Daniel M. Frey Klinik für Viszeralchirurgie

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 Präsentation transkript:

Daniel M. Frey Klinik für Viszeralchirurgie wenn der Bauch weh tut… Daniel M. Frey Klinik für Viszeralchirurgie

Abdominalschmerzen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Ziele Sie kennen Die Begriffe akutes Abdomen, unklares Abdomen und Peritonitis Die wichtigsten Ursachen von Bauchschmerzen Die notwendigen Abklärungen bei Patienten mit Bauchschmerzen Die wichtigsten Therapiegrundsätze

Abdominalschmerzen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Definitionen Akutes Abdomen:

Definitionen Akutes Abdomen: Akute Manifestation von Erkrankungen im Bauchraum, die einer sofortigen Diagnostik und Therapie bedürfen.

Definitionen Akutes Abdomen: Akute Manifestation von Erkrankungen im Bauchraum, die einer sofortigen Diagnostik und Therapie bedürfen. Durch Zeitnot diktierte, vorläufige Bezeichnung für eine zunächst nicht exakt differenzierbare akute schmerzhafte Erkrankung in der Bauchhöhle bis zu deren endgültiger diagnostischer Klärung.

Akutes Abdomen „It is this damned belly that gives a man his worst troubles.“ Homer, 1050 – 850 BC „Two things surgeons fear the most are God and Peritonitis.“ Henri Mondor, 1885 – 1962 „An acute surgical abdomen is when a good surgeon says it is an acute surgical abdomen.“ Clifton K. Meador

Definitionen Peritonitis:

Definitionen Peritonitis: Durch Mikroorganismen oder physikalische bzw. chemische Reize induzierte akute Entzündung des Peritoneums.

Leitsymptome des akuten Abdomens

Leitsymptome des akuten Abdomens Akuter heftiger Bauchschmerz Peritonitis mit Störung der Darmfunktion Übelkeit Eingeschränkter AZ bis hin zum Schock

Einteilung Perakutes Abdomen Akutes Abdomen Subakutes od. unklares Abdomen

Perakutes Abdomen Vollbild des akuten Abdomens mit Vernichtungsschmerz, brettharter Bauchdecke, Kreislaufschock Unverzüglich Laparoskopie bzw. Laparotomie ohne weitergehende Diagnostik

Akutes Abdomen Heftiger Bauchschmerz, für den Patienten aber erträglich Eindeutig peritoneale Symptomatik (Klopf- und Druckdolenz, Loslassschmerz, Abwehrspannung) Infusionsbedürftige Kreislaufinstabilität Rasche und konsequente Diagnostik notwendig

Subakutes od. unklares Abdomen Abdominale Schmerzsymptomatik Diskrete peritoneale Mitbeteiligung Kompensierte Kreislaufsituation Elektive Diagnostik möglich

Akutes Abdomen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Anatomie Obere Bauchhöhle Retroperitoneum Untere Bauchhöhle und kleines Becken

Aetiologie Intraperitoneale Erkrankungen: Entzündungen intraperitonealer Organe mit oder ohne Perforation Perforation → Peritonitis Obstruktion eines Hohlorgans → Stase, Entzündung

Aetiologie Intraperitoneale Erkrankungen: Appendizitis Cholezystitis Ileus Durchblutungsstörung, Darmischämie, Mesenterialinfarkt Blutung in die freie Bauchhöhle oder ins Retroperitoneum nach abdominellen Verletzungen Aortenaneurysma Extrauteringravidität

Aetiologie Extraperitoneale Erkrankungen: Herzinfarkt Nierenkolik Pneumonie, Pleuritis, Pneumothorax Frakturen (Wirbelkörper) Infektionen Intoxikationen

Häufigste Ursachen Entzündungen Perforation Ileus Viszerale Durchblutungsstörungen

Akutes Abdomen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Ziel: Entscheidung, ob eine Operation akut notwendig ist! Diagnostik Ziel: Entscheidung, ob eine Operation akut notwendig ist!

Diagnostik Anamnese Klinische Untersuchung Labor Röntgen Abdomen und Thorax Abdomensonografie CT Abdomen

Akutes Abdomen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Therapie Stabilisierung des Patienten Monitoring Analgesie

Entzündung / Peritonitis Beseitigung des Ursache/Infektionsquelle Vermeidung weiterer Infektionsquellen Ausspülen der Bauchhöhle Drainagen Systemische Antibiotika-Behandlung Intensivmedizinische Überwachung Evt. Re-Laparotomie (second look) nach 24 bis 48 Stunden

Ileus Mechanischer Ileus Paralytischer Ileus

Mechanischer Ileus Häufigste Form des Darmverschlusses (60%) Obstruktion von aussen oder von innen oder durch Strangulation mit gleichzeitiger Behinderung der Mesenterialdurchblutung

Paralytischer Ileus Störung der muskulären Funktion der Darmwand Reaktion auf verschiedene Organerkrankungen (Entzündung, Verletzung, Durchblutungs- und Stoffwechselstörung, Toxisch)

Ileus Konservativ: Magensonde, Nahrungskarenz Propulsive Medikamente (Paspertin, Primperan) Volumenersatz Dauerkatheter zur Flüssigkeitsbilanzierung

Ileus Operativ: Laparotomie Adhäsiolyse, Bridenlösung Darmsegmentresektion Evt. temporäres Stoma

Mesenteriale Ischämie Akuter Mesenterialinfarkt: 90% Arteria mesenterica sup. Vorwiegend durch Embolien verursacht Chronische Mesenterialischämie: Distaler Verschluss der Arteria mesenterica sup. mit Kollateralisierung und Querverbindungen

Mesenteriale Ischämie Revaskularisationsversuch: Embolektomie, Bypass Resektion nekrotischer Darmanteile als ultima ratio → schlechte Prognose Second look Laparotomie nach 24 bis 48h

Abdominelles Trauma Penetrierendes Trauma Stumpfes Trauma (Iatrogene Verletzungen)

Penetrierendes Abdominaltrauma Stichverletzungen Schussverletzungen Pfählungsverletzungen

Penetrierende Stichverletzung 40% Leberläsion 30% Dünndarmläsion 20% Zwerchfellläsion 15% Kolonläsion

Penetrierende Schussverletzung 50% Dünndarmläsion 40% Kolonläsion 30% Leberläsion 25% Abdominale Gefässläsion

Stumpfes Abdominaltrauma 80% Verkehrs- oder Arbeitsunfälle Kompression Dezeleration

Stumpfes Abdominaltrauma 40% Milzläsion 35% Leberläsion 10% Dünndarmläsion 15% Retroperitoneales Hämatom

Diagnostik Erkennen lebensbedrohlicher Verletzungen

Diagnostik Erkennen lebensbedrohlicher Verletzungen Vermeiden von unnötigen Laparotomien Hämodynamisch stabiler → instabiler Patient

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus)

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus)

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus) Klinische Untersuchung

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus) Klinische Untersuchung Konventionelles Rx Thorax, HWS und Beckenübersicht

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus) Klinische Untersuchung Konventionelles Rx Thorax, HWS und Beckenübersicht Abdomensonografie

Diagnostik Anamnese (Unfallmechanismus) Klinische Untersuchung Konventionelles Rx Thorax, HWS und Beckenübersicht Abdomensonografie CT Abdomen

Stumpfes Abdominaltrauma: Konservative Therapie Primärdiagnostik → Hämodynamisch stabil Erhaltenes Bewusstsein Fehlende peritoneale Symptome Klinische Untersuchung alle 1-4 Stunden: - Hämodynamischer Zustand - Abdominaler Zustand Bei Zeichen der Instabilität oder Entwicklung einer Peritonitis → sofortige Laparotomie

Stumpfes Abdominaltrauma Operative Therapie: → Hämodynamisch instabiler Patient

Stumpfes Abdominaltrauma: Milz Häufigste Organverletzung beim stumpfen Abdominaltrauma Oft gleichzeitig linksseitige Rippenfrakturen Einzeitige oder zweizeitige Rupturen (nach Stunden bis Tagen)

Therapie der Milzruptur Konservativ Interventionell (Angiografie) Chirurgisch

Konservative Therapie Kleine Verletzungen mit geringer intraabdominaler Blutung (CT-Abklärung!) Kreislaufstabil Bei Kindern immer anstreben

Konservative Therapie Engmaschige klinische Ueberwachung (48-72h) Bettruhe Regelmässige Wiederholung der Bildgebung (Abdomensonografie) Laborkontrollen (Hb, Hkt)

Chirurgische Therapie Grosse, zentrale Rupturen Kreislaufinstabilität Zweizeitige Ruptur Zusatzverletzungen

Chirurgische Therapie

Chirurgische Therapie Ziel: Blutstillung unter Erhaltung der Milz Bei grösseren Rissen Splenorrhaphie mit Kunststoffnetz Begleitverletzungen ausschließen Nachbarorgane und deren Durchblutung schonen (Magen)

Splenorrhaphie

Splenorrhaphie

Mesh wrapping

Partielle Splenektomie

Partielle Splenektomie

Splenektomie

Splenektomie

Splenektomie: Komplikationen Nachblutung Milzvenenthrombose Pankreatitis Subphrenischer Abszess Infektanfälligkeit (Pneumonie) OPSI-Syndrom (overwhelming post splenectomy infection)

Prophylaxe Möglichst keine Splenektomie vor 6. Lebensjahr Pneumovax-Impfung: Elektiv 4 Wochen präop., im Notfall 10 Tage postop., Auffrischung alle 5 Jahre Thromboseprophylaxe (niedermolekulares Heparin)

Penetrierendes Abdominaltrauma Stichverletzung: Lokale Exploration in LA mit Erweiterung und Débridement der Wunde Bei Eröffnung der Faszie → Laparotomie oder Laparoskopie

Abdominale Stichverletzung Cave: Kulissenphänomen!

Abdominale Stichverletzung Wann kann laparoskopiert werden?  Nur bei hämodynamisch stabilen Patienten

Abdominale Stichverletzung Wann muss konvertiert werden ? Bei jedem unklaren oder laparoskopisch nicht zu klärenden Befund Mangelhafte laparoskopische Uebersicht Therapiepflichtige Läsion, die laparoskopisch nicht sicher beherrscht werden kann

Abdominelle Schussverletzung Frühe Laparotomie ist (meist) die beste Strategie!

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominale Schussverletzung

Abdominelles Trauma: Behandlungsalgorithmus Einweisung SR: Primary survey (ATLS®-Richtlinien) Vitalparameter? Stabil Instabil Klinische Untersuchung Laparotomie ohne Verzögerung Sono, CT Überwachungsstation Laparoskopie oder Laparotomie

Abdominelles Trauma 60 - 80% aller stumpfen Abdominaltraumata ....können konservativ behandelt werden ....mit einer 80 – 90% Erfolgsrate ....aufgrund verbesserter diagnostischer Möglichkeiten Myers, J Trauma 2000

Abdominelles Trauma Aber.... bei primär nicht erkannten Verletzungen (Dezeleration, Kompression) → Prognose ↓ Myers, J Trauma 2000

Abdominelles Trauma Penetrierende Abdominaltraumata nehmen in Europa zu Hohlorgane sind am meisten betroffen Operative Therapieansätze sind die Regel Konservative Behandlungen sind aber auch bei Stichverletzungen möglich

Akutes Abdomen Ziele Einführung Aetiologie Diagnostik Therapie Zusammenfassung

Zusammenfassung Exakte Anamneseerhebung Stabilisieren des Patienten Monitoring Sorgfältige klinische Untersuchung Unverzügliche Diagnostik Entscheidung: Akutes oder unklares Abdomen Einleiten einer Therapie Überwachung

Zusammenfassung Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze können Katastrophen im OP vermieden werden

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!