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Konversatorium zum Strafrecht BT II

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Präsentation zum Thema: "Konversatorium zum Strafrecht BT II"—  Präsentation transkript:

1 Konversatorium zum Strafrecht BT II
(Grundkurs IV) – Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt:

2 Ablauf der heutigen Stunde
I. Prüfungsschema: Raub, § 249 I StGB II. Prüfungsschema: Raub mit Todesfolge, § 251 StGB III. Bearbeitung Fall 4

3 Prüfungsschema: Raub, § 249 I StGB
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Wegnahme einer fremden beweglichen Sache Hinweis: Hier können sich die von der Prüfung des Diebstahls bekannten Probleme stellen. b. Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel aa. Gewalt gegen eine Person Gewalt = jeder körperlich wirkende Zwang, der nach Vorstellung des Täters dazu bestimmt u. geeignet ist, einen tatsächlich geleisteten o. erwarteten Wider-stand zu überwinden o. unmöglich zu machen

4 Raub, § 249 I StGB besonderer Kraftaufwand nicht erforderlich rein seelische Zwangseinwirkungen nicht ausreichend bb. Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib o. Leben Drohung = Inaussichtstellen eines Übels (hier gegen-wärtige Gefahr für Leib o. Leben), auf das der Täter Einfluss hat o. zu haben vorgibt ausdrücklich o. konkludent nach h.M. unerheblich, ob der Täter die Drohung ver-wirklichen kann o. will, solange der Anschein der Ernstlichkeit entstehen u. sie vom Opfer ernst genommen werden soll (Wittig, in: BeckOK-StGB, 30. Aufl. 2016, § 249 Rn. 6)

5 Raub, § 249 I StGB c. Finalzusammenhang (Wegnahmebezug)
nach h.M. auch unerheblich, ob das Opfer die Drohung ernst nimmt (a.A. hier nur versuchte Drohung, Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2016, § 7 Rn. 18) für Leib: Drohung mit einer völlig unerheblichen körperli-chen Beeinträchtigung soll nicht ausreichen, Arg.: Gleich-stellung mit dem Leben (Wittig, in: BeckOK-StGB, 30. Aufl. 2016, § 249 Rn. 6) c. Finalzusammenhang (Wegnahmebezug) = das Nötigungsmittel muss aus Sicht des Täters gera-de der Wegnahme dienen (a.A. Kausalität erforder-lich) Begründung: Wortlaut steht nicht entgegen; besondere Gefährlichkeit des qualifizierte Nötigungsmittel anwenden-den Täters

6 Raub, § 249 I StGB 2. Subjektiver Tatbestand a. Vorsatz
Wegnahme muss nicht alleiniger o. bestimmender Zweck sein (Wittig, in: BeckOK-StGB, 30. Aufl. 2016, § 249 Rn. 8) Hinweis: Trotz der subjektiven Interpretation dieses Tatbestandsmerkmals ist eine Prüfung im objektiven Tatbestand üblich (Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2016, § 7 Rn. 30a). 2. Subjektiver Tatbestand a. Vorsatz b. Zueignungsabsicht c. RW der beabsichtigten Zueignung u. diesbezüglicher Vorsatz Hinweis: Auch hier können sich die von der Prüfung des Diebstahls be-kannten Probleme stellen. II. Rechtswidrigkeit und III. Schuld

7 Raub, § 249 I StGB IV. Konkurrenzen
§ 249 StGB verdrängt §§ 240, 242, 244 StGB im Wege der Spezialität Tateinheit zwischen versuchtem Raub u. §§ 242 ff. StGB (BGH NJW 1966, 1930; Wittig, in: BeckOK-StGB, 34. Aufl. 2017, § 249 Rn. 12)

8 Raub mit Todesfolge, § 251 StGB
Prüfungsschema: Raub mit Todesfolge, § 251 StGB I. Tatbestand 1. Grunddelikt 2. Schwere Folge: Tod eines anderen Menschen sowohl Raubopfer als auch Unbeteiligte (BGH NJW 1992, 2103), Arg.: Umkehrschluss aus § 239a III StGB („Tod des Opfers“) nach h.M. nicht Tatbeteiligte, Arg.: teleologische Re-duktion – die Norm schützt nicht auch denjenigen vor Gefahrrealisierung, der für ihre Schaffung mitver-antwortlich ist (Kindhäuser, in: NK-StGB, 4. Aufl. 2013, § 251 Rn. 2)

9 Raub mit Todesfolge, § 251 StGB
3. Kausalität („conditio-sine-qua-non“-Formel) 4. Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang (Unmittelbarkeitszusammenhang) = in der schweren Folge muss sich eine raubspe-zifische Gefahr realisiert haben nach h.M. muss sich die spezifische Gefahr der Nöti-gungshandlung verwirklicht haben (a.A. wegnahme-bedingte Todesverursachung ausreichend, vgl. Sander, in: MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 251 Rn. 6) 5. Zumindest Leichtfertigkeit hinsichtlich der schweren Folge

10 Raub mit Todesfolge, § 251 StGB
Leichtfertigkeit = der Täter handelt grob achtlos und beachtet nicht, was sich jeder Person in der Rolle des Täters hätte aufdrängen müssen gesteigerte Form von Fahrlässigkeit vergleichbar mit der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht qualifizierte Pflichtwidrigkeit (= besonderes Maß an Sorg-faltswidrigkeit) u. qualifizierte Vorhersehbarkeit (= Ein-tritt der schweren Folge ist hochgradig wahrscheinlich o. drängt sich auf) 6. Rechtswidrigkeit 7. Schuld insb. subjektive Leichtfertigkeitselemente

11 Fall 4: Beutezüge Sportfan A bricht eines späten Abends in das Haus seines Nachbarn und Inhaber eines digitalen Satellitenreceivers O ein, um sich in dessen Wohnzimmer die Live-Übertragung eines US-amerika-nischen Sportevents anschauen zu können. Damit A bei seinem Fernsehgenuss nicht gestört wird, schließt er den bereits zu Bett gegangenen O in dessen Schlafzimmer ein. Während einer Spiel-unterbrechung kommt A die Idee, die Gelegenheit zu nutzen und sich im Haus des O nach Wertgegenständen umzusehen. Nach kurzer Zeit wird A fündig und nimmt eine goldene Armbanduhr an sich. Als das Spiel schließlich zu Ende ist, sperrt er die Schlafzimmertür wieder auf und verlässt das Haus des immer noch schlafenden O.

12 Fall 4: Beutezüge Ermutigt durch seine erfolgreiche Tat wagt sich A an ein größeres Vorhaben und möchte den Tabakwarenladen des P ausrauben. Für den Fall eines unerwünschten Zusammentreffens mit P nimmt A einen Lippenpflegestift mit, mit dem er gegebenenfalls in seiner Jackentasche eine Ausbeulung formen und dadurch den Eindruck einer geladenen Schusswaffe erwecken möchte. Als A nach den Tageseinnahmen des Tabakwarenladens sucht, wird er tatsächlich von P überrascht. Geistesgegenwärtig ergreift A ein Taschenmesser aus dem Warensortiment des P, hält ihm das Messer mit aus-gefahrener Klinge vor und fragt ihn nach dem Aufbewahrungsort der Tageseinnahmen. Der erschrockene P deutet stumm auf eine unverschlossene Schublade. A entnimmt einen größeren Bar-geldbetrag, lässt das Messer fallen und flieht. P erleidet infolge der Aufregung einen Herzinfarkt und verstirbt.

13 Fall 4: Beutezüge Bearbeitervermerk:
Wie hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

14 Fall 4 Lösung: Tatkomplex 1: Haus des O
I. § 249 I StGB (Einsperren des O) A könnte sich des Raubes gem. § 249 I StGB strafbar gemacht haben, indem er O in dessen Schlafzimmer ein-schoss u. später dessen Armbanduhr mitnahm. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand fremde bewegliche Sache (+) goldene Uhr des O Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen, Gewahrsams – hier (+) durch Ansichnehmen der Uhr

15 Fall 4 Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel: Gewalt gegen eine Person o. Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib o. Leben Gewalt = jeder körperlich wirkende Zwang, der nach Vorstellung des Täters dazu bestimmt u. geeignet ist, einen tatsächlich geleisteten o. erwarteten Widerstand zu überwinden o. unmöglich zu machen P.: Gewalt gegen Sachen: Gewalt gegen Sachen ist grds. keine Gewalt (z.B. Quälen des Lieblingstieres o. Zerstechen der Autoreifen), Arg.: Wortlaut des § 249 I StGB („Gewalt gegen eine Person“) im Unterschied zu § 240 StGB, Analogieverbot nach Art. 103 II GG aber Gewalt gegen eine Person, wenn sich die unmittelbare Sacheinwirkung zugleich mittelbar gegen eine Person in Form eines körperlich wirkenden Zwangs richtet (z.B. Abstel-len der Heizung im Winter, um Mieter zum Auszug zu bewe-gen)

16 Fall 4 Finalzusammenhang (Wegnahmebezug): b. Zwischenergebnis (-)
hier (+) Verschließen der Schlafzimmertür als mittelbare Ge-walt gegen O (unerheblich, dass O dies nicht bemerkt, da objektive Zwangswirkung nach h.M. ausreicht, vgl. Sander, in: MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 249 Rn. 14) Finalzusammenhang (Wegnahmebezug): = das Nötigungsmittel muss aus Sicht des Täters gerade der Wegnahme dienen hier (-) A sperrt O ein, um ungestört fernsehen zu können u. nutzt nur die hieraus erwachsene Gelegenheit aus b. Zwischenergebnis (-) 2. Ergebnis (-) II. § 249 I StGB (Eingesperrtlassen des O) 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (+) s.o.

17 Fall 4 Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel: in dem Eingesperrtlassen könnte Gewalt durch Unterlassen liegen: Rspr. und teilweise Lit.: wenn der Täter als Garant aus Ingerenz die andauernde Wirkung des Nötigungsmittels pflichtwidrig nicht beseitigt, liegt Gewalt durch Unterlassen vor (differenzierend Walter, NStZ 2005, 240 [243] – nur, wenn das Täter das Opfer ohne den Entschluss zur Wegnahme befreit hätte), Arg.: Unterlassen u. Finalität schließen sich nicht aus, da die bereits existierende Gewalt in den Dienst der Wegnahme gestellt wird allg. Grundsatz, dass nach § 13 I StGB ein Unterlassen einem Tun gleichsteht (bzgl. § 240 I StGB ist dies ganz h.M.) der Gewaltbegriff verlangt nicht notwendig eine durch Aktivität geprägte Tätigkeit

18 Fall 4 e.A.: Gewalt durch aktives Tun, Arg.: anders als etwa bei Niederschlagen des Opfers setzt sich die Gewaltan-wendung bis zur Freilassung fort h.L.: Gewalt durch Unterlassen nicht möglich (Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2016, § 7 Rn. 31 f.), Arg.: Entsprechungsklausel aus § 13 I HS. 2 StGB nicht erfüllt: wer nur im Bewusstsein wegnimmt, eine Zwangslage beseitigen zu müssen, kann nicht mit dem aktive Gewalt einsetzenden Täter auf eine Stufe gestellt werden die Unterlassungskonstruktion der Rspr. privilegiert den bru-taleren Täter, der sein Opfer niedergeschlagen hat und dessen Bewusstlosigkeit nicht aufheben kann (contra: ausreichende Strafbarkeit durch §§ 211 ff., 223 ff. StGB; es liegt in der Natur des unechten Unterlassungsdelikts, dass eine Rettungschance bestehen muss, Walter NStZ 2005, 240 [242])

19 Fall 4 Finalzusammenhang nicht erfüllt, da der Widerstand des Opfers bereits gebrochen wurde (contra: es geht darum, ob die Beseitigung der Zwangslage aus Sicht des Täters den Widerstand des Opfers ermöglichen würde, Sander, in: MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 249 Rn. 32) ratio des § 249 StGB, dass der Täter sich von seiner Zueig-nungsabsicht zu Aggressionstaten motivieren lasse mit der h.L. ist der obj. Tatbestand nicht erfüllt (a.A. vertretbar) b. Zwischenergebnis (-) 2. Ergebnis (-) III. §§ 242 I, 243 I StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand (+)

20 Fall 4 a. Subjektiver Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld
4. Strafzumessung, § 243 I StGB a. Einbruchsdiebstahl, § 243 I S. 2 Nr. 1 StGB Gebäude = durch Wände u. Dach begrenztes, mit dem Erdboden fest – wenn auch nur durch die eigene Schwere – verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen gestattet und das Unbefugte“ abhalten soll – hier (+) Wohnung des O einbrechen = gewaltsames Öffnen von Umschlie-ßungen, die dem Eintritt in den umschlossenen Raum entgegenstehen – hier (+) laut SV

21 Fall 4 zur Ausführung des Diebstahls: Diebstahlsvorsatz muss bereits im Zeitpunkt der Tathandlung bestehen – hier (-) A bricht in die Wohnung nur ein, um Fernsehen zu schauen b. Stehlen durch Ausnutzen der Hilflosigkeit einer an-deren Person, § 243 I S. 2 Nr. 6 StGB („Schmarot-zerdiebstahl“) Hilflosigkeit = wenn das Opfer aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, sein Eigentum gegen die durch Weg-nahme drohende Gefahr zu schützen Schlaf: genügt nur, wenn er krankhafte Ursachen hat, Arg.: der erhöhte Unrechtsgehalt der Nr. 6 wird bei Ausnutzung des „gesunden Schlafs“ nicht erreicht (BGH NJW 1990, 2569)

22 Fall 4 Eingesperrtsein: es kann sich zwar auch um eine vom Täter aus anderen Gründen herbeigeführte Hilflosigkeit handeln (BGH NStZ-RR 2003, 186 [188]), aber anders als die üblichen Fälle von Hilfslosigkeit keine im Zustand des Opfers liegende Ursache (+/-) ausnutzen = Täter muss in Kenntnis der Umstände sei-ne Tat gerade durch die Ausnutzung der Situation er-leichtern wolle (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 243 Rn. 40) – hier (+/-) je nachdem, ob A davon ausgeht, dass gerade das Eingesperrtsein (nicht das Schlafen) des O die Tat erleichtert c. Zwischenergebnis (-) 5. Ergebnis (+)

23 Fall 4 IV. § 244 I Nr. 3 StGB 1. Tatbestand
zur Ausführung des Diebstahls (-) s.o. 2. Ergebnis (-) V. § 239 I StGB Objektiver Tatbestand aa. Taugliches Angriffsobjekt grds. jeder Mensch, der die Fähigkeit hat, seinen Auf-enthaltsort nach seinem Willen zu verändern

24 Fall 4 P.: O schläft die komplette Zeit u. merkt dement-sprechend nicht, dass er eingeschlossen ist: fraglich ist, ob § 239 I StGB den aktuellen o. den potentiellen Fortbewegungswillen schützt: h.M. Mindermeinung § 239 I StGB schützt den potentiellen Fortbewegungswillen. Geschützt ist auch derjenige, der sich nicht aktuell fortbewegen will, aber einen aktuellen Fortbewe-gungswillen bilden könnte. Daher ist auch derjenige geschützt, der un-wissentlich eingesperrt wurde und dies währenddessen nicht bemerkt. § 239 I StGB schützt den aktuellen Fortbewegungswillen, sodass Schla-fende, Bewusstlose u. unbemerkt Eingesperrte nicht der Freiheit beraubt werden – anders erst, wenn sie erwachen bzw. den Zustand bemerken (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 239 Rn. 4 ff.).

25 Fall 4 h.M. Mindermeinung Str. innerhalb der h.M. ist der Schutz Schlafender u. Bewusstloser. Teil-weise wird angenommen, dass wäh-rend der Dauer des Schlafs bzw. der Bewusstlosigkeit keine Möglichkeit der Bildung eines Fortbewegungs-willens besteht (vgl. Rengier, Straf-recht BT II, 16. Aufl. 2015, § 22 Rn. 5). Argumente: - möglichst umfassender Schutz der Bewegungsfreiheit, als grundrecht-lich verankertes Rechtsgut (Art. 2 II S. 2 GG) - anderenfalls Vollendungszeitpunkt nach vorne verlagert, wofür wg. der Versuchsstrafbarkeit (§ 239 II StGB) kein Bedürfnis besteht

26 Fall 4 h.M. Mindermeinung Argumente:
- anderenfalls hinge Vollendungs-strafbarkeit von Zufälligkeiten ab - die Formulierung „Gebrauchen [der Freiheit]“ wurde aus TB gestrichen => dagegen: § 239 StGB als eigen-ständiges Delikt mit eigenen Voraus-setzungen (Wieck-Noodt, in: MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 239 Rn. 15) - die h.M. erkennt die Möglichkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses an: wäre bereits die Möglichkeit geschützt, Fortbe-wegungswillen zu bilden, bedeutete dies konsequenterweise, dass es für den TB auf die tatsächliche Willens-betätigung überhaupt nicht mehr an-käme (wäre daher nur auf Ein-willigungsebene beachtlich) - § 240 StGB als „Spezialfall“ der Nötigung

27 Fall 4 Hier: hier (+/-) je nachdem, ob man einen potentiellen Fortbewegungswillen bei Schlafenden verneint, da diese ihn nicht jederzeit bilden können oder unter Abstellen auf deren mutmaßlichen Willen bejaht hier (-) Schlafende haben keinen aktuellen Fortbewegungswillen; O ist zwischenzeitlich auch nicht erwacht => Versuch gem. §§ 239 I, II, 22, 23 I StGB zu prüfen Hinweis: Wie immer ist Wert auf eine konsequente Lösung zu legen. Wer aktuellen Fortbewegungswillen verlangt, muss demnach mit der Versuchsprüfung fortsetzen, ebenso wer bei Schlafenden einen potentiellen Fortbewegungswillen verneint. bb. Tathandlung einsperren = jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines Raumes hindern – hier grds. (+) durch Abschließen des Raumes

28 Fall 4 b. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld
4. Ergebnis (+) VI. § 123 I StGB 1. Tatbestand 4. Strafantrag, § 123 II StGB 5. Ergebnis (+) VII. Ergebnis zum 1. TK Strafbarkeit des A gem. §§ 239 I, 123 I, 52 StGB; § 242 I StGB; 53 StGB:

29 Fall 4 Tatkomplex 2: Tabakwarenladen des P I. § 249 I StGB
Tateinheit von Hausfriedensbruch u. Freiheitsberaubung aufgrund natürlicher Handlungseinheit (vgl. hierzu v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, 30. Aufl. 2015, § 52 Rn. 31 ff.) (a.A. vertretbar) Tatmehrheit mit dem nur gelegentlich des Hausfrie-densbruchs begangenen Diebstahl Tatkomplex 2: Tabakwarenladen des P Hinweis: Da vorliegend nicht einmal ein bedingter Tötungsvorsatz ersichtlich ist, mussten die §§ 211, 212 StGB nicht angesprochen werden. I. § 249 I StGB 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand

30 Fall 4 fremde bewegliche Sache (+) Bargeld aus der Kasse des P
Wegnahme (+) durch Ansichnehmen des Bargelds Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel (+) konkludente Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib o. Leben durch Vorhalten des Messers Finalzusammenhang (Wegnahmebezug) (+) aus Sicht des A dient das Vorhalten des Messers unmittelbar der Wegnahme der Tageseinnahmen b) Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+)

31 Fall 4 II. § 250 I, II StGB 1. Tatbestand
a. Tatbestand des Grunddelikts, § 249 I StGB (+) b. Tatbestand der Qualifikation aa. Objektiver Tatbestand Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs, § 250 I Nr. 1 lit. a Var. 2 StGB: gefährliches Werkzeug = beweglicher Gegenstand, der eine objektive waffenähnliche Gefährlichkeit aufweist u. dem damit bei objektiver Betrachtung eine Waffen-ersatzfunktion zukommt Hinweis: Der Werkzeugbegriff des § 250 I Nr. 1 lit. a StGB ist sehr str. Da alle Ansichten zum gleichen Ergebnis führen, braucht der Streit hier nicht erwähnt werden.

32 Fall 4 beisichführen = wenn dem Täter das Werkzeug zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn u. Beendigung (a.A. nur bis zur Vollendung) unmittelbar zur Verfügung steht hier grds. (+) insb. irrelevant, dass A das Messer erst im Laden ergreift Exkurs: ob das gefährliche Werkzeug auch Teil der Beute sein kann: nach h.M. zu bejahen (BGH NStZ 2015, 85 mit Anm. Floeth) Arg.: - Gesetzeswortlaut verlangt nicht, dass das Werkzeug während der gesamten Tat vorhanden ist - Zweck, die abstrakte Verwendungsgefahr zu sanktionieren – von den Gegenständen geht kein geringeres Gefahrenpotential aus als von sonstigen vor Ort an sich genommenen Gegenständen - dass der Diebstahl bestimmter Waffen in § 243 I S. 2 Nr. 7 StGB als Regel-beispiel normiert ist, steht nicht entgegen, da es hier auf die Funktionsfähigkeit der Waffen nicht ankommt

33 Fall 4 Beisichführen sonst eines Werkzeugs oder Mittels, um den Widerstand einer anderen Person durch Ge-walt o. Drohung mit Gewalt zu verhindern o. zu über-winden, § 250 I Nr. 1 lit. b StGB: durch Mitnahme des Lippenpflegestifts, um den Eindruck einer geladenen Schusswaffe zu erwecken: sonstiges Werkzeug = alle Gegenstände, die sich in der konkreten Situation objektiv zur Anwendung von Gewalt o. Drohung mit Gewalt eignen, aber objektiv ungefährlich sind

34 Fall 4 Hinweis: In der Hervorhebung des „Mittels“ ist nur die ausdrückliche Anerkennung von flüssigen o. gasförmigen Werkzeugen zu erblicken (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 244 Rn.13). erfasst als Auffangtatbestand auch Scheinwaffen, d.h. Mittel, die objektiv überhaupt nicht geeignet sind, das Angedrohte zuzufügen (z.B. Spielzeugpistolen u. Schuss-waffenattrappen), Arg.: Wortlaut; Gesetzesbegründung; der Nötigungswille offenbart bereits eine über § 242 I StGB hinausgehende verbrecherische Energie (Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2016, § 4 Rn. 64 ff.)

35 Fall 4 P.: restriktive Auslegung bei Scheinwerkzeugen: ein Ge-genstand, der aus der Sicht eines objektiven Betrachters nach seinem äußeren Erscheinungsbild als offensichtlich ungefährlich u. deshalb nicht geeignet erscheint auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken, scheidet als Drohungsmittel aus (BGH NStZ 1992, 129 – „Labello“-Rspr.)

36 Fall 4 Arg.: restriktive Auslegung aufgrund hoher Strafandrohung – Gegenstände, die nicht schon durch ihre äußere Erscheinung den Eindruck einer echten Waffe hervorrufen, aber eine drohende Äußerung zu unterstreichen vermögen, kommen in einer unübersehbaren, die Tatbestandskonturen auflösenden Vielfalt in Betracht Kritik: kein Anhaltspunkt im Wortlaut; es ist das Wesen der Scheinwaffen (nicht eine „Ausnahme“), dass die Drohungs-wirkung auf einer Täuschung beruht (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 250 Rn. 11c) Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen tauglichen Tatmitteln u. offensichtlich ungefährlichen Gegenständen; die offensichtliche Ungefährlichkeit der Gegenstände ist i.d.R. gerade nicht erkennbar (vgl. Jäger, JA 2016, 71 [72]; weiterführend Preuß, HRRS 2016, 466) hier: Lippenpflegestift offensichtlich ungefährlich, sodass Vor-täuschung der Gefährlichkeit im Vordergrund steht – § 250 I Nr. 1 lit. b StGB i.E. nicht erfüllt

37 Fall 4 eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, § 250 I Nr. 1 lit. c StGB: schwere Gesundheitsschädigung = ernstliche, einschnei-dende o. nachhaltige Beeinträchtigung der Gesundheit (etwa Minderung der Arbeitsfähigkeit für längere Zeit o. lebensbedrohliche Erkrankung; nicht zwingend Zustand des § 226 StGB) Gefahr: konkrete Gefahr: wenn durch das vom Täter beherrschte Tatgeschehen eine Situation geschaffen wurde, in der die Möglichkeit des Erfolgseintritts so nahe liegt, dass ihr Eintritt nur noch vom Zufall abhängt (konkretes Gefährdungsdelikt)

38 Fall 4 durch die Tat: unmittelbarer Kausalzusammenhang zu der auf die Verwirklichung des Raubs gerichteten Nötigungs-handlung (Wittig, in: BeckOK-StGB, 30. Aufl. 2016, § 250 Rn. 5) hier (+) Tod des P als Indiz Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs, § 250 II Nr. 1 Var. 2 StGB: gefährliches Werkzeug (+) Taschenmesser als dem Sortiment (s.o.) verwenden = jeder zweckgerichtete Gebrauch zur Ver-wirklichung der Nötigung (als Verletzungs-, Gefährdungs- o. Drohmittel) – hier (+) durch Benutzung als Drohmittel schwere körperliche Misshandlung einer anderen Person, § 250 II Nr. 3 lit. a StGB:

39 Fall 4 schwere körperliche Misshandlung = Misshandlung, die mit erheblichen Folgen für die Gesundheit o. erheblichen Schmerzen verbunden ist (Misshandlung nach §§ 223, 225 StGB genügt nicht; nicht zwingend Zustand des § 226 StGB) hier (+) Tod des P als Indiz eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringen, § 250 II Nr. 3 lit. b StGB: Gefahr des Todes: konkrete Gefahr: s.o. (konkretes Gefährdungsdelikt) bb. Subjektiver Tatbestand Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs, § 250 I Nr. 1 lit. a Var. 2 StGB (+)

40 Fall 4 Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs, § 250 II Nr. 1 StGB (+)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, § 250 I Nr. 1 lit. c StGB (-) schwere körperliche Misshandlung einer anderen Person, § 250 II Nr. 3 lit. a StGB (-) eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringen, § 250 II Nr. 3 lit. b StGB (-) 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+) III. § 251 StGB 1. Tatbestand

41 Fall 4 a. Grunddelikt: § 249 I StGB
b. Schwere Folge: Tod eines anderen Menschen hier (+) Tod des P c. Kausalität hier (+) P verstarb durch einen aufgrund der Aufre-gung infolge Bedrohung mit dem Taschenmesser erlittenen Herzinfarkt d. Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang (Unmittelbarkeitszusammenhang) = in der schweren Folge muss sich eine raub-spezifische Gefahr realisiert haben hier (+) Herzinfarkt des P ist gerade auf den Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels zurückzuführen

42 Fall 4 e. Zumindest Leichtfertigkeit hinsichtlich der schweren Folge
= der Täter handelt grob achtlos und beachtet nicht, was sich jeder Person in der Rolle des Täters hätte aufdrängen müssen hier (-) demjenigen, der jemandem ein Messer vor-hält, muss sich vorbehaltlich entgegenstehender An-haltspunkte (Alter des Opfers, Kenntnis von Herz-leiden) noch nicht aufdrängen, dass das Opfer vor Aufregung einen Herzinfarkt erleidet (a.A. gut vertretbar) 2. Ergebnis (-)

43 Fall 4 IV. § 222 StGB 1. Tatbestand
a. Tathandlung, Taterfolg u. Kausalität b. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung u. objektive Vor-herbarkeitkeit c. Objektive Zurechnung 2. Rechtswidrigkeit 3. Schuld subjektive Sorgfaltspflichtverletzung u. subjektive Vorhersehbarkeit (+)

44 Fall 4 Nichtvorliegen von Entschuldigungs- u. Schuld-ausschließungsgründen 4. Ergebnis (+) V. Ergebnis zum 2. TK Strafbarkeit des A gem. §§ 250 II Nr. 1 Var. 2, 222, 52 StGB § 249 I StGB tritt als lex generalis hinter § 250 StGB zurück § 250 I Nr. 1 StGB tritt hinter § 250 II Nr. 1 StGB im Wege der Subsidiarität zurück

45 Fall 4 Gesamtergebnis und Konkurrenzen
Strafbarkeit des A gem. gem. §§ 239 I, 123 I, 52 StGB; § 242 I StGB; §§ 250 II Nr. 1, 222, 52 StGB; 53 StGB Hinweis: Wenn § 251 StGB bejaht wurde, tritt § 222 StGB im Wege der Subsidiarität hinter diesem zurück.

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