Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Psychologie, Differentielle und Persönlichkeitspsychologie Kognitive Grundlagen und peripher-physiologische Korrelate emotionaler Regulationsfähigkeit 13. Arbeitstagung der Fachgruppe Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik Mainz, 22.09.2015 Anne Gärtner, Philipp C. Paulus, Alexander Strobel
Einführung: Emotionsregulation Emotionsregulation im Alltag bedeutende Rolle Im Wissenschaftlichen Sinne: Prozesse, mit denen wir beeinflussen, Wann, wo in welcher Intensität wir Emotion wahrnehmen und ausdrücken Im klinischen Bereich ist eine dysfunktionale Emotionsregulation mit vielen Störungen assoziiert Frage: Warum unterscheiden sich Menschen in ihrer Fähigkeit, Emotionen zu regulieren? Willentliche, volitionale Regulation erfordert kognitiven Aufwand (z.B. wenn man Aufmerksamkeit gezielt vom emotionalen Ereignis weglenken möchte, wenn man versucht, eine emotionale Situation anders / weniger negativ zu deuten)
Einführung: Kognitive Grundlagen Struktur kognitiver Funktionen Common EF Updating Shifting Inhibition Die Fähigkeit, eine dominante, automatische oder vorherrschende Antworttendenz bewusst zu inhibieren, wenn es erforderlich ist. Miyake et al., 2000; Friedman & Miyake, 2004
Einführung: Kognitive Grundlagen Struktur kognitiver Funktionen Common EF Updating Inhibition Die Fähigkeit, eine dominante, automatische oder vorherrschende Antworttendenz bewusst zu inhibieren, wenn es erforderlich ist. Miyake et al., 2000; Friedman & Miyake, 2004
Distractor Interference Fragestellung Emotions-regulation Arousal Valenz ERQ Inhibition FLA SHA WOR STO STR ANT Response Inhibition Distractor Interference Peripher- physiologie EDA EKG EMG
Methoden Stichprobe: N = 190 (97 weiblich); mittleres Alter = 23.8 Jahre; SD = 4.7; Range = 18 – 39 Jahre) Ablauf: 1. Termin 2. Termin Aufgabenbatterie Inhibitionsfähigkeit Online-Fragebögen Aufgabe zur Emotionsregulation Stroop Stop-Signal Antisaccade Flanker Shapematching Wordnaming ERQ CERQ NEO-FFI I7 IRI-SPF NfC Ruhemessung 1 „Distanzieren“ vs. „Zulassen“ Ruhemessung 2 Erfassung von EDA, EKG, EMG
Methoden: Erfassung Response Inhibition 1) Farbwort-Stroop Aufgabe (Stroop, 1935) blau + grün +++ Stroop-Effekt f inkongruent (RTinkon – RTkon) 500 ms kongruent button press symbolisch
Ergebnisse: Inhibitionsfähigkeit MW SD Range Antisaccade Fehler 0.14 0.11 0 bis 0.59 Stop-Signal RT (ms) 322 43 200 bis 434 Stroop Effekt 48 52 -58 bis 223 Flanker Effekt (ms) 47 39 -69 bis 177 Shapematching Effekt (ms) 160 113 -11 bis 638 Wordnaming 25 27 -80 bis 136 Anm.: MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, RT = Reaktionszeit
Methoden: Erfassung Emotionsregulation Emotionsregulationsaufgabe (Ochsner & Gross 2004, 2008) Bild + Instruktion (2s) (ZULASSEN vs. DISTANZIEREN) Bild (5s) Rating (max. 4s) Fixationskreuz (∅ 7s) DISTANZIEREN unangenehm angenehm stark erregt schwach erregt x 80 IAPS bzw. EmoPicS, je 40 neutral bzw. negativ + Erfassung peripher-physiologischer Maße EDA EMG Hypothesen erklären!!
Ergebnisse: Behavioral Subjektive Valenz- und Arousalratings alle p < .001 Einzelvergleiche Zulassen Negativ Distanzieren Negativ Zulassen Neutral Distanzieren Neutral
Ergebnisse: Behavioral Subjektive Valenz- und Arousalratings alle p < .001 Zulassen Negativ Distanzieren Negativ Zulassen Neutral Distanzieren Neutral
Methoden: Modellbasierte Auswertung der SCR Regulation Auswertung mit SCRalyze; non-linear, dynamic causal model (DCM) nach Bach (2010, 2013)
Ergebnisse: Hautleitfähigkeit (SCR) Ergebnisse Modellbasierte Auswertung Hautleitfähigkeitsreaktion (z-Werte) *** Kein Haupteffekt Regulation (p = .110, eta: .014) Kein Interaktionseffekt Valnezeffekt für Frauen leicht stärker als für Männer Haupteffekt Valenz (negativ vs. neutral): p < .001; η2p = .076
Ergebnisse: Hautleitfähigkeit (SCR) Signifikante Korrelation der Abnahme des Arousal im Selbstbericht mit der Abnahme der Hautleitfähigkeitsreaktion (SCR) bei „Distanzieren“ vs. „Zulassen“ r = .166*; p = .034 Abnahme Subjektives Arousal Mit Ausreißern: r = .161; p = .033; N = 176 Ohne Ausreißer: r = .166; p = .034; N = 164+ Regulationserfolg definiert als Differenz Zulassen - Distanzieren innerhalb negativer Durchgänge Für Valenz r=.039, p=.607 Korrelation Valenz und Arousal: r=.514, p<.001 Abnahme Hautleitfähigkeitsreaktion (z-Werte)
Ergebnisse: Faziales EMG M. corrugator supercilii Haupteffekt Valenz: p < .001; η2p = .234 Interaktionseffekt Valenz x Bedingung: p < .001; η2p = .225
Ergebnisse: Faziales EMG und SCR Signifikante Korrelation der Abnahme der Corrugator-Muskelaktivität mit der Abnahme der Hautleitfähigkeitsreaktion (SCR) bei „Distanzieren“ vs. „Zulassen“ r = .197**; p = .009 Abnahme Muskelaktivität Corrugator (mV) Abnahme Hautleitfähigkeitsreaktion (z-Werte)
Distractor Interference Fragestellung Emotions-regulation Arousal Valenz ERQ Inhibition FLA SHA WOR STO STR ANT Response Inhibition Distractor Interference Peripher- physiologie EDA EKG EMG Für Emotionsregulation: Keine Korrelation ERQ mit Valenz/Arousal oder Peripher-physiologie Arousal korreliert mit Valenz und EDA EDA korreliert mit EMG
Ergebnisse: allgemeine Zusammenhänge Arousal Valenz SCR EMG ERQR ERQS Stroop r -.074 -.110 .031 -.005 -.075 .056 p .312 .134 .680 .946 .304 .440 Antisaccade -.111 -.169* -.012 -.051 -.228** .131 .020 .870 .872 .485 .002 Stop Signal -.030 .045 .049 .085 -.098 -.047 .683 .536 .517 .245 .180 .518 Flanker .146* .070 .073 -.100 .104 .336 .795 .323 .170 .153 Shapematching .033 .086 -.048 .046 .654 .973 .255 .516 .132 .533 Wordnaming .006 -.132 .092 -.025 .243 .935 .081 .209 .729 .787 Hohe Werte = schlechte Performanz Korrelation der Leistung in den Aufgaben und deren Korrelation Tab. 2: Korrelation der Abnahme von Valenz und Arousal im Selbstbericht und der Abnahme der Hautleitfähigkeitsreaktion bei „Distanzieren“ vs. „Zulassen“ mit der Inhibitionsfähigkeit
Zusammenfassung / Diskussion Emotionsregulation – Peripher-physiologische Erfassung Signifikante Abnahme von subjektiver Valenz und Arousal sowie fazialer Muskelaktivität Korrelation der Abnahme der Hautleitfähigkeitsreaktion mit der Abnahme von subjektivem Arousal (möglicherweise differentieller Effekt) Korrelation der Abnahme der Hautleitfähigkeitsreaktion mit der Abnahme fazialer Muskelaktivität → willentliche Emotionsregulation ist assoziiert mit nachweisbaren Veränderungen autonomer Responsivität → erstmals vergleichbare Effekte für Männer und Frauen in großer Stichprobe Regulationseffekt im EKG sichtbar → inkonsistent, evtl. nur beim Vergleich up- vs. downregulation (Driscoll et al., 2009)
Zusammenfassung / Diskussion Emotionsregulation: Kognitive Grundlagen Vorerst kein bedeutender Zusammenhang von Inhibitionsfähigkeit und erfolgreicher Emotionsregulationsfähigkeit → spezifisch für „Distanzieren“? → task-impurity problem (vgl. Friedman & Miyake, 2004) → andere kognitive Komponenten relevant? (Updating, Shifting) Regulationseffekt nur im ZNS vs. PNS?