Stellvertretung Teil 2.

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Stellvertretung Teil 2

Anfechtung der Vollmacht Vorfrage: Was soll angefochten werden? Vollmachterteilung oder Ausführungsgeschäft? Und wegen was? Irrtum/Täuschung/Drohung beim Geschäftsherren (G) oder beim Vertreter (V)

Anfechtung des Ausführungsgeschäfts Das Ausführungsgeschäft entspricht nicht den Erwartungen des G Vertreter hat zB die falsche Sache gekauft Weil er (der Vertreter) sich geirrt hat zB Versprechen, Verschreiben oder Eigenschaftsirrtum Hat er damit VM überschritten, ohnehin keine Bindung des G Ansonsten klare Lösung in § 166 I: Irrtum des Vertreters ist relevant Gilt auch für die arglistige Täuschung

Willensmängel des Geschäftsherrn Willensmängel können auch bei G auftreten Insbes. wenn dieser den Vertreter anweist Irrtümer wirken so in die Vollmacht hinein Führen zum fehlerhaften Ausführungsgeschäft Oder Irrtum über die Geeignetheit/ Zuverlässigkeit des Vertreters Lösung?

Zwei Ansätze: § 166 II oder Anfechtung der Vollmacht? Anfechtung der Vollmacht unproblematisch, wenn noch nicht betätigt Kein praktischer Unterschied zum Widerruf Problematisch bei betätigter Vollmacht: V wird nachträglich zum Vertreter ohne VM Allerdings gutgläubig, also § 179 Abs.2, nicht Abs. 1 Negatives Interesse des Dritten (D) ist zu ersetzen V hat seinerseits Regress aus § 122 gegen G Trägt aber insoweit das Risiko der Vermögenslosigkeit

Alternative Lösung daher: Anfechtung der betätigten Vollmacht ausgeschlossen Statt dessen § 166 II analog Auch ohne bestimmte Weisung Anfechtung des Ausführungsgeschäfts Wenn G bei Selbstausführung anfechtungsberechtigt wäre Vorteil: V wird aus der Rückabwicklung herausgehalten Erfolgt allein im Verhältnis G – D

Abwicklung der Anfechtung: § 166 I und II betreffen nur den Anfechtungsgrund Sonstige Voraussetzungen müssen vorliegen Fristwahrung, Anfechtungserklärung Vertreter ist nicht anfechtungsberechtigt Bei Anfechtung des Ausführungsgeschäfts Erklärung ggü. D erforderlich

Begrenzung der Vertretungsmacht Trotz bestehender Vertretungsmacht keine Bindung des Vertretenen: Bei Missbrauch der Vertretungsmacht Betrifft vor allem Fälle, bei denen Können und Dürfen des Vertreters auseinander fallen zB Prokura, §§ 49 ff. HGB Prokurist hat VM zu allen Geschäften Außer Grundstücksgeschäften und Veräußerung des Unternehmens im Ganzen Intern kann Prokura aber beschränkt werden zB nur Einkaufsgeschäfte Was, wenn Prokurist die Beschränkung nicht einhält?

Missbrauch der Vertretungsmacht Grundsätzlich Bindung im Außenverhältnis, § 50 HGB Im Innenverhältnis aber Pflichtverletzung, § 280 BGB mit RF Schadensersatz Außerdem Widerruf der Prokura für die Zukunft möglich Wie aber, wenn D Die Beschränkung im Innenverhältnis kennt? Möglichweise sogar bewusst mit V zum Nachteil des G zusammenwirkt?

Missbrauch der Vertretungsmacht Bei Vorsatz und planmäßigem Zusammenwirken liegt § 826 BGB vor Ebenso wenig schutzwürdig ist D bei Kenntnis der Beschränkung Vollmacht im Außenverhältnis dient dem Verkehrsschutz Wer weiß, dass gegen die Weisungen des G verstoßen wird, ist nicht schutzwürdig Auch hier wieder Problem: Genügt auch Fahrlässigkeit? Etwa, wenn V Schecks veruntreut, und die Inkassobank das leicht hätte erkennen können? BGH: Ja, aber Schaden wird geteilt (§ 254) Das ist unsystematisch: Es geht um Bestehen der VM, nicht um SE Besser daher: Höhere Anforderungen (grobe Fahrlässigkeit), dann aber keine Teilung.

Selbstkontrahieren und Mehrvertretung, § 181 Beschränkung der VM zum Schutz des G: § 181 Regelt zwei Fälle: Selbstkontrahieren: Geschäft im Namen des Vertretenen mit dem Vertreter als dritte Partei Beispiel: Prokurist der G-GmbH bewilligt sich selbst Gehaltserhöhung

§ 181 2. Fall: Mehrvertretung V ist Vertreter zweier Parteien, G1 und G2 An sich kein Problem Bank in der Hauptversammlung der AG, Eltern mit mehreren Kindern Problem erst dann, wenn V die beiden G als Vertragspartner zusammenbringt: Makler M hat Verkaufs- Vollmacht von G1, Kauf-Vollmacht von G2. Er schließt Kaufvertrag im Namen von G1 und G2 Diesem Vertrag fehlt die Richtigkeitsgewähr Kein Aushandeln möglich M ist beiden Parteien gleich verpflichtet, wie soll er für angemessenen Preis sorgen?

§ 181: Daher: Begrenzung einer an sich bestehenden VM Prokurist kann sich keine Gehaltserhöhung bewilligen Aber Genehmigung möglich (§ 177) Und auch insgesamt Befreiung von der Norm Wortlaut „sofern ihm nicht.. ein anderes gestattet ist“… Vertretener kann auf den Schutz verzichten Häufig bei GF von Unternehmen, die in mehrere Gesellschaften segmentiert sind Befreiung ist hier nötig zum Leistungsaustausch zwischen den Schwestergesellschaften 2. Ausnahme: Reines Erfüllungsgeschäft Verbindlichkeit besteht schon, daher keine größere Gefahr für den Vertretenen

Überschießender Regelungsbereich § 181 ist formales Recht Begrenzt VM in den beiden Konstellationen, die genannt sind Interessenkollision keine Voraussetzung Das führt zu Unschärfen in beiden Richtungen: § 181, obwohl Geschäft für den Vertretenen ungefährlich Geschäft von § 181 nicht erfasst, obwohl für den Vertretenen gefährlich Analogie/Restriktion?

Beispiel: Schenkung an Kinder Eltern wollen mit Kind Schenkungsvertrag (§ 516) schließen Wie geht das?

Restriktion des § 181 § 181 würde das verbieten: Selbstkontrahieren liegt formell vor Befreiung nicht möglich: Befreiung durch Kind scheitert an § 107 Befreiung durch Eltern wieder an § 181 Ergänzungspfleger (§ 1909) nötig! Anwendung auch, wenn Interessenkollision klar fehlt? hM: (-), Lösung entsprechend § 107: Wenn K lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ist das Insichgeschäft unbedenklich Insbes. könnte beschränkt GF ja auch selbst handeln Grenze also nur dort, wo persönliche Verpflichtung entsteht zB Schenkung einer ETW, BGHZ 78, 28, 31 ff.

Ausdehnung des § 181 Interessenkollision ohne Personenidentität Als allgemeine Regeln nicht anerkannt Lösung eher mit anderen Mitteln: Gesetzesumgehung, Beispiel: Vertreter schaltet Untervertreter ein, um die Konstellation des § 181 zu vermeiden Missbrauch der Vertretungsmacht, Beispiel: Vertreter verpflichtet den Geschäftsherrn zur Bürgschaft für seine Privatschulden Hier muss sich dem D aufdrängen, dass Unternehmen normalerweise nicht für die Schulden ihrer Angestellten bürgen Missbrauch evident, keine VM des V.

Sonderproblem: Wissenszurechnung Viele Normen stellen auf Wissen und Wissen- Müssen ab zB § 932, § 442/444 Problematisch bei juristischen Personen, die selbst keine „Kenntnis“ haben können. Das Wissen der Handelnden wird zugerechnet: § 166 I und II beim Stellvertreter § 278 beim Erfüllungsgehilfen § 31 beim Organ (zB Geschäftsführer)

Wissenszurechnung Problem ist das Wissen von Personen, die an dem fraglichen Rechtsgeschäft nicht beteiligt sind Beispiel: BGHZ 132, 30 Gemeinde G verkauft an K ein Grundstück Wird dabei vom Bürgermeister (B1) und einem Beigeordneten (B2) vertreten Das Grundstück hat einen Fehler Das wussten B1 und B2 nicht Wohl aber der Leiter des Liegenschaftsamtes Der aber an dem Verkauf Nicht beteiligt und Vor Vertragsschluss pensioniert worden war.

Wissenszurechnung Nur Einzelnormen? Wissenszurechnung als Rechtsprinzip? Vor allem bei Organen und Wissensvertretern Also Zurechnung ohne Ausnahme Auch bei verstorbenen oder ausgeschiedenen Mitarbeitern Ohne Unterscheidung dienstlich/privat Zurechnung sofort (keine Frist zur Kommunikation)

Wissenszurechnung Vermittelnde Lösung des BGH Pflicht zur „Organisation der Kommunikation“ Gleichstellung mit natürlicher Person Wissensspeichersysteme treten an Stelle des Gedächtnisses Archivierung/ Weiterleitung durch den Wissenden Abfrage durch den Handelnden als Rechtspflicht

Wissenszurechnung Nachteile der Lösung: Sehr einzelfallbezogen Änderung der Pflichten mit dem Stand der Kommunikationstechnik Fahrlässigkeitsmaßstab Wissen- müssen wird mit Wissen gleichgesetzt Zurechnung auch des Wollenselements bei der Arglist? §§ 123 und 444 nur mühsam zu bewältigen