Die Zukunft der Erbringung sozialer Dienstleistungen im Binnenmarkt

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 Präsentation transkript:

Die Zukunft der Erbringung sozialer Dienstleistungen im Binnenmarkt Michael Müller – Juristischer Referent Hauptvertretung Brüssel, Deutscher Caritasverband e. V. Bad Honnef, 14.11.2008

Europäisches Beihilferecht und Erbringung sozialer Dienstleistungen in Deutschland

EU-Beihilferecht und Sozialdienstleistungen Förderungen fallen grundsätzlich unter das Beihilfeverbot des Art. 87 Abs. 1 EG soweit keine Freistellung vorliegt Ausnahme De-Minimis-Verordnung für Beihilfen von unter 200.000 € in drei Jahren Freistellung über sog. Monti-Entscheidung möglich, diese konkretisiert Art. 86 Abs. 2 EG, der für DAWI Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht vorsieht

Monti-Entscheidung Entscheidung der EU-Kommission vom 28.11.2005 Baut auf Altmark-Trans-Urteil des EuGH auf Inhalt: Staatliche Beihilfen für DL von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse sind mit dem gemeinsamen Markt vereinbar, wenn bestimmte Kriterien erfüllt dann Freistellung von der grundsätzlichen Notifizierungspflicht Kommission reagiert nur auf Beschwerden von Wettbewerbern

Monti-Kriterien (1) vorgelagerte Bedingungen für die Anwendbarkeit der Entscheidung: Unternehmen mit Jahresumsatz < 100 Mio. € und jährliche Ausgleichszahlung < 30 Mio. € Diese Grenzen gelten nicht für: Betreiben von Krankenhäusern Tätigkeiten im sozialen Wohnungsbau

Monti-Kriterien (2) Unternehmen ist mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut; Art und Dauer der Verpflichtungen, Form des Rechtsaktes von Nationalstaaten frei wählbar Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden Ausgleich geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um die Kosten der Gemeinwohlverpflichtung ganz oder teilweise zu decken (angemessene, branchenübliche Rendite ist dabei erlaubt)

Aktuelle Entwicklungen Intention der EU-Kommission: „gefühlte Rechtsunsicherheiten“ bezüglich der Anwendung des EU-Beihilferechts auf die sozialen Dienstleistungen soll vermindert werden. Regeln nicht ändern, „status quo“ nur besser erklären: 2006: Mitteilung und Konsultation 2007: Erneute Mitteilung: FAQ-Dokument Interaktiver Informationsservice im Internet Umsetzungsberichte der Mitgliedstaaten

Beschwerdeverfahren – „AWO Sano“ Beschwerde eines privaten Hoteliers an die EU-Kommission vom 10.5.2004: gemeinnützige Institutionen wie die AWO SANO gGmbH erhalten im Beherbergungsgewerbe den Wettbewerb verzerrende Subventionen; dieses Privileg erhalten deutsche und ausländische Gewerbebetriebe in Deutschland nicht Investitionszuschüsse, Steuervergünstigungen, Einsatz von Zivis und Berechtigung Spenden entgegen zu nehmen, werden als Privilegien aufgeführt

Antwort der EU-Kommission vom 20.2.2008 (1) Tatbestand des Art. 87 Abs.1 EG-Vertrag gegeben: Familienferienstätte ist ein Unternehmen Familienferienstätte hat Begünstigungen erhalten, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte Wettbewerbsverfälschung im Bereich des Familienurlaubs liegt damit vor innergemeinschaftlicher Handel wird beeinträchtigt

Antwort der EU-Kommission vom 20.2.2008 (2) trotzdem mit gemeinsamen Markt vereinbar, wenn Monti-Kriterien erfüllt sind Unternehmen erhält jährlich eine Ausgleichszahlung von weniger als 30 Mio. Euro Betrauungsakt: § 16 SGB VIII: Öffentlicher Auftrag zur Förderung der Erziehung in der Familie, sehr allgemein gehalten, deshalb: Erarbeitung eines Kataloges gemeinwohlorientierter Leistungen gemeinnütziger Familienferienstätten

Antwort der EU-Kommission vom 20.2.2008 (3) Objektive und transparente Parameter für Ausgleich Zuwendungsbescheide weisen die konkreten zuwendungsfähigen Investitionskosten aus. Umfang der Förderung wurde ex ante eindeutig bestimmt. keine Überkompensation: in den Jahren 2002 bis 2006 sind in jedem Jahr Verluste in unterschiedlicher Höhe angefallen trotz der staatlichen Investitionszuschüsse. Gesamturteil: Damit sind die Zuschüsse zu den Investitionskosten mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Beschwerde abgelehnt!

Konsequenzen aus „AWO Sano“ Über Monti-Entscheidung und De-Minimis-VO erhalten SDAI gewissen Schutz KOM beabsichtigt nicht Gemeinnützigkeit im Grundsatz als Beihilfetatbestand zu überprüfen Offene Fragen: Kosten, die sich aus der Werteorientierung ergeben Steuererleichterungen aufgrund der Gemeinnützigkeit => wir bemühen uns um eine Anpassung der Monti-Entscheidung

Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Vergaberecht und die Erbringung sozialer Dienstleistungen in Deutschland

Vergaberecht: Europäische Vorgaben Nationale Vergaberechtssysteme europäisch geprägt Zweck: Sicherung eines transparenten grenzüberschreitenden Wettbewerbs; Durchsetzung der Grundfreiheiten des Binnenmarktes Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG regelt das materielle Verfahren – enthält Ausnahmevorschriften für soziale Dienstleistungen Bzgl. Anwendungsbereich Abgrenzung notwendig: Dienstleistungsauftrag bzw. Dienstleistungskonzession

Einfluss des Vergaberechts FAQ-Dokument der KOM zur Anwendung des Vergaberechts auf SDAI: Ausschreibungen können soziale Kriterien enthalten Soweit gesetzlich geregelt und verhältnismäßig ist Begrenzung auf nicht-gewinnorientierte Anbieter zulässig Kenntnis des lokalen Kontext kann vom Bieter verlangt werden Trägervielfalt kann erhalten bleiben, indem Ausschreibender mehrere Bieter zulässt

Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis System ist nichtdiskriminierend transparent, und kompatibel mit den Binnenmarktvorschriften Jeder Anbieter der gewisse Standards einhält wird zugelassen Es wird ein Wettbewerb (nicht ausschließlich um den günstigsten Preis) gefördert, der den Nutzern zu Gute kommt Subjektbezogen; Wunsch-/Wahlrecht des Nutzers steht im Vordergrund

EU Pläne zu Konzessionen (1) Auch bei Konzessionsvergabe sind allg. Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zu beachten (Nichtdiskriminierung, Transparenz, Gleichbehandlung) Derzeit: Pläne der KOM bei der Vergabe von Konzessionen Grundsätze des Vergaberechts zur Anwendung zu bringen Unsere Befürchtung: Beeinträchtigung der Trägervielfalt

EU Pläne zu Konzessionen (2) Unser Vorschlag: EU-Regelung nur für Konzessionen die exklusiv erteilt werden In den bisherigen Überlegungen der Kommission ist dies nicht der Fall Wegen des allgemeinen Zulassungsanspruches im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis wäre dieses bei einer Beschränkung auf exklusive Konzessionen nicht erfasst