Notfallmedizin bei Palliativpatienten

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
PALLIATIVMEDIZIN Definition, Inhalte, Leitsätze
Advertisements

MENSCHEN ALS MENSCH NAHE SEIN.
Klinische Bedeutung somatoformer Störungen
HOPE – Standarddokumentation in der Palliativmedizin und Hospizarbeit was kann sie bewirken ? 1999 – 2006 = Patienten.
Sanitätsausbildung A 5. Doppelstunde.
DGSP/BdB Frankfurt Annette Loer
Behandlung der terminalen Dyspnoe CF Winterschool
Die Patientenverfügung
1.
Prof. Dr. Gian Domenico Borasio Lehrstuhl für Palliativmedizin
Wie teuer ist das Sterben ?
K&M 10 Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit.
Therapieentscheidungen am Lebensende
Ethische Überlegungen
Dr. Joachim Unger Oberarzt Zentrale Notaufnahme Klinikum Frankfurt (O)
Ethische Aspekte der Diagnostik und Therapie depressiver Störungen
Psychotherapie bei MS P. Calabrese.
Palliativmedizin Palliativmedizin – 1
Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
Patientenverfügung Ist eine persönliche Willenserklärung, mit der Sie heute schon Ihre Behandlungswünsche für eine bestimmte Krankheitssituation festlegen.
Kann ich alles regeln? Patientenverfügung verständlich erklärt
Rechtsanwalt Ulrich Amthauer Fachanwalt für Familienrecht Notar
Medizinische Ethik und Unternehmensethik
Grenzen und Pflichten eines Arztes auf einer Intensivstation
Notfall in der ambulanten Herzgruppe Organisation des Notfalls
Sterbehilfe in der Schweiz (Suizidbeihilfe)
Der Palliativbeauftragte
M.PREITSCHOPF 2015.
Mehr als nur Schmerztherapie
Möglichkeiten und Grenzen der Palliativmedizin Tagung „Aus Mitleid zum Sterben helfen?“ Tutzing Dr. Claudia Bausewein Interdisziplinäre Palliativmedizinische.
Psychosoziale Aspekte in der Palliativmedizin Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin am Klinikum der Ludwig Maximilians Universität München -
Vorsorge in Gesundheitsfragen Patientenverfügungen.
1 Stand und Perspektiven der Diskussion in Deutschland Dr. phil. Alfred Simon Akademie für Ethik in der Medizin e.V., Göttingen.
Palliativmedizin (1)... dient der Verbesserung der Lebens- qualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert.
5. Brandenburger Nephrologie Kolleg Patientenverfügungen - Auswirkungen auf die tägliche Praxis RA Dr. Martin Nanzka, Berlin 5. Brandenburger.
Sporttherapie bei Abhängigkeitserkrankungen
Landespsychiatrieplan Niedersachsen 2 1 AUFTRAG, ZIELE UND RAHMENSETZUNG 1.1 Niedersachsen: Bevölkerungsstruktur und Entwicklung 1.2 Entwicklung psychischer.
Hintergrund Seit 2006 wurden in Salzburg 16 ambulante Schulungen in Kleingruppen von max. 8 Elternpaaren durchgeführt, insgesamt konnten bisher 100 Familien.
„Einem Depressiven zu sagen, dass er seine Probleme einfach vergessen soll, ist wie einem Blinden zu sagen, dass er genauer hinsehen soll.“ Affektive Störungen:
Das Ende des Lebens, Wünsche der Betroffenen, Positionen der Gesellschaft, Rechtslage und Graubereiche Univ.Prof.Dr.Herbert Watzke Klinische Abteilung.
SKFM für das Bitsue Speyer e.V. 1 Ein Augenblick kann alles verändern- Unterstützung statt Bevormundung Vortrag von Michael Neis SKFM-Diözesanverein.
Kompetenzzentrum Palliative Care. Was ist Palliative Care? Das Wort „Palliative“ wird abgeleitet vom lateinischen Wort „Pallium“, der Mantel. Palliare.
Medizinethische Prinzipien und Konzepte Alfred Dilch G. v. Preyer´sches Kinderspital.
Truppausbildung Teil 2 Ausbildungshilfe für den Ausbildungsabschnitt
10 Tipps vom Rechtsanwalt für Ihren nächsten Krankenhausaufenthalt
Mangelnde Vorbereitung aufs Alter
Chancen und Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem Rechtspfleger
Sportverletzung Was nun? ?.
„Balance finden, zwischen Autonomie und unterlassener Hilfeleistung gegenüber Menschen mit schweren bzw. komplexen psychischen Erkrankungen“ Fachtagung.
Benserazid-induzierte Diarrhoe –
(K)eine alternative Behandlung von Menschen mit Psychose
Hintergrund und Fragestellung
Zusammenfassung Fallseminar 5+6
Hilfe und Schutz für geflüchtete Frauen und ihre Kinder „Heimat schaffen. Familie schützen. Zukunft schenken“ Einrichtung von „Zentralen Frühe Hilfen“
Einleitung und Abbruch der künstlichen Ernährung am Lebensende.
Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung Patientenverfügung
SOP – Hypertensive Krise
Thema 5: Basiswissen Spiritualität: Religionen und Kulturen.
Patientenumfrage Multiples Myelom
Für jetzt. für später. für mich. Lustvoll älter werden
an der Bertha-von-Suttner Realschule plus Betzdorf
Kinderpalliativmedizin und stationäres Kinderhospiz in Bayern
Bessere Versorgung von langzeitbeatmeten Patienten
Ein Projekt der Versorgungsforschung Jalid Sehouli
Wünsche an den stationären Sektor aus Perspektive der fachärztlichen ambulanten Versorgung Alicia Navarro Ureña | FÄ Psychiatrie & Psychotherapie | Itzehoe.
TOP TALK ÖSTERREICHISCHE KREBSHILFE WIEN:
STROKE TEAM Algorithmus - Alarm Tel
Wundversorgung bei Malignen Erkrankungen
Nur gemeinsam können wir die
Haben Sie vorgesorgt? AWO Betreuungsverein Kompass 19. Dezember 2019.
 Präsentation transkript:

Notfallmedizin bei Palliativpatienten Gerd-Gunnar Hanekop Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin Universität Göttingen

Gliederung Definition Palliativ- bzw. Notfallmedizin Zielsetzungen Bedeutung des Themas Entscheidungen am Lebensende palliativmedizinische Notfälle ausgewählte Beispiele Zusammenfassung

Definition Palliativmedizin „Palliativmedizin … aktive und umfassende Betreuung … Erkrankung (die) nicht auf kurative Behandlung anspricht … begrenzte(r) Lebenserwartung … DGP 2008, EAPC 2004

Definition Palliativmedizin Ziele Kontrolle von … Symptomen … von psychologischen, sozialen und spirituellen Problemen … interdisziplinär … Patienten … Familie … Gesellschaft … bejaht das Leben … akzeptiert das Sterben … will den Tod weder beschleunigen noch hinauszögern. … Erhalt der bestmöglichen Lebensqualität bis zum Tod“ DGP 2008, EAPC 2004

Definition Notfallmedizin Notfallmedizin … unmittelbare und unverzügliche Versorgung … Lebensgefahr … Gesundheitszustand Bedrohung für das Leben … z.B. Lackner & Ruppert 2005, Lüttgen et al. 1995

Definition Notfallmedizin Ziele medizinische (Basis-)Versorgung am Notfallort … unter fachgerechter Betreuung Transport in eine geeignete Einrichtung … zeitkritische „ad hoc“ Entscheidungen bei i.d.R. limitiertem Informationsstand (dynamisch) … algorithmengeleitet (Patientenwille meist ohne Relevanz) Sicherung bzw. Wiederherstellung der Vitalfunktionen, Erhalt des Lebens z.B. Lackner & Ruppert 2005, Lüttgen et al. 1995

Wie kann Palliativmedizin in der Notfallmedizin hilfreich sein? Palliativmedizin … ergänzende Expertise in Symptom- kontrolle und respektvoller, fürsorglicher Begleitung von Patient und Angehörigen in der letzten Lebensphase … Nauck 2011

Palliativmedizinische Kompetenzen für Notfallmediziner Erkennen palliativmedizinischer Situationen Festlegen angemessener Ziele (Selbstbestimmungsrecht!) Dokumentation derselben Einleitung entsprechender therapeutischer Massnahmen adäquate Behandlung führender Symptome Kenntnis PM-Strukturen im Versorgungsgebiet Quest et al. 2011

Strukturansätze für angemessene Notfallversorgung bei Palliativpatienten Integration von PM-Themen in Notfallkurrikula Antizipation von Notfallsituationen (Ablaufpläne, Not- fallmedikamente) bei Patienten in palliativer Situation Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht Einbeziehen von PM-Strukturen in Notfallversorgung (sowohl ambulant als auch stationär) Wiese et al. 2008

Häufigkeit palliativmedizinischer Notfälle je nach Untersuchung zwischen 1 bis 8% aller notfallmedizinischen Einsätze Hanson et al. 1999; Salomon 2005; Wiese et al. 2006, 2008

Palliativmedizinisch motivierte Einsätze in der Notfallmedizin Wiese et al. 2008

Palliativmedizinisch motivierte Einsätze in der Notfallmedizin Wiese et al. 2008

Palliativmedizinisch motivierte Einsätze in der Notfallmedizin Wiese et al. 2008

Palliativmedizinisch motivierte Einsätze in der Notfallmedizin Verbleib des Patienten Wiese et al. 2009

Palliativmedizinisch motivierte Einsätze in der Notfallmedizin Wiese et al. 2009

Aufgaben der ÄrztIn am Lebensende unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten Leben achten Gesundheit schützen und wiederherstellen Leiden lindern Sterbenden Beistand leisten Hilfe im und beim Sterben, nicht Hilfe zum Sterben … ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung besteht … nicht unter allen Umständen alle Entscheidungen individuell erarbeiten Bundesärztekammer 2011

Entscheidungen am Lebensende gemeinsam (?) durch Patient und Arzt Modell der erweiterten Patientenautonomie Patientenverfügung, Betreuung, Betreuungsvollmacht eigene Grenzen erkennen und respektieren Diskussion über Therapieabbruch, -durchführung, -verzicht bzw. Therapieziel im Team mit Patient und Angehörigen Beyer 2006

Ärztliche Behandlung „Zwei-Säulen-Konzept“… ärztliche Behandlung ist dann zulässig, wenn: Behandlung medizinisch indiziert ist Patient nach „gehöriger“ Aufklärung zustimmt n. Lipp 2009

Ärztliche Behandlung Bedeutung der Indikation … Indikation: rechtfertigt die Anwendung einer ärztlichen Maßnahme keine Indikation: Arzt kann Behandlung verweigern Kontraindikation: Arzt muss Behandlung verweigern n. Lipp 2009

Entscheidungen am Lebensende gemeinsam (?) durch Patient und Arzt Modell der erweiterten Patientenautonomie Patientenverfügung, Betreuung, Betreuungsvollmacht eigene Grenzen erkennen und respektieren Diskussion über Therapieabbruch, -durchführung, -verzicht bzw. Therapieziel im Team mit Patient und Angehörigen Beyer 2006

Patientenautonomie Abwehrrecht (Behandlungsveto) kein Anspruch auf bestimmte Behandlung persönliche, individuelle Entscheidung Freiheit zu unvernünftigem Verhalten n. Lipp 2009; Wiese et al.2009

Patientenautonomie in der Notfallsituation im Zweifel für das Leben! Joppich et al. 2006

Patientenverfügung (§ 1901a BGB) Ausdruck des Patientenwillens absolut verbindlich je konkreter, desto eher im Notfall einzuhalten kann interpretiert und muss konkretisiert werden Bevollmächtigter (Stellvertreter) hilfreich ist verpflichtend schriftlich abzufassen

Vertreter des Patienten Bevollmächtigter (Vorsorgevollmacht) = vom Patienten selbst bestimmter Vertreter (schriftliche + ausdrückliche Vollmacht) Betreuer (Betreuungsverfügung) = vom Patienten vorgeschlagen, vom Betreuungsgericht bestellt (Gerichtsbeschluss)

Entscheidungen am Lebensende gemeinsam (?) durch Patient und Arzt Modell der erweiterten Patientenautonomie Patientenverfügung, Betreuung, Betreuungsvollmacht eigene Grenzen erkennen und respektieren Diskussion über Therapieabbruch, -durchführung, -verzicht bzw. Therapieziel im Team mit Patient und Angehörigen Beyer 2006

Entscheidungen am Lebensende gemeinsam (?) durch Patient und Arzt Modell der erweiterten Patientenautonomie Patientenverfügung, Betreuung, Betreuungsvollmacht eigene Grenzen erkennen und respektieren Diskussion über Therapieabbruch, -durchführung, -verzicht bzw. Therapieziel im Team mit Patient und Angehörigen Beyer 2006

Therapieabbruch und Patientenautonomie in Notfallsituationen von 2420 Patienten mindestens 157 sicher einwilligungsfähig, lediglich 50 (31,8%) in Therapieentscheidung einbezogen Gründe für Entscheidung gegen Therapie: Schwere des Krankheitsbildes angenommene Irreversibilität der Erkrankung Alter des Patienten Le Conte et al. 2010

Therapieabbruch und Patientenautonomie in Notfallsituationen Kooperation Notfallteam/palliatives Netzwerk Patientenwünsche und Notfallplan respektiert: 75% keine Kooperation Patientenwünsche und Notfallplan respektiert: 40% Burnod et al. 2012

Notfallsituationen bei Palliativpatienten plötzlich; jedoch oftmals vorhersehbar, damit planbar fast immer hohe psychosoziale Komponente Auslöser der Notfallsituation (wichtig für die Therapie): Grunderkrankung Nebenwirkung einer Therapie psychosoziale Überlastung Konsequenzen von Therapieentscheidungen für die verbleibende Lebensqualität beachten n. Wiese et al. 2006

Psychosoziales Gefüge in Notfallsituationen bei Palliativpatienten Relationships between Patient’s and Observer’s Suffering Eliott & Olver 2007

Palliative Therapie ist aktive Therapie … d.h. für jeden Patienten kann eine angemessene Behandlung angeboten werden: Symptomkontrolle Reduktion von Leiden Begleitung und Unterstützung: psychosozial spirituell Nauck & Alt-Epping 2008

Fragen zu palliativmedizinischen Notfällen Welches Symptom dominiert? War es durch den Krankheitsverlauf vorhersehbar? Kann das Symptom kausal behandelt werden? Was ist der Wille des Patienten, gibt es einen Vertreter? Haben wir es mit einem sterbenden Patienten zu tun? Ist stationäre Behandlung erforderlich? Kann durch die Behandlung die Lebensqualität des Betroffenen stabilisiert bzw. gesteigert werden? nach Falk & Fallon 1997

Palliativmedizinische „Notfälle“ besser als „Krisen“ bezeichnen Blutung Delir Dyspnoe Fraktur Hypercalcaemie Krampfanfall Querschnittslähmung Schmerzexazerbationen Tod  CPR

Notfall: Blutung Ursachen: exulzerierender Tumor Gefäß oder Hohlorgan arrodiert bzw. penetriert iatrogen, z.B. nach Manipulationen bzw. Punktionen massive Gerinnungsstörung, z.B. bei Leberausfall Sepsis Tumorlyse Symptomatik führt im Extremfall zu Panik bei Patient oder / und Angehörigen  Notruf

Notfall: Blutung Therapie Anamnese und körperliche Untersuchung: differenzieren: zufriedenstellender AZ — sterbender Patient Patienten nicht allein lassen beruhigen und Sicherheit vermitteln Patientenverfügung? sterbender Patient  „palliative Sedierung“ sonst  lokale Therapie: komprimieren und tamponieren Suprarenin 1:10 instillieren Blutdrucksenkung

Notfall: Blutung „Palliative Sedierung“: Midazolam: 2-5 mg s.c.; i.v. 3-5 mg/h kontinuierlich Lorazepam: 0,5-1 mg s.l. Morphin: 2-5 mg s.c.; i.v. 2-5 mg/h kontinuierlich Fentanyl: 20-25 g s.c.; i.v. 50 g/h kontinuierlich

Ist hier eine operative Intervention indiziert? Nauck & Alt-Epping 2008

Gastrointestinale Blutung durch endoluminales Tumorwachstum

Ist die operative Revision eine Option ?

Notfall: Dyspnoe … häufiges Notfallsymptom bei Patienten mit lebensbedrohenden Erkrankungen … wie beim Schmerz … subjektive Erfahrung mit physischer, psychologischer, sozialer und spiritueller Dimension.

Schrijvers & van Fraeyenhove 2010 Notfall: Dyspnoe Anämie kardiovaskuläre Ursachen Lungenödem Lungenembolie pulmonale Ursachen Bronchospasmus Obstruktion der Luftwege Aspiration Blutung endoluminales Wachstum Kompression von außen Pleuraerguß Pneumonie psychosoziale Überlagerung Schrijvers & van Fraeyenhove 2010

Notfall: Dyspnoe Symptomatik Erstickungsanfälle Tachypnoe Hyperpnoe infolge: Azidose zentraler Störung quält Patienten und / oder ängstigt Angehörige  Notruf

Notfall: Dyspnoe Therapie Anamnese und körperliche Untersuchung: differenzieren: zufriedenstellender AZ — sterbender Patient Beruhigung des Patienten durch Zuspruch Behebung reversibler Ursachen Erklären des Symptoms für Patient und Angehörige Optimierung der Lagerung Frischluftzufuhr (O2-Gabe bei Hypoxie!!) ggfl. Pleurapunktion ggfl. Absaugen oder Instillation von Adrenalin Pharmakotherapie

Kompression der Bifurkation von außen

Dyspnoe durch Tumorblutung

Verlegung Trachealkanüle durch Blut, Schleim bzw. Tumormaterial Akute Dyspnoe: Verlegung Trachealkanüle durch Blut, Schleim bzw. Tumormaterial

Notfall: Dyspnoe Pharmakotherapie Opioide (Vormedikation beachten!) Fentanyl 10-50 g/h s.c. oder i.v. (Hydromorphon 1-3 mg/4h) (Oxycodon 3-10 mg/4h) Morphin 5-15 mg/4h s.c. oder i.v. Benzodiazepine Diazepam 5-10 mg/2-4h (Lorazepam 1-2,5 mg/2h) Midazolam 1,5-3 mg/h Corticosteroide „palliative Sedierung“ … als „ultima ratio“

Notfall: Kreislaufstillstand Entscheidungsfindung zur Herz-Lungen-Wiederbelebung sichere Kriterien zum Abbruch bzw. zur Nichtaufnahme einer Reanimation: gültige und der Situation angemessene schriftliche Patientenverfügung Betreuungsbevollmächtigter zugegen Patient befindet sich eindeutig in der Sterbephase einer schweren Erkrankung Vorliegen sicherer Todeszeichen BMA, RC UK, RCN 2001; Wiese et al. 2009

Notfall: Kreislaufstillstand Entscheidungsfindung zur Herz-Lungen-Wiederbelebung unsichere Kriterien zum Abbruch bzw. zur Nichtaufnahme einer Reanimation: Äußerung des mutmaßlichen Patientenwillens durch die Angehörigen Eruierung des mutmaßlichen Patientenwillens durch Arztbriefe Belastung durch Behandlung übersteigt zu erwartenden Nutzen in allen Zweifelsfällen: „in dubio pro vita“! BMA, RC UK, RCN 2001; Wiese et al. 2009

Notfall: Kreislaufstillstand CPR ist eine der wenigen medizinischen Interventionen … die regelhaft an Patienten angewendet wird ohne deren explizite Zustimmung … Varon & Marik 2007

Notfall: Kreislaufstillstand CPR … primär intendiert bei ansonsten „gesunden Patienten“ mit reversiblen Störungen … zunehmend auch bei „sterbenden Patienten“… mag … gelegentlich die Herzfunktion wiederherstellen … kann aber das Sterben nicht verhindern … lediglich den Sterbeprozess verlängern Varon & Marik 2007

Notfall: Kreislaufstillstand Wiederbelebung ist naturgemäß ein invasives kostenträchtiges arbeitsintensives Vorgehen mit geringen Chancen auf Erfolg (0-16%) Marco 2005

Notfall: Kreislaufstillstand Beispiel: Einsatz RTH: „nicht ansprechbare Person“ Situation vor Ort: mehrere aufgeregte Erwachsene auf der Straße, mit Mühe erhält NÄ Auskunft, wo sich Patient befindet im Wohnzimmer auf dem Sofa ein älterer Herr, Schnappatmung, ein junger Angehöriger hat die ersten Vorbereitungen zur Reanimation gestartet! „… eben hat er noch mit uns gesprochen…“

Notfall: Kreislaufstillstand medizinische Fakten: beobachteter Kreislaufstillstand! PEA (pulslose elektrische Aktivität) Schnappatmung in Sekunden entschieden … Beginn CPR Intubation Adrenalin spontane Rückkehr stabiler Kreislaufverhältnisse

Notfall: Kreislaufstillstand Informationen bei und nach der Reanimation: metastasierendes Prostata-Ca ausgeprägte Tumorkachexie Z.n. Larynx-Ca pAVK langjährig bekannte COPD aktuell: Pneumonie

Notfall: Kreislaufstillstand ? Wie würden Sie weiter verfahren?

Notfall: Kreislaufstillstand Problemlösung: Telefonat mit dem Hausarzt: er bestätigt ablehnende Haltung des Patienten gegenüber jeglicher (auch lebensverlängernder) Therapie. An diesem (Freitag) Nachmittag steht er allerdings nicht zur weiteren Betreuung zur Verfügung! deshalb Transport des beatmeten Patienten im RTW auf die Palliativstation

Notfall: Kreislaufstillstand Individuelle Problemlösung auf Palliativstation: Beendigung der Beatmungstherapie, Extubation nach ausführlicher Bronchialtoilette Analgosedierung im Rahmen der finalen Begleitung intensive Gespräche mit den zahlreichen Angehörigen Herr H. verstirbt kurz nach Mitternacht, im Beisein der Familie

Notfall: Kreislaufstillstand Erfolgsaussichten einer Reanimation bei terminalen Patienten Entlassung aus der Klinik als Endpunkt: 88 Palliativpatienten erlitten innerhalb eines 2 Jahres- Zeitraumes einen Kreislaufstillstand mit Notfallmeldung 69 Patienten Reanimation begonnen 60 Patienten durch Rettungsassistenten 9 Patienten durch Notarzt 10 Patienten zeigten ROSC … aber … 0 Patienten überlebten > 48 h Wiese et al. 2009

Algorithmus zur CPR bei palliativen Patienten Ewer et al. 2001

Zusammenfassung Notfallmedizin bei Palliativpatienten: nicht auf Tumorleiden beschränkt auch andere chronisch progrediente Erkrankungen angemessene Therapieentscheidung nur bei: Kenntnis und Umsetzung des Patientenwillens Differenzierung: fortgeschrittenes Leiden - sterbender Patient „adäquate“ Behandlung in palliativer Situation erfordert: Dialogbereitschaft und -fähigkeit Empathie notfall- und palliativmedizinisches Wissen