Thomas Hensel (Diplom-Psychologe) Kinder Trauma Institut

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Thomas Hensel (Diplom-Psychologe) Kinder Trauma Institut
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 Präsentation transkript:

Thomas Hensel (Diplom-Psychologe) Kinder Trauma Institut Traumazentrierte Behandlung von Jugendlichen mit Störung des Sozialverhaltens – das MASTR-Manual(Greenwald, 2004, 2009) Thomas Hensel (Diplom-Psychologe) Kinder Trauma Institut

Störung des Sozialverhaltens Häufigster Vorstellungsanlass in der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie Aufgrund der Komplexität sehr schwierig zu behandeln Sehr heterogenes Erscheinungsbild Kostenträchtigste Störung

Epidemiologie und Verlauf Prävalenz bis zu 8 % Kaum kulturelle Unterschiede Geschlechtsspezifische Entwicklungsverläufe 4 Faktoren begünstigen die Stabilität Früher Störungsbeginn Hohe Frequenz und Intensität Große Vielfalt unterschiedlicher Verhaltensweisen Vielzahl betroffener Bereiche

Verlaufsmodell(Moffitt 93) Life coursepersistent Earlystarter (Beginn aggressiven Verhaltens im Vorschulalter) Schwieriges, impulsives Temperament (Hyperaktivität) Ungünstige Eltern-Kind-Interaktion (erpresserisch-eskalierende) Psychosozial hoch belastete Familien Adolescence-limited Beginn im Jugendalter Bleibt auf das Jugendalter beschränkt

Trauma und Störung des Sozialverhalten 60-80% der Jugendlichen mit der Diagnose Störung des Sozialverhaltens haben bedeutsame traumatische Kindheitserfahrungen (Gewalt, Verluste,...) Die Symptomatik von Störungen des Sozialverhalten und die Folgen traumatischer Erfahrungen zeigen eine übereinstimmende Phänomenologie.

Die Täter !? Sexualstraftäter zeigen 66-77% erhöhte Dissoziationswerte (bei 563 Mördern 31-40% dissoziative Amnesie) Studie (Dudek et al., 2007): Dissoziation währende einer Straftat ist häufig (74%); gilt gilt sowohl für Gewalt- wie Sexualdelikte) Täter dissoziieren zur Stressregulation

Trauma und Störung des Sozialverhaltens These Traumatische Erfahrungen spielen eine Schlüsselrolle, um die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Störungen des Sozialverhaltens zu verstehen.

Die Kinder bekamen im Durchschnitt 2,8 verschiedene Diagnosen Ackermann - Studie (1998) 1 Welche Diagnosen erhalten Kinder mit Misshandlung und sexuellem Missbrauch ? Die Kinder bekamen im Durchschnitt 2,8 verschiedene Diagnosen Trennungsangst/Überängstlichkeit 59 % Störung des Sozialverhaltens/ Oppositionelles Verhalten 57 % Phobien 36 % PTBS ADHS 29 % © Kinder Trauma Institut

© Kinder Trauma Institut Ackermann - Studie (1998) 2 Welche Diagnosen erhalten Kinder mit Misshandlung und sexuellem Missbrauch ? Jungen Mädchen Störungen des Sozialverhaltens 67 % Trennungsangst/ Überängstlichkeit 79 % ADHS Phobien 58 % Oppositionelles Verhalten 64 % PTBS 53 % Trennungsangst 59 % 47 % © Kinder Trauma Institut

Das alte Denken am Beispiel „Störung des Sozialverhaltens“

Das neue Denken am Beispiel „Störung des Sozialverhaltens“

Störungen des Sozialverhaltens eine Traumafolgestörung ? Störung des Sozialverhaltens Komplextraumatisierung (Developmental Trauma Disorder) Mangelnde Affekttoleranz und -regulation (Dysfunktionaler Umgang mit Ärger) Impulsives Verhalten (als Ausdruck hoher Reaktivität auf traumabedingte Auslöser) Versuche autonomer Stressregulierung (Substanzmissbrauch, Risikoverhalten, Promiskuität) Verzerrte Wahrnehmung i. S. einer generalisierten Attribuierung von Feindseligkeit (Bedrohungsgefühl) Dysfunktionales Weltbild (Fehlende Zukunftsperspektive, Hoffnungslosigkeit) © Kinder Trauma Institut

Psychotherapie bei aggressiv-dissozialem Verhalten Modifikation der Eltern-Kind-Interaktion Elterntrainings (im natürlichen Umfeld) Video-Interaktionstraining Familientherapie Psychoedukation Aufbau sozial-kognitiver Kompetenzen beim Kind/Jugendlichen Kognitive Problemlösetrainings Neue Lösungen für zwischenmenschliche Konflikte lernen Konsequenzen eigener Handlungen besser abschätzen Gefühle und Intentionen anderer besser erkennen (Empathie) Pharmakotherapie Bei hoher Impulsivität (Methylphenidat, Neuroleptika (Carbamazepin))

Stressorbasiertes Verstehensmodell Aktivierung der Selbstheilungskräfte

© Kinder Trauma Institut EMDR Versus CBT forChildrenWithSelf-Esteem and Behavioral Problems: A RandomizedControlled Trial Wanders, Serra, de Jongh, Journal of EMDR Practice and Research, Volume 2, Number 3, 2008 26 Kinder (8-13 J) mit ausagierendem Verhalten 1. Schritt: Auswahl des Behandlungsparadigmas Geringer Selbstwert ist ein zentraler Prädiktor für aggressives Verhalten 2.Schritt: Gruppenvergleich 3 Sitzungen EMDR versuskognitiv- behaviorale Therapie Ergebnisse Beide Ansätze sind effektiv In der 6 Monats-Katamnese ist EMDR signifikant effektiver in der Verminderung von aggressivem Verhalten © Kinder Trauma Institut

MASTR-Manual für Jugendliche mit Störung des Sozialverhaltens 12-16 Sitzungen (wöchentlich); Einzeltherapie zusätzlich zu bestehenden Angeboten

Motivationsphase (3-4 Sitzungen) Erstkontakt gestalten (Rapport) Art, Absicht und Ziele der Behandlung erklären Regeln vereinbaren (Vertrauen, Verantwortung, Entscheidungsfreiheit) ACHTUNG: Das WIE beachten: Ressourcenorientierung, Menü-Technik, Feed-back geben Ressourcen- und Trauma-Anamnese Herausarbeiten persönlicher Ziele Zukunftsfilm (positiv und negativ) Behandlungsvereinbarung Hensel (nach Greenwald 2001)

Motivierende Gesprächsführung (Miller, W. R. &Rollnick, S. (2009) Motivierende Gesprächsführung (Miller, W. R. &Rollnick, S. (2009). Motivierende Gesprächsführung. Lambertus: Freiburg) Definition „Ein direktives, klientenzentriertes Beratungskonzept zur Lösung ambivalenter Einstellungen gegenüber Verhaltenveränderungen.“ (Rollnick, 2009) Die Wirkung des Konzeptes ist durch zahlreiche Studien der letzten 25 Jahre sehr gut belegt.

Fallbeispiel Robin (17 Jahre) Galt als „pädagogisch nicht mehr zu beeinflussen“

Bestimmung des traumatischen Stress mittels der SUD-Skala © Kinder Trauma Institut

Herausarbeiten persönlicher Ziele Intrinsische Motivation wecken Das biografische Video Diepositive Zukunftsvision Der Weg zur Zukunftsvision Das negativeZukunftsbild Die Entscheidung

1. Das biografische Video

2. Die positive Zukunftsvision

Entwickeln von Selbstkontrolle Kognitiv-behaviorale und imaginative Techniken 1.Verstehensmodell Stressmännchen Wer hat Dich in der Hand ? 2. Verbesserung der Selbstwahrnehmung Frühwarnsystem Zeitlupe 3. Entscheidungen haben Folgen Gute Wahl - Gute Folgen; Schlechte Wahl - Schlechte Folgen 4. Imaginative Techniken zur Meisterung von Hoch-Risiko-Situationen(Immunisieren gegen Provokation) Mauer hochziehen, Comic-Film, Vorbilder 5. Stressreduktion im Alltag Was hilft dir, dich im Alltag wohl zu fühlen? Was kannst du tun, wenn du merkst, dass Stress im Anmarsch ist?

Stressorbasiertes Verstehensmodell

Wer hat dich in der Hand ? 1. Die Äußerungen des anderen werden hinterfragt Nehmen wir an, der andere hat die Mutter des Jugendlichen beschimpft, so lässt sich argumentieren: „Was weiß der eigentlich über deine Mutter, um so etwas sagen zu können?“ 2. Dem „Feind“ wird eine schlechte Motivation zugewiesen „Der will seine schlechte Laune loswerden und sucht jemanden, den er hochnehmen kann. Dann fühlt er sich ein bisschen besser.“ 3. Auf die Schwäche („hohe Reaktivität“) des Jugendlichen selber hinweisen „Wenn der dich hochbringen will, muss er nur ... sagen. Du scheinst da einen Knopf zu haben, auf den jeder drücken kann und du gehst hoch und kriegst später Probleme.“ 4. Auf langfristige Folgen für den Jugendlichen hinweisen „Wer ist der Depp, wenn du hoch gehst?“ „Wer kriegt den Ärger?“ 5. An die Ehre des Jugendlichen appellieren „Wer entscheidet, wie du dich verhältst? Er oder du?“, „Wie kannst du ihm gestatten, dich so hochzubringen?“, „Was kannst du tun, damit die schlechten Gefühle beim anderen bleiben und nicht auf dich überspringen?“