Scheinselbständigkeit Risiken und Lösungsansätze

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 Präsentation transkript:

Scheinselbständigkeit Risiken und Lösungsansätze

Inhaltsübersicht 1. Beispielsfall 2. Folgen der Scheinselbständigkeit 3. Definition und Abgrenzung 4. Merkmale der Scheinselbständigkeit 5. Risikovermeidungsstrategien

1. Beispielsfall Unternehmer U unterhält einen Baggerbetrieb. Er beschäftigt den Subunternehmer S und schließt mit diesem einen Werkvertrag ab. Beide gehen davon aus, dass S selbständiger Unternehmer ist. S schreibt monatliche Rechnungen mit Umsatzsteuer, die U bezahlt und aus denen U die Vorsteuer in Abzug bringt.

1. Beispielsfall (Forts.) Betriebsprüfung bei U drei Jahre später! Feststellung der Prüfung: S = scheinselbständig  Arbeitnehmer des U! Welche Konsequenzen hat dies?

Inhaltsübersicht 2. Folgen der Scheinselbständigkeit 2.1 Folgen für den Auftragnehmer 2.2 Folgen für den Auftraggeber 2.2.1 Weisungsrecht 2.2.2 Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge 2.2.3 Lohnsteuerhaftung 2.2.4 Umsatzsteuerliche Folgen 2.2.5 Keine Abhilfe bei Gutgläubigkeit

2.1 Folgen für den Auftragnehmer Anspruch auf monatliches Gehalt (Honorar als Nettolohn) Kündigungsschutz Urlaubsanspruch Mutterschutz, Elternzeit Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Problem: private Krankenversicherung

Inhaltsübersicht 2.2 Folgen für den Auftraggeber 2.2.1 Weisungsrecht 2.2.2 Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge 2.2.3 Lohnsteuerhaftung 2.2.4 Umsatzsteuerliche Folgen 2.2.5 Keine Abhilfe bei Gutgläubigkeit

2.2.1 Weisungsrecht Auftraggeber U gerät in die Position des Arbeitgebers. Das bedeutet, Weisungsrecht hinsichtlich Arbeitsort Arbeitszeit Art und Weise der Durchführung

2.2.2 Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge Nachzahlungspflicht des Auftraggebers: Nachzahlungszeitraum: i.d.R. höchstens vier Jahre Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge Berechnungsgrundlage: gezahltes Entgelt = Nettoarbeitslohn Begrenztes Rückforderungsrecht

2.2.3 Lohnsteuerhaftung Haftung für nicht abgeführte Lohnsteuer Haftungszeitraum: begrenzt auf vier Jahre Berechnungsgrundlage: gezahltes Entgelt = Nettoarbeitslohn Keine vertragliche Regelung möglich

2.2.4 Umsatzsteuerliche Folgen Streichung des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen des Auftragnehmers Umsatzsteuernachzahlung Zinsbelastung Eigenes Prüfungsrechts des Finanzamts

2.2.5 Keine Abhilfe bei Gutgläubigkeit Keine Entlastung für U und S: Guter Glaube an die Selbständigkeit des S nützt nichts! Aber zumindest keine Strafbarkeit und kein Bußgeld für U mangels Vorsatzes.

Inhaltsübersicht Definition und Abgrenzung 3.1 Definition der Scheinselbständigkeit 3.2 Arbeitnehmerähnliche Selbständige 3.3 Freie Mitarbeiter

3.1 Definition der Scheinselbständigkeit Scheinselbständigkeit liegt vor bei persönlicher Abhängigkeit, d.h. wenn Personen aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses zu den abhängig Beschäftigten zählen, aber als Selbständige auftreten; nach dem Ergebnis einer Gesamtbetrachtung.

3.2 Arbeitnehmerähnliche Selbständige Personen, die keine versicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigen Personen, die im Wesentlichen und auf Dauer für nur einen Auftraggeber tätig sind Z.B.: Rechtsanwälte, Journalisten, Künstler, Franchisenehmer

3.2 Arbeitnehmerähnliche Selbständige (Fortsetzung) Es besteht Rentenversicherungspflicht, aber eigene Beitragsabführungs-pflicht des Auftragnehmers  Kein Risiko für den Auftraggeber In der Regel aber Erhalt der Unternehmereigenschaft und damit des Vorsteuerabzugs

3.3 Freie Mitarbeiter Freie Mitarbeiter Personen, die eine selbständige unternehmerische Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen auf dienst- oder werkvertraglicher Grundlage ausführen Ergebnis einer Gesamtbetrachtung. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist kein Abgrenzungskriterium Es besteht keine Sozialversicherungspflicht

Inhaltsübersicht 4. Merkmale der Scheinselbständigkeit 4.1 Gesetzliche Merkmale 4.2 Frühere gesetzliche Vermutung 4.3 Indizien 4.4 Branchenkatalog

4.1 Gesetzliche Merkmale Persönliche Abhängigkeit nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Umstände des Beschäftigungsverhältnisses Gesetzlich normierte Anhaltspunkte/Indizien: Tätigkeit nach Weisung Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Gesetzliche Aufzählung nicht abschließend Keine Vermutungsregelung mehr!

4.2 Frühere gesetzliche Vermutungsregelung Scheinselbständigkeit (+) bei Erfüllung drei von fünf Kriterien: Keine Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber Die Tätigkeit wird regelmäßig durch Arbeitnehmer erbracht Es fehlen die typischen Merkmale unternehmerischen Handelns Vorherige Beschäftigung als Arbeitnehmer beim Auftraggeber mit einer Tätigkeit mit übereinstimmendem äußeren Erscheinungsbild Weiterhin gilt: Aufhebung der Beweislastregelung. Keine inhaltliche Änderung! Vermutung der Selbständigkeit bei Existenzgründungszuschuss.

4.3 Indizien Indizien für eine Scheinselbständigkeit sind: kein Firmenschild, keine eigenen Geschäftsräume kein eigenes Briefpapier, Visitenkarten Auftreten in Arbeitskleidung des Auftraggebers ausschließlich persönliche Arbeitserbringung kein Eigenkapital, keine eigenen Betriebsmittel strenge Berichtspflichten und/oder Kontrollen durch Auftraggeber

4.4 Branchenkatalog Branchenkatalog der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger Gesamtbetrachtung anhand von Indizien Auflistung von Berufsgruppen und deren Behandlung, z.B.: Freie Berufe: kein Indiz für Selbständigkeit Kurierdienst: eigenes Fahrzeug führt nicht zwingend zur Selbständigkeit Messehostess, Busfahrer, Pflegekräfte: i.d.R. Arbeitnehmer Tagesmütter: grds. selbständig Taxifahrer ohne eigenes Kfz: i.d.R. Arbeitnehmer Handelsvertreter: Aufhebung der Sonderstellung = Gesamtbetrachtung

Inhaltsübersicht Risikovermeidungsstrategien 5.1 Unproblematische Fallgestaltungen 5.2 Checkliste 5.3 Clearingverfahren

5.1 Unproblematische Fallgestaltungen Vermeidung einer Scheinselbständigkeit bei Einschaltung einer GmbH als Subunternehmer (keine Einmann-GmbH!) Einsatz eines bei der Künstlersozialkasse versicherten freien Mitarbeiters verbindlicher Klärung der Selbständigkeit durch das Clearing-Verfahren

5.2 Checkliste – Teil 1 I. Beschäftigung von Arbeitnehmern Ja Nein 1. Arbeitet der Subunternehmer alleine ohne Arbeitnehmer? 2. Sind ausschließlich geringfügig Beschäftigte (bis 400 €) für ihn tätig? 3. Handelt es sich bei den Arbeitnehmern ausschließlich um Familienangehörige?

5.2 Checkliste – Teil 2 II. Tätigwerden nur für einen Auftraggeber Ja Nein 1. Ist der Subunternehmer faktisch an einen Auftraggeber gebunden, weil ihm eine weitere Erwerbstätigkeit nicht möglich ist? 2. Macht der freie Mitarbeiter mehr als fünf Sechstel seines Umsatzes mit nur einem Auftraggeber?

5.2 Checkliste – Teil 3 III. Arbeitnehmertypische Leistungserbringung Ja Nein 1. Ist der Subunternehmer ebenso wie die Arbeitnehmer in das Unternehmen eingebunden? 2. Muss die geschuldete Leistung vom Subunternehmer persönlich erbracht werden? 3. Erbringen auch andere Arbeitnehmer diejenigen Leistungen, mit denen der Subunternehmer beauftragt ist? 4. Ist der Arbeitsort vorgegeben? 5. Ist die Arbeitszeit bestimmt? 6. Ist die Art und Weise der Auftragsabwicklung vorgegeben? 7. Werden dem Subunternehmer Termine vorgegeben?

5.2 Checkliste – Teil 4 IV. Unternehmerische Tätigkeit Ja Nein 1. Trägt der Subunternehmer das volle unternehmerische Risiko, ohne dass sich ihm unternehmerische Chancen eröffnen? 2. Ist der Subunternehmer an Preisvorgaben gebunden? 3. Ist der freie Mitarbeiter an Bezugsquellen gebunden? 4. Ist der freie Mitarbeiter in der Entscheidung über Kapitaleinsatz, Personal und Maschinen gebunden?

5.3 Clearingverfahren – Ablauf Antrag Antrag auf verbindliche Feststellung, dass die Beschäftigung einer konkreten Person nicht sozialversicherungspflichtig ist. 2. Zuständigkeit Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen der Deutschen Rentenversicherung Bund. 3. Form Es besteht Formularzwang. 4. Frist Die Antragsfrist ist ein Monat nach Aufnahme der Tätigkeit!

5.3 Clearingverfahren – Rechtsfolgen I. Bei Stattgabe des Antrags keine Sozialversicherungspflicht II. Bei Ablehnung des Antrags Sozialversicherungspflicht III. Vor Antragsablehnung Zwang zur Bekanntgabe der beabsichtigten Entscheidung, um den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben IV. Widerspruch und Klage möglich aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels

5.3 Clearingverfahren und Finanzverwaltung Klärung des Status gegenüber dem Finanzamt: Eigene Prüfungskompetenz des Finanzamts Keine Bindung an Entscheidung des Sozialversicherungsträgers Zusätzlich Anrufungsauskunft notwendig!

Scheinselbständigkeit Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit