Einheit 2: Amtshaftungsanspruch Teil 1

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Einheit 2: Amtshaftungsanspruch Teil 1 Staatshaftungsrecht Einheit 2: Amtshaftungsanspruch Teil 1 Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 A. Überblick und Rechtsgrundlage Art. 34 GG normiert in Verbindung mit § 839 BGB die Besondere Form der Amtshaftung, mit der Überleitung der Haftung des Beamten auf den Staat. Historisch geht dies auf die sog. Mandatstheorie zurück. Was war das noch mal? Bereits im 19. Jahrhundert wurde die persönliche Haftung in einigen Staaten nicht mehr als zeitgemäß angesehen, die daher eine Überleitung der Haftung auf den Staat vorsahen. In Weimar wurde diese etwas umständliche Konstruktion übernommen und fand dann auch Eingang in das Grundgesetz. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 Art. 34 GG und § 839 BGB bilden damit eine einheitliche Anspruchsgrundlage. Art. 839 BGB fungiert dabei gewissermaßen als die „haftungsbegründende Norm“, Art. 34 GG sorgt anschließend für die Überleitung der Haftung auf den Staat. Allerdings führt Art. 34 GG auch zu einer partiellen Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 839 BGB: Während bei § 839 BGB nämlich nur Statusbeamte erfasst sind, betrifft Art. 34 GG „jedermann“ und damit den Beamten im „haftungsrechtlichen Sinne“. Daher ist es im Ergebnis dogmatisch auch nicht vorgegeben in welcher Reihenfolge die Normen genannt werden. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 Welche Regelungen beinhaltet Art. 34 GG? S. 1 bestimmt zunächst die Überleitung der Haftung. Danach trifft die Verantwortlichkeit grds. den Staat oder die Körperschaft in deren Dienst die Person steht, die in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes die ihr einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Daraus folgt zunächst: Es geht um öffentlich-rechtliche Haftung. Die Haftung trifft den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst die Person steht. Die Überleitung ist nicht an den formalen Beamtenstatus geknüpft. Die Haftung setzt die Verletzung drittgerichteter Amtspflichten voraus. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 S. 2 bestimmt, dass der Staat oder die Körperschaft ggf. Regress bei der handelnden Person nehmen kann, sofern diese vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Merke: Im Grundsatz bleibt also auch in diesen Fällen der Staat oder die Körperschaft Haftungsschuldner. Allenfalls in besonderen Konstellationen kann etwas anderes gelten. S. 3 bestimmt schließlich, dass Amtshaftungsansprüche auf den ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sind. Hintergrund bildete ein gewisses Misstrauen gegen die Verwaltungsgerichtsbarkeit als die „Gerichtsbarkeit des Staates“, das heute jedoch überholt erscheint. Die Regelung sollte rechtspolitisch daher überdacht werden. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 Welche Regelungen beinhaltet § 839 BGB? Abs. 1 S. 1 bestimmt zunächst den Grundsatz der persönlichen Haftung bei Verletzungen drittgerichteter Amtspflichten. Hier greift dann die in Art. 34 S. 1 GG niedergelegte Überleitung: Die persönliche Haftung des Beamten geht auf den Staat über, d.h. es haftet nur noch der Staat. Der Beamte haftet nicht neben dem Staat, sondern überhaupt nicht mehr. Abs. 1 S. 2 bestimmt die Subsidiarität der Haftung. Diese Regelung diente der Abmilderung der persönlichen Haftung. Auf diese Weise haftete der Beamte zwar persönlich aber immerhin nur subsidiär. Mit der Überleitung nach Art. 34 GG hat diese Norm ihre Berechtigung verloren. Sie wird in der Rechtsprechung daher auch restriktiv interpretiert, ist aber weiterhin geltendes Recht. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1 Abs. 2 S. 1 enthält das sogenannte „Spruchrichterprivileg“, das der Rechtssicherheit dient und daher besser als „Richterspruchprivileg“ bezeichnet werden sollte. Nach Abs. 2 S. 2 greift dieses Privileg jedoch nicht bei pflichtwidriger Verweigerung oder Verzögerung der Amtsausübung. Siehe jetzt auch § 198 Abs. 1 GVG – eine Regelung, die auf ein Urteil des EGMR zurückgeht. Abs. 3 schließlich enthält eine besondere Ausprägung des Mitverschuldens. Danach ist eine Haftung ausgeschlossen, sofern es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18

Amtshaftungsanspruch Teil 1: Prüfungsschema Jemand In Ausübung eines öffentlichen Amtes Verletzung einer Amtspflicht Drittgerichtetheit der Amtspflicht Verschulden Kausaler Schaden Keine anderweitige Ersatzmöglichkeit Kein Haftungsausschluss Mitverschulden Art und Umfang des Schadensersatzes Anspruchsgegner Verjährung Rechtsweg Priv.-Doz. Dr. Alexander Thiele 28/11/18