Natalia Bitter - Internationales Recht - Fachhochschule Ludwigshafen Bachelorstudiengang IPO WS 2011/2012.

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Natalia Bitter - Internationales Recht - Fachhochschule Ludwigshafen Bachelorstudiengang IPO WS 2011/2012

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Gliederung 1. Globalisierung und Grundlagen des Internationalen Rechts (Völkerrechts) 2. Grundzüge des EU-Rechts 3. Internationales und Europäisches Arbeitsrecht 4. Welthandelsrecht 5. Internationales Investitionsschutzrecht © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Literaturempfehlungen 1. Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010 2. Hakenberg, Europarecht, 5. Auflage 2010 3. Henssler/Braun, Arbeitsrecht in Europa, 3. Auflage 2011 4. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 9. Auflage 2011 5. Herdegen, Völkerrecht, 10. Auflage 2011 © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Grundlagen des Internationalen Rechts Block 1 Globalisierung und Grundlagen des Internationalen Rechts (Völkerrechts) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 4 4

Globalisierung: Ursachen Technologische Fortschritte (insb. Luftverkehr, Telefon, Internet) Wirtschaftliche Integration (z.B. EWR, EFTA) Liberalisierung und Anstieg des Welthandels und der Kapitalmärkte (z.B. Abbau von Handelshemmnissen durch das GATT) Niedergang des Kommunismus → „Sieg“ rechtsstaatlich- demokratisch verfasster Staatsmodelle und marktwirtschaftlicher Ordnungen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Globalisierung: Folgen Internationalisierung der Märkte für Güter und Dienstleistungen, der Finanz- und Arbeitsmärkte, der Produktion Universalisierung von Wertvorstellungen (z.B. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie) Immer enger werdendes Zusammenspiel der nationalen Rechtsordnungen und des Völkerrechts → Notwendigkeit einer übergreifenden juristischen Gesamtschau und Suche nach globalen rechtlichen Lösungen speziell für HR-Bereich: grenzüberschreitende Mobilität der Arbeitskräfte → - Arbeitsvölkerrecht, z.B. Diskriminierungsverbot: Art. 14 EMRK (Art. 2 AEMR); Recht auf Beitritt zu Arbeitnehmervertretungen: Art. 11 EMRK (Art. 23 III AEMR) - EU-weite arbeitsrechtliche Normen: Arbeitnehmerfreizügigkeit: Art. 45 AEUV; Dienstleistungsrichtlinie © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Bedeutung des Internationalen Rechts Aufgabe: Schaffung eines problemadäquaten Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Sachverhalte - Gerechter Ausgleich unterschiedlicher Interessen innerhalb der Staatengemeinschaft - Stabilisierung zwischenstaatlicher Rechtsbeziehungen Steuerungsfunktion im internationalen Rechts- und Wirtschaftsverkehr allgemeine Funktionen des Rechts: insb. Friedens-, Freiheits-, Ordnungs-, Integrations- und Kontrollfunktion Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Akteure/Rechtssubjekte Staaten Internationale Organisationen (Staatenverbunde: z.B. WTO, UNO, UNESCO, IMF) EU (mittlerweile „besondere“ Internationale Organisation, näher dazu Vorlesungsblock 2) Internationale Nichtregierungsorganisationen / zivilgesellschaftliche Interessenverbände = non-governmental organizations NGO (z.B. Greenpeace, Amnesty International, internationale Gewerkschafts- u. Arbeitgeberverbände) Unternehmen: Staatsunternehmen und private (transnationale) Unternehmen Nichtorganisierte Zivilgesellschaft (Internet-Community) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Rechtsquellen Völkergewohnheitsrecht = ungeschriebenes Recht (→ allgemeine Rechtsgrundsätze) Art. 38 I b) IGH-Statut: „Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung“ (z.B. fremdenrechtlicher Eigentumsschutz, Verbot der Folter, Genozidverbot) Internationale Verträge - bilaterale Verträge (z.B. Investitionsschutzverträge, Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge) - multilaterale Verträge (z.B. GATT = General Agreement on Tariffs and Trade, ICSID = International Centre for Settlement of Investment Disputes, Charta der Vereinten Nationen, Wiener Vertragsrechtskonvention, AEUV, EMRK) (- Sonderfall: Investor-Staat-Vertrag) relevante nationale Normen (insbesondere Außenwirtschaftsgesetz, IPR) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Grundprinzipien des Völkerrechts Staatliche Souveränität, Art. 2 Nr. 1 UN-Charta Staatengleichheit, Gebiets- und Personalhoheit jedes Staates, Interventionsverbot, staatliche Immunität für hoheitliches (nicht aber wirtschaftliches) Handeln Universelles Gewaltverbot, Art. 2 Nr. 4 UN-Charta Grundsatz der friedlichen Streitbeilegung, Art. 2 Nr. 3 UN-Charta Grundsatz der Kooperation, Art. 2 Nr. 3 UN-Charta © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Allgemeine Rechtsgrundsätze Art. 38 I c) IGH-Statut: „die von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Grundsätze“ - Grundsatz von Treu und Glauben - Verbot des Rechtsmissbrauchs - Vertrauensschutz (venire contra factum proprium) - Grundsatz pacta sunt servanda = „Verträge sind einzuhalten“ - Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht

Grundzüge des EU-Rechts Block 2 Grundzüge des EU-Rechts Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 12 12

„Vorgeschichte“ der EU Idee „Europa“ bereits im Mittelalter 1795: Kant, „Zum ewigen Frieden“ – Vorschlag eines Zusammenschlusses der europäischen Staaten (ähnlich Rousseau, Abbé de Saint Pierre) 19. Jh.: Idee eines Europäischen Bundes als Gegenkraft zu den Großmachtblöcken USA und Russland; Deutscher Bund als Vorbild für einen „Europäischen Bund“ 1923: Verein „Paneuropa-Union“ als Gegenkraft zu England und Sowjetunion 1946: „Europäischer Bund“ als Vorschlag von Churchill zur Bekämpfung des Faschismus 1947: „Marshall-Plan“ als Wiederaufbauprogramm für Europa © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 13 13

Die wichtigsten Etappen der Europäischen Einigung 9.5.1950: Schuman-Erklärung → „Geburtstag“ der EU (davor 1950: Plan von Monnet) 1952: EGKS/Montanunion: D, F, I, B, NL, L (= Gründungsstaaten), 2002 erloschen 1.1.1958: Römische Verträge EWG, EAG/Euratom 1.11.1993: Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags + Währungsunion (Beginn 1999, Euro ab 2002) + Gründung der EU (s. nächste Folie) 1.1.1994: Inkrafttreten des EWR mit A, N, SE, FIN, IS 7.12.2000: Proklamation der Grundrechte-Charta 29.10.2004: Unterzeichnung der Europäischen Verfassung, aber kein Inkrafttreten 1.12.2009: Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages („Reformvertrag“): Vollendung der EU → Rechtspersönlichkeit, EU ersetzt EG 1973-2007: Beitritt weiterer Staaten, heute 27 Mitgliedstaaten Vertragsrevisionen: 1987, 1992 Maastricht, 1997 Amsterdam, 2001 Nizza, 2007 Lissabon © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 14 14

Maastrichter Vertrag 1992 (Inkrafttr. 1993) Das Drei-Säulen-Modell Europäische Union ohne Rechtspersönlichkeit → kein Völkerrechtssubjekt ! 1. Säule 2. Säule 3. Säule EG + EGKS +EAG ⇩ Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Zusammenarbeit Innere Sicherheit und Justiz Europäische Gemeinschaften Völkerrechtsubjekt ! © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 15 15

Lissabonner Vertrag 2007 (Inkraft. 1.12.09) auch „Reformvertrag“ genannt → Aufgabe des Drei-Säulen-Modells EU ersetzt EG (und die frühere EU), Art. 1 EUV EU erhält Rechtspersönlichkeit, ist somit Völkerrechtssubjekt Drei Säulen (Folie 15) zusammengefasst in EUV und AEUV Grundrechte-Charta ist verbindlich und rechtlich gleichrangig mit AEUV und EUV, Art. 6 I EUV Kompetenzordnung → „begrenzte Einzelermächtigung“, Art. 5 I, II, Art. 1 EUV Bürgerinitiative für Gesetzgebung Institutionelle Reformen (s. Folien 21-29) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 16 16

Die Natur des EU-Rechts EU-Recht = „supranationales“ Recht „klassisches“ Völkerrecht → Adressaten = Staaten Besonderheit des EU-Rechts → Adressaten = EU-Organe, Mitgliedstaaten, Unionsbürger sowie Drittstaaten © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 17 17

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht EU als Rechtssubjekt kein Bundesstaat, sondern Verbund souveräner Staaten „besondere“ internationale Organisation → sog. supranationale Institution keine statische, sondern dynamische Organisation eigene Rechtspersönlichkeit (Art. 47 EUV) → Völkerrechtssubjekt © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 18 18

Werte und Grundprinzipien der EU Art. 2 EUV (ethische Werte): Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie (s. auch Art. 10), Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte, Minderheitenschutz, Nichtdiskriminierung Art. 3 EUV: insb. Förderung des Friedens und des Wohlergehens der Völker, soziale Gerechtigkeit, Sicherheit Verbindlichkeit der Grundrechte-Charta (Art. 6 I EUV) Grundrechte der EMRK sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts, Art. 6 III EUV Prinzip der Verhältnismäßigkeit, Art. 5 IV EUV Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, Art. 4 III EUV Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, die die Grundwerte verletzen, Art. 7 EUV © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 19 19

Verhältnis zwischen der EU und den Mitgliedstaaten Kompetenzenprinzip: „begrenzte Einzelermächtigung“, Art. 5 II EUV, Art. 2 AEUV → Zuständigkeiten: ausschließliche Zuständigkeit der EU (Art. 3 AEUV), ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Art. 4 EUV, Art. 2 AEUV), geteilte Zuständigkeit (Art. 4 AEUV), unterstützende (Art. 6 AEUV) EU und jedes Mitgliedstaat haben jeweils eigene Rechtspersönlichkeit Keine gegenseitige Haftung für Verbindlichkeiten anderer EU-Mitgliedstaaten, Art. 125 AEUV (Beispiel: Finanzkrise) Solidarität im Terror- und Katastrophenfall, Art. 222 AEUV Möglichkeit des Austritts aus der EU, Art. 50 EUV © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 20 20

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Institutionen der EU Sieben Organe der EU, Art. 13 I EUV das Europäische Parlament der Europäische Rat der Rat die Europäische Kommission der Gerichtshof der Europäischen Union die Europäische Zentralbank der Rechnungshof (beratende) Einrichtungen, Art. 13 IV EUV Wirtschafts- und Sozialausschuss Ausschuss der Regionen Europäische Investitionsbank zahlreiche Behörden/Agenturen (z.B. Europol, EU-OSHA = Europäische Agentur für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz ) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 21 21

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Der Europäische Rat Art. 15 II EUV, Art. 235, 236 AEUV EU-Rat = Staats-/Regierungschefs Präsident des EU-Rates Präsident der Kommission Aufgabe: Festlegung der politischen Ziele keine gesetzgeberische Tätigkeit! Zusammentreffen: 2mal/Jahr oder spontan © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 22 22

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Der Rat Art. 16 EUV, Art. 237-243 AEUV Rat = je ein Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene (auf jeweiliger Fachebene, z.B. Justiz-Rat, Allgemeiner Rat) Aufgaben: Initiative (Untersuchungen, Vorschläge), Art. 241 AEUV Rechtsetzung, Art. 16 I EUV vertritt die EU nach außen, Art. 218 AEUV Befugnisse ggü. Mitgliedstaaten im Rahmen der Wirtschaftspolitik, Art. 126 AEUV Haushalt, Art. 314 AEUV Personalentscheidungen (z.B. Besoldungen, Art. 243), Ernennungen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 23 23

Der/Die Hohe Vertreter/in für die GASP Art. 18, 27 EUV wird vom EU-Rat + Zustimmung des Präsidenten der EU-Kommission ernannt Aufgaben: Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ Leitung im Bereich der GASP = ein/e der Vizepräsidenten der Kommission ⇨ „Europäischer Außenminister“ ⇨ „Doppelhut“-Funktion © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 24 24

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Die Kommission Art. 17 EUV, Art. 244-250 AEUV Kommission = 1 Mitglied pro Mitgliedstaat Unabhängig von Weisungen der jeweiligen eigenen Regierung, Art. 17 III EUV (Gegensatz: Rat) Verantwortlichkeit gegenüber dem EU-Parlament, Art. 17 VIII EUV Aufgaben: Initiative (sog. Initiativmonopol) Rechtsetzung Außenbeziehungen (Vorbereitung der Tätigkeit des Rates), Vertretung nach außen (mit Ausnahme der GASP) Kontrolle der Mitgliedstaaten (Gegensatz: Rat, s. Folie 23) Ausarbeiten der Haushaltspläne Ausnahmsweise Exekutivtätigkeit (insb. Wettbewerbsrecht) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 25 25

Das Europäische Parlament Art. 14 EUV, Art. 223-234 AEUV EU-Parlament = Vertreter der Unionsbürger/innen (z.Zt. 736 Vertreter) verschiedene Parteien (z.B. SPE, EVP, ALDE), Art. 224 AEUV, Art. 10 IV EUV Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten, Art. 12 f) EUV Aufgaben: Initiative der Initiative, Art. 225 AEUV Rechtsetzung, Art. 14 I EUV Kontrolle der Mitgliedstaaten, Art. 319, 226 AEUV Sicherstellung der Bürgernähe, Art. 227, 228 AEUV Haushalt (Art. 14 I EUV) und Personalentscheidungen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 26 26

Der Europäische Gerichtshof Art. 19 EUV, Art. 251-281 AEUV Seit 1952 in Luxemburg Gerichtshof = 27 Richter + 8 Generalanwälte Aufgaben: Kontrolle der Legislativakte und des Verwaltungshandelns (Exekutive) Überprüfung der Einhaltung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten Interpretation/Auslegung des EU-Rechts für nationale Gerichte Keine Kompetenz in den Angelegenheiten der GASP und Maßnahmen der Polizei und Strafverfolgungsbehörden © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 27 27

Die Europäische Zentralbank Art. 282-284 AEUV Das Oberste Gremium: EZB-Rat = Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der € ist Präsident des EZB Ziel = Gewährleistung der Preisstabilität Eigene Rechtspersönlichkeit; unabhängiges Gremium der Währungspolitik Aufgaben: Rechtsetzung in den spezifischen Bereichen, Art. 282 V AEUV Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Union © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 28 28

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Der Rechnungshof Art. 285-287 AEUV Rechnungshof = je 1 Mitglied pro Mitgliedstaat Aufgaben: Rechnungsprüfung der Union (Art. 287 AEUV): • Überprüfung der Verwendung von Haushaltsmitteln • Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 29 29

Kooperation der Gewalten in der EU → Klassische Gewaltenteilung nach Montesquieu (z.B. in Deutschland): Legislative, Exekutive, Judikative → EU: keine Gewaltenteilung, sondern Zusammenwirken der Gewalten Legislative Exekutive Judikative Deutschland Bundestag (Bundesrat) Bundesregierung Bundesverwaltung Gerichte EU Rat Parlament Kommission EZB EuGH Rechnungshof © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 30 30

völkerrechtliche Verträge: ungeschriebene Rechtsgrundsätze Rechtsquellen der EU Rechtsakt Parallele im deutschen R „Urheber/Autor“ Adressat Verbind lichkeit Primärrecht völkerrechtliche Verträge: Gründungsverträge Grundrechte-Charta ungeschriebene Rechtsgrundsätze Grundgesetz (Verfassung) EU-Mitgliedstaaten Mitgliedstaaten EU-Organe Private + Sekundärrecht Verordnung Richtlinie Beschluss Empfehlung Stellungnahme Gesetz, VO - VAkt VAnweisung VAuskunft Rat, Pl, EZB, Kom Rat, Pl EU-R, R, Pl, EZB, K R, Pl, EZB, K, RHof Private, MS MS Private, (MS) MS,Priv,Organ + Ziele +relativ © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 31 31

Verhältnis des EU-Rechts zum deutschen innerstaatlichen Recht Anwendungsvorrang des EU-Rechts → kein Geltungs(!)vorrang (bekanntes Beispiel: Costa/ENEL): Widerspricht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift dem EU-Recht, darf sie im konkreten Fall nicht angewendet werden. Richtlinien (RL) müssen ins nationale Recht umgesetzt werden Beispiel: Antirassismus-RL, RahmenRL-Beschäftigung, Gender-RL, Gleichbehandlungs-RL ⇨ Umsetzung ins deutsche Recht = AGG ↳ falls keine Umsetzung der RL ⇨ „vertikale Direktwirkung“, wenn RL unbedingt, hinreichend bestimmt und zugunsten der Bürger „effet utile“-Grundsatz: richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts; die Ziele der EU-Verträge müssen am besten und einfachsten erreicht werden. © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 32 32

Politikbereiche der EU Der älteste Politikbereich = Wirtschaft (Art. 120-126 AEUV) → freier Wettbewerb (Art. 101-109 AEUV), gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht Währungsunion (Art. 119, 127-144 AEUV) Zollunion (Art. 28-33 AEUV) Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 21-46 EUV) Schaffung eines Rahmens der Freiheit, der Sicherheit, des Rechts (Art. 81 EUV) Gemeinsame Handels- und Entwicklungspolitik (Art. 206, 207 AEUV) Landwirtschafts- und Fischereipolitik (Art. 38-44 AEUV) Sozialpolitik (Art. 151-161 AEUV) Umweltpolitik (Art. 191-193 AEUV) Verkehrspolitik (Art. 90-100 AEUV) Sonstige Bereiche (z.B. Gesundheit, Verbraucherschutz, Kultur, Bildung) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 33 33

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Grundfreiheiten Grundfreiheiten, Art. 28-66 AEUV ↳ Grundlage des EU-Binnenmarktes (Art. 26 AEUV) ↳ Vorgaben für die Ausgestaltung des sekundären EU- Rechts sowie des nationalen Rechts Freier Warenverkehr (s. Folie 35) Freier Personenverkehr Dienstleistungsfreiheit Freier Kapital- und Zahlungsverkehr (Art. 63-66 AEUV) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 34 34

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Freier Warenverkehr I. Zollunion, Art. 28-33 AEUV insb. Abschaffung sämtlicher Ein- und Ausfuhrzölle zwischen den Mitgliedstaaten; Gemeinsamer Zolltarif II. Verbot der mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung, Art. 34-37 AEUV 1. Anwendungsbereich des Art. 34 AEUV - mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen - Maßnahme gleicher Wirkung = „Jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“ → „Dassonville“-Formel 2. Ist Maßnahme vertriebsbezogen oder produktbezogen? vertriebsbezogene Maßnahmen (Verkaufsmodalitäten) sind erlaubt, wenn sie nicht diskriminierend sind und den Markt nicht völlig abschotten → „Keck“- Formel 3. Ausnahmen und Rechtfertigungsgründe Art. 36 AEUV + zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls („Cassis de Dijon“) 4. Verhältnismäßigkeit: Maßnahme geeignet zur Zweckerreichung + das mildeste Mittel © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 35 35

Freier Kapital- und Zahlungsverkehr Unbehinderter grenzüberschreitender Transfer von Kapital (Art. 63 I AEUV), z.B. Ersparnisse, Investitionen Zahlungen (Art. 63 II AEUEV), z.B. Überweisung des Arbeitsentgeltes Ausnahmen: Art. 64, 65 I a), b), 66 AEUV wichtiger Unterschied zu den anderen Grundfreiheiten: Geltung auch für Drittstaatsangehörige © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 36 36

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Wettbewerbspolitik Kartellverbot, Art. 101 AEUV ↳ Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen Monopolverbot, Art. 102 AEUV ↳ Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung Fusionskontrolle, VO 139/2004/EG ↳ Verbot oder Genehmigung von wettbewerbsbeschränkenden Zusammenschlüssen Subventionsverbot, Art. 107 AEUV ↳ Verbot staatlicher wettbewerbshindernder Beihilfen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 37 37

Rechtsharmonisierung/Rechtsangleichung EU = „Rechtsunion“ Erreichen der Ziele der EU durch Rechtsangleichung, Art. 114-118 AEUV (aber keine Rechtsvereinheitlichung) Hauptmittel der Rechtsangleichung = EU-Richtlinien Rechtsangleichung insbesondere auf den Gebieten: ∗ Zivilrecht, insb. Verbraucherschutz ∗ Unlauterer Wettbewerb und gewerblicher Rechtsschutz ∗ Steuerrecht ∗ Handels- und Gesellschaftsrecht © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 38 38

Rechtsschutz in der EU: Gerichte Gerichtshof der EU = Organ → aufgeteilt in mehrere Gerichte: Oberste Instanz: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) Untergeordnete Instanz: Das Gericht (EuG) → Klagen der Mitgliedstaaten und Privater gegen EU-Organe Dritte Instanz: Gericht für den öffentlichen Dienst der EU (EuGöD) → Streitigkeiten der EU-Organe und EU-Einrichtungen mit ihren Bediensteten © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 39 39

Rechtsschutz in der EU: Klagen Klagearten Vertragsverletzungsverfahren, Art. 258-260 AEUV → EuGH Nichtigkeitsklage, Art. 263-264 AEUV → EuGH, EuG Untätigkeitsklage, Art. 265 AEUV → EuGH, EuG Schadensersatzklage, Art. 268 → EuGH, EuG, EuGöD Vorabentscheidungsverfahren, Art. 267 AEUV → EuGH © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 40 40

Bedeutung der Rechtsprechung des EuGH Grundsatz: Bindungswirkung der Entscheidungen (z.B. Urteile) des EuGH nur zwischen den Parteien, sog. inter partes-Wirkung Aber: vom EuGH entwickelte allgemeine Grundsätze des EU-Rechts sind für nationale Gerichte und Behörden (also auch für Nicht-Parteien des Rechtstreits) bindend → Auslegung des nationalen Rechts im Lichte der EuGH-Rechtsprechung → Rechtsprechung des EuGH = Rechtsquelle („Case-Law“) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 41 41

Europäisches Arbeitsrecht Block 3 Internationales und Europäisches Arbeitsrecht Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 42 42

Internationalisierung der Arbeitsmärkte • Unternehmensebene → Internationale Ausrichtung der Unternehmen (Fusionen, Joint Venture, Personalentsendungen), steigende Zahl ausländischer Mitarbeiter • Marktebene (z.B. Europäischer Binnenmarkt) → Änderungen der Struktur der Belegschaft → kulturelle und soziale Vielfalt unter den Beschäftigten → Herausforderung für Arbeitgeber: Reaktionen auf kulturelle und soziale Besonderheiten der Belegschaft → Herausforderung für Gesetzgeber: schnelle Reaktionen auf Veränderungen des Arbeitsmarktes → Vermeiden jeglicher Benachteiligungen der AN (z.B. AGG) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 43 43

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Arbeitsvölkerrecht Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4.11.1950 Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) vom 19.12.1966 Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 44 44

EMRK – arbeitsrechtsrelevante Regelungen Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit, Art. 4 EMRK Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Art. 11 EMRK Diskriminierungsverbot, Art. 14 EMRK, 12. ZP-EMRK Freizügigkeitsrecht, 4. ZP-EMRK (Art. 2) Anspruch auf Rechtsschutz und ein faires Verfahren, Art. 6, 13 EMRK © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 45 45

Rechtsnatur der EMRK = völkerrechtlicher Vertrag EMRK – Rechtsnatur und Rechtsschutz vor dem EGMR Rechtsnatur der EMRK = völkerrechtlicher Vertrag Adressat der EMRK = Staat → Pflichten der Mitgliedstaaten: Schutz der Bürger, Erlass geeigneter Gesetze, Schaffen entsprechender Institutionen Nach Ratifizierung → Rang eines formellen Bundesgesetzes/unmittelbar geltendes Recht Klage gegen den Staat (nicht gegen den AG): Individualbeschwerde Art. 34 EMRK Verbindlichkeit der Urteile des EGMR Art. 46 EMRK © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 46 46

Europäische Sozialcharta 1961 (in Kraft seit 1965), letzte Fassung 1991 (in Kraft seit 1996, von Deutschland noch nicht ratifiziert) Rechtsnatur: völkerrechtlicher Vertrag; Adressaten = Staaten Verpflichtungen, insb. folgende Rechte zu gewährleisten: Recht auf Arbeit (Art. 1) Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen (Art. 2) Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen (Art. 3) Recht auf gerechtes Arbeitsentgelt (Art. 4) Koalitions- oder Vereinigungsrecht (Art. 5) Recht auf soziale Sicherheit (Art. 12) Schutzrechte für Wanderarbeiter und ihre Familien (Art. 19) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 47 47

UN-Sozialpakt – Allgemeines verabschiedet 1966 von der Generalversammlung der UN Rechtsnatur = völkerrechtlicher Vertrag (160 Staaten) Ziel und Aufgabe: Förderung und Achtung der im Pakt anerkannten Rechte Ratifizierung in Deutschland 17.12.1973, in Kraft seit 1976 → Rang eines formellen Bundesgesetzes Kontrolle durch den UN-Ausschuss über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (Committee on Economic, Social and Cultural Rights - CESCR) Zusatzprotokoll für die Einrichtung einer Individualbeschwerdemöglichkeit (noch nicht in Kraft) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 48 48

UN-Sozialpakt – Arbeitsschutzrelevante Normen Allgemeines Diskriminierungsverbot (Art. 2 II) Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3) Recht auf Arbeit (Art. 6) Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen (Art. 7) Koalitions- und Streikrecht der Arbeitnehmer (Art. 8) Recht auf soziale Sicherheit einschließlich der Sozialversicherung (Art. 9) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 49 49

International Labour Organisation (ILO/IAO) Die erste (1919) selbstständige Sonderorganisation der UNO, Sitz in Genf Eigene Völkerrechtspersönlichkeit 183 Mitgliedstaaten Deutschland: kein Gründungsstaat, aber 1919 Aufnahme; 1933 Austritt; erneut Mitglied seit 1951; seit 1954 einer der zehn ständigen Sitze im Verwaltungsrat der ILO 82 von 188 Übereinkommen ratifiziert, davon 72 in Kraft - Anteil an der Finanzierung des Haushalts 8,58 % (ca. 25,3 Mio € p.a.) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 50 50

ILO – Ziele und Aufgaben Ziele: Sicherung der Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen aller AN + Weltfrieden durch Ausgleich des sozialen Gefälles (Präambel der ILO-Verfassung) Vier Grundprinzipien für das Handeln der ILO: Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen Beseitigung der Zwangsarbeit Abschaffung der Kinderarbeit Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf Schwerpunkt der Tätigkeit: Formulierung und Durchsetzung angemessener Arbeits- und Sozialstandards © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 51 51

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht ILO – Struktur Internationale Arbeitskonferenz Legislativorgan Verwaltungsrat (56 Vertreter; 10 ständige MS) Exekutivorgan Internationales Arbeitsamt Operative Übereinkommen und Empfehlungen Resolutionen Arbeitsprogramm Budget Umsetzung der Übereinkommen Umsetzung der Beschlüsse der IAK Koordination der ILO- Aktivitäten „Sekretariat“ Dokumentation Forschung Vorbereitung der Konferenzen, Übereinkommen und des Haushalts © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 52 52

Internationale Arbeitskonferenz ILO – Prinzip der Dreigliedrigkeit Internationale Arbeitskonferenz Verwaltungsrat ⇧⇧⇧ 2 Regierungsvertreter ein AN-Vertreter ein AG-Vertreter je Mitgliedstaat © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 53 53

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht ILO – Regelungswerke Verfassung 1919 definiert die grundlegenden Ziele und Aufgaben der ILO Erklärung von Philadelphia 1944 (inzwischen Bestandteil der Verfassung) ILO-Übereinkommen = völkerrechtliche Verträge zwischen ILO-Organen und Staaten ⇨ Adressat = Staat → Ratifizierung + Umsetzung ins nationale Recht unverbindliche Empfehlungen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 54 54

ILO – Die wichtigsten Übereinkommen Nr. 87 Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechtes Nr. 98 Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen Nr. 29, 105 Zwangsarbeit Nr. 111 Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf Nr. 135 Schutz und Erleichterungen für Arbeitnehmervertreter im Betrieb Nr. 138 Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung Nr. 182 Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 55 55

EU: Arbeits- und Sozialpolitik Gleichbehandlung von Frau und Mann in Bezug auf Zulassung zum Beruf, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen Gleichbehandlung sonstiger Gruppen Harmonisierung von nationalen Bestimmungen zum Arbeitnehmerschutz bei Betriebsübergang bei Massenentlassungen bei Insolvenz des AG bei Vertragsschluss bei Arbeitszeitgestaltung bei Arbeitnehmerentsendung © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 56 56

Quellen des EU-Arbeits- und Sozialrechts Primäres Unionsrecht: AUEV EUV Grundrechtecharta Sekundäres Unionsrecht: ca. 20 Verordnungen ca. 100 Richtlinien Der sog. Soziale Dialog (siehe Art. 154, 155 AEUV) Rechtsprechung des EuGH © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 57 57

Die Europäische Grundrechtecharta Recht zur Arbeit, Art. 15 Allgemeiner Gleichheitssatz und Nichtdiskriminierung, Art. 20, 21 Gleichheit von Frauen und Männern, Art. 23 Art. 27-34 Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 58 58

Allgemeine Prüfungsreihenfolge für die Grundfreiheiten des AEUV Fällt der Sachverhalt unter den persönlichen, räumlichen und sachlichen Anwendungsbereich einer Grundfreiheit? 2. Liegt eine Beeinträchtigung der Grundfreiheit vor? 3. Kann die Beeinträchtigung der Grundfreiheit gerechtfertigt werden? 4. Ist die Beeinträchtigung/Ungleichbehandlung verhältnismäßig? © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 59 59

Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 45 ff. AEUV Schutzgehalt Verbot jeglicher Ungleichbehandlungen in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen = Gebot der gemeinschaftlichen Inländergleichbehandlung von „Wanderarbeitnehmern“ AN-Rechte: Recht zur Bewerbung um tatsächlich angebotene Stellen (Art. 45 III a AEUV) Aufenthaltsrecht für Arbeitssuche (Art. 45 III b) Aufenthaltsrecht während der Ausübung der Beschäftigung (Art. 45 III c) Aufenthaltsrecht nach Beendigung der Beschäftigung (Art. 45 III d) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 60 60

Arbeitnehmerfreizügigkeit – Prüfungsschema 1. Persönlicher Schutzbereich a. EU-Bürger (Problem: Familienangehörige) b. Arbeitnehmereigenschaft (s. nächste Folie) 2. Sachlicher Schutzbereich a. grenzüberschreitender Sachverhalt b. geschützte Verhaltensweisen: Einreise, Stellensuche, Aufenthalt, Ausübung der Beschäftigung c. keine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung (Schutzbereichsausnahme) 3. Beeinträchtigung a. Handeln eines Verpflichteten b. Diskriminierung, Behinderung → wie Dassonville + Keck! 4. Rechtfertigung Art. 45 III AEUV + zwingende Gründe des Allgemeinwohls → Cassis-Formel 5. Verhältnismäßigkeit © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 61 61

Drei Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs Europarechtlicher Arbeitnehmerbergriff Drei Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs Der Arbeitnehmer - erbringt Leistungen von einem gewissen wirtschaftlichen Wert für einen anderen, - untersteht dabei dessen Weisungen und - erhält als Gegenleistung eine Vergütung. © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 62 62

Horizontale Wirkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit Grundsatz: keine (horizontale) Wirkung der Grundfreiheiten im Verhältnis zwischen privaten Personen (z.B. Arbeitnehmer-Arbeitgeber). Die Diskriminierungsverbote des AEUV schützen den Begünstigten (z.B. Arbeitnehmer) nur vor Diskriminierung durch den Mitgliedstaat (z.B. durch Gesetz oder Gerichtsurteil), nicht aber vor diskriminierenden Maßnahmen von Privatpersonen (z.B. Arbeitgeber). Ausnahme! EuGH: Art. 45 AEUV = umfassendes Diskriminierungsverbot → Die Arbeitnehmerfreizügigkeit entfaltet unmittelbare Wirkung auf die Rechtsbeziehungen zwischen AG und AN = horizontale Wirkung → Folge: Der AG muss europäische AN ihren inländischen Kollegen gleich behandeln. © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 63 63

Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV 1. Persönlicher Schutzbereich a. EU-Bürger und Gesellschaften mit Sitz in der EU b. Selbständige Tätigkeit (Unterschied zur AN-Freizügigkeit) 2. Sachlicher Schutzbereich a. grenzüberschreitender Sachverhalt b. geschützte Verhaltensweisen: Aufnahme, Ausübung einer dauerhaften selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat c. Ausnahme: keine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung 3. Beeinträchtigung a. Handeln eines Verpflichteten b. Diskriminierung, Behinderung → wie Dassonville + Keck! 4. Rechtfertigung geschriebene + ungeschriebene Gründe → Cassis-Formel 5. Verhältnismäßigkeit © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 64 64

Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV 1. Persönlicher Schutzbereich a. EU-Bürger und Gesellschaften mit Sitz in der EU b. Selbständige Tätigkeit 2. Sachlicher Schutzbereich a. grenzüberschreitender Sachverhalt b. geschützte Verhaltensweisen: Erbringen von Dienstleistungen (Art. 57 AEUV) = selbständige, wirtschaftliche, zeitlich beschränkte (Unterschied zur Niederlassungsfreiheit) Tätigkeit 3. Beeinträchtigung a. Handeln eines Verpflichteten b. Diskriminierung, Behinderung → wie Dassonville + Keck! 4. Rechtfertigung geschriebene + ungeschriebene Gründe → Cassis-Formel 5. Verhältnismäßigkeit © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 65 65

EU-Antidiskriminierungsrichtlinien und AGG AGG als Reaktion auf die Internationalisierung → Vielfalt der Beschäftigten Umsetzung der EU-Richtlinien: RL 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft → Antirassismus-Richtlinie RL 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf → Rahmenrichtlinie Beschäftigung RL 2002/73/EG zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen → Gender-Richtlinie - RL 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 66 66

Geltung der EU-Rechtsakte, Art. 288 AEUV Unmittelbar geltendes EU-Recht → Anwendbarkeit ohne mitgliedstaatliche Umsetzungsakte → Bürger können sich vor Gerichten direkt auf diese Vorschriften berufen. Mittelbar geltendes EU-Recht → Keine direkte Anwendbarkeit → Verpflichtung der Mietgliedstaaten zur Umsetzung ins nationale Recht → Bürger können sich erst nach der Umsetzung auf die nationale Rechtsnormen berufen. Beispiele: - Art. 45, 49, 56 AEUV - Art. 7 IV der Verordnung über soziale Sicherheit der WanderA - insbesondere Richtlinien, z.B. RL zur Förderung der Chancengleichheit der Frauen © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 67 67

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht AGG Ziel des Gesetzes und Benachteiligungsmerkmale (§ 1) Sachlicher (§ 2) und persönlicher (§ 6) Anwendungsbereich Benachteiligungstatbestände (§ 3) Erlaubte unterschiedliche Behandlung (§§ 8-10, 20) Organisationspflichten des AG (§§ 11, 12) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das AGG (§§ 13-16) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 68 68

Prinzip der Entgeltgleichheit Art. 157 AEUV Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts Unmittelbare Anwendung Horizontale Wirkung Folgen des Verstoßes gegen das Prinzip der Entgeltgleichheit: - Nichtigkeit der entsprechenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelung - „Angleichung nach oben“ = diskriminierte Person hat Anspruch auf die bessere Bezahlung der Vergleichsperson © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 69 69

Europäischer Betriebsrat (EBR) Europäische Betriebsverfassung Europäischer Betriebsrat (EBR) Rechtsgrundlagen: RL 94/45/EG über die Errichtung eines EBR + Europäische Betriebsräte-Gesetz (EBRG) v. 28.10.1996 EBR = AN-Vertretung in EU-weit tätigen Unternehmen mit Hauptsitz in D Anwendungsbereich: Unternehmen, die in der EU mindestens 1000 AN beschäftigen, davon in mindestens 2 MS jeweils mindestens 150 AN Aufgaben und Mitwirkungsrechte des EBR: Jährliche Unterrichtung und Anhörung (Geschäftslage, Perspektiven) Unterrichtung und Anhörung bei außergewöhnlichen Umständen Unterrichtung der örtlichen AN-Vertreter © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 70 70

Arbeitnehmer-Entsendegesetz Ziel des Gesetzes (§ 1): Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer + Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen Anwendbarkeit für bestimmte Branchen (§ 3), z.B. Bauwirtschaft, Gebäudereinigung, Briefdienstleistungen, Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken, Abfallwirtschaft Folge der Anwendung des Gesetzes: auf Arbeiten im Inland sind allgemeinverbindliche Tarifverträge der betroffenen Branchen in den Regelungsbereichen Mindestgehalt, Überstundensätze, Dauer des Urlaubs und Urlaubsgeld auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar, die an sich ausländischem Recht unterliegen. © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 71 71

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Block 4 Welthandelsrecht (WTO-Übereinkommen) Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 72 72

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Entstehung der WTO Vor WTO → bilaterale Freundschafts-, Handels und Schifffahrtsverträge (die sog. FCN treaties) GATT 1947 General Agreement on Tariffs and Trade 1964-1967: „Kennedy-Runde“; 1973-1979: „Tokio-Runde“ Uruguay-Runde (1986-1994) - Errichtung der World Trade Organization (WTO) als „Dachorganisation“ für GATT 1994, GATS, TRIPS mit Wirkung zum 1.1.1995 (Art. I sowie Art. VIII.1. WTO-Agreement) - Einführung des Dispute Settlement Body (DSB) - Schlussakte von Marrakesch v. 15.4.1994 © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 73 73

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht WTO-Mitglieder WTO = Völkerrechtssubjekt 153 Mitglieder (D seit 1.1.1995): gemeinsam über 97 % des Welthandels Pflicht der Mitgliedstaaten: Beachtung der WTO-Bestimmungen bei der Ausgestaltung nationaler Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaßnahmen (Art. XVI.4. WTO- Agreement) Europäische Union: seit dem Lissabon-Vertrag (1.12.2009) besitzt die EU Völkerrechtssubjektivität und ist nach Art. 1 Abs. 3 S. 3 EUV Rechtsnachfolgerin der EG und Mitglied der WTO (vertreten durch die EU- Kommission/Kommissar für Handel) auch EU-Mitgliedstaaten = WTO-Mitglieder, aber Art. 4 III EUV (Unionstreue) beachten © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 74 74

Ziele und Aufgabe der WTO Verbesserung des weltweiten Lebensstandards, der Sicherung der Vollbeschäftigung, nachhaltige Entwicklung und optimale Ressourcennutzung durch Abbau von Handelsbeschränkungen und Abschaffung von Diskriminierungen im internationalen Handel (vgl. Präambel WTO-Agreement) Aufgaben (Art. III): - Implementierung der multilateralen Handelsabkommen/des WTO-Rechts (Art. III.1. WTO-Agreement) - Koordinierung der internationalen Handelspolitik (Art. III.2., III.4. und III.5. WTO-Agreement) → Zusammenarbeit mit der Weltbank, dem IWF im Bereich des Welthandels - Streitbeilegung → DSB (Art. III.3. WTO-Agreement) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 75 75

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht WTO-Organe Ministerkonferenz der Wirtschafts- und Handelsminister: höchstes Organ der WTO; tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen (Art. IV.1. WTO-Agreement) → für die Funktionsfähigkeit der WTO verantwortlich Allgemeiner Rat und Fachräte: ständige Gremien aller Mitglieder (Art. IV.2. ff. WTO-Agreement); treten zusammen, wenn dies zweckdienlich ist → Erledigung laufender Geschäfte Sekretariat mit Sitz in Genf (z.Zt. ca. 630 Mitarbeiter), geleitet vom Generaldirektor (derzeit Pascal Lamy): Beratung der Mitgliedsstaaten, des Allgemeinen Rates und der Ministerkonferenz; Analyse der Entwicklung des Welthandels; Vorbereitung und Durchführung von Verhandlungen zwischen den WTO-Mitgliedsstaaten (Art. VII. WTO-Agreement) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 76 76

Überblick über die WTO-Verträge Organisations- und Verfahrensvorschriften: WTO-Übereinkommen DSU (Dispute Settlement Understanding) TPRM (Trade Policy Review Mechanism) Regeln bzgl. Waren: GATT + Zusatzabkommen Dienstleistungen: GATS geistiges Eigentum: TRIPS © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 77 77

GATT 1994 „Hauptpfeiler des WTO-Systems“ Ziele (siehe Präambel): - wesentliche Herabsetzung der Zolltarife - sowie und anderer Handelsschranken - Absicherung und Gestaltung der internationalen Handelsbeziehungen - Beseitigung von Diskriminierungen auf dem Gebiete des internationalen Handels => Optimale Rahmenbedingungen für Investitionen, Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftliche Betätigung © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 78 78

GATT 1994 Die wichtigsten Prinzipien: Meistbegünstigung (Art. I GATT) General Most-Favoured-Nation Treatment Festschreibung sowie kontinuierliche Senkung von Zöllen (Art. II GATT) Inländergleichbehandlung (Art. III GATT) Transparenz (Art. X GATT) Verbot staatlicher Handelsbeschränkungen (Art. XI GATT) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 79 79

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht GATS + TRIPS GATS (grds. neben GATT anwendbar) General Agreement on Trade in Services = GATS. Es regelt grenzüberschreitende Dienstleistungen, insbesondere auch im Banken- und Versicherungssektor. - Meistbegünstigung, Art. II (1) GATS - Inländergleichbehandlung, Art. XVII GATS TRIPS Das Abkommen über den Schutz geistigen Eigentums (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights; TRIPS). Das TRIPS enthält Regeln über den internationalen Schutz von Patenten, Copyrights, Geschmacksmustern etc. - Gleichbehandlungsgrundsatz - Schutz zur Förderung der technischen Innovationen sowie des Technologietransfers © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 80 80

© 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht Besondere Regelungen für einzelne Sektoren Agrarprodukte: Übereinkommen über die Landwirtschaft Textilwaren: Multifaserabkommen (MFA) Übereinkommen über Antidumping Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (TBT) (!) Waren, die für militärische Zwecke bestimmt sind, sind nicht Gegenstand des WTO-Rechts © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 81 81

Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts EuGH-Rechtsprechung (vgl. z.B. EuGH, Rs. C-280/93, „Bananenmarkturteil“) WTO-Verträge begründen keine Rechte, auf die sich einzelne Bürger oder Unternehmen vor nationalen Gerichten (im Unterschied zu den EU- Grundfreiheiten) unmittelbar berufen können. → Rechtsverletzungen können nur von den Mitgliedstaaten über das WTO- Streitschlichtungsverfahren geltend gemacht werden (Mediatisierung). Ausnahmen/mittelbare Wirkung: - Sekundärakt wird eindeutig zur Umsetzung einer im WTO-Vertrag (z.B. GATT) übernommenen Verpflichtung erlassen (Nakajima-Fall) - Akt der EU-Organe verweist ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen des GATT (Fediol IV-Fall) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 82 82

Block 5 Internationales Investitionsschutzrecht Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 83 83

Auslandsinvestitionen Transfer von Geldern, Material und Personal von einem Staat in einen anderen Staat (Gastland) zugunsten eines im Gastland tätigen Unternehmens, wobei die Gegenleistung in einer direkten oder indirekten Beteiligung an den Einnahmen des betreffenden Unternehmens besteht. Abgrenzungsschwierigkeiten: Direktinvestitionen ↔ Portfolioinvestitionen Auslandsinvestition ↔ Eigentum (im Ausland) Auslandsinvestition ↔ Außenhandel © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 84 84

Internationaler Investitionsschutz – Rechtssubjekte Heimatstaat Gaststaat völkerrechtliche Verträge (z.B. ISV) Investition Personalhoheit Fremdenrecht Diplomatischer Schutz Territorialitätsprinzip Vertragliche Beziehungen Investor Allgemeine Grundsätze des neuen Rechts Überweisung Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten Lastschrift SEPA-Basislastschriftverfahren Kreditkartenzahlung Rückbuchung im Telefon- und Mailorderverfahren © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 85 85

Rechtsrahmen für Auslandsinvestitionen Nationale (Investitions-)Gesetze des Gaststaates ↳ z.B. das Föderale Gesetz „Über ausländische Investitionen in der RF“ Völkergewohnheitsrecht ↳ fremdenrechtliche Mindeststandards Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte (EMRK) ↳ Art. 6, 11, 13, 14, Art. 1 Zusatzprotokoll 1 + Art. 34 (Individualbeschwerde) Investor-Staat-Vertrag ↳ Vereinbarung eines an das konkrete Investitionsprojekt angepassten Rechtsrahmens Investitionsschutzvertrag ↳ eigene materielle und prozessuale Rechtspositionen des Investors © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 86 86

Beispiel: Deutsch-sowjetischer Investitionsförderungsvertrag Völkerrechtlicher Vertrag zwischen der UdSSR (Nachfolge = Russische Föderation) und der BRD, 13.06.1989/in Kraft 5.08.1991 Schutzgehalt: - Meistbegünstigung (Art. 3 I, II) - gerechte und billige Behandlung (Art. 2) - besonderes Diskriminierungsverbot für gemeinsame Unternehmen (Art. 3 IV) - Abschirmungsklausel (Art. 7) - Transfergarantie (Art. 5) Direktes Klagerecht des Investors gegen den Gaststaat vor den Internationalen Schiedsgerichten (Art. 10) → Ausnahme vom Grundsatz der Mediatisierung ↳ = „völkerrechtlicher Vertrag zu Gunsten Privater“ (║ § 328 BGB) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 87 87

Beilegung von Investitionsstreitigkeiten Innerstaatlicher Rechtsweg im Gaststaat Diplomatischer Schutz Investitionsschiedsgerichtsbarkeit a. Gaststaat ↔ Heimatstaat b. Gaststaat ↔ Investor Beispiele für Internationale Schiedsgerichte: - ICSID (International Centre for Settlement of Investment Disputes) - SCC (Handelskammer in Stockholm) - MKAC (Internationales Handelsschiedsgericht bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation in Moskau) © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 88 88

Internationales Recht Viel Spaß beim Lernen! Viel Erfolg! © 2011 Natalia Bitter – Internationales Recht 89 89