Dritter Rechtsbehelf bei Pflichtverletzung -Teil 1-

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Dritter Rechtsbehelf bei Pflichtverletzung -Teil 1- Schadensersatz Dritter Rechtsbehelf bei Pflichtverletzung -Teil 1-

Überblick, Systematik Im BGB nicht einheitlich geregelt Grundnorm allerdings § 280 I Schuldhafte Verletzung einer Rechtspflicht begründet SE-Anspruch Aber zusätzliche Anforderungen: Verzögerungsschäden neben der Leistung -> § 286 „Normaler“ SE statt der Leistung nach § 281 -> insbes. Nachfristerfordernis, ähnl. wie beim Rücktritt SE statt der Leistung wegen Schutzpflichtverletzung, § 282 -> Parallelnorm zu § 324 SE statt der Leistung bei Unmöglichkeit -> Achtung, Besonderheit!!! In § 275 werden die anfänglich und die nachträgliche Unmöglichkeit gleichbehandelt Hier nicht: §§ 280 I, III, 281, 283 für nachträgliche Unmöglichkeit § 311a II als lex specialis für die anfängliche Unmöglichkeit Wichtig vor allem bei von vornherein unbehebbaren Mängeln -> anfängliche Teilunmöglichkeit, § 311a II geht vor.

Grundunterscheidung: Neben der Leistung/Statt der Leistung Wichtigste Weichenstellung beim Herangehen an den SE-Anspruch Bei SE neben der Leistung: Entweder § 280 I „pur“ Oder § 280 I, II, 286 -> Verzögerungsschaden neben der Leistung Wichtig: Auch § 286 ist ein SE neben der Leistung Lässt also Leistungsanspruch unberührt Bei SE statt der Leistung: Spät- oder Schlechtleistung §§ 280 I, III, 281 Besonderheit Schutzpflicht: §§ 280 I, III, 282 Besonderheit Unmöglichkeit: §§ 280 I, III, 283 oder § 311a II (als separate Agl)

Abgrenzung „Zauberformel“: Hätte der Schaden durch Nacherfüllung vermieden werden können? Antwort ja: SE statt der Leistung Nacherfüllung hier sinnvoll Schutz des Rechts der zweiten Andienung Gläubiger soll Nachteil erleiden, wenn er sinnvolle Nacherfüllung nicht verlangt. Antwort nein: SE neben der Leistung Nacherfüllung sinnlos Schaden endgültig eingetreten

Abgrenzung Wichtig: Für jede Schadensposition getrennt prüfen Gläubiger kann aus einer Pflichtverletzung mehrere Schäden erleiden, Beispiel: S liefert B schuldhaft eine defekte Waschmaschine, die bei Benutzung in Flammen aufgeht Dadurch wird das Gerät zerstört Schaden: Kaufpreis nutzlos gezahlt Kann das durch Nacherfüllung behoben werden? Grundsätzlich ja, Lieferung einer neuen, fehlerfreien Maschine SE statt der Leistung in Bezug auf die Waschmaschine Infolge des Feuers ist das Bad renovierungsbedürftig Nein, Lieferung einer neunen Maschine beseitigt diese Schäden nicht SE neben der Leistung in Bezug auf die Schäden am Bad

Zeitproblem bei der Spätleistung A hat zum 1.7. eine neue Einbauküche zum Preis von 30.000 € bestellt, diese soll aus Verschulden des Lieferanten L trotz angemessener Nachfristsetzung auf den 1.8. erst am 1.9. geliefert werden. A kauft sich im Laufe des August eine Küche für 33.000 € und verweigert am 1.9. die Abnahme. Die Ersatzküche wird am 1.10. geliefert. In der Zwischenzeit (1.7. bis 1.10) geht A jeden Tag ins Restaurant, dadurch entstehen Mehrkosten von 2.700 €. 2 Schadenspositionen Mehraufwand Verpflegung Deckungskauf Was ist was?

Problem dabei: Auf welche Zeitpunkt ist abzustellen, wenn es um die Beseitigung des Schadens durch Nacherfüllung geht? Ausbleiben der Leistung? Ablauf der Nachfrist? Endgültiges Scheitern des Vertrages durch Rücktrittserklärung/SE-Verlangen (§ 281 IV)? Wichtig für Nutzungsausfall/Betriebsausfallschaden Deckungskauf Siehe dazu BGH NJW 2013, 2959: Deckungskauf Siehe auch: http://lorenz.userweb.mwn.de/person/la_leenen.pdf

Zeitproblem Klar ist: Alle Schäden, die nach endgültigem Scheitern des Vertrages zusätzlich eintreten, sind Schäden statt der Leistung Auch wenn sie vorher möglicherweise Verzögerungsschäden waren zB Nutzungsausfall bei KfZ, Betriebsausfall, Deckungskauf nach Unmöglichkeit/Rücktritt/SE-Verlangen Endgültiges Scheitern = Eintritt von Unmöglichkeit oder Rücktrittserklärung oder SE-verlangen nach § 281 IV. Fall: Lokalbesuch nach dem 1.9. ist SE statt der Leistung! Behandlung der Termine davor str: Ist Verzögerungsschaden und bleibt es (Aufteilung der SE-Positionen nach Zeitablauf) Wird nachträglich umqualifiziert, wenn Vertrag scheitert

Der richtige Zeitpunkt Vorverlagerung auf Zeitpunkt 2 (Ablauf der Nachfrist) sinnvoll: Schuldner verliert jetzt das Recht zur 2. Andienung Gläubiger kann zurückweisen Speziell beim Deckungskauf: Gläubiger kann Schaden nicht berechnen, bevor er Deckungskauf getätigt hat Müsste Erfüllungsanspruch aufgeben, ehe er weiß, ob Deckungskauf gelingt SE statt der Leistung schon ab 1.8. einschlägig

Der richtige Zeitpunkt Schäden vor Fristablauf: An sich Verzögerungsschäden, da Nacherfüllung ja noch möglich Insofern auch Deckungskauf Verzögerungsschaden Ersatzpflicht richtet sich hier nach § 286 Da fester Termin vereinbart (1.7.), Mahnung entbehrlich Ersatzpflicht an sich (+), aber Schadensminderungspflicht, § 254 II, in Bezug auf Restaurantkosten In Bezug auf vorzeitige Ersatzbeschaffung Kausalität fraglich L haftet nur für die von ihm verursachten Schäden Vorzeitige Ersatzbeschaffung war autonome Entscheidung des A Anwendung der Verfolger-Rechtsprechung Vorzeitige Ersatzbeschaffung zulässig, wenn günstiger als Abwarten Schaden aus Deckungskauf < Ausfallschaden beim Abwarten.

Der SE neben der Leistung Voraussetzungen § 280 I, nochmals: Schuldverhältnis Vorvertragliches genügt (§ 311 III) Gesetzliches kann genügen, wenn es schon vor der Pflichtverletzung bestand Pflichtverletzung Problem: Handlungs- oder Erfolgsbezogen? Vertreten müssen § 276 bei Eigenhandeln Auf Modifikationen des Maßstabs achten, zB § 300, Garantieabrede Prozessuale Vermutung in § 280 I 2 Gilt nicht im Arbeitsrecht, § 518 Achtung: In der Klausur auf Umstände achten, aus denen sich fehlendes Verschulden ergibt Anwendung der Vermutung dann fehlerhaft § 278 für die Gehilfen Kausaler Schaden

Fallgruppen Verletzung von Schutz- und Nebenpflichten RGZ 78, 239 Linoleumrolle (vorvertragliche Haftung) Beschädigung von sonstigen Rechtsgütern des Gläubigers bei Durchführung von Kauf-, Werk- Dienstverträgen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, zB im Arbeitsvertrag (Fall Lopez) Schlechtleistung: Mangelfolgeschäden, s.o. Beispiel der bandgefährlichen Waschmaschine, RGZ 66, 289: Rizinus-Fall Problem: Weiterfresser-Fall Funktional begrenzter Defekt beschädigt die Kaufsache selbst BGH Schwimmschalter, BGHZ 67, 359 Näher dazu im Kaufrecht Entgangener Gewinn Regelmäßig kein § 280 I, sondern § 280 III, 281 -> Könnte durch Nacherfüllung behoben werden Anders, wenn „einmalige Chance“, dann endgültig eingetreten Dann aber Verzögerung ursächlich, §§ 280 II, 286 (BGH WM 2001, 2012)

Fallgruppen Nutzungsausfallschaden bei mangelhafter Sache Zeitraum bis zur erfolgreichen Nacherfüllung Zur Erinnerung: Bei Eintritt der Rücktrittsvoraussetzung und danach immer § 281 Davor sicher SE neben der Leistung (kein § 281) Problem aber: § 280 I oder 280 II, 286? Arg. für § 286: Schlechte Lieferung ist immer auch verspätete fehlerfreie Lieferung aA BGH: Schlechtleistung ist gefährlicher als Nichtleistung Zudem schlechter zu bemerken Daher § 280 I „pur“

Fallgruppen: Unmöglichkeit: Bei Nichtleistung trotz Möglichkeit liegt § 286 vor, verdrängt § 280 I Bei Unmöglichkeit ist Leistung nach § 275 I ausgeschlossen bzw nach § 275 II und III nicht durchsetzbar SE statt der Leistung aus § 283 oder § 311a Gilt auch bei unbehebbar mangelhafter Leistung (Teilunmöglichkeit) Gesamt-SE Frage des Interessenwegfalls, § 283 iVm § 281 I 2 Folge- oder Begleitschäden an anderen Rechtsgütern bleiben aber bei § 280 I (str.) Verzögerungsschäden nur bis zum Eintritt der Unmöglichkeit, s.o.