Weg und Ergebnis des neuen

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 Präsentation transkript:

Weg und Ergebnis des neuen Oö. Behinderten-Gesetzes ‒ genannt Oö. Chancen-Gleichheits-Gesetz Klaudia Karoliny Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ 14. Juni 2016

Zeit-rahmen Gesetz-Werdung 2001 – 2008

Entstehungs-Geschichte zum Gesetz erste Überlegungen im Mai 2001 im Rahmen einer internen Klausur der Abteilung Soziales des Landes OÖ Start Veranstaltung im Juni 2001 Mitglieder der Arbeits-Gruppe im Juni Träger-Vertretungen: FAB, Barmherzige Brüder, Pro mente OÖ, Landespflege- und Betreuungszentren, Caritas für Menschen mit Behinderung Interessens-Gruppen-Vertretungen: Netzwerk Spinnen, Blindenverband, Selbstbestimmt-Leben-Initiative, BewohnerInnen-Rat St. Pius Verwaltung: Bezirks-Verwaltungs-Behörden Perg, Ried, Magistrat Linz, Abteilung Soziales, Verfassungs-Dienst externe Begleitung Univ. Prof. Dr. Walter Pfeil

Entstehungs-Geschichte zum Gesetz Arbeits-Gruppe hatte 17 Treffen 4 Plenar-Sitzungen (alle Träger und Interessens-VertreterInnen sowie Sozial-Ausschuss des Landes OÖ) 2003 Übermittlung an den Verfassungs-Dienst 2004 Möglichkeit der Begutachtung sowie Durchführung einer BürgerInnen-Begutachtung Nov. 2004 Start der Beratungen im Unter-Ausschuss (19 Sitzungen) Studien-Reise nach Schweden mit dem Unter-Ausschuss Einrichtungs-Besichtigungen in Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und Salzburg ExpertInnen-Hearings

Entstehungs-Geschichte zum Gesetz 2006/2007 budgetäre Verhandlungen mit dem Finanz-Referenten und dem Gemeinde- und Städte-Bund Beschluss vom 6. Dezember 2007 durch den Oö. Land-Tag kundgemacht am 11. April 2008 im Landes-Gesetz-Blatt Langform: Landes-Gesetz betreffend die Chancen-Gleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen Kurzform: Oö. ChG Inkraft-Treten 1. September 2008 gleichzeitig Außerkraft-Treten Oö. Bhg 1991 und teilweise Bestimmungen des Oö. SHG 1998

Ziel des Gesetzes und Geltungs-Bereich Chancengleichheit zur Erlangung einer Normalisierung Menschen mit Behinderungen sollen - so wie jeder andere auch – die Möglichkeit haben einen Beruf zu erlernen einer Beschäftigung nachzugehen ihr Wohnen und ihre Freizeit aktiv zu gestalten … Das Subsidiaritäts-Prinzip kommt zur Anwendung.

Ziel des Gesetzes und Geltungs-Bereich Vermeiden des Entstehens von Beeinträchtigungen und von Behinderungen Verringerung von Beeinträchtigungen Ermöglichung eines normalen Lebens und einer umfassenden Eingliederung in die Gesellschaft

Was wollte man mit dem Gesetz erreichen? Kompetenz-Verlagerung 1. Instanz Bezirksverwaltungs-Behörde (mehr Kompetenzen) 2. Instanz Land OÖ bzw. Unabhängiger Verwaltungs-Senat Organisation und Finanzierung von organisierten Fahr-Diensten zentral von Abteilung Soziales Finanzierung der pauschalierten und nichtpauschalierten Leistungen zentral von Abteilung Soziales Finanzierung von Leistungen außerhalb von Oberösterreich eine gesetzliche Grundlage für Menschen mit Beeinträchtigungen Definition des Behinderten-Begriffes nach der WHO – Menschen mit Beeinträchtigungen erleben in der Interaktion mit dem Umfeld eine Behinderung Umbenennung mancher Leistungen (z.B. Hilfe durch Beschäftigung auf „Fähigkeitsorientierte Aktivität“

Was wollte man mit dem Gesetz erreichen? Wegfall – Schul-Bereich und Kinder-Betreuungs-Einrichtungen ausgenommen Schulassistenz Übungsschulen, höhere Schulen und private Schulen Vorrang von ambulanten und mobilen Leistungen und dezentralen, kleinen Organisations-Einheiten Kosten-Ersatz/Kosten-Beitrag analog der Systematik im Sozial-Hilfe-Gesetz (wurde uns Betroffenen-Vertretungen erst zu spät bekannt) Subsidiäres Mindest-Einkommen (kurz: SMEK) Therapien Festlegung einzelner Therapien im Pflicht-Leistungs-Bereich (Hippo-Therapie, konduktive Mehrfach-Therapie) Abgrenzung zu Heil-Behandlungen der Sozial-Versicherungs-Träger; Land gewährt Zuschuss für behinderungs-bedingte Mehr-Aufwände im Förder-Bereich

Was wollte man mit dem Gesetz erreichen? zwingend Assistenz-Konferenz im Verfahren mit den Antrag-Stellenden bzw. künftigen Leistungs-Empfangenden Qualitäts- und Kosten-Management - verfeinerte Steuerungs-Instrumentarien individuelle Hilfe-Bedarfs-Erhebung mit standardisierten Fragebögen Norm-Kalkulations-Modelle, Leistungs-Preise Kontrolle, Aufsicht Anerkennung – Leistungs-Verträge Stärkung der Interessens-Vertretungen (in den Behinderten-Einrichtungen, aber auch im Planungs-Beirat und im Interessen-Vertretungs-Beirat) Der Einsatz von Peers (Betroffene beraten Betroffene), insbes. im Verwaltungs-Verfahren

Was ist aus dem Gesetz geworden? Nach wie vor nur „Pro-forma-“Rechtsanspruch auf Hauptleistungen, wie z.B. Persönliche Assistenz, berufliche Qualifizierung, Arbeit oder Wohnen: Es besteht ein Rechtsanspruch, aber auf keine bestimmte Leistung bzw. Maßnahme Leistungen und Maßnahmen sind von der budgetären Lage des Landes OÖ abhängig (seit 1 Jahr fast vollständiges Einfrieren von Leistungen/Maßnahmen) Leistungen/Maßnahmen werden mittels Bescheid gewährt, die auf Verlangen auch in leichter Sprache zugestellt werden

Was ist aus dem Gesetz geworden? Weiterhin Vorherrschen des Subsidiaritäts-Prinzips. Das heißt so viel, dass das Oö. ChG erst nachgeordnet zu anderen Gesetzen und Leistungen zum Einsatz kommt oder Leistungen erst vom Land OÖ übernommen werden, wenn die Einkommens- und Vermögens-Freigrenzen (siehe unten) überschritten sind; Transfer-Leistungen werden ebenfalls beansprucht, bevor sich das Land OÖ zuständig fühlt.  NEU: Grundsatz des vorrangigen Einsatzes eigener Mittel, was so viel heißt, dass Kosten- Beiträge für viele Leistungen aus Einkommen (Richtsatz: 1.500,-- Euro) und Vermögen (Richtsätze: 12.000,-- bzw. 40.000,-- Euro), noch vor einem Kosten- Beitrag z.B. aus dem Pflege-Geld (80 %-Deckelung) vorgeschrieben werden.

Was ist aus dem Gesetz geworden? Das SMEK wurde 2013 aufgrund gut gemeinter Verfahren durch das Vertretungs-Netz vom VfGH gekippt und in der Folge wiederum abgeschafft und die Existenz-Sicherung von Menschen mit Behinderungen im Oö. Bedarfs- orientierten Mindest-Gesetz (kurz: Oö. BMSG) verankert. Dies stellt sich im Nachhinein gesehen als ein Eigentor heraus. Es ist nicht unbekannt, dass auch im Oö. BMSG Oberösterreich eines der Schlusslichter darstellt, was ihre rigorose Vollziehung angeht. Es wird die erhöhte Familienbeihilfe auf den Richtsatz angerechnet und auch von den Eltern ein Unterhalt verlangt, sodass im Regelfall keinerlei Geld aus der BMS herausschaut – vor allem wenn Menschen mit Behinderungen in einer Einrichtung oder daheim wohnen.

Was ist im Laufe des Gesetz-Werdungs-Prozesses passiert? Interessen-Vertretungen und Behinderten- Verbände wurden vor allem am Beginn des Gesetz-Werdungs-Prozesses mit-einbezogen. Als es dann jedoch um die Verhandlung der Finanzen und Kosten-Beiträge ging, gab es großes Stillschweigen von Seiten des Landes OÖ. Ich möchte aber auch die Hol-Schuld der Interessen-Vertretungen und Behinderten-Verbände nicht unerwähnt lassen. Auch wir haben uns zu wenig um „unser“ Gesetz gekümmert.

Was ist im Laufe des Gesetz-Werdungs-Prozesses passiert? Es bestand auch nicht immer Einigkeit zwischen den einzelnen Behinderten-Gruppen bzw. nahmen es einige Behinderten-Vertretungen, die nicht so sehr vom Gesetz betroffen sind, nicht wirklich ernst und wirkten leider kaum unterstützend für die anderen, die keine starke Lobby haben. Im Konsultations-Mechanismus sprechen in der Regel öffentliche Stellen und Einrichtungen mit, die an der Sache oft kein Interesse haben, weil sie selbst davon nicht betroffen (wie Ärzte- Kammer, AK, …). Die wenigen kritischen Stimmen zu einem Gesetz werden übergangen.

Was ist im Laufe des Gesetz-Werdungs-Prozesses passiert? Ich hatte auch den Eindruck, dass sich PolitikerInnen zu wenig mit der Gesetzes-Materie und deren Auswirkungen auseinander-gesetzt haben, weil das Gesetz einstimmig beschlossen wurde.

Die Umsetzung der UN-Behinderten-Rechts-Konvention war und Ist in Oberösterreich im Behinderten-Bereich KEIN Thema

Ein zweites Sozialhilfe-Gesetz Von Chancen-Gleichheit, was der Titel des Gesetzes verspricht, sind wir mit unserem Gesetz meilenweit entfernt! Ich stelle mir unter einem Behinderten-Gesetz ein Förder- und Nachteils-Ausgleichs-Gesetz vor, das Normalität anstrebt und Chancen-Gleichheit garantiert! Kosten-Beiträge aus Einkommen- und Vermögen sind in der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung weder vom Leistungsbezieher/von der Leistungsbezieherin, noch von deren Eltern oder einem/einer PartnerIn ein No-Go. Einkommens- und vermögens-unabhängige Eingliederungs-Hilfe!

Menschen-Rechts-Verletzungen Ich sehe mit dem Oö. ChG nicht nur den Art. 7 Abs. 1 BVG verletzt, der wie folgt lautet: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“

Menschen-Rechts-Verletzungen Darüber hinaus spricht das Oö. Landes-Verfassungs-Gesetz in Art. 9 Abs. 4 von: „Das Land Oberösterreich bekennt sich zur Gleichbehandlung und Gleichstellung aller Menschen im Sinn der Grundrechte, insbesondere zum Verbot jeglicher Diskriminierung im Sinn der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dies beinhaltet auch die Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache. Bestehende Ungleichbehandlungen und Ungleichheiten sind zu beseitigen. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichbehandlung und Gleichstellung sind zulässig und zu setzen.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kontakt: Klaudia Karoliny Empowerment-Center der Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ Bethlehemstraße 3 / 2.Stock Telefon: 0732 / 890046-12 (Dienstag – Donnerstag) Emailadresse: klaudia.karoliny@sli-emc.at Internet: www.sli-ooe.at und www.sli-emc.at