Konversatorium zum Strafrecht BT II

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 Präsentation transkript:

Konversatorium zum Strafrecht BT II (Grundkurs IV) – Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in HS 315 NU Kontakt: tamina.preuss@uni-wuerzburg.de

Fall 2: Ein Fall aus/mit dem Lehrbuch Für seine Semesterhausarbeit zur Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene benötigt A ein bestimmtes Lehrbuch, das im Seminar unauffindbar verstellt ist. A weiß aber, dass sich der O das Lehrbuch extra für die Hausarbeit gekauft hat, und möchte sich das Buch von ihm borgen. Nachdem O dieser Bitte nicht nachkommt, beschließt A, sich das Buch auch gegen den Willen des O von ihm auszuleihen und erst nach dem Abgabetermin der Hausarbeit zurückzugeben. Einen Selbstkauf des Buches zieht A nicht in Betracht, da er irrigerweise annimmt, dass das Buch über 60,– EUR kostet. Tatsächlich beträgt der Ladenpreis 24,95 EUR. Seine Gelegenheit sieht A zunächst gekommen, als O vor dem Besuch des Juristischen Seminars seinen Rucksack in seinem Lehr-stuhlzimmer deponiert. A will gerade ansetzen, die Tür mittels eines

Fall 2: Ein Fall aus/mit dem Lehrbuch kräftigen Tritts zu öffnen, als er bemerkt, dass O die Tür nicht abgeschlossen hat. Erwartungsvoll durchsucht A den Rucksack des O, entdeckt darin aber nur andere Bücher als das von ihm gewünschte Werk. Enttäuscht legt er den Rucksack an seinen Platz zurück und zieht von dannen. Eine weitere Chance bietet sich dem A am darauf folgenden Tag. Als er an der im ersten Stock gelegenen Wohnung des O vorbeikommt, bemerkt er, dass O sein Fenster offen gelassen hat. Da sich O gerade in der Vorlesung befindet, klettert der A auf eine Mülltonne, erreicht von dort das Balkongeländer, um schließlich durch das Fenster in die Wohnung des O zu gelangen. Auf dem Schreibtisch erblickt er das Objekt der Begierde und nimmt es mit.

Fall 2: Ein Fall aus/mit dem Lehrbuch Bearbeitervermerk: Wie hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

Fall 2 Lösung: Strafbarkeit des A Tatkomplex 1: Lehrstuhlzimmer I. §§ 242 I, II, 22, 23 I, 243 StGB A könnte sich des versuchten Diebstahls in einem be-sonders schweren Fall gem. §§ 242 I, II, 22, 23 I, 243 StGB strafbar gemacht haben, indem er im Lehrstuhlzimmer den Rucksack des O durchwühlte, um ein bestimmtes Lehrbuch für die Hausarbeitszeit „auszuleihen“. 1. Vorprüfung a. Nichtvollendung der Tat mangels Wegnahme des gewünschten Buches

Fall 2 b. Strafbarkeit des Versuchs, §§ 23 I, 12 II, 242 II StGB 2. Tatentschluss a. Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale Vorsatz bzgl. der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache P.: Irrtum über den Wert der Sache: unbeachtlicher Motivirrtum b. Zueignungsabsicht = Absicht der Enteignung u. Aneignung aa. Aneignungsabsicht = Absicht der zumindest vorübergehenden Einver-leibung der Sache in das Vermögen des Täters (dolus directus 1. Grades erforderlich)

Fall 2 hier (+) beabsichtigtes „Ausleihen“ des Buches als vorübergehender Sachgebrauch ausreichend bb. Enteignungsabsicht = gewollte faktische dauerhafte Verdrängung des Berechtigten (Eigentümers) aus seiner Sachherr-schaftsposition (dolus eventualis genügt) P.: Abgrenzung von Enteignung u. grds. strafloser Ge-brauchsanmaßung (furtum usus): eine grds. straflose Gebrauchsanmaßung liegt vor, wenn die Sache ohne Identitätswechsel, ohne erhebliche Veränderung o. Wertminderung zurückgegeben werden soll (Abgrenzung nach dem Rückführungswillen) – hier grds. nur straflose Gebrauchsanmaßung, da das Buch nach der Hausarbeitszeit zurück zu O gelangen soll

Fall 2 c. RW der beabsichtigten Zueignung u. diesbezüglicher Vorsatz P.: Gleichstellung von zeitweiliger Sachentziehung u. dauerhafter Enteignung bei unangemessen langem Gebrauch: unstr. nicht notwendig, dass der Täter die Sache wirklich „für immer“ entziehen will (vgl. Schmitz, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 242 Rn. 146) wenn der Täter davon ausgeht, dass der Eigentümer einer Sache in dem Zeitraum auf sie angewiesen ist u. sie durch eine neue ersetzen wird (Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 39. Aufl 2016, § 2 Rn. 162) – hier (+) A weiß, dass O das Buch extra für die Hausarbeitszeit beschafft hat u. will es erst nach dem Abgabetermin zurückgeben (a.A. vertretbar) c. RW der beabsichtigten Zueignung u. diesbezüglicher Vorsatz 3. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB

Fall 2 = wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv Handlungen vornimmt, die – nach seinem Tat-plan – in ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwi-schenakte unmittelbar zur Tatbestandserfüllung füh-ren o. in einem unmittelbaren räumlichen u. zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen hier (+) spätestens durch Durchsuchen des Rucksacks Hinweis: Entscheidend ist, ob der Täter zur Tathandlung, d.h. zur Wegnahme, unmittelbar ansetzt. Setzt er nur zur Verwirklichung eines Regelbeispiels unmittelbar an (etwa durch Einsteigen in ein Gebäude, § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB), kann hierin zwar gleichzeitig das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme liegen, dies muss aber nicht zwingend der Fall sein.

Fall 2 4. Rechtswidrigkeit und 5. Schuld 6. Kein Rücktritt, § 24 StGB fehlgeschlagener Versuch = wenn der Täter annimmt, dass er den tatbestandlichen Erfolg nicht mehr o. nicht ohne wesentliche Zäsur herbeiführen kann hier Fehlschlag (+) A ist es zwar noch möglich, andere Bücher aus dem Rucksack mitzunehmen, sein Vorsatz ist von vornherein nur auf das konkrete Buch gerichtet 7. Strafzumessung, § 243 StGB a. Einbruchsdiebstahl, § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB Es könnte ein besonders schwerer Fall nach § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB vorliegen. Hierfür müsste A zur Ausführung der Tat in einen Dienstraum eingebrochen sein.

Fall 2 Dienstraum = Teile eines Gebäudes, die dem Aufent-halt von Menschen während der Arbeitszeit bzw. zur Vornahme dienstlicher Tätigkeit dienen (vgl. Schmitz, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 243 Rn. 17) – hier (+) einbrechen = gewaltsames Öffnen von Umschlie-ßungen, die dem Eintritt in den umschlossenen Raum entgegenstehen – hier (-) A wollte zwar eigentlich die verschlossene Tür mit einem kräftigen Tritt öffnen, die Tür war aber offen Anmerkung: Erforderlich ist eine nicht nur unerhebliche körperliche Kraft-einwirkung. Nicht erforderlich ist dagegen das Betreten des Raumes („Hineingreifen“ reicht, BGH NStZ 1985, 217) o. eine Substanzverletzung beim Öffnen der dem Zutritt entgegenstehenden Umschließung.

Regelwirkung des § 243 I StGB bei lediglich „versuchtem“ Regelbeispiel Fall 2 Regelwirkung des § 243 I StGB bei lediglich „versuchtem“ Regelbeispiel BGH: auch hier Regelwirkung h.L.: keine Regelwirkung (ggf. unbe-nannter bes. schwerer Fall auf Basis umfassender Gesamtwürdigung) (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1983, 2712) - Versuch in § 242 II StGB unter Strafe gestellt - Tatbestandsähnlichkeit der Strafzu-messungsregel - Gesetzgeber wollte Reichweite durch Umwandlung von Qualifi-kation in Strafzumessungsregel nicht einschränken - keine Tat i.S.d. § 22 StGB – daher Verstoß gegen das Analogieverbot aus § 1 StGB, Art. 103 II GG - Indizwirkung des Regelbeispiels kann nicht gegeben sein, wenn seine Verwirklichung misslungen ist

Regelwirkung des § 243 I StGB bei lediglich „versuchtem“ Regelbeispiel Fall 2 Regelwirkung des § 243 I StGB bei lediglich „versuchtem“ Regelbeispiel - da auch Vorsatz analog § 15 StGB verlangt wird, ist begrifflich auch ein Versuch möglich - Handlungsunrecht erhöht - alle Strafnormen des StGB sind als vollendete Taten formuliert u. können dennoch versucht werden <= - Regelbeispiele sind als vollendete Taten formuliert Versuchter Diebstahl in einem besonders schweren Fall Einfacher versuchter Diebstahl b. Aufbruchdiebstahl, § 243 I S. 2 Nr. 2 StGB hier (-) der Rucksack ist keine besondere Schutzvor-richtung gegen Wegnahme (vgl. ausführlich Fall 1) 8. Strafantrag, § 248a StGB

Fall 2 bei versuchtem Diebstahl anwendbar (vgl. Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 248a Rn. 17) Geringwertig: bestimmt sich nach dem objektiven Verkehrswert der Sache zur Zeit der Tat Einschätzung des Tatrichters maßgeblich anerkannte Wertgrenzen: BGH: 25 Euro, Arg.: frühere Wertgrenze von 50 DM, was ursprünglich der Arbeitslosenunterstützung von einer Woche entsprach OLG Oldenburg (NStZ-RR 2005, 111): 30 Euro h. Lit. u. Rspr. (OLG Hamm NJW 2003, 3145; OLG Zweibrücken NStZ 2000, 536): 50 Euro, Arg.: Preis- u. Lohnentwicklung seit den 1990er-Jahren hier nach allen Ansichten mit einem Ladenpreis von 24.95 Euro geringwertige Sache, sodass eine Streitentscheidung nicht zu treffen ist

Fall 2 Strafantrag laut Bearbeitervermerk gestellt 9. Ergebnis (+) Geringwertigkeit objektiv zu beurteilen (Irrtümer haben nur ggf. Auswirkungen auf die Strafzumessung), Arg.: Strafantrag ist Straf-verfolgungsvoraussetzung, die keine Unsicherheiten verträgt; § 16 StGB findet nur auf Tatbestandsmerkmale Anwendung Strafantrag laut Bearbeitervermerk gestellt 9. Ergebnis (+) II. §§ 303 I, III, 22, 23 I StGB („Demolieren“ der Tür) 1. Vorprüfung a. Nichtvollendung der Tat b. Strafbarkeit des Versuch, §§ 23 I, 12 II, 303 III StGB 2. Tatentschluss (+) 3. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB hier (+) A will gerade zum Tritt ansetzen (a.A. ver-tretbar, da SV offen)

Fall 2 4. Rechtswidrigkeit und 5. Schuld 6. Strafantrag, § 303c StGB 7. Ergebnis (+) III. § 123 I StGB A könnte sich des Hausfriedensbruchs gem. § 123 I StGB strafbar gemacht haben, indem das Lehrstuhlzimmer des O betrat. 1. Tatbestand Objektiver Tatbestand geschützte Räumlichkeit (+) Lehrstuhlzimmer als zum öffentlichen Dienst bestimmter abgeschlossener Raum

Fall 2 Anmerkung: „Abgeschlossen“ ist nicht mit „verschlossen“ gleichzusetzen, sondern bedeutet nur, dass die Räumlichkeit durch körperliche Hindernisse gegen willkürliches Betreten gesichert sein muss. eindringen = Betreten gegen den Willen des Berech-tigten – hier (+) insb. keine generelle Öffnung für den Publikumsverkehr b. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Strafantrag, § 123 II StGB 5. Ergebnis (+) IV. Ergebnis Strafbarkeit des A gem. §§ 242 I, II, 22, 23 I, 123 I, 303 I, III, 22, 23 I, 52 StGB

Fall 2 zwischen dem versuchten Diebstahl u. der versuchten Sachbeschädigung sowie dem Hausfriedensbruch besteht Idealkonkurrenz Verhältnis von §§ 123, 303 StGB u. Diebstahl (§§ 242 I, 243 I S. 2 Nr. 1, 244 I Nr. 3 Var. 2, 3 StGB) - Tateinheit, wenn das „Begleitdelikt“ über das regelmäßig zu erwartende Maß hinausgeht (vgl. BGH 2001, 642; z.B. Verwüstung der kompletten Woh-nung, bei dem der Sachschaden die Diebesbeute deutlich überschreitet; § 123 I StGB dient gleichzeitig einer Vergewaltigung) - Tateinheit wenn das „Begleitdelikt“ vollendet, der Diebstahl nur versucht ist (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 243 Rn. 59) - Verhältnis i.Ü. str.: e.A.: Tateinheit (BGH NStZ 2014, 40 – für § 243 StGB u. § 303 StGB; zustimmend Hecker, JuS 2014, 181 [183]), Arg.:

Fall 2 Rechtsgutsinhaber können unterschiedlich sein angesichts der technischen Entwicklung (EDV-gestützte Sicherheits-systeme) § 303 StGB keine „typische“ Begleittat mehr § 243 StGB kann als Strafzumessungsregel keine „echten“ Strafnormen verdrängen Wertungswiderspruch, wenn Regelwirkung des § 243 I StGB im Einzelfall verneint wird, §§ 242 I, 123 I, 52 StGB anzunehmen a.A.: Konsumtion, Arg.: dass Delikte typischerweise, aber nicht stets u. notwendigerweise, erfüllt sind, entspricht gerade dem Wesen der Konsumtion Verdrängungswirkung geht nicht v. § 243 StGB, sondern von §§ 242 I, 243 StGB aus (zum Ganzen Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 45. Aufl. 2015, § 20 Rn. 1104)

Fall 2 Tatkomplex 2: Offenes Fenster I. §§ 242 I, 243 StGB A könnte sich des Diebstahls in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht haben, indem er das Lehrbuch aus der Wohnung des O mitnahm. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand (+) b. Subjektiver Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Strafzumessung, § 243 StGB a. Einsteigediebstahl, § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB

Fall 2 einsteigen = Gelangen in die geschützte Räumlichkeit unter Überwindung von Umschließungen auf einem dafür nicht bestimmten Wege – hier (+) A klettert auf eine Mülltonne über das Balkongeländer durch das Fenster umschlossener Raum = jede Räumlichkeit, die dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden u. die mit Vorrichtungen zum Schutz gegen das Eindrin-gen Unbefugter umgeben ist – hier (+) Wohnung des O zur Ausführung der Tat = Diebstahlsvorsatz muss be-reits im Zeitpunkt der Tathandlung – hier beim Ein-steigen – vorgelegen haben – hier (+)

Fall 2 Vorsatz, §§ 15, 16 StGB analog (+) Hinweis: Dass wegen der Tatbestandsähnlichkeit der Regelbeispiele (Quasi-)Vorsatz vorliegen muss, ist allgemein anerkannt. Hierbei handelt es sich um nicht gegen Art. 103 II GG verstoßende tätergünstige Analogie. b. Ausschluss des besonders schweren Falles wegen Ge-ringwertigkeit der Sache, § 243 II StGB zwingende Ausschlussklausel (Wittig, in: BeckOK-StGB, 37. Aufl. 2018, § 243 Rn. 27) 243 I S. 2 Nr. 1 StGB von Geringwertigkeitsklausel erfasst (+) Hinweis: Nur § 243 I S. 2 Nr. 7 (Diebstahl bst. Schusswaffen u. Sprengstoff) ist nicht umfasst, da nach dem Willen des Gesetzgebers der Grund der Strafschärfung in der erhöhten Gefährlichkeit der Tatobjekte, unabhängig von ihrem Wert, liegt. Im Übrigen wird § 243 II StGB für § 243 I S. 2 Nr. 7

Fall 2 Wertgrenze (+) wie bei § 248a StGB bestimmt StGB bereits aus tatsächlichen Gründen regelmäßig keine Rolle spielen (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 243 Rn. 57a). Wertgrenze (+) wie bei § 248a StGB bestimmt P.: die Sache ist objektiv geringwertig, subjektiv nach Auffassung des A dagegen nicht: h.M.: die Sache muss kumulativ sowohl nach der Täter-vorstellung als auch objektiv geringwertig sein (sog. doppelte Geringwertigkeit), Arg.: Wortlaut „beziehen“; wenn eines fehlt, hat der Diebstahl nach Handlungs- bzw. Erfolgsunrecht nicht Bagatellcharakter Mindermeinung: die Sache muss alternativ entweder nach der Tätervorstellung oder objektiv geringwertig sein, Arg.: ein besonders schwerer Fall ist immer zu ver-neinen, wenn das Erfolgs- o. Handlungsunrecht gering ist

Fall 2 5. Strafantrag, § 248a StGB mit der h.M. greift die Ausschlusswirkung des § 243 II StGB nicht – besonders schwerer Fall (+) 5. Strafantrag, § 248a StGB Geringwertigkeit objektiv zu bestimmen (s.o.) P.: Erforderlichkeit eines Strafantrags bei besonders schweren Fällen nach § 243 StGB: h.M.: nicht erforderlich, Arg.: § 243 StGB im Wortlaut des § 248a StGB nicht genannt Mindermeinung: erforderlich, Arg.: § 243 StGB ist kein eigenständiger Tatbestand, sondern eine Strafzumes-sungsregel, die von § 242 StGB automatisch miterfasst wird (Hohmann, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 248b Rn. 2)

Fall 2 6. Ergebnis (+) II. § 244 IV StGB 1. Tatbestand Anmerkung: § 244 IV StGB wurde mit Wirkung zum 22.07.2017 durch das 55. StrÄndG – Wohnungseinbruchsdiebstahl v. 17.07.2017 eingeführt (BGBl. 2017 I S. 2442). Es handelt sich um eine vielfach kritisch beurteilte (Busch, ZRP 2017, 30; Claus, jurisPR-StrafR 12/2017 Anm. 1) Qualifikation des § 244 I StGB. 1. Tatbestand a. Grundtatbestand b. Qualifikation, § 244 IV StGB aa. Objektiver Tatbestand

Fall 2 Wohnung = Inbegriff der Räumlichkeiten, die ein oder mehrere Personen zum ständigen Aufenthalt o. zur Benutzung dienen – hier (+) Wohnung des O Privatwohnung (+) (dem Merkmal kommt keine eigenständige Bedeutung zu, insb. keine Abgrenzung zu „Dienstwohnungen“ gemeint, Schmitz, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 244 Rn. 65) dauerhaft genutzt: wenn die Wohnung von ihrem Nutzer regelmäßig über einen längeren Zeitraum aufgesucht und auch als Wohnung genutzt wird (Schmitz, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 244 Rn. 67) (+) einsteigen (+)

Fall 2 zur Ausführung der Tat (+) bb. Subjektiver Tatbestand Hinweis: Dieses Merkmal darf ebenso im subjektiven Tatbestand geprüft werden. bb. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) III. § 123 I StGB (+) IV. Ergebnis Strafbarkeit des A gem. § 244 IV StGB: § 242 (i.V.m. § 243) StGB tritt als Grunddelikt hinter der Qualifikation zurück § 244 I Nr. 3 StGB tritt hinter der Qualifikation des § 244 IV StGB zurück

Fall 2 Gesamtergebnis und Konkurrenzen § 123 I Var. 1 StGB wird von § 244 StGB konsumiert (a.A. Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 244 Rn. 36 – Idealkonkurrenz; vgl. auch BGH BeckRS 2014, 03301 – wohl Tateinheit im Verhältnis zu § 123 I Var. 2 StGB) Gesamtergebnis und Konkurrenzen Strafbarkeit des A gem. §§ 242 I, II, 22, 23 I, 123 I, 303 I, III, 22, 23 I, 52 StGB in Tatmehrheit (§ 53 StGB) mit § 244 IV StGB

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