Strafrecht in der Zivilrechtsklausur -Teil 2 -

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Strafrecht in der Zivilrechtsklausur -Teil 2 -

Gliederung Wiederholung Einverständnis/ Einwilligung Kleiner Fall Einwilligung als Rechtfertigungsgrund Schuld Hanja Rebell-Houben

Wiederholung: Prüfung des Tatbestandes Grundsatz: 3-stufiger Deliktsaufbau bei Vorsatzdelikten I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Wiederholung: Prüfung des Tatbestandes 1. Objektiver Tatbestand Prüfung aller Umstände, welche die Tat umschreiben und in der jeweiligen Norm aufgeführt sind (Besonderer Teil des StGB oder andere Gesetze, die eine Zuwiderhandlung mit Strafe bedrohen). Beispiel: § 303 StGB (1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Wiederholung: Prüfung des Tatbestandes 1. Objektiver Tatbestand a. Erfolg b. Handlung Die Handlung ist vom Reflex abzugrenzen. Quelle: Jäger Examensrepetitorium Rn. 25 c. Kausalität „Eine Handlung ist kausal für den Eintritt des Erfolges, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne, dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.“ Quelle: Jäger Examensrepetitorium Rn. 27 d. Objektive Zurechnung bei Erfolgsdelikten Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Wiederholung: Prüfung des Tatbestandes 2. Subjektiver Tatbestand Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht (§ 15 StGB). Definition: Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Quelle: Wessels/Beulke Rn. 306 Beispiele für Straftaten, die fahrlässig verwirklicht werden können: § 229 StGB – Fahrlässige Körperverletzung § 222 StGB – Fahrlässige Tötung Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Wiederholung: Prüfung des Tatbestandes 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatzarten: Absicht = dolus directus I (Zielgerichtetes Wollen) Direkter Vorsatz = dolus directus II (Gesteigertes Wissen) Bedingter Vorsatz = dolus eventualis (Eventualvorsatz) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Abgrenzung Einverständnis zur Einwilligung Das Einverständnis wirkt sich auf der Ebene des Tatbestandes aus und schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit der Tathandlung aus.   Die Einwilligung stellt einen Rechtfertigungsgrund dar und lässt die Rechtswidrigkeit der Handlung entfallen. Wann ist ein Einverständnis möglich? Im Tatbestand wird ein Verhalten gegen oder ohne den Willen des Verletzten vorausgesetzt. Quelle: Wessels/Beulke Rn. 543ff Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Abgrenzung Einverständnis zur Einwilligung Beispiel: § 123 StGB: Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt […]. Weitere Beispiele sind z.B. §§ 123, 177, 235, 239, 240, 242 StGB   Nicht aber bei § 223 StGB: Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt […]. Weitere Beispiele: §§ 303, 303a, 304, 305, 305a StGB Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Abgrenzung Einverständnis zur Einwilligung Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Einverständnisses: Natürliche Willensfähigkeit Wenigstens innere Zustimmung (Duldung alleine zu wenig) Freiwilligkeit Zum Zeitpunkt der Tat Keine Erklärung notwendig (weder ausdrücklich noch konkludent) Quelle: Wessels/Beulke Rn. 545ff Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 5 T sieht im Schaufenster des Kaufhauses des K ein T-Shirt, welches er schon lange haben möchte. Da er derzeit knapp bei Kasse ist, beschließt er das Kaufhaus zu betreten und das T-Shirt ohne zu bezahlen mitzunehmen. Hierzu verstaut er das T-Shirt, welches nicht gesondert gesichert ist, in seinem Rucksack und verlässt das Kaufhaus. Strafbarkeit des T? Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 5 Strafbarkeit gem. § 242 StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache Tathandlung: Wegnahme Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 5 1. Tatbestand b. Subjektiver Tatbestand Vorsatz bzgl. der Erfüllung aller obj. Merkmale sowie Zueignungsabsicht   Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale (+) Zueignungsabsicht Aneignungsabsicht (+) Enteignungsvorsatz (+) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 5 1. Tatbestand Rechtswidrigkeit der Zueignung (+) Objektive - Rechtswidrigkeit der Zueignung Vorsatz - Rechtswidrigkeit der Zueignung   c. Zwischenergebnis Der Tatbestand des § 242 StGB ist erfüllt. 2. Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 5 II. Strafbarkeit gem. § 123 StGB   1. Objektiver Tatbestand a. Tatobjekt: Geschäftsraum b. Tathandlung: Eindringen Betreten gegen den Willen des Berechtigten (P) Generelle Erlaubnis gegenüber dem allgemeinen Publikumsverkehr c. Zwischenergebnis: Objektiver Tatbestand (-) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Rechtswidrigkeit und Schuld Grundsatz: 3-stufiger Deliktsaufbau bei Vorsatzdelikten I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Rechtswidrigkeit und Schuld Merke für die Klausur: In der Regel reicht der Satz: „Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.“ Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Rechtswidrigkeit und Schuld Die wichtigsten Rechtfertigungsgründe: Einwilligung, mutmaßliche Einwilligung, hypothetische Einwilligung Notwehr § 32 StGB; zivilrechtliche Notwehr § 227 BGB Allgemeines Selbsthilferecht, § 229 BGB - zur Sicherung eines zivilrechtlichen Anspruchs Zivilrechtlicher Notstand, § 228 BGB; § 904 BGB Allgemeiner rechtfertigender Notstand § 34 StGB Erziehungsrecht der Eltern Festnahmerecht § 127 StPO Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Einwilligung Einwilligung: Die Einwilligung ist ein Verzicht auf den Rechtschutz. Voraussetzung ist daher, dass eine Disponibilität des geschützten Rechtsguts vorliegt. Diese fehlt bei Allgemeinrechtsgütern oder aber auf Grund von Sonderregelungen. Der Einwilligende muss verfügungsberechtigt sein. Der Einwilligende muss einwilligungsfähig sein. Die Einwilligung muss frei von Willensmängel sein. Kein Verstoß gegen die guten Sitten. Quelle: Wessels/Beulke Rn. 550 ff. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Einwilligung Mutmaßliche Einwilligung: Die Einwilligung wäre rechtlich zulässig ist aber aus tatsächlichen Gründen nicht möglich. Insbesondere im Arztrecht: Die Einwilligung kann nicht oder nicht rechtzeitig eingeholt werden. Bei einwilligungsunfähigen Personen ist z.B. eine Patientenverfügung zu beachten (§ 1901a BGB). Übereinstimmung der Täterhandlung mit dem hypothetischen Willen des Betroffenen. Handeln im materiellen Interesse des Betroffenen. Quelle: Wessels/Beulke Rn. 569 Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Einwilligung Mutmaßliche Einwilligung: Abgrenzung zur hypothetischen Einwilligung (in § 630 h Abs. 2 BGB normiert) Bei der hypothetischen Einwilligung wären die Aufklärung und Einwilligung möglich gewesen. Die Strafbarkeit ist ausgeschlossen, wenn der Verletzte bei wahrheitsgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte. Quelle: Wessels/Beulke Rn. 580 ff. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 Ausgangsfall: O hat sich beim Basketballspielen am Sprunggelenk verletzt. Der behandelnde Arzt A röntgt das Sprunggelenk und erkennt, dass eine sofortige Notoperation erforderlich ist, um bleibende Schäden bei O zu verhindern. Er klärt O über die Risiken auf, dieser willigt in die Operation ein. Abwandlung: Was ändert sich, wenn O sich nicht beim Basketballspielen verletzt hat, sondern einen Autounfall hatte und beim Eintreffen des Arztes bewusstlos ist? Strafbarkeit des A gem. § 223 StGB? Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 Ausgangsfall: Strafbarkeit gem. § 223 StGB 1. Tatbestandsmäßigkeit a. Objektiver Tatbestand   Körperliche Misshandlung Jede üble und unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden und die körperliche Integrität des Opfers mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. (P) Ärztlicher Heileingriff h.M. (+) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 1. Tatbestandsmäßigkeit b. Subjektiver Tatbestand c. Zwischenergebnis Der Tatbestand des § 223 StGB ist erfüllt. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 2. Rechtswidrigkeit a. Einwilligung Zustimmung auf Grund von Aufklärung (+) Der Einwilligende muss verfügungsberechtigt sein (+) Der Einwilligende muss einwilligungsfähig sein (+) Die Einwilligung muss frei von Willensmängel sein (+) Kein Verstoß gegen die guten Sitten (+) b. Zwischenergebnis: RWK (-) 3. Ergebnis Strafbarkeit gem. § 223 StGB (-) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 Abwandlung Strafbarkeit gem. § 223 StGB 1. Tatbestandsmäßigkeit a. Objektiver Tatbestand   Körperliche Misshandlung (P) Ärztlicher Heileingriff h.M. (+) b. Subjektiver Tatbestand (+) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 2. Rechtswidrigkeit a. Einwilligung Zustimmung auf Grund von Aufklärung (-), keine ausdrückliche Erklärung Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 2. Rechtswidrigkeit b. Mutmaßliche Einwilligung Subsidiär zur ausdrücklichen Einwilligung für Fälle, in denen eine wirksame Einwilligung fehlt, weil der Patient nicht befragt werden kann und der Eingriff dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.   Disponibilität Verfügungsbefugnis Einwilligungsfähigkeit Übereinstimmung der Täterhandlung mit dem hypothetischen Willen des Betroffenen Subjektives Rechtfertigungselement Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 6 2. Rechtswidrigkeit c. Ergebnis Eine mutmaßliche Einwilligung des O liegt vor. Somit ist die Tathandlung des A gerechtfertigt und A ist nicht strafbar nach § 223 StGB. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Schuld Schuld Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand Rechtswidrigkeit Schuld Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Schuld „Ist das Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 S. 1 StGB eine Strafnorm, so muss der Vorsatz nach strafrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Missachtung aber unter Strafe gestellt wird. Führt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB zur Schuldlosigkeit, so schließt dies auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus.“ BGH, Urteil vom 16.05.2017 - VI ZR 266/16 Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Fahrlässigkeit Fahrlässiges Erfolgsdelikt: Bei Fahrlässigkeitsdelikten wird der gesetzliche Tatbestand durch eine pflichtwidrige Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt. § 229 StGB Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht… Eigener Prüfungsaufbau und nicht nur Prüfung der Schuldform! Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Fahrlässigkeit Fahrlässiges Erfolgsdelikt: I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Täter, Taterfolg 2. Tathandlung 3. Kausalität Objektive Sorgfaltspflichtverletzung War der tatbestandliche Erfolg objektiv vorhersehbar und hat der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen Betrachtung der Gefahr ex ante Objektive Vorhersehbarkeit Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Fahrlässigkeit Fahrlässiges Erfolgsdelikt: Objektive Zurechenbarkeit/Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen Handlung und Erfolg Schutzzweckzusammenhang zur verletzten Sorgfaltsnorm Keine Unvermeidbarkeit des Erfolgs bei hypothetisch rechtmäßigem Alternativverhalten Keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers II. Rechtswidrigkeit Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Fahrlässigkeit Fahrlässiges Erfolgsdelikt: III. Schuld Schuldfähigkeit und Fehlen von Entschuldigungsgründen Fahrlässigkeitsschuld (= subjektiver Sorgfaltsverstoß bei subjektiver Voraussehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs und des Erfolgs) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Fahrlässigkeit Fahrlässig begehbar sind u.a. die folgenden Delikte: § 222 StGB – Fahrlässige Tötung § 229 StGB – Fahrlässige Körperverletzung § 306d StGB – Fahrlässige Brandstiftung Nicht aber z.B. § 303 StGB Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 7 T bricht in die Wohnung des O ein, welche sich im ersten Stock befindet. E beabsichtigt wertvolle Gegenstände zu stehlen. Er findet die von ihm erhofften Gegenstände. Während des Einsteckens kommt O überraschend aus dem Urlaub zurück. T möchte nicht von O erkannt und womöglich angezeigt werden und klettert daher schnell entschlossen aus dem Fenster, um zu entkommen. O verfolgt den T und klettert ebenfalls aus dem Fester. O stürzt hierbei in die Tiefe bricht sich den Arm. Eine andere Möglichkeit der Verfolgung bestand nicht. Strafbarkeit des T? Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 7 I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Taterfolg Körper- bzw. Gesundheitsverletzung Tathandlung Kausalität i.S.d. Äquivalenztheorie 4. Sorgfaltspflichtverletzung des O bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs (objektive Fahrlässigkeit) Herausforderung zur Verfolgungsjagd als selbstgefährdendes Tun 5. Pflichtwidrigkeitszusammenhang Der Erfolg ist nur dann zurechenbar, wenn sich im Schadenserfolg gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, die durch die Verletzungshandlung geschaffen worden ist und deren Eintritt nach dem Schutzzweck der Norm vermieden werden sollte. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 7 II. Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. III. Schuld Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich Fahrlässigkeitsschuld (= subjektiver Sorgfaltsverstoß bei subjektiver Voraussehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs und des Erfolgs) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 G ist Prostituierte. A schließt mit G einen Vertrag über die Erbringung von Dominaleistungen für ein Entgelt in Höhe von 4.000 €. G erhielt von A vorab einen Scheck, welcher, wie A wusste, nicht gedeckt war. Im Anschluss erbrachte G ihre Leistung. (abgewandelt BGH, Urteil vom 02.02.2016 – 1 StR 435/15) Ansprüche der G gegen A? Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 A. Ansprüche aus Vertrag werden vorweg geprüft B. § 823 Abs. 1 BGB (-); kein Schutz des Vermögens C. Ein Anspruch der G gegen A auf Schadensersatz könnte sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ergeben. I. Schutzgesetz: § 263 StGB (+) Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 II. Verstoß? 1. Tatbestandsmäßigkeit a. Objektiver Tatbestand Täuschung über Tatsachen Wahrheitswidrige Behauptung oder ein sonstiges Verhalten, das einen bestimmten Erklärungswert hat und der Irreführung dient. Erregen oder Unterhalten eines Irrtums auf Grund der Täuschung Irrtum ist jede unrichtige, der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung über Tatsachen. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 Vermögensverfügung Der Begriff der Vermögensverfügung umfasst jedes tatsächliche Handeln, Dulden oder Unterlassen des Getäuschten, das bei diesem selbst oder bei einem Dritten unmittelbar zu einer Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinn führt. (P) Sind Dominaleistungen von dem Vermögensbegriff umfasst? Vermögensschaden Feststellung nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 b. Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht Wenn es dem Täter auf die Erlangung des Vorteils ankommt. Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Bereicherung c. Zwischenergebnis Der objektive und subjektive Tatbestand des § 263 StGB ist erfüllt. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 2. Rechtswidrigkeit 3. Schuld Rechtswidrigkeit Rechtswidrigkeit wird regelmäßig durch die Schutzgesetzverletzung indiziert. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Beispielsfälle – Fall 8 Verschulden In der Regel nicht zu prüfen, da bereits unter II. geprüft (§ 823 Abs. 2 S. 2 BGB). Schaden Haftungsausfüllende Kausalität der Schutzgesetzverletzung für den Schaden und obj. Zurechnung Anspruchskonkurrenz Ergebnis Ein Verstoß gegen das Schutzgesetz des § 263 StGB liegt vor. G kann einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gegen A geltend machen. Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Schadensberechnung Beachte: Beim Betrug können der strafrechtliche Schaden und der zivilrechtliche Schaden unterschiedlich hoch sein. Beispiel: BGH, NStZ 2016, 280 „Auch insoweit [Schneeballsystem] gelten die allgemeinen Grundsätze, also das Prinzip der Gesamtsaldierung, wonach der Vermögenswert unmittelbar vor der Vermögensverfügung mit dem unmittelbar nach ihr zu vergleichen ist (BGH Beschl. v. 18.2.2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 f. mwN). Spätere Entwicklungen, etwa in Gestalt der Erbringung der versprochenen Gegenleistung durch den Täter vor allem im Anfangsstadium eines auf Täuschung aufgebauten Geschäftsmodells, können lediglich einen Ausgleich für einen bereits eingetretenen tatbestandlichen Schaden darstellen.“ Ausrichtungsfeld Hanja Rebell-Houben

Kontakt Rechtsanwältin Hanja Rebell-Houben Rechtsanwälte Compart & Schmidt Part mbB Stresemannstraße 12 68165 Mannheim Tel.: 0621 / 411 025 Fax: 0621 / 411 027 h.rebell-houben@compart-schmidt.de