Konversatorium zum Strafrecht BT I

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 Präsentation transkript:

Konversatorium zum Strafrecht BT I (Grundkurs III) – Nicht-Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt: tamina.preuss@uni-wuerzburg.de

Fall 3: Wer wird Millionär? A, Ehefrau des Millionärs O, hat ein Verhältnis mit ihrem Fitnesstrainer B. Für B ist die noch bestehende Ehe der A mit O unerträglich. So ist er zutiefst eifersüchtig, wenn A Zeit mit O und nicht mit ihm verbringt. Auch leidet sein Selbstbewusstsein unter dem ständigen Vergleich mit O. Als A den B bittet, um ihrer Liebe willen den O umzubringen, verspricht ihr B freudig, den O zu einem offenen Duell heraus-zufordern und für sie zu töten. Während B tatsächlich hofft, nach dem Tod des O endlich eine un-gestörte Liebesbeziehung mit A führen zu können und ein Ende all seiner Probleme zu erreichen, geht es A allein um das Erbe des O.

Fall 3: Wer wird Millionär? Als B am nächsten Tag den O in seinem Arbeitszimmer aufsucht, um ihn zum Duell herauszufordern, sieht er, dass O – erschöpft vom Studium seiner Aktenordner – am Schreibtisch eingeschlafen ist. B nutzt die Gunst der Stunde, ergreift einen herumliegenden Brieföffner und sticht dem O gezielt in die Herzgegend. O wird lebensgefährlich verletzt, überlebt aber. Bearbeitervermerk: Wie haben sich A und B nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

Fall 3 Lösung: I. §§ 212 I, 211, 22, 23 I StGB A. Strafbarkeit des B Der B könnte sich, indem er dem O gezielt mit dem Brieföffner in die Herzgegend stach, des versuchten Mordes gem. §§ 212 I, 211, 22, 23 I StGB zu dessen Nachteil schuldig gemacht haben. 1. Vorprüfung a. Nichtvollendung der Tat hier (+) O überlebt den Angriff des B b. Strafbarkeit des Versuchs, §§ 23 I, 12 I StGB A. Strafbarkeit des B

Fall 3 2. Tatentschluss a. Bzgl. Grunddelikt, § 212 I StGB B handelte mit Tötungsvorsatz, hier dolus directus 1. Grades b. Bzgl. Qualifikation, § 211 StGB aa. Heimtücke als objektives Mordmerkmal, § 211 II Gruppe 2 Var. 1 StGB Heimtücke = Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers, wobei einschränkend ein besonders ver-werflicher Vertrauensbruch (Teil der Lit.) bzw. ein Han-deln in feindlicher Willensrichtung (Rspr.) verlangt wird

Fall 3 arglos = wer sich im Zeitpunkt des Beginns der Tat keines tätlichen Angriffs auf seine körperliche Unver-sehrtheit oder sein Leben versieht Herbeiführen oder Verstärken der Arglosigkeit durch den Täter nicht erforderlich (BGH NJW 1955, 1524 [1525]) setzt die Fähigkeit des Opfers zum Argwohn voraus (BGH NStZ 2006, 338 [339]) P.: Arglosigkeit bei Schlafenden: nach der Rspr. sind Schlafende arglos, obwohl ihnen ihre Arglosigkeit nicht be-wusst ist, wenn sie sich im Zustand der Arglosigkeit schlafen gehen, die Arglosigkeit mithin „mit in den Schlaf nehmen“, Arg.: das Opfer legt sich im Vertrauen darauf, dass ihm nichts geschieht nieder u. überliefert sich bewusst der Wehrlosigkeit (BGH NJW 1955, 1524 [1525])

Fall 3 etwas anderes soll nur gelten, wenn das Opfer die drohende Gefahr erkannt hat, aber gegen seinen Willen derart vom Schlaf „übermannt wird”, sodass der Schlaf auf seiner körperlichen Konstitution beruht (BGH NStZ 2007, 523 [524]) hier (+) O ist aus Erschöpfung eingeschlafen u. versah sich in diesem Zeitpunkt keines Angriffs, er nahm die Arglosigkeit dem-entsprechend „mit in den Schlaf“ Hinweis: Dagegen verneint die Rspr. Arglosigkeit bei Bewusstlosen, da diese den Eintritt dieses Zustands nicht abwenden können, es sei denn, der Täter hat die Bewusstlosigkeit bewusst mit Tötungs-vorsatz herbeigeführt (vgl. BGH NStZ 2008, 569). In der Lit. wird eine Gleichstellung von Schlafenden u. Bewusstlosen verlangt, da beide Gruppen gleichermaßen wahrnehmungsunfähig sind, die Gefährlichkeit der Täterhandlung vergleichbar sei u. kaum rekonstruierbar sei, was das Opfer beim Einschlafen in Bezug auf

Fall 3 lebensgefährliche Angriffe gedacht hat. Teilweise wird in beiden Fällen Heimtücke bejaht, teilweise davon ausgegangen, Argwohn sei in beiden Fällen als bloße Fiktion abzulehnen (vgl. Küper/Zopfs, Strafrecht BT, 9. Aufl. 2015, Rn. 323; Schneider, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 179 f.). wehrlos = wer infolge der Arglosigkeit zur Ver-teidigung außer Stande oder in seiner Abwehr stark eingeschränkt ist (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 31) – hier (+) O kann sich nicht verteidigen, weil er eingeschlafen ist

Fall 3 Hinweis: Dieses Problem kann m.E. sowohl bei der Prüfung der Arglosigkeit als auch bei der Frage, ob die Schwächung der Abwehrfähigkeit auf der Arglosigkeit beruht, diskutiert werden. in feindseliger Willensrichtung: zu verneinen, wenn der Täter zum vermeintlich Besten des Opfers handelt – hier (+) eine achtenswerte Motivation fehlt besonders verwerflicher Vertrauensbruch: wenn die Arglosigkeit gerade auf einem dem Täter seitens des Opfers entgegengebrachten Vertrauen beruht (vgl. Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 211 Rn. 26 f.)

Fall 3 hier (-) zwischen B u. O besteht bereits kein Vertrau-ensverhältnis gegen dieses Kriterium spricht aber: Konturlosigkeit des Vertrauensbegriffs (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 33), insb. bei Einbeziehung des Missbrauchs sozial-freundlicher Verhaltensmuster Entfernung vom Wortlaut des Heimtückebegriffs (Krey/Hell-mann/Heinrich, Strafrecht BT, Bd. 1, 16. Aufl. 2015, § 1 Rn. 65) Attentaten auf Fremde aus dem Hinterhalt gehören gerade zum klassischen Leitbild des „Meuchelmordes“ (Wessels/Het-tinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 2 Rn. 141) kein zwingender Zusammenhang zwischen Vertrauensbruch und gesteigertem Tatunrecht (BGH NJW 1981, 1965 [1967])

Fall 3 bewusstes Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit (+) je nach vertretener Ansicht (+/-) bb. Sonst niedrige Beweggründe als subjektives Mord-merkmal, § 211 II Gruppe 1 Var. 4 StGB niedrige Beweggründe = nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehende und deshalb besonders verachtenswerte Motive hier (+) B will O töten, um die Beziehung mit A ungestört fortführen zu können u. sein Selbstwert-gefühl zu stärken rein egoistische Motive; keine An-haltspunkt, dass pathologisches Minderwertigkeits-gefühl (a.A. vertretbar, insb. aufgrund restriktiver Aus-legung)

Fall 3 2. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB Anmerkung: Dagegen dürfen die niedrigen Beweggründe nicht einfach mit dem Hinweis, dass B auf Bitte der A hin zur Tötung entschlossen ist, bejaht werden. Anderenfalls beginge jeder, der sich zum Totschlag anstiften lässt, einen Mord. 2. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB B hat bereits in die Herzgegend des O gestochen – da-her (+) 3. Rechtswidrigkeit und 4. Schuld 5. Ergebnis (+) II. §§ 223 I, 224 I StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Grunddelikt, § 223 I StGB

Fall 3 körperliche Misshandlung; Gesundheitsschädigung (+) Kausalität; obj. Zurechnung (+) bb. Qualifikation, § 224 I StGB mittels eines gefährlichen Werkzeugs, § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB – hier (+) durch Einsatz des Brieföffners mittels eines hinterlistigen Überfalls, § 224 I Nr. 3 StGB: Überfall = jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen hinterlistig = wen der Täter seine wahren Absichten planmäßig berechnend verdeckt, um dadurch dem Angegriffenen die Abwehr zu erschweren

Fall 3 hier (-) plötzliches Zustechen zwar Überfall; da O jedoch schlief, konnte B die wahren Absichten nicht vor ihm ver-decken; die Abwehr war bereits durch den Schlaf erschwert mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung, § 224 I Nr. 5 StGB – hier (+) der Stich mit dem Brieföff-ner in die Herzgegend ist sowohl abstrakt als auch konkret lebensgefährlich b. Subjektiver Tatbestand aa. Grunddelikt, § 223 I StGB Einheitstheorie bb. Qualifikation, § 224 I StGB 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld

Fall 3 4. Ergebnis (+) III. Ergebnis zur Strafbarkeit des B Strafbarkeit gem. §§ 211, 22, 23 I StGB; § 224 I StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) § 212 StGB tritt hinter § 211 StGB zurück § 223 StGB tritt hinter § 224 StGB zurück versuchter Mord und vollendete Körperverletzung stehen aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (Schneider, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 212 Rn. 100 m.w.N.) B. Strafbarkeit der A I. §§ 212 I, 211, 22, 23 I, 26 StGB

Fall 3 Die A könnte sich der Anstiftung zum versuchten Mord gem. §§ 212 I, 211, 22, 23 I, 26 StGB schuldig gemacht haben, indem sie B bat, den O um ihrer Liebe Willen umzubringen. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat, § 11 I Nr. 5 StGB hier: versuchter Mord zu Lasten des O durch B (s.o.) bb. Tathandlung: Bestimmen bestimmen = Hervorrufen des Tatentschlusses hier (+) B kommt erst durch die Aufforderung der A auf die Idee, den O zu töten

Fall 3 b. Subjektiver Tatbestand („doppelter Anstiftervorsatz“) aa. Vorsatz bzgl. der Haupttat = dolus eventualis bezogen auf die Vollendung einer hinreichend konkretisierten Tat (Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 26 Rn. 18) bzgl. des Taterfolgs (+) A wollte den Tod des O bzgl. der Heimtücke (-) A geht von einem offenen Duell zwischen B u. O aus bzgl. der niedrigen Beweggründe des B (+) A weiß um die Motivation des B, den O zur Fortführung der Lie-besbeziehung zu töten

Fall 3 bb. Vorsatz bzgl. des Bestimmens Hinweis: Uneinheitlich bewertet wird, ob sich der Teilnahme-vorsatz auch auf die täterbezogenen Mordmerkmale des Täters erstrecken muss. Während die Rechtsprechung auf Grundlage des § 28 I StGB insoweit Vorsatz verlangen muss, entnimmt die Literatur dem nach ihrer Auffassung anwendbaren § 28 II StGB – wonach täterbezogene Mordmerkmale nur für den Beteiligten gelten, bei dem sie in eigener Person vorliegen –, dass es auf den Vorsatz des Teilnehmer bzgl. der täterbezogenen Mordmerkmale des Täters überhaupt nicht ankomme. bb. Vorsatz bzgl. des Bestimmens = mindestens dolus eventualis hinsichtlich des Hervor-rufens des Tatentschlusses (Heine/Weißer, in: Schön-ke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 26 Rn. 17) – hier (+) A wollte B dazu bringen, O zu töten

Fall 3 cc. Mögliche Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB P.: das täterbezogene Mordmerkmal des B (niedrige Beweggründe) ist der A zwar bekannt, wird von ihr aber nicht geteilt; A verwirklicht aber u.U. ein eigen-ständiges subjektives Mordmerkmal (sog. „gekreuzte Mordmerkmale“) subjektive Mordmerkmale sind besondere persönliche Merkmale i.S.d. § 14 I StGB (a.A. Schuld-merkmale gem. § 29 StGB) – str. ist, ob eine § 28 I StGB oder § 28 II StGB anzuwenden ist – dies hängt von der dogmatischen Einordnung des § 211 StGB ab:

Fall 3 Rspr. (Selbstständigkeits-theorie) Überwiegende Literatur (Qualifikationstheorie) § 211 StGB ist im Verhältnis zu § 212 StGB ein eigenständiger Tatbestand (ebenso bzgl. § 216 StGB); vor-sätzliche Tötung aber ein not-wendiges Merkmal des § 211 StGB u. Unrechtsgehalt des § 212 StGB in § 211 StGB enthalten (BGH NJW 1989, 2826) - kritisch BGH NJW 2006, 1008 (1012 f.) in einem obiter dictum, das mög-licherweise einen Meinungswechsel ankündigt (so Rengier, Strafrecht BT I, 18. Aufl. 2017, § 4 Rn. 1) § 211 StGB ist eine Qualifikation des § 212 StGB (und § 216 StGB ist eine Privilegierung zu § 212 StGB).

Fall 3 Argumente - systematische Stellung (eine Qualifikation steht nicht vor dem Grunddelikt) => keine zwingende Reihenfolge (allenfalls Indiz); für § 249 StGB und § 255 StGB beurteilt dies die Rspr. aber genau anders; Gesetzgeber wollte das gravierende Delikt an den Anfang stellen - Wortlaut („Mörder“ – „Totschlä-ger“) => beruht auf der überkommenen Lehre vom Tätertyp aus der NS-Zeit, die 1941 Gesetz wurde - unterschiedlicher Unrechtsgehalt; dass § 211 StGB den § 212 StGB ent-hält, ist irrelevant (auch § 249 StGB enthält Diebstahl u. Nötigung, ohne eine Qualifikation zu sein) - übliche Systematik: eine Qualifika-tion zeichnet sich dadurch aus, dass zum Grunddelikt erschwerende Umstände hinzutreten

Fall 3 (1) Behandlung der fehlenden niedrigen Beweggründe - die Anwendung des § 28 I StGB führt zu Wertungswidersprüchen (Mittäterschaft zwischen Mörder u. Totschläger wäre nicht möglich; Problematik der „gekreuzten Mord-merkmale“) Konsequenz Die besonderen persönlichen Merkmale wirken strafbarkeitsbe-gründend i.S.d. § 28 I StGB => Strafrahmenverschiebung nach § 28 I StGB i.V.m. 49 I StGB Die besonderen persönlichen Merkmale wirken strafschärfend i.S.d. § 28 II StGB => Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB (1) Behandlung der fehlenden niedrigen Beweggründe

Fall 3 Rspr.: Anwendung der Strafrahmensverschiebung nach von § 28 I StGB i.V.m. § 49 I StGB – Strafbarkeit der A gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB Lit.: Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB vom Mord zum Totschlag – Strafbarkeit der A gem. §§ 212, 22, 23 I, 26 StGB (2) Einfluss des eigenen subjektiven Mordmerkmals der A Habgier als subjektives Mordmerkmal, § 211 II Gruppe 1 Var. 3 StGB: = ungezügeltes und rücksichtloses Streben nach Gewinn um jeden Preis (Wessels/Hettinger/Engländer, 41. Aufl. 2017, § 2 Rn. 111) hier (+) A geht es (alleine) um das Erbe des O

Fall 3 Rspr.: die Strafrahmenverschiebung nach § 28 I StGB i.V.m. § 49 I StGB entfällt, wenn ein gleichartiges Mordmerkmal beim Teilnehmer vorliegt (BGH NJW 1969, 1181) – Strafbarkeit der A gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB Lit.: die Habgier der A führt zu einer zweiten Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB vom Totschlag zum Mord – Strafbarkeit der A gem. §§ 211, 212, 22, 23 I, 26 StGB 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld (+) 4. Ergebnis (+)

Fall 3 II. §§ 223 I, 224 I, 26 StGB (+) III. Ergebnis zur Strafbarkeit der A Strafbarkeit gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB; §§ 224 I, 26 StGB; § 52 StGB C. Gesamtergebnis Strafbarkeit des B gem. §§ 211, 22, 23 I StGB; § 224 I; § 52 StGB Strafbarkeit der A gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB; §§ 224 I, 26 StGB; § 52 StGB

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