentation transkript:

Einleitung und Abbruch der künstlichen Ernährung am Lebensende. 07.11.2018 Dr.med. Joachim Selle

Was ist eine PEG? Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist die Anlage einer Ernährungssonde. Diese wird mit Hilfe eines Endoskops durch die Bauchwand in den Magen eingeführt. Der Begriff "perkutan" leitet sich aus dem Lateinischen ab und kann mit durch die Haut hindurch übersetzt werden. Gastrostomie setzt sich aus den beiden griechischen Wortteilen "gastr" und "stomie" zusammen, wobei ersteres Magen und letzteres Öffnung bedeutet.

Für eine PEG bei Demenz-Kranken spricht, dass damit die Pflegeumgebung für den Patienten erhalten bleibt. Wenn Angehörige die Gewissheit haben, dass sie dem Patienten über die PEG-Sonde ausreichend Flüssigkeit und Nahrung zuführen können, so trägt dies oft dazu bei, dass sie bereit sind, die Pflege zu übernehmen. So kann bei vielen Demenz-Patienten die Heimunterbringung hinausgeschoben oder vermieden werden. Das bedeutet Lebensqualität für den Demenz-Kranken.

Warum künstliche Ernährung? 120.000 bis 140.000 PEG / Jahr Automatismus bei mangelernährten, pflegebedürftigen alten Menschen PEG ist die kostengünstigere Ernährung Pflege: postuliert die Basisversorgung als pflegerisches Grundrecht

Leitlinie der DGG und DGEM Orale Supplemente oder Sondenernährung führen bei dementen Patienten zu einer Verbesserung des Ernährungszustands. Obwohl Auswirkungen einer Ernährungstherapie auf die Überlebenszeit und funktionelle Parameter bisher nicht adäquat untersucht sind, werden orale Supplemente bei Demenzkranken in frühen und mittleren Krankheitsstadien empfohlen. Die Entscheidung für Sondenernährung bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz bleibt eine Einzelfallentscheidung. Für final demente Patienten wird Sondenernährung nicht empfohlen.

Für final Demenzkranke wird Sondennahrung nicht empfohlen Für final Demenzkranke wird Sondennahrung nicht empfohlen. Die Leitlinien legen folgende Kriterien für eine finale Demenz zugrunde: irreversibel immobil kommunikationsunfähig vollständig pflegeabhängig mangelnde körperliche Reserven

Wer soll entscheiden? Die Ernährung über eine enterale Ernährungssonde ist ein Eingriff in die Körperintegrität des Menschen. BGH v. 17.3.2003: die Beibehaltung einer Magensonde ist ein fortdauernder Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten

Rechtsfolgen Die Einleitung der künstlichen Ernährung bedarf der Einwilligung des Patienten Die Einwilligung kann vom dafür Zuständigen jederzeit widerrufen werden. Sobald dies geschieht, ist die Fortsetzung der PEG rechtswidrig und strafbar.

OLG München 13.2.2003: Grundrecht der Pflegekräfte auf Berücksichtigung ihrer Gewissen- entscheidung. Kritik: Es gibt kein Recht der Pflege, eigenmächtige Handlungen am Patienten vorzunehmen. Es gibt auch kein Recht des Arztes auf eigenmächtige Heilbehandlung

Stellvertreter des nichteinwilligungsfähigen Patienten Arzt- stellt die medizinische Indikation Angehöriger als Betreuer - ruinöser Pflegeaufwand, emotionale Belastung Pflegekräfte - kennen den Patienten nicht vor der Demenzerkrankung Patient- mit oder ohne Patientenverfügung

Zuständigkeitsregelung durch das Betreuungsrecht Seit dem 01.01.1992 gibt es das Betreuungsgesetz. Betreuer wird in einem B.-verfahren bestellt. Der Betreuer darf die Einwilligung in einen Heileingriff erteilen. Dabei hat er nicht nur das Wohl des Betroffenen zu berücksichtigen, sonder auch dessen Wünsche. (§ 1902 II BGB).

Vorsorgebevollmächtigter Die Bestellung eines Betreuers ist nicht notwendig, wenn der Betroffene vor seiner Erkrankung einen Stellvertreter in Gesundheitsangelegenheiten bestellt hat.

Patientenverfügung Entscheidung des BGH vom 17.03.2003 wird der Wert einer Patientenverfügung gestärkt: „Ist ein Patient einwilligungsunfähig, so müssen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem- etwa in Form einer Patientenverfügung- geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen."

Stellvertreterfrage Patientenverfügung absolut wichtig Betreuung muss eingerichtet werden, wenn keine PV vorliegt. Ohne Einwilligung des Betreuers ist die Anlage einer PEG rechtswidrig. (keine Notfallbehandlung) Braucht die Entscheidung das Vormundschaftsgericht?

Vormundschaftsgericht BGH vom 17.03.2003: „Seine Einwilligung in eine lebenserhaltende oder- verlängernde Maßnahme, kann der Betreuer nur mit Zustimmung des VMG wirksam verweigern. Für die Zustimmung des VMG ist kein Raum, wenn ärztlicherseits eine solche Behandlung oder Weiterbehandlung nicht angeboten wird."

Stellvertreter oder Betreuer Sie sollen durch das Hinzuziehen des VM Gerichts von den letzten Entscheidungen entlastet werden. Wer kennt den Patienten besser als der Stellvertreter. Er wurde vom Patienten ja deswegen bestimmt.

Aktuelle Lösungen Wenn Arzt und Betreuer sich über lebensverlängernde Maßnahmen einig sind, braucht das Vormundschaftsgericht nicht hinzugezogen werden. Der Verlust des Bedürfnisses nach Essen und Trinken gilt als ein Teil des natürlichen Sterbeprozesses. Er kann verbal oder non verbal geäußert werden.

Ethikkommission ÄK Berlin „In terminalen Stadien ist in der Regel auch ein Verzicht auf Zufuhr von Flüssigkeit indiziert, weil sie zusätzlichen Komplikationen Vorschub leisten kann (z.B. Lungenödem).„ Korrespondierender Autor Dr. jur. Rothärmel, Universität Gießen

Mit einer Patientenverfügung können Sie zum Ausdruck bringen, dass Sie in Krankheitssituationen, die zum Tode führen werden, keine Behandlung wünschen, die Ihr Leben künstlich verlängern würde.

Eine Patientenverfügung bezieht sich auf den Sterbeprozess oder auf einen nicht mehr veränderbaren Ausfall lebenswichtiger Körperfunktionen mit absehbarer Todesfolge. Sie können mit der Patientenverfügung Anweisungen zur Sterbebegleitung geben. Hierbei geht es einerseits um einen möglichen Behandlungsverzicht.

Das bedeutet, auf eine lebensverlängernde Behandlung zu verzichten, wenn ein Mensch unheilbar krank ist und sich im Sterben befindet. Andererseits ist eine Palliativbehandlung gemeint, die die Abgabe von schmerzlindernden Medikamenten an tödlich erkrankte Menschen einschließt, auch wenn diese Medikamente als Nebenwirkung den Todeseintritt beschleunigen können.

Aktive Sterbehilfe, d.h. die gezielte Tötung eines Menschen, auch mit dessen Einverständnis, ist in Deutschland weiterhin gesetzlich verboten.  

Ihre Patientenverfügung kommt nur zur Anwendung, wenn Sie in der konkreten Situation nicht mehr einwilligungsfähig sind und Sie an einer Erkrankung leiden, die zum Tode führen wird. Ihre Patientenverfügung gibt Ihrem Arzt in dieser Situation einen wichtigen Hinweis auf Ihren mutmaßlichen Willen.

Exemplarische Situationen: Wenn ich… • mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde,

• mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist,

• in Folge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärztinnen und Ärzte (können namentlich benannt werden) aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist.

Es empfiehlt sich, Ihre Patientenverfügung nach der Abfassung regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob Ihr Wille unverändert gilt und dies auf der Verfügung zu dokumentieren.

Eine Patientenverfügung sollte schriftlich vorliegen, vorzugsweise kombiniert mit der Vorsorgevollmacht. Sie kann handschriftlich verfasst werden, dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

Auf der Verfügung sollten zwei Personen den Willen des Verfassers mit ihrer Unterschrift bezeugen. Die Beurkundung oder Beglaubigung durch einen Notar ist möglich, jedoch nicht erforderlich.

ich wünsche einen menschenwürdigen Tod und bitte meine Ärzte, Angehörigen und Pfleger, mir dabei beizustehen. Für den Fall, dass bei mir eine schwere, irreversible Schädigung lebenswichtiger Organe, insbesondere des Gehirns, eintritt, die mir nach übereinstimmender Überzeugung der behandelnden Ärzte ein Leben bei Bewusstsein unmöglich machen wird, wünsche ich keine weiteren intensiv-medizinischen Maßnahmen, die mein Leben verlängern. Dies schließt ausdrücklich die künstliche Beatmung, künstliche Ernährung insbesondere über Sonde (z.B. PEG) sowie die Gabe lebenserhaltender Medikamente ein.

Ein solcher Zustand, der eine Heilung oder zumindest Verbesserung meines Gesundheitszustandes ausschließt, ist anzunehmen, wenn mindestens zwei Fachärzte unabhängig voneinander zu diesem Urteil gelangen und keine abweichende ärztliche Prognose eines behandelnden Arztes vorliegt.

Wenn ich an einer schweren Erkrankung leide, die nach ärztlichem Ermessen unabwendbar zum Tode führen wird und mir starke Schmerzen bereitet, verlange ich, mir Medikamente zu verabreichen, die mich von Schmerzen und großer Belastung befreien, auch wenn dadurch mein Tod voraussichtlich früher eintreten wird.

ich gebe diese Erklärung nach sorgfältiger Überlegung und in der vollen Verantwortung für mich selbst ab. Für den Fall, dass ich aufgrund von Bewusstlosigkeit oder anderen körperlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage sein werde, über meine persönlichen Belange zu entscheiden, soll diese Erklärung als Bekundung meines ausdrücklichen Willens gelten.

Diese Verfügung bitte ich, meinen behandelnden Ärzten zugänglich zu machen. Zu Maßnahmen, die dieser Verfügung widersprechen, verweigere ich ausdrücklich meine Zustimmung.

Wenn für mich ein Betreuer bestellt wird, soll diese Erklärung als Betreuungsverfügung gelten, d. h. die hier festgelegten Verfügungen sollen sich dann an den Betreuer richten.

(ggf.: Folgende Person hat von mir eine gesonderte Vorsorgevollmacht erhalten, die auch die Umsetzung dieser Patientenverfügung erfasst: Name .................................................................................. Anschrift .............................................................................)

Diese Erklärung wurde von mir unterschrieben Diese Erklärung wurde von mir unterschrieben. Zwei Personen meines Vertrauens bezeugen durch ihre Unterschrift meine Willenserklärung. Unterschrift: Datum: Name und Anschrift der Zeugen: Unterschriften und Datum:

Zur späteren Bestätigung der Verfügung: Im folgenden bestätige ich mit meiner Unterschrift, dass ich den Inhalt meiner Patientenverfügung überprüft habe und sich mein Wille nicht verändert hat: Datum, Unterschrift