Vorsorge in Gesundheitsfragen Patientenverfügungen.

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 Präsentation transkript:

Vorsorge in Gesundheitsfragen Patientenverfügungen

Gliederung →Was ist eine Patientenverfügung? →Was ist beim Abfassen zu beachten? →Wie wird eine Patientenverfügung vom Arzt umgesetzt? →Weitere häufig gestellte Fragen

Was ist eine Patientenverfügung?

In einer Patientenverfügung kann man schriftlich den Willen über die Art und Weise einer ärztlichen Behandlung für den Fall festlegen, dass man infolge eines Unfalls, einer schweren Erkrankung oder auch durch Nachlassen der geistigen Kräfte im Alter nicht selbst einwilligen kann. Was ist eine Patientenverfügung? nach „Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“ 2013

Ein einwilligungsfähiger Volljähriger legt für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich fest, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt. nach § 1901a BGB („Patientenverfügungsgesetz“) Was ist eine Patientenverfügung?

Welche weiteren vorsorgenden Regelungen in Gesundheits- angelegenheiten gibt es? →Vollmacht →Betreuungsverfügung

Benennung einer Person des Vertrauens („Bevollmächtigter“), die bereit ist, im Bedarfsfall für den Patienten zu entscheiden und seine Interessen zu vertreten. Vollmacht auch genannt: „Vorsorgevollmacht“ (in Gesundheitsangelegenheiten)

Vorgabe für das Betreuungsgericht, wer im Fall der Einrichtung einer Betreuung als Betreuer gewünscht wird. Dieser Vorgabe ist für das Gericht verbindlich. Betreuungsverfügung Beachte: Ein Bevollmächtigter kann auch als Betreuer bestimmt werden. In einer Betreuungsverfügung können auch noch andere individuelle Angelegenheiten bestimmt werden (z.B. Umgang mit Vermögen etc).

Wer macht was? Bevollmächtigte, Betreuer Patient Bevollmächtigter Gericht Betreuer benennt in der „Vorsorgevollmacht“ beauftragt („Betreuung“) schlägt vor in der „Betreuungsverfügung“

Was ist beim Abfassen zu beachten?

Schwierigkeiten beim Abfassen →zukünftige gesundheitliche Situationen sind kaum abzusehen →die eigenen Wünsche sind nur schwer vorausschauend festzulegen →es fehlen die notwendigen medizinischen Kenntnisse für fachgerechte Aussagen

Empfehlung zum Vorgehen beim Abfassen Patientenverfügungen sind primär eine Handlungsanweisung an den Arzt: →Verwendung eines standardisierten Mustervordrucks →Rückgriff auf ärztliche Hilfe beim Abfassen

Wann liegt eine wirksame Patientenverfügung vor? →der Verfasser ist volljährig →die Verfügung wurde nicht widerrufen →die aktuelle Gesundheitsschädigung ist benannt (Diagnose und Prognose) →konkrete Behandlungsmaßnahmen sind benannt und indiziert

Wo findet man Hilfe und weitere Informationen? →Bundesjustizministerium ( Betreuungsrecht/Patientenverfügungen/Vorsorgevollmacht →Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbrauerschutz ( Vorsorge für Unfall, Krankheit Alter →Bundesärztekammer ( Empfehlungen zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxiswww.bundesaerztekammer.de →Lokale Betreuungsvereine →Notare, Rechtsanwälte

Wie wird eine Patientenverfügung vom Arzt umgesetzt?

Das Vorgehen in der konkreten Behandlungssituation ist seit dem geregelt im sog. Patientenverfügungsgesetz 3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechtes, §§ 1901 ff

Wenn ein Patient sich nicht mehr selbst äußern kann und eine Patientenverfügung vorliegt … § 1901a Patientenverfügung (Abs. 1) … prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Der Betreuer vertritt die Interessen des Patienten gegenüber Dritten!

§ 1901a Patientenverfügung (Abs. 5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend. Juristisch sind Bevollmächtigte und Betreuer gleichgestellt!

§ 1901a Patientenverfügung (Abs. 2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. wenn keine (zutreffende) Patientenverfügung vorliegt, dann vertritt der Betreuer den mutmaßlichen Willen!

§ 1901b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens (Abs. 1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztlichen Maßnahmen im Hinblick auf den Gesamtzustand des Patienten indiziert sind. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach §1901a zu treffende Entscheidung. Indikation als Voraussetzung für Erörterung!

„Erst ist die Indikation zu prüfen, dann der Patientenwille!“ W. Putz + B. Steldinger 2011 Entscheidung zur Therapie medizinische Indikation Patientenwille (Patientenverfügung) Therapie +

§ 1901b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens (Abs. 2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach §1901a Abs.1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Abs.2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, soweit dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist. Angehörige werden gehört, können aber ohne Vorsorgevollmacht nicht entscheiden!

§ 1904 Genehmigung des Betreuungsgerichtes bei ärztlichen Maßnahmen Einwilligung oder Nichteinwilligung des Betreuers in eine Maßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichtes, wenn Lebens- gefahr oder schwerer Schaden droht. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Erfordernis einer Genehmigung entfällt, wenn Betreuer und Arzt einvernehmlich handeln. Bei Einvernehmen keine Beteiligung des Gerichts!

→Patient hat Patientenverfügung →Betreuer prüft Behandlungssituation →Betreuer vertritt Patientenwillen →Arzt prüft Behandlungsindikation →Arzt erörtert Maßnahme mit Betreuer →Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer →Umsetzung der Entscheidung Der gesetzlich vorgesehene Entscheidungsalgorithmus (1)

→Patient hat Patientenverfüg. →Betreuer prüft Behand-lungssituation →Betreuer vertritt Patientenwillen →Arzt prüft Behandlungsindikation →Arzt erörtert Maßnahme mit Betreuer →Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer →Umsetzung der Entscheidung Der gesetzlich vorgesehene Entscheidungsalgorithmus (2) →Uneinigkeit bzgl. des Patientenwillens →Entscheidung durch Betreuungsgericht

→Patient hat Patientenverfüg. →Betreuer prüft Behand-lungssituation →Betreuer vertritt Patientenwillen →Arzt prüft Behandlungsindikation →Arzt erörtert Maßnahme mit Betreuer →Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer →Umsetzung der Entscheidung Der gesetzlich vorgesehene Entscheidungsalgorithmus (3) →Patient hat keine (zutreffende) Patientenverfügung →Betreuer ermittelt mutmaßlichen Patientenwillen

→Patient hat Patientenverfüg. →Betreuer prüft Behand-lungssituation →Betreuer vertritt Patientenwillen →Arzt prüft Behandlungsindikation →Arzt erörtert Maßnahme mit Betreuer →Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer →Umsetzung der Entscheidung Der gesetzlich vorgesehene Entscheidungsalgorithmus (4) →Patient hat keine (zutreffende) Patientenverfüg. →Betreuer ermittelt mutmaßlichen Patientenwillen →Uneinigkeit bzgl. des Patientenwillens →Entscheidung durch Betreuungsgericht Bei Gefahr im Verzug Maßnahmen auch ohne Genehmigung möglich!

Fazit der zivilrechtlichen Rechtsprechung (nach Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes) Patientenverfügungen waren in der Regel auslegungsbedürftig (bezüglich der konkreten medizinischen Situation). Die Gerichte wurden aber nicht mit Betreueranfragen überschwemmt. B. Knittel 2012

Weitere häufig gestellte Fragen

„In welchem Fall gilt meine Patientenverfügung (PV)?“ 1.Patient ist selbst nicht mehr entscheidungsfähig 2.PV ist schriftlich verfasst 3.Die Lage entspricht der Situation in der PV 4.Verbotene Maßnahmen werden nicht verlangt 5.Kein Anhalt für Willensänderung

„Kann ich in einer Patientenverfügung „Sterbehilfe“ wünschen?“ 1.„Aktive“ Sterbehilfe („Töten auf Verlangen“) ist untersagt. 2.„Passive“ Sterbehilfe („Sterben lassen“) ist erlaubt. „indirekte“ Sterbehilfe (Schmerzmittelgabe) möglich

„Welche Rolle spielen die Angehörigen? 1.Ohne Bevollmächtigung können Angehörige den Patienten nicht gesetzlich vertreten. Daher sollten Angehörige bevollmächtigt sein. 2.Als Bevollmächtigte legen Sie den mutmaßlichen Patientenwillen fest. 3.Als Bevollmächtigte vertreten Sie den mutmaßlichen Patientenwillen. 4.Als Bevollmächtigte müssen Sie sich mit dem Arzt einigen (und umgekehrt).

„Können Angehörige die Berücksichtigung einer Patientenverfügung unterbinden ?“ 1.Entscheidend ist der Wille des Patienten 2.Angehörige werden in der Regel gehört 3.Angehörige haben ohne Vollmacht kein Entscheidungsrecht 4.Angehörige können eingesetzt werden als - Vorsorgebevollmächtigte - Vorschlag für eine Betreuung

„Warum reicht nicht eine Generalvollmacht?“ 1.Gesetzlich werden durch eine Generalvollmacht Regelungen in Gesundheitsangelegenheiten nicht abgedeckt. 2.Hier bedarf es einer eigenen Bevollmächtigung („Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten“)

Zusammenfassung

→Patientenverfügungen sind rechtlich verbindlich. →Empfohlen wird die Schriftform, die Verwendung eines Vordrucks und eine ärztliche Beratung beim Abfassen. →Patientenverfügungen bedürfen in der Regel der Auslegung hinsichtlich des mutmaßlichen Willens. →Patientenverfügungen werden sinnvoll ergänzt und unterstützt durch eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung.