Bauordnungs- und Bauplanungsrecht Wintersemester 2013/2014 RA Prof. Dr. Ewer
Rechtsquellen und Regelungsgegenstände des Bauordnungsrechts Bauordnungsrecht als besonderes Gefahrenabwehrrecht Landesbauordnung SH (LBO) als wichtigste bauordnungsrechtliche Rechtsquelle Rechtsverordnungen gem. § 83 LBO Satzungen gem. § 84 LBO Regelungsziele: Gefahrenabwehr Gestaltungspflege Wahrung ökologischer und sozialer Standards
Die Baugenehmigung § 62 Abs. 1 LBO genehmigungsbedürftige Vorhaben Verfahren: Bauantrag, § 64 Abs. 1 LBO Beteiligung anderer öffentlicher Stellen, z.B. § 36 Abs. 1 S. 1 oder S. 4 BauGB Ggf. Beteiligung betroffener Dritter Ggf. Umweltverträglichkeitsprüfung Rechtswirkungen: Feststellender Teil keine entgegenstehenden Rechtsvorschriften Verfügender Teil Aufhebung des präventiven Bauverbotes Legalisierungswirkung Materielle Bindungswirkung
Bauvorbescheid und Teilbaugenehmigung Bauvorbescheid, § 66 LBO: Teil der Genehmigungsvoraussetzungen für das Gesamtvorhaben ist erfüllt Kein Recht zum Baubeginn Gebundene Entscheidung Teilbaugenehmigung, § 74 LBO: Gesamtvorhaben ist grds. genehmigungsfähig Recht zum Baubeginn für einen Teil des Bauvorhabens Ermessensentscheidung
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht Konzentrationswirkung bereits erfolgten Verfahrens, vgl. § 62 Abs. 2 LBO Verfahrensfreie Vorhaben, vgl. § 63 LBO Genehmigungsfreistellung, vgl. § 68 LBO Fliegende Bauten, vgl. § 76 LBO Bauaufsichtliche Zustimmung, vgl. § 77 LBO
Die bauordnungsrechtliche Generalklausel (§ 3 LBO) Spezialregelungen gehen vor! Keine Eingriffsermächtigung, aber öffentlich-rechtliche Vorschrift i.S.d. § 59 Abs. 1 und 2 LBO. Beachtlichkeit technischer Regelwerke gilt nur, wenn von der obersten Bauaufsichtsbehörde durch öffentliche Bekanntmachung eingeführt.
Das Grundstück und seine Bebauung, insbes Das Grundstück und seine Bebauung, insbes. das Abstandsflächenrecht (§§ 4 ff. LBO) §§ 4 ff. LBO → bürgerlich-rechtlicher Grundstücksbegriff, so genanntes Buchgrundstück § 4 Abs. 3 LBO, Errichtung eines Gebäudes auf mehreren Grundstücken → § 80 LBO (Baulast)
Abstandflächen, § 6 LBO Regelungsziele: Belichtung, Belüftung und Besonnung, Schutz vor Brandübertragung , Schaffung von Freiflächen, die im Rahmen des § 6 LBO die Anlegung von Spielflächen nach § 8 Abs. 2 LBO, Kleinkinderspielplätzen und anderen Nebeneinrichtungen ermöglichen, ferner Vorbeugung der Beeinträchtigung des Wohnfriedens
Abstandflächen, § 6 LBO Ausnahmen § 6 Abs. 1 S. 4 LBO: Anknüpfung an § 22 BauNVO Nr. 1: Festgesetzte geschlossene Bauweise und bei § 34 Abs. 1 BauGB innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, wenn aufgrund der Eigenart der näheren Umgebung ein Grundstück nur in geschlossener Bauweise bebaut werden darf. Nr. 2: Öffentlich-rechtliche Sicherung durch Eintragung einer Baulast i.S.d. § 80 LBO Einzelfallabweichung nach pflichtgemäßem Ermessen
Allgemeine und besondere Anforderungen an die Bauausführung (§ 12 ff Allgemeine und besondere Anforderungen an die Bauausführung (§ 12 ff. LBO) § 12: LBO Einrichtung und Betrieb der Baustelle, § 13: LBO Standsicherheit der baulichen Anlagen und deren Teilen, § 14: LBO Schutz gegen schädliche Einflüsse, § 15: LBO (!) Brandschutz, § 16: Wärme-, Schall- u. Erschütterungsschutz, § 17: LBO Verkehrssicherheit
Einrichtung und Betrieb der Baustelle, § 12 Abs. 1 LBO § 12 Abs. 1 LBO konkretisiert § 3 Abs. 2 LBO Definition: Baustelle ist ein Ort, an dem Arbeiten zur Errichtung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen durchgeführt werden. Die Instandsetzung ist trotz fehlender Regelung in der LBO SH grundsätzlich durch den Begriff der Änderung gegenüber dem status quo ante vor Instandsetzung einbezogen. Baustelle selbst ist Anlage i.S.d. § 3 Abs. 5 BImSchG, daher sind z.B. Vorschriften zum Schutz gegen Geräte- und Maschinenlärm nach der 32. BImSchVO zu beachten.
Zum Brandschutz, § 15 LBO Soweit Zweck Schutz der sich im Brandfalle im Gebäude aufhaltenden Personen und Schutz des Gebäudes selbst ist nicht nachbarschützend Soweit Zweck Schutz vor Ausbreitung des Feuers auf die Nachbarhäuser ist nach-barschützend.
Die Baulast (§ 80 LBO) Baulast ist die durch den Grundstückseigentümer gegenüber der Baubehörde erklärte öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu einem sein Grundstück betreffendes Tun, Dulden oder Unterlassen (z.B. Baulast für Stellplätze). Eintragung im Baulastenverzeichnis (!) geführt von dem zuständigen Bauamt.
Die Bauaufsicht § 59 Abs. 1 LBO: „Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen.“
Die Baueinstellung, § 59 Abs. 2 Nr. 1 LBO Zielsetzung: Präventives Einschreiten Verhinderung vollendeter Tatsachen Formelle Baurechtswidrigkeit genügt Ermessensentscheidung (gemäß § 59 Abs. 2 LBO „können“ Bauaufsichtsbehörden die Einstellung anordnen) Besondere Vollstreckungsmittel gemäß § 59 Abs. 3 LBO: Versiegelung der Baustelle Amtliche In-Gewahrsamnahme an der Baustelle vorhandener Bauprodukte, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel
Die Beseitigungsanordnung, § 59 Abs. 2 Nr. 3 LBO Voraussetzungen: Formelle und materielle Rechtswidrigkeit bei Errichtung der Anlage ( Bestandsschutz!) Rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise hergestellt werden Ermessensentscheidung: beachte: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Gleichbehandlungsgebot bzw. Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG)
Die Nutzungsuntersagung, § 59 Abs. 2 Nr. 4 LBO Voraussetzungen: Formelle Rechtswidrigkeit nötig Umstritten, ob die Nutzung auch materiell rechtswidrig sein muss, jedenfalls darf sie keinen Bestandsschutz genießen Ermessensentscheidung: beachte: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Gleichbehandlungsgebot bzw. Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG)
Rechtsschutz gegen bauaufsichtliche Maßnahmen Widerspruch und Anfechtungsklage Suspensiveffekt!!! Bei Anordnung sofortiger Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO Frage nach dem Vorliegen eines „öffentlichen Interesses“ entscheidend für die Anordnung sofortiger Vollziehziehung