Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie nach Carl R. Rogers Psychologische Gesprächsführung & Intervention, Dr. Esther Biedert Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie nach Carl R. Rogers Anina Hagi, Nikoletta Rady, Julia Rittiner 12.11.2018
Ablauf Carl R. Rogers Entwicklung der personenzentrierten Gesprächspsychotherapie Anwendungsbereiche Einstellung und Orientierung des Beraters Die therapeutische Beziehung, wie sie der Klient erfährt Der Prozess der Therapie Video Diskussion
Carl R. Rogers Lebenslauf Rogers (1961, dt. 202018) Geboren 1902, USA Kindheit – Elternhaus Studium Agrarwissenschaft, dann Theologie Studium Psychologie 1940 – Professor an der Ohio State University
Carl R. Rogers Lebenslauf 1942 – Veröffentlichung seines 1. Buches: Die nicht-direktive Beratung Seine Ansicht wurde zuerst stark kritisiert Anerkennung Berufsverband Amerikanischer Psychologen (APA) Ehrendoktor an mehreren Universitäten Kurz vor seinem Tod (1987) für Friedensnobelpreis vorgeschlagen
Carl R. Rogers Die Entstehung seiner Theorie «Therapie ist die Erfahrung, in der ich mich subjektiv geben kann. Forschung ist eine Form bei der ich versuche, diese subjektive Erfahrung mit Objektivität zu betrachten... und mit wissenschaftlichen Methoden festzustellen, ob ich mich selbst betrogen habe.» (Rogers, 1961, dt. 202018, S. 30.)
Entwicklung der Personenzentrierten Gesprächspsychotherapie Nicht-direktive Phase www.carlrogers.de In den 40ern Patient → Klient Wärme, Anteilnahme und Akzeptanz Störung → Defizit an Bewusstsein Situation wird gemeinsam erlebt
Entwicklung der Personenzentrierten Gesprächspsychotherapie Klientenzentrierte Phase Gefühlsverbalisierende Phase Bis zu 60er Mittelpunkt: Klient und sein Potenzial Therapeut fasst Gefühle in Worte Elemente der Therapie: Kongruenz, Empathie, Wertschätzung und bedingungsfreies Akzeptieren
Entwicklung der Personenzentrierten Gesprächspsychotherapie Personenzentrierte Phase Phase der Erlebniszentrierung Ab 60er Jahren Klient → intensiven Kontakt zu sich selbst Therapeut darf Gefühle zeigen Mittelpunkt: Erleben der Beziehung
Anwendungsbereiche der Gesprächspsychotherapie In der Schweiz www.pca-acp.ch Psychotherapie Psychologie Medizin Pädagogik Sozialarbeit Gruppenleitung Personalwesen Beratung
Einstellung und Orientierung des Beraters Allgemein Rogers (1951, dt. 202016) Wenn klientenzentrierte Therapie = Einstellung ⟹ Erfolg Wenn klientenzentrierte Therapie = Methode ⟹ Misserfolg
Einstellung und Orientierung des Beraters Philosophische Orientierung des Beraters Philosophie und Wissenschaft als Einheit Rogers als wichtiger Vertreter der humanistischen Psychologie Fokus auf Wachstumspotential und nicht auf Schwächen Selbstverwirklichung als zentraler Wert Philosophie des Beraters bestimmt Erfolg Philosophische Grundwerte: Empathie – Echtheit – Akzeptanz
Einstellung und Orientierung des Beraters Voraussetzungen der klientenzentrierten Therapie Konsequente Anwendung Volle Verantwortung des Klienten und konstruktiver Gebrauch davon
Einstellung und Orientierung des Beraters Fehlannahme bezüglich der Rolle des Beraters Nicht-direktiv ≠ passiv, laissez-faire Wirkung von passiver Haltung des Beraters Signalisiert fehlendes Interesse Statt Akzeptanz → Indifferenz Kein Gefühl von Wertschätzung Frustriertes Aufgeben ⟹ Betonung: «Sie ärgern sich über die Kritik ihrer Mutter»
Einstellung und Orientierung des Beraters Empathie Berater fühlt sich in die Welt des Klienten ein Perspektivenübernahme Distanz überwinden Erfordert aktive Aufmerksamkeit Berater diagnostiziert nicht
Einstellung und Orientierung des Beraters Empathie Schwierigkeit Perspektivenwechsel aufrechterhalten innerhalb der Therapie und zwischen Sitzungen Lösung Üben Genügend Zeit für Sitzungen
Einstellung und Orientierung des Beraters Echtheit Berater verstellt sich nicht Transparenz ermöglicht Vertrauen Keine Hierarchie zwischen Klient und Berater Echte Beziehung ist zentral
Einstellung und Orientierung des Beraters Akzeptanz Bedingungslose Akzeptanz Kein Urteilen Klient übernimmt akzeptierende Haltung des Beraters Akzeptanz ≠ gleicher Meinung sein
Einstellung und Orientierung des Beraters Schwierigkeiten des Beraters und Lösung Schwierigkeiten Priming-Effekt Probleme und Einstellungen des Beraters (Beispiel: Abtreibung) Lösung Keine Wertung zulassen Einstellung des Beraters: unwichtig Nur Einstellung der Klientin wichtig Perspektivenübernahme Berater wird zu zweitem «Ich» des Klienten
Einstellung und Orientierung des Beraters Stellungnahme von Carl Rogers Grenzfälle anhand des Beispiels der Suizidalität Gemäss Rogers: bei Verneinung der Frage → Wirksamkeit fraglich Diskussion
Einstellung und Orientierung des Beraters Konstruktive Richtung der Therapie Wenn Berater: An Stärke und Fähigkeit des Klienten zu konstruktivem Handeln glaubt Einverstanden ist, dass jede Möglichkeit gewählt werden kann ⟹ wird der Klient immer konstruktiv entscheiden und handeln
Die therapeutische Beziehung, wie sie der Klient erfährt Im Bezug zum Berater Rogers (1951, dt. 202016) Erwartung Wahrnehmung stark geprägt durch Erwartung Meist ambivalente, ängstliche Gefühle gegenüber der Therapie Die Erfahrung von Berater-Einstellungen und –Methoden Gefühl, dass der Therapeut interessiert ist Therapie ist oft Rückzugsort
Die therapeutische Beziehung, wie sie der Klient erfährt Erfahrungen beim Klienten Erfahren von Verantwortung Erfahrung der Exploration Entdeckung geleugneter Einstellungen Erfahrung der Reorganisation des Selbst Erfahrung des Fortschritts Erfahrung des Abschlusses
Der Prozess der Therapie Der Anfang Rogers (1951, dt. 202016) Sprechthema Anfang Therapie: Problem Exploration von Gefühlen und Einstellungen in Bezug auf Problem schafft mehr Selbstverstehen durch Erforschung des Selbst Selbstkonzept: Wahrnehmungen von Charakter, Fähigkeiten, sozialem Umfeld, Werten, Zielen und Idealen. Frage: «Was für eine Person bin ich?»
Der Prozess der Therapie Veränderung in der Wahrnehmung Weniger Verallgemeinerungen Klient sieht sich nicht mehr als schwarz/weiss, eher eine Kollektion von Grautönen Diese differenzierte Person ist leichter zu akzeptieren
Der Prozess der Therapie Entwicklung des Wertungsprozesses Anfang Therapie: Klient beurteilt sich mit Massstäben von Anderen Wiederholung seiner Gefühle bestätigt Akzeptanz seiner Wertbestimmung Werturteile werden auf eigene Erfahrungen neu basiert Ort der Wertbestimmung immer beim Klienten
Der Prozess der Therapie Entwicklung in der Beziehung Verständnisvolle, akzeptierende Einstellung des Beraters wird für sich selbst eingenommen Klient fühlt sich nicht mehr bedroht “Negative“ Kennzeichen der Persönlichkeit fallen Stück für Stück ab Neue Selbstorganisation Emotionale Beziehung wichtiger als Wörter
Der Prozess der Therapie Veränderung im Verhalten Klient merkt: Selbst-Elemente sind Aspekte der Situation, die er potenziell kontrollieren kann ⟹ Änderung im Verhalten Mehr Kongruenz zwischen Selbst und idealem Selbst ⟹ reduzierte innere Spannungen Verhalten verändert sich zusammen mit dem Selbst
Der Prozess der Therapie Diagnose Der Berater diagnostiziert nicht ⟹ Prozess beim Klienten Problemgebiete werden in dem Tempo erforscht, welches dem Klienten angenehm ist Berater gibt die Bedingungen dazu und akzeptiert die Erfahrungen
Der Prozess der Therapie Bedingungen Echtes Interesse zeigen ⟹ beim Klienten bessere Selbsterforschung Akzeptanz ⟹ neu entdeckte Aspekte des Selbst besser akzeptiert Atmosphäre der Akzeptanz, des Respekts und Verstehens ideal für persönliches Wachstum, nicht nur bei Therapie/Beratung
Der Prozess der Therapie Beobachtbare Veränderungen Vereinheitlichung und Integration der Persönlichkeit geringere Tendenz zu psychischen Störungen Verminderung der Angst bessere Akzeptanz des Selbst und der Emotionalität als Teil des Selbst mehr Objektivität zur Realität besserer Umgang mit Stresssituationen konstruktivere Gefühle und Einstellungen leistungsfähigeres intellektuelles Funktionieren
Schlusswort Carl R. Rogers «Jeder Mensch ist ... eine Insel für sich, und er kann erst dann Brücken zu anderen Inseln bauen, wenn er zuallererst gewillt ist, er selbst zu sein... Wenn ich also einen anderen Menschen, genauer: die Gefühle, Einstellungen und Glaubensinhalte, die er als Teil seines Selbst hat, akzeptieren kann, dann helfe ich ihm, ein Mensch zu werden.» (Rogers, 1961, deutsch 202018, S. 37.)
Diskussion Fragen? Suizidalität – Grenzen: Darf der Berater jede Handlungsmöglichkeit des Klienten akzeptieren?
Referenzen Die Entwicklung der Personenzentrierten Gesprächstherapie. (o. J.). Abgerufen 30. Oktober 2018, von https://www.carlrogers.de/entwicklung-personenzentrierte-gespraechstherapie.html Einführung. (o. J.). Abgerufen 30. Oktober 2018, von https://www.pca-acp.ch/de/Personzentrierter- Ansatz/Einfuehrung.35.html Rogers, C.R. (1942, dt. 1972, 152018). Die nicht-direktive Beratung. München: Kindler. Rogers, C. R. (1951, dt. 1972, 202016). Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie: Client-centered therapy. München: Kindler. Rogers, C. R. (1961, dt. 1973, 212018). Entwicklung der Persönlichkeit: Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. Stuttgart: Klett-Cotta. Weinberger, S. (2013). Klientenzentrierte Gesprächsführung: Lern und Praxisanleitung für psychosoziale Berufe. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.