Konversatorium zum Strafrecht BT I

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 Präsentation transkript:

Konversatorium zum Strafrecht BT I (Grundkurs III) – Nicht-Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt: tamina.preuss@uni-wuerzburg.de

Fall 6: Nöte des Arbeitgebers Die Kumpel A, B und C sind schon seit geraumer Zeit unzufrieden mit ihren beruflichen Verhältnissen. Während B und C wütend auf ihren Arbeitgeber O sind, weil er ihnen keine Gehalterhöhung be-willigt, hegt A eine persönliche Abneigung gegen den Geschäftsfüh-rer X, da er ihm seine Freundin ausgespannt hat. Daher be-schließen die drei, sich dieser Probleme anzunehmen. Eines Abends fangen sie daher den Arbeitgeber O vor dessen Haus auf offener Straße ab u. schlagen gemeinsam auf ihn ein. A erhält jedoch als-bald einen Anruf von X auf seinem Mobiltelefon und verlässt den Kampfplatz. B und C verabreichen dagegen dem mittlerweile am Boden liegenden O weiterhin mehrere Schläge u. Tritte gegen Kopf und Körper. Als B dabei besonders weit für einen Schlag ausholt, erwischt er beim Rückführen seines Armes den C so unglücklich mit dem Ellbogen im linken Auge, dass C auf diesem Auge erblindet.

Fall 6: Nöte des Arbeitgebers A ist derweil zu X gefahren, um seiner persönlichen Rache nachzugehen. Als er bei ihm ankommt, holt er ein Pfefferspray heraus und sprüht damit dem X in das Gesicht. Das Pfefferspray hat A von seinem Kumpel Z, der gemeinsam mit A den kleinen Racheplan geschmiedet hat, bei der Tat selbst aber wegen eines wichtigen Termins nicht mitwirken konnte. X verliert infolge des Pfeffersprays vorübergehend sein Augenlicht und torkelt orien-tierungslos umher. A dreht sich daraufhin zufrieden um und verlässt den Schauplatz. Er bekommt daher nicht mit, dass X panisch und aus Angst vor weiteren Angriffen aus der Gasse auf die belebte Hauptstraße läuft und dort von einem heranfahrenden Pkw tödlich erfasst wird.

Fall 6: Nöte des Arbeitgebers Bearbeitervermerk: Wie haben sich A, B und C nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

Fall 6 Lösung: Tatkomplex 1: Auseinandersetzung mit O A. Strafbarkeit des B Hinweis: Ist (innerhalb eines Tatkomplexes) die Strafbarkeit mehrerer Tatbeteiligter zu erörtern, beginnt die Prüfung mit dem Tatnächsten. Vorliegend ist dies der B, der sowohl auf den O bis zuletzt einschlägt als auch die Verletzung des C herbeiführt. I. §§ 223 I, 224 I StGB zum Nachteil des O 1. Tatbestand a. Des Grunddelikts, § 223 I StGB aa. Objektiver Tatbestand körperliche Misshandlung, § 223 I Var. 1 StGB (+)

Fall 6 Gesundheitsschädigung, § 223 I Var. 2 StGB (+) Kausalität, objektive Zurechnung (+) bb. Subjektiver Tatbestand B will sich an O wegen der ausbleibenden Ge-haltserhöhung rächen, daher dolus directus 1. Grades b. Der Qualifikation, § 224 I StGB aa. Objektiver Tatbestand mittels eines gefährlichen Werkzeugs, § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB: = jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaf-fenheit u. der konkreten Art der Verwendung im Einzelfall objektiv geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen

Fall 6 Körperteile sind nach herrschender Auffassung keine gefährlichen Werkzeuge, Arg.: Wortlaut, Art. 103 II GG, § 1 StGB (vgl. ausführlich Fall 5) die Gegenansicht, die Körperteile im Einzelfall als gefährliche Werkzeuge einordnet, führt zu keinem abweichenden Ergeb-nis (anders etwa bei der Handkante eines Karatekämpfers o. der Faust eines Boxers) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich, § 224 I Nr. 4 StGB: = wenn mindestens zwei Personen einverständlich zusam-menwirken u. dem Opfer im Tatortbereich unmittelbar gegenüberstehen (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 14 Rn. 46)

Fall 6 keine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen erforderlich (Hardtung, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 224 Rn. 36) eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen durch jeden Anwesenden nicht erforderlich (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 224 Rn. 11 m.w.N.) str. ob das Opfer beide Personen wahrgenommen haben muss: dagegen spricht, dass der Grad der Gefährlichkeit nicht von der Wahrnehmung des Opfers, sondern von der konkreten Tatsituation abhängig ist (so BGH NStZ 2006, 572; Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 224 Rn. 11a; a.A. Paeffgen, in: NK, 5. Aufl. 2017, § 224 Rn. 25a – Opfer, welches sich zwei Angreifern gegenüber sieht, ist stärker in seiner Abwehr eingeschränkt)

Fall 6 nach h.M. kein mittäterschaftliches Zusammenwirken gem. § 25 II StGB erforderlich: ausreichend daher das gemeinsame Wirken des Täters und eines Gehilfen, Arg.: § 28 II StGB; „ge-meinschaftlich“ bedeutet nur „einverständlich“; erhöhte Gefahr für das Opfer besteht unabhängig von der Be-teiligungsform (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017 § 14 Rn. 47 m.w.N.) hier: A, B und C wirken am Tatort zusammen (dass A alsbald geht, steht dem nicht entgegen) mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung, § 224 I Nr. 5 StGB: = jede Behandlung, die nach den Umständen des Einzelfalls generell dazu geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden

Fall 6 bb. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld str. Erfordernis einer konkreten Lebensgefährdung: nach h.M. abstrakte Lebensgefahr ausreichend (vgl. Wessels/Hettin-ger/Engländer, Strafrecht Besonderer Teil 1, 41. Aufl. 2017, § 5 Rn. 307) hier (+) im Hinblick auf die Tritte und Schläge gegen den Kopf (a.A. vertretbar wegen der fehlenden SV-Angaben) bb. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) II. § 223 I StGB zum Nachteil des C 1. Tatbestand

Fall 6 a. Objektiver Tatbestand körperliche Misshandlung, § 223 I Var. 1 StGB (+) Gesundheitsschädigung, § 223 I Var. 2 StGB (+) Kausalität, objektive Zurechnung (+) b. Subjektiver Tatbestand (-) B hatte keinen Vorsatz hinsichtlich einer Verletzung des C, sondern traf diesen versehentlich im Gerangel 2. Ergebnis (-) III. § 226 I Nr. 1 Var. 1 StGB zum Nachteil des C

Fall 6 Grunddelikt: vorsätzliche Körperverletzung i.S.d. §§ 223, 224 StGB, str. § 225 StGB (vgl. Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 226 Rn. 1) – hier (-) Anmerkung: I.R.v. § 229 StGB kann eine „schwere Folge“ bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, vgl. § 46 II StGB. IV. § 229 StGB zum Nachteil des C 1. Tatbestand a. Tathandlung Ausholen mit dem Ellenbogen b. Taterfolg Körperverletzung einer anderen Person: s.o.

Fall 6 c. Kausalität d. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung = wenn der Täter die Sorgfalt außer Acht lässt, die von einem besonnenen u. gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage u. der sozialen Rolle zu erwarten ist hier (+) durch die Beteiligung des B am Angriff auf O e. Objektive Vorhersehbarkeit = alle Vorgänge, die für einen umsichtig handelnden Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweiligen Umständen noch im Rahmen der allge-meinen Lebenserfahrung wären

Fall 6 hier (+) im Gerangel einer tätlichen Auseinander-setzung ist vorhersehbar, dass auch ungewollte Treffer vorkommen können f. Pflichtwidrigkeitszusammenhang entfällt, wenn feststeht, dass der durch das Handeln kausal herbeigeführte Erfolg auch bei einem hypothe-tischen rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre (Kudlich, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 15 Rn. 52 ff.) hier (+) Hinweis: Hierbei handelt es sich um einen Unterfall der objektiven Zurechnung beim Fahrlässigkeitsdelikt.

Fall 6 2. Rechtswidrigkeit 3. Schuld Entschuldigungs- oder Schuldausschließungsgründe (-) Fahrlässigkeitsschuld: subjektive Sorgfaltspflichtverletzung (+) subjektive Vorhersehbarkeit (+) 4. Strafantrag, § 230 I 1 StGB 5. Ergebnis (+) V. § 231 I StGB Anmerkung: Bei § 231 StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das den unkalkulierbaren Wechselwirkungen

Fall 6 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand von tätlichen Auseinandersetzungen Rechnung trägt. Wegen der erheblichen Beweisschwierigkeiten – ein bestimmter Beteiligter kann u. U. nicht gem. §§ 223 ff., 211 ff. StGB zur Verantwortung gezogen werden – wird bereits die Beteiligung an einer Schlä-gerei (oder einem tätlichen Angriff) unter Strafe gestellt (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 1). 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand Schlägerei = eine mit gegenseitigen Körperverlet-zungen verbundene tätliche Auseinandersetzung, an der mindestens drei Personen aktiv körperlich mitwir-ken (BGH NJW 1983, 581; Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 3)

Fall 6 Hinweis: Teilweise wird die Schlägerei auch nicht als „tätliche Auseinandersetzung“, sondern als „Streit“ definiert, vgl. z.B. Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 231 Rn. 3). es müssen von beiden Seiten Tätlichkeiten begangen werden muss begrifflich zumindest auch „Elemente des Schlagens“ enthalten (≠ reine Messerstecherei o. Schießerei) (vgl. Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 2a.) hängt nicht vom schuldhaften Handeln der einzelnen Be-teiligten ab – dies beeinflusst lediglich deren Strafbarkeit (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 231 Rn. 3) hängt nicht von gerechtfertigtem Handeln der einzelnen Beteiligten ab (Ausnahme: Angegriffener beschränkt sich auf reine Schutzwehr)

Fall 6 ≠ durch Anfeuerungsrufe unterstützter tätlicher Zweikampf, da der Anfeuernde mangels körperlicher Mitwirkung nicht zu den Teilnehmern zählt (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 3) ≠ wechselseitige Körperverletzung zweier Personen, es sei denn: eine dritte Person begeht Tätlichkeiten gegen einen der Streitenden (Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 7 Rn. 385) es verüben jeweils nur zwei Personen nacheinander wech-selseitige Tätlichkeiten, aber zwischen den Vorgängen be-steht ein derart enger Zusammenhang, dass ein ein-heitliches Gesamtgeschehen gegeben ist (BGH NStZ 2014, 147)

Fall 6 P.: A verlässt den Tatort alsbald nach Beginn des Einschla-gens auf O: wenn sich die Auseinandersetzung auf zwei Personen reduziert, entfällt die Schlägerei; § 231 StGB ist nicht anwendbar, wenn bei Eintritt der schweren Folge keine Schlä-gerei mehr vorliegt (OLG Köln NJW 1962, 1688 – Anwendung des „in dubio pro reo“-Grundsatzes, wenn sich nicht feststel-len lässt, ob die Folge nach o. vor Entfernung entstanden ist) P.: O leistet keine Gegenwehr: daher kommt es nicht zu gegenseitigen Körperverletzungen daher Schlägerei (-) von mehreren verübter Angriff = feindselige, unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen (Einheitlichkeit des Angriffs, des Angriffsgegenstandes und des Angriffswillens)

Fall 6 Hinweis: Die Angriffsvariante wird wegen des gesetzlichen Leitbilds der Schlägerei leicht übersehen (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 4). gegenseitige Tätlichkeiten – im Unterschied zur Schlägerei – nicht vorausgesetzt (Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 7 Rn. 387) mittäterschaftliches Zusammenwirken der Angreifer nicht erforderlich (BGH NJW 1983, 581 [583]) hier (+) zum Zeitpunkt des Eintritts der schweren Körper-verletzung des C versehen B und C den O gemeinsam mit Schlägen und Tritten gegen Kopf und Körper Beteiligung = jede aktive körperliche Anteilnahme am Fortgang der Auseinandersetzung

Fall 6 b. Subjektiver Tatbestand ≠ Streitschlichtung, erste Hilfe, Zuschauen aus Neugier (Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 231 Rn. 14) Anwesenheit am Tatort und Beitrag zur Gewaltausübung erforderlich (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 231 Rn. 8) str. rein psychische Mitwirkung, wie Anfeuern o. Abhalten von Hilfskräften (Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, § 7 Rn. 388 m.w.N.) str. Beteiligung ohne Parteinahme, wie Abschirmen der Polizei (weiterführend Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 231 Rn. 12) hier (+) B wirkt als aktiver Angreifer mit b. Subjektiver Tatbestand

Fall 6 dolus eventualis bzgl. der obj. Tatbestandsmerkmale keine Erstreckung auf die schwere Folge (s.u.) 2. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbar-keit Anmerkung: Bei den in § 231 I StGB genannten schweren Folge handelt es sich nach ganz h.M. um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit des Täters erstrecken muss (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 6 m.w.N.), sodass dahingehenden Irrtümern keine Bedeutung zukommt. Die Gegenansicht, die insofern zumindest Fahrlässigkeit verlangt (z.B. Rönnau, JuS 2011, 698), sollte in der Klausur-bearbeitung vernachlässigt werden.

Fall 6 Schwere Körperverletzung, § 226 StGB Verlust des Sehvermögens auf einem Auge, 226 I Nr. 1 Var. 1 StGB (+) = Aufhebung der Fähigkeit, Gegenstände optisch wahrzuneh-men (ab einer Minderung auf 5-10 Prozent Sehvermögen, vgl. OLG Hamm GA 1976, 304; praktisch wertlose Restsehfähigkeit steht nicht entgegen, vgl. Hardtung, JuS 2008, 1060 [1062]) die Dauerhaftigkeit wird in § 226 I Nr. 1 StGB zwar dem Wortlaut nach – anders als bei § 226 I Nr. 2, 3 – nicht vorausgesetzt, ist aber aufgrund des Wortlauts („verliert“) und der Systematik (die schweren Folgen sollen annähernd die gleiche Schwere haben) zu verlangen (vgl. Hardtung, in: MüKo-StGB, 8. Aufl. 2017, § 226 Rn. 7; zur Berücksichtigung von Wiederherstellungsmöglichkeiten bei Nr. 1 BayObLG NStZ-RR 2004, 264)

Fall 6 b. Verursachung durch den Angriff hier (+) insbesondere enthält der SV keine Anhaltspunkte zu etwaigen Wiederherstellungsmöglichkeiten b. Verursachung durch den Angriff Lit.: wenn sich in der schweren Folge die Gefähr-lichkeit des Angriffs realisiert hat (Grundsätze der obj. Zurechnung, vgl. Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 7) Rspr.: wenn die Auseinandersetzung kausal für die schwere Folge ist keine Ursächlichkeit der Beteiligung erforderlich

Fall 6 im Einzelfall fehlende Beweisschwierigkeiten un-schädlich: dass feststeht, dass die Verletzung durch B verursacht wurde, ist irrelevant hier (+), von dem Angriff geht gerade auch die Gefahr aus, versehentlich mit dem Ellenbogen getroffen zu werden; unerheblich, dass C Angreifer, nicht Ange-griffener, ist 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld Hinweis: § 231 II StGB ist nach h.A. ein deklaratorischer Hinweis auf die Möglichkeit eines Rechtswidrigkeits- o. Schuldaus-schlusses (a.A. Tatbestandsausschluss, weiterführend: Stree/Stern-berg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 10). 5. Ergebnis (+)

Fall 6 B. Strafbarkeit des C I. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O (+) II. § 231 I StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand s.o. b. Subjektiver Tatbestand (+) 2. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbar-keit a. Schwere Körperverletzung, § 226 StGB (+) b. Verursachung durch den Angriff (+)

Fall 6 c. Angriffsopfer Unbeteiligte u. Außenstehende umfasst, z.B. einschrei-tende Polizisten o. Zuschauer (Stree/Sternberg-Lie-ben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 7) P.: Strafbarkeit des (ausschließlich) selbst verletzten Täters: Mindermeinung h.M. Objektive Bedingung der Strafbarkeit zu verneinen (Maurach/Schroe-der/Maiwald, Strafrecht BT, § 11 Rn. 9; Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 9) Objektive Bedingung der Strafbarkeit gegeben (BGH NJW 1985, 871; Stree/Sternberg-Lieben, in: Schön-ke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 7)

Fall 6 - generelle Straflosigkeit von Selbst-schädigungen i.R.v. §§ 223 ff. StGB - ansonsten „allgemeinen Zu-rechnungsgrundsätzen widerspre-chende Strafbarkeitsbegründung“ - hier hat sich nicht die spezifische Gefahr des Angriffs verwirklicht - die eigene Verletzung ist Folge eines auf Fremdschädigung angelegten Verhaltens, dessen spezifische Gefährlichkeit sich auch in der den Angreifer selbst tref-fenden Folge realisiert - bestraft wird primär wegen der Beteiligung, nicht wegen der schweren Folge - schwere Folge nur ein Indiz für die Gefährlichkeit des Gesamtgesche-hens Möglichkeit der Berücksichtigung bei der Strafzumessung oder des Ab-sehens von Strafe nach § 60 StGB

Fall 6 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld 5. Ergebnis (+) Hinweis: Dies soll nach der h.M. sogar gelten, wenn sich der Täter die schwere Folge versehentlich selbst beigebracht hat (Hoh-mann, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 231 Rn. 22). Hinweis: Diese Problematik soll sich nur bei einem tätlichen Angriff, nicht bei einer Schlägerei, stellen, denn bei dieser sei das Risiko der Selbstverletzung offensichtlicher als bei einem Angriff (vgl. Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 7). 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld 5. Ergebnis (+) C. Strafbarkeit des A I. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O (+) II. § 231 I StGB

Fall 6 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand s.o. b. Subjektiver Tatbestand (+) 2. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbar-keit a. Schwere Körperverletzung, § 226 StGB (+) b. Verursachung durch den Angriff (+) c. Zeitpunkt der Beteiligung P.: Ausscheiden des A vor Eintritt der schweren Folge:

Fall 6 e.A.: nur Beteiligung im Verursachungszeitpunkt ausreichend – keine Strafbarkeit nach § 231 I StGB, sofern der Täter bei Eintritt der schweren Folge ausgeschieden ist o. erst später hinzukommt (Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht BT, Bd. 1, § 3 Rn. 323) der Täter hat offensichtlich zu der Gefahrenlage, aus der sich die schwere Folge ergab, nicht beigetragen; insbesondere ist das Kriterium eines „fortwirkenden Ge-fährlichkeitsmoments“ zu unscharf hiernach: Strafbarkeit nach § 231 I StGB (-) h.M.: Zeitpunkt der Beteiligung für die Strafbarkeit nach § 231 I StGB ohne Bedeutung (BGH NJW 1961, 1732): nur der Angriff (bzw. die Schlägerei), nicht die Beteiligung des Einzelnen, muss ursächlich sein

Fall 6 die schwere Folge zeigt, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eintrittes, die Gefährlichkeit des Gesamtvorgangs die Gegenansicht würde – auch wegen des „in dubio pro reo“-Grundsatzes – zu Schutzbehauptungen führen anders nur, wenn durch das Fehlen des Beteiligten der Charakter einer Schlägerei bzw. eines tätlichen Angriffs verloren geht (Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 7 Rn. 398) hiernach: Strafbarkeit nach § 231 I StGB grds. (+) vermittelnde Auffassung: keine Strafbarkeit nach § 231 I StGB bei Beteiligung erst nach Eintritt der schweren Folge, wohl aber bei Ausscheiden vor Eintritt (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 10 ff.; Stree/Sternberg-Lieben, in: Schön-ke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 9)

Fall 6 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld 5. Ergebnis (+) die Beteiligung des Ausscheidenden hat typischerweise die Streitfreudigkeit der Beteiligten gesteigert u. lebt insoweit in der andauernden gefährlichen Schlägerei fort der Zweck des § 231 I StGB, Beweisschwierigkeiten vorzubeugen, ist bei einem später Hinzukommenden nicht einschlägig in dem Fall hat der Täter keinen Beitrag zur potentiellen Gefährlichkeit des Angriffs geleistet hiernach: Strafbarkeit nach § 231 I StGB grds. (+) A hat sich vor Eintritt der schweren Folge entfernt 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld 5. Ergebnis (+)

Fall 6 D. Ergebnis 1. TK Strafbarkeit von A und C gem. § 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 StGB zum Nachteil des O; § 231 I StGB; § 52 StGB § 223 I StGB tritt als lex generalis hinter § 224 I StGB zurück nach h.M. Idealkonkurrenz zwischen § 224 StGB u. § 231 StGB wegen der unterschiedlichen betroffenen Rechtsgüter: kör-perliche Unversehrtheit u. Gesundheit des Einzelnen bzw. aller an der Auseinandersetzung beteiligten Personen (aA die Angriffsalternative des § 231 I StGB tritt als Gefährdungsdelikt hinter §§ 224, 226 StGB subsidiär zurück, vgl. Mau-rach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT, § 11 Rn. 5)

Fall 6 Strafbarkeit des B gem. §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 zum Nachteil des O; § 229 StGB zum Nachteil des C; § 231 I StGB; § 52 StGB 2. Tatkomplex: Auseinandersetzung mit X Strafbarkeit des A I. §§ 223 I, 224 I StGB zum Nachteil des X 1. Tatbestand a. Des Grunddelikts, § 223 I StGB aa. Objektiver Tatbestand (+) bb. Subjektiver Tatbestand (+)

Fall 6 b. Der Qualifikation, § 224 I StGB aa. Objektiver Tatbestand durch Beibringung von Gift, § 224 I Nr. 1 Alt. 1 StGB Gift = jeder organische o. anorganische Stoff, der unter be-stimmten Bedingungen durch chemische o. chemisch-physi-kalische Wirkung nach seiner Art u. der vom Täter eingesetz-ten Menge im konkreten Fall geeignet ist, ernsthafte gesund-heitliche Schäden zu verursachen (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 224 Rn. 3a) str. erforderliche Eignung zur Herbeiführung erheblicher Gesundheitsschäden (wie bei § 224 I Nr. 2 StGB) hier (+) Pfefferspray aufgrund der chemischen Reizwirkung bei Kontakt mit Haut u. Augen

Fall 6 Anmerkung: In Abgrenzung dazu wirken „andere gesundheits-schädliche Stoffe“ thermisch o. mechanisch (Wessels/Hettin-ger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 5 Rn. 288). Beibringung = Stoff mit dem Körper so in Verbindung zu bringen, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 14 Rn. 19): e.A.: unerheblich, ob der Stoff seine schädliche Wirkung im Körperinneren o. von außen entfaltet, Arg.: Anwendbarkeit von Nr. 1 anderenfalls von Zufälligkeiten abhängig (wie viele Millimeter „Wirktiefe“); Innen- und Außenwirkungen können ohnehin nicht genau unterschieden werden; aus dem Wortlaut lässt sich keine Beschränkung auf Innenwirkung entnehmen (Hardtung, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 224 Rn. 10)

Fall 6 a.A.: nur Wirkung im Körperinneren erfasst, Arg.: klare Abgrenzung zu § 224 I Nr. 2 StGB (statt vieler Jahn, JuS 2010, 268) a.A.: Wirkung muss bei äußerer Anwendung in ihrer Schwere einem in das Inneren eingeführten Stoff gleich-kommen (BGH NJW 1984, 442 [443] zu § 229 StGB a. F.; OLG Dresden NStZ-RR 2009, 337 für Verbrühen mit heißem Kaffee auf eine „relativ unempfindliche Körper-region und ohne Tiefenausdehnung eines Hautdefektes“ ) hier (+/-) je nach vertretener Ansicht mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werk-zeugs, § 224 I Nr. 2 StGB:

Fall 6 Waffe bei handelsüblichem „Tierabwehrspray“ (-) (anders u.U. bei polizeilichem Pfefferspray, vgl. in aller Ausführlichkeit Jesse, NStZ 2009, 364) gefährliches Werkzeug (+/-) je nach oben vertretener Ansicht Hinweis: Vertretbar ist es darüber hinaus aufgrund der Systematik des § 224 StGB Nr. 1 als lex specialis zu Nr. 2 einzuordnen oder ein gefährliches Werkzeug zu bejahen, da der zielgerichtete Einsatz erst durch das Sprühgerät möglich ist (so Jesse, NStZ 2009, 364 [366]) . mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich, § 224 I Nr. 4 StGB: bloße Gehilfenstellung des Z wäre zwar grds. ausreichend (s.o.) jedoch fehlende Anwesenheit des Z am Tatort – daher (-)

Fall 6 mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung, § 224 I Nr. 5 StGB: bei Pfefferspray im Einzelfall möglich, wenn hochwirksames Spray in eine empfindliche Gesichtsregion gesprüht wird (Jesse, NStZ 2009, 364 [366]) hier (-) mangels derartiger Anhaltpunkte bb. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) II. § 226 I StGB 1. Grunddelikt: §§ 223 I, 224 I StGB (+)

Fall 6 2. Schwere Folge (-) 3. Ergebnis (-) III. § 227 StGB 1. Grunddelikt: §§ 223 I, 224 I StGB 2. Erfolgsqualifikation, § 227 StGB a. Schwere Folge Tod des X b. Kausalität c. Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang = wenn sich die dem Grunddelikt spezifisch anhaf-tende Gefahr in der schweren Folge realisiert

Fall 6 nach h.M. ausreichend, dass die Körperverletzungs-handlung, die schwere Folge herbeiführt (a.A. Le-talitätslehre – Körperverletzungserfolg, weiterführend Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 16 Rn. 10 ff.) P.: Gefahrenzusammenhang bei Flucht- und Panik-reaktionen des Opfers: frühere Rspr. kein Gefahrenzusammenhang, Arg.: unmittelbare Ursächlichkeit verlangt (BGH NJW 1971, 152 – „Rötzel“-Fall) aktuelle Rspr.: nach dem Eigenverantwortlichkeitsprinzip Zurechnung gegeben, wenn die Todesfolge auf einer nahelie-genden u. nachvollziehbaren, unfreien Kurzschluss- o. Panik-reaktion beruht, Arg.: dies ist gerade eine deliktstypische Fol-ge, die dem Selbsterhaltungstrieb des Menschen entspringt (vgl. hierzu Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 16 Rn. 17 ff.)

Fall 6 hier (+) X läuft aus Panik vor weiteren Angriffen auf die Hauptstraße c. Wenigstens Fahrlässigkeit bzgl. der schweren Folge, § 18 StGB P.: gesonderte Prüfung der objektiven Sorgfaltspflicht-verletzung: e.A.: ergibt sich bereits aus der Verwirklichung des Grunddelikts, Arg.: bereits hierin liegt eine Überschreitung des erlaubten Risikos (Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 227 Rn. 7 m.w.N.) a.A.: ist gesondert zu prüfen, Arg.: Sorgfaltswidrigkeit hinsichtlich des Lebens kann sich wegen der unterschiedlichen Rechtsgüter nicht bereits aus einem Delikt gegen die körperliche Unversehrtheit ergeben

Fall 6 hier kann der Streit offen bleiben, da Überfall in einer Gasse, aus der ein Fluchtweg über eine belebte Hauptstraße führt, objektiv sorgfaltswidrig objektive Vorhersehbarkeit (+) eine Panikreaktion des X lag infolge dessen heftigen u. unerwarteten Angriffs im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung 3. Rechtswidrigkeit 4. Schuld Entschuldigungs- oder Schuldausschließungsgründe (-) Fahrlässigkeitsschuld: subjektive Sorgfaltspflichtverletzung (+) subjektive Vorhersehbarkeit (+) 5. Ergebnis (+)

Fall 6 IV. Ergebnis 2. TK Strafbarkeit des A gem. § 227 StGB § 222 StGB tritt zurück Gesamtergebnis Strafbarkeit des C gem. § 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 StGB zum Nachteil des O; § 231 I StGB; § 52 StGB Strafbarkeit von A gem. § 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 StGB zum Nachteil des O; § 231 I StGB; § 52 StGB; § 227 StGB; § 53 StGB Strafbarkeit des B gem. §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 zum Nachteil des O; § 229 StGB zum Nachteil des C; § 231 I; § 52 StGB

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