Rechtsanwalt Lars Junghans Fachanwalt für Medizinrecht Starbild Juristische Hindernisse bei der orthopädisch-unfallchirurgischen Weiterbildung im ambulanten Sektor
Themenübersicht Rechtliche Schnittstellen bei der Weiterbildung Berufsrecht Vertragsarztrecht Zivilrecht (Überwachung/ Anwesenheit/ Haftung)
§ 5 Abs. 3 Muster WBO der Bundesärztekammer Berufsrecht § 5 Abs. 3 Muster WBO der Bundesärztekammer Der befugte Arzt ist verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten und grundsätzlich ganztägig durchzuführen sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend dieser Weiterbildungsordnung zu gestalten und die Richtigkeit der Dokumentation der Weiterbildung eines in Weiterbildung befindlichen Arztes gemäß § 8 zu bestätigen. Eine Aufteilung auf mehrere teilzeitbeschäftigte Weiterbildungsbefugte ist jedoch möglich, wenn durch komplementäre Arbeitszeiten eine ganztägige Weiterbildung gewährleistet ist. Dies gilt auch, wenn die Befugnis mehreren Ärzten an einer oder mehreren Weiterbildungs-stätten gemeinsam erteilt wird. Ist ein befugter Arzt an mehr als einer Weiterbildungsstätte tätig, ist eine gemeinsame Befugnis mit einem weiteren befugten Arzt an jeder Weiterbildungsstätte erforderlich.
Berlin! Berufsrecht Die Übernahme der Regelung der Muster-WBO ist in fast allen Bundesländern geglückt. Ausnahme: Berlin!
Berufsrecht § 5 Abs. 3 Muster – WBO (Auszug): „Eine Aufteilung auf mehrere teilzeitbeschäftigte Weiterbildungsbefugte ist jedoch möglich, wenn durch komplementäre Arbeitszeiten eine ganztägige Weiter-bildung gewährleistet ist. Dies gilt auch, wenn die Befugnis mehreren Ärzten an einer oder mehreren Weiterbildungsstätten gemeinsam erteilt wird.“
Berufsrecht PRAXISHINWEIS für Ärzte aus Berlin: Mit der Ärztekammer muss in einer individuellen Absprache ein Ausbildungskonzept vereinbart werden.
Realität: Sicherstellung der medizinischen Versorgung Vertragsarztrecht Zweck: Ausbildung Realität: Sicherstellung der medizinischen Versorgung „Spielregeln“ sind zu beachten, § 32 Abs. 2, 3 Ärzte-ZV Genehmigungserfordernis Keine Vergrößerung der Kassenarztpraxis Keine Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs Gefahr von Honorarrückforderungen/ Regressen
Vertragsarztrecht - Genehmigungserfordernis Weiterbildungsermächtigung des anstellenden Arztes Genehmigung der Beschäftigung des WA durch die KV Genehmigung kann nicht rückwirkende erteilt werden Vollzeit oder halbtags beschäftigte WA Zeitliche Befristung der Genehmigung Die Verlängerung bedarf erneut der Genehmigung durch die KV – kann nicht rückwirkend erteilt werden!
Vertragsarztrecht - Genehmigungserfordernis Konsequenzen bei Verstoß? Leistungen sind nicht abrechnungsfähig! Honorarrückforderung Schätzungsermessen der KV Abrechnungsbetrug VG Regensburg, Urt. v. 12.07.2016, Az. RO 5 K 15.1168 - Approbationsentzug bei Schaden von lediglich 18.000,00 €!
Vertragsarztrecht – Genehmigungserfordernis PRAXISHINWEIS: Dauer der Genehmigung im Praxiscomputer eintragen Erinnerung mind. 3 Monate vor Ablauf setzt und Antrag auf Verlängerung stellen oder neuen WA genehmigen lassen
Vertragsarztrecht – Keine Ausweitung der Kassenpraxis § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV Die Beschäftigung eines WA darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis dienen BSG, Urt. v. 17.03.2010, Az. B 6 KA 13/09 R - 25% Steigerung der Fallzahl maximal! Abgestellt worauf? „… auf den Praxisumfang zu Zeiten …, in denen der V-Arzt selbst voll tätig war.“ – Also ohne einen WA!
Vertragsarztrecht – Keine Ausweitung der Kassenpraxis Praxisumfang – Fallzahlzuwachs in der BAG/ im MVZ? Urteil des BSG betrifft Einzelpraxis Berliner KV stellt in MVZ/ BAG auf den einzelnen Vertragsarzt ab Keine Berücksichtigung des kooperativen Faktors MVZ/ BAG sind nicht vergleichbar mit Einzelpraxis KV stellt auf das jeweils „letzte“ Quartal ohne WA ab Beweis des ersten Anscheins
Vertragsarztrecht – Keine Ausweitung der Kassenpraxis PRAXISHINWEISE: Jungpraxen/ Neupraxen sollten erst aus eigener Kraft die Fallzahlen steigern Kein WA mit der Intension der Fallzahlsteigerung
Vertragsarztrecht – Keine Aufrechterhaltung übergroßer Praxis § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV Die Beschäftigung eines WA darf nicht der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen BSG, Urt. v. 17.03.2010, Az. B 6 KA 13/09 R - Übergroßer Praxisumfang (+), wenn das Doppelte bzw. Zweieinhalbfache des durchschnittlichen Praxisumfanges vorliegt.
Vertragsarztrecht – Keine Aufrechterhaltung übergroßer Praxis PRAXISHINWEISE: Keine Beschäftigung eines WA, wenn der Praxis-umfang (Fallzahlen oder abgerechnete Punkt-mengen) das Doppelte des Fachgruppendurch-schnitts überschreitet!
Zivilrecht – Überwachung/ Anwesenheit Patient hat Anspruch auf Facharztstandard Was ein WA darf und was nicht, ist im Gesetzt nicht geregelt Kann sich der weiterbildende Arzt auf den WA verlassen und diesen ohne Aufsicht allein tätig werden lassen? (OLG Oldenburg, Urt. vom 8.3.93 (5 U 14/93) Erfahrung des WA ist maßgeblich) Untersuchungen/ Behandlungen durch Anfänger? nur an den WA delegationsfähig, wenn dieser die Untersuchung sicher und lege artis durchführen kann Schwierige Operationen und Maßnahmen? Grundsatz: FA muss anwesend u. eingriffsbereit sein; Ausnahme: WA ist kurz vor FA-Prüfung
Zivilrecht – Überwachung/ Anwesenheit Urlaub/ Krankheit des weiterbildenden Arztes Persönliche Anleitung ständige Aufsicht Kurzzeitige Abwesenheit längere Abwesenheit PRAXISHINWEIS: Die Überwachungsintensität hängt von Qualifikation und Zuverlässigkeit des Assistenten ab. Die rechtliche Verantwortung behält aber der weiterbildende Arzt
Zivilrecht – Haftung Fehler des WA Haftung des Arztes wegen Organisationsverschulden Beweislast im Haftungsprozess OP durch Berufsanfänger muss immer (!) durch FA beaufsichtigt werden (BGH, Urt. V. 10.3.92, Az. VI ZR 64/91) PRAXISHINWEIS: Die Vermutung, dass der Fehler nicht auf der mangelnden Erfahrung des WA beruht muss der Behandler entkräften und beweisen, dass das Misslingen auch im Falle des Tätigwerden eines FA bzw. unter dessen Aufsicht nicht vermeidbar gewesen wäre.
Präoperative Aufklärung durch den WA? PRAXISHINWEIS: Zivilrecht – Haftung Präoperative Aufklärung durch den WA? PRAXISHINWEIS: Grundsätzlich nicht aufklärungspflichtig ist die Tatsache, dass ein noch in Ausbildung befindlicher Arzt operiert. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn es um einen schwerwiegenden Eingriff mit erheblichen Risiken geht – zumal dann, wenn sich durch die Beteiligung des Berufsanfängers das OP-Risiko erhöht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. JUNGHANS & RADAU Rechtsanwälte Fachanwälte Olivaer Platz 16 10707 Berlin Tel (030) 81 46 38 70 Fax (030) 81 46 38 99 info@junghans-radau.ded www.junghans-radau.de