WuV-Kurs: Handels- & Gesellschaftsrecht

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WuV-Kurs: Handels- & Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

Fall 4/1 X buchte bei einem Unternehmen mit der Bezeichnung „A“ ein Wohnmobil für den Urlaub. Inhaberin des kleinen Unternehmens „A“ war allein A. B war ihr Angestellter, der zwar zu Vertragsabschlüssen bevollmächtigt war, jedoch keinerlei Geschäftsführungsbefugnisse im Hinblick auf das Unternehmen innehatte. Nach der Buchung erhielt X vom Unternehmen „A“ eine „Rechnung/Bestätigung“, die in der maschinell geschriebenen Unterschriftszeile in Druckschrift die Namen A und B auswies, wie es A und B zuvor vereinbart hatten. In dem Schreiben waren erstmals das Wohnmobil und der Mietzins konkret bestimmt. Auf Grund einer defekten Heizung verlangt X von B nun Schadensersatz. Trotz Anzeige hat A keine Abhilfe geschaffen. Zwischenzeitlich ist über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Kann X von B Schadensersatz verlangen? Vermerk: Es ist davon auszugehen, dass die Ursache des Defekts bereits bei Vertragsschluss vorhanden war, jedoch erst nach Übergabe aufgetreten ist.

Lösung Anspruch X gegen B gem. § 536a I Var. 1 BGB Schuldverhältnis Vertragsschluss X-B? X buchte bei dem Unternehmen „A“ das Wohnmobil A ist alleiniger Inhaber des Unternehmens Kein persönliches Auftreten bzw. Verhandeln zwischen B und X  B nur Angestellter des A  insbesondere auch keine Geschäftsführungsbefugnis des B, sodass konkludenter Vertragsschluss zwischen A und B im Hinblick auf eine GbR nicht angenommen werden kann B ist nur im Rahmen der „Rechnung/Bestätigung“ in Erscheinung getreten Entscheidend ist hierbei, ob B im eigenen oder fremden Namen handelte (vgl. §§ 133, 157, 164 BGB)

Lösung § 164 II BGB (-) Eigengeschäft des Vertreters, wenn der Wille, im fremden Namen auftreten zu wollen, nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht wird Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont des X (§§ 133, 157 BGB) Aus dem Bestätigungsschreiben wird eindeutig auf das Unternehmen „A“ hingewiesen, auch wenn sowohl A als auch B durch maschinelle Unterschrift darauf ausgewiesen wurden Einem durchschnittlich verständigen Leser ist dabei klar, dass das Unternehmen „A“ oder dessen Inhaber und nicht der Angestellte B als natürliche Person Vertragspartner werden wollten § 164 I 2 BGB  Nach der Lehre vom unternehmensbezogenen Geschäft, kommt der Vertrag mit dem jeweiligen Unternehmensträger bzw. Inhaber des Unternehmens zustande, in dessen Tätigkeitsbereich das rechtsgeschäftliche Handeln fällt

Lösung Dadurch ist sichergestellt, dass dasjenige Unternehmen zur Erbringung der vertragstypischen Leistung verpflichtet wird, das auf Grund seiner Ausstattung und vertraglichen Beziehungen die hinreichenden Mittel hat, diese Leistung zu erbringen Weiterhin kommt der Vertrag nur mit dem Unternehmensträger zustande, weil nur dieser, nicht aber das Unternehmen als solches, rechtsfähig ist Dementsprechend kam der Vertrag ausschließlich mit A zustande, deren Unternehmen „A“ im Rechtsverkehr gegenüber X aufgetreten ist und allein das Unternehmen die vertraglichen Leistungen erbringen sollte Kein Vertragsschluss zwischen X und B Ergebnis zu I. Kein Anspruch des X gegen B aus § 536a I Var. 1 BGB

Lösung Anspruch X gegen B aus § 536a I Var. 1 BGB iVm § 128 S. 1 HGB analog Gesellschaft Das Unternehmen „ A“ müsste als GbR geführt werden und B Gesellschafter der „A-GbR“ sein Tatsächlich aber keine GbR von A und B gegründet, insbesondere kein stillschweigender Gesellschaftsvertrag geschlossen B lediglich zu Vertragsabschlüssen bevollmächtigt B nur Angestellter des A Über-/Unterordnungsverhältnis Anm.: Denkbar wäre, dass B als Angestellter im Laufe der Zeit in eine Position hineinwächst, die ihm, unter Duldung des Inhabers A, quasi gleichgestellte Befugnisse einräumt. Durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont könnte B in einer solchen Situation die Übertragung bestimmter Befugnisse derart verstehen, dass A ihm eine Gesellschafterstellung einräumt. Dafür gibt der Sachverhalt allerdings zu wenig her. Ergebnis zu II. Kein Anspruch des X gegen B (als Gesellschafter einer GbR) gem. § 536a I Var. 1 BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog

Lösung Anspruch des X gegen B aus § 536a I Var. 1 BGB iVm. § 128 S.1 HGB analog iVm. den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung eines Scheingesellschafters Schuldverhältnis B könnte als Gesellschafter einer Scheingesellschaft haften. Wer als Gesellschafter einer Scheingesellschaft auftritt haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ebenso wie ein wahrer Gesellschafter Kausalität des gesetzten Rechtsscheins (für den Vertragsschluss) dem Bestätigungsschreiben, das auch von B unterzeichnet war, ist zu entnehmen, dass A und B gemeinsam Inhaber des Unternehmens „A“ seien Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vertrauen auf den Rechtsschein, ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nur auf einen vor Vertragsschluss gesetzten Rechtsschein kann von dem anderen Teil vertraut werden

Lösung Antrag iSd. § 145 BGB Die Buchung des X bei dem Unternehmen „A“ hatte nicht alle wesentlichen Vertragsbestandteile zum Inhalt. Erst in dem Bestätigungsschreiben wurde das Wohnmobil und der konkrete Mietzins hinreichend bestimmt Bei dem Schreiben „Rechnung/Bestätigung“ handelte es sich nach § 150 II BGB somit um das eigentliche Vertragsangebot Aus der Perspektive des X stellte es sich in diesem Schreiben so dar, dass A und B Gesellschafter einer „A-GbR“ sind und daher analog § 128 S. 1 HGB persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen haben Annahme des X (+) zumindest konkludent durch Inanspruchnahme des Wohnmobils bzw. Zahlung des Mietzins‘ Ergebnis zu a. Ein Rechtsschein wurde durch das „Bestätigungsschreiben/Rechnung“ als eigentliches Vertragsangebot gesetzt

Lösung In zurechenbarer Weise (+) Der mit dem Bestätigungsschreiben gesetzte Rechtschein ist B in Folge der mit A getroffenen Vereinbarung auch zurechenbar Gutgläubigkeit des X hinsichtlich des Rechtsscheins (+) Mit Blick auf den Verkehrsschutzgedanken der Lehre von der Scheingesellschaft sowie auf die Wertung der §§ 173, 405 BGB zu vermuten Keine gegenteiligen Hinweise Kausale Vermögensdisposition in Ansehung des Rechtsscheins (+) X schloss den Mietvertrag und tätigte die damit verbundene Vermögensdisposition in dem Glauben zwei gesamtschuldnerisch persönlich für die GbR haftende Gesellschafter in Anspruch nehmen zu können und damit durch ein größeres Haftpotenzial für die Erfüllung eventueller Verbindlichkeiten abgesichert zu sein Ergebnis zu 1. Da die vorgespiegelte Scheingesellschaft in Wahrheit nicht existiert und daher auch nicht in Anspruch genommen werden kann (h.M.), haftet B als Gesellschafter einer Schein-GbR in doppelter Analogie zu § 128 S. 1 HGB

Lösung Mangel (iSv § 536 BGB) bei Vertragsschluss vorhanden (+) Ursache des Defekts (Gefahrenquelle) lag bei Vertragsschluss vor Schädigende Wirkung erst während der Mietzeit hervorgetreten; ausreichend, wenn Mieter bei Kenntnis vom Vermieter Abhilfe verlangen könnte [BGH NJW 2010, 3152] Defekte Heizung ist Mangel, der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, § 536 I 1 BGB Mangel lag bei Überlassung der Mietsache noch vor (+) Unverzügliche Anzeige des Mangels, § 536c I 1 BGB (+) Verschuldensunabhängige Vermieterhaftung  Vermieter übernimmt gesetzliche Garantiehaftung dahingehend, dass sich Mietsache bei Vertragsschluss in einwandfreiem Zustand befindet! Adäquat kausaler Schaden (+) Kein Ausschluss der Vermieterhaftung (+) - A hat trotz Anzeige des X keine Abhilfe geschaffen, § 536c II BGB - Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Mangels von X bzw. ein arglistiges Verschweigen von A ist nicht ersichtlich (§§ 536b, 536d BGB)

Lösung Ergebnis zu III. X hat einen Anspruch gegen B gem. § 536a I Var. 1 BGB iVm § 128 S. 1 HGB (doppelt) analog

Fall 4/2 A, B und C vereinbaren die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In dem privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag verpflichtet sich B zur Erbringung eines Grundstücks. A und C erbringen ihre Geldeinlage und die Gesellschaft nimmt ihre Geschäfte auf. D gewährt der ABC-GbR sodann ein Darlehen. Wenig später wird auch das Grundstück ordnungsgemäß eingebracht. Als D nach Fälligkeit die Rückzahlung des Darlehens begehrt, wendet B ein, dass die Gesellschaft niemals wirksam errichtet worden sei. D fragt sich, von wem er nun die Rückzahlung des Darlehens verlangen kann?

Lösung Anspruch des D gegen die ABC-GbR gem. § 488 I 2 BGB Darlehensvertrag zwischen D und der ABC, gem. § 488 BGB Bestehen einer BGB-Gesellschaft, §§ 705 ff. BGB Gesellschaftsvertrag, § 705 BGB Rechtsbindungswille aller Gründer (+) Form Grundsätzlich formfrei; Ausnahme, wenn der Vertrag ein Leistungsversprechen enthält, welches seinerseits formbedürftig ist Hier verpflichte sich B zur Erbringung eines Grundstücks als Einlageleistung Schutzzwecke des § 311b I 1 BGB verlangen bei Einbringung eines Grundstücks in die Gesellschaft, notarielle Beurkundung des gesamten Gesellschaftsvertrags [BGH NJW 1972, 480; NJW 1977, 1820] Hier: (-), lediglich privatschriftlicher Vertrag

Lösung Heilung gem. § 311b I 2 BGB? Formmangel wird durch Erfüllung, also Überführung des Grundstücks in das Gesamthandseigentum der Gesellschaft geheilt Heilung des formfehlerhaften Vertrags mit Auflassung und Eintragung der GbR nebst ihren Mitgliedern in das Grundbuch nach § 47 II GBO Zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung (-) Somit (noch) kein wirksamer Gesellschaftsvertrag geschlossen (nichtig gemäß § 125 S. 1 BGB) Lehre vom fehlerhaften Verband Vollzug des Gesellschaftsverhältnisses (+) Aber: Die lediglich objektive Vollzugshandlung heilt die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft nicht; der zunächst unwirksame Vertrag wird zwar nach den Grundsätzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft durch Vollzug wirksam, bleibt aber fehlerhaft

Lösung In der Zwischenzeit Heilung nach § 311b I 2 BGB eingetreten? Wird das formunwirksame Verpflichtungsgeschäft in dinglich wirksamer Weise vollzogen, so führt dieser Vollzug zur Heilung des Formfehlers und die insoweit bestehende Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsvertrags wird beseitigt [BGH NJW 2000, 2586, (2587)] Grundstück mittlerweile ordnungsgemäß durch Auflassung und Eintragung eingebracht Geldeinlagen ebenfalls erbracht Die Heilung der Gründungsmängel des Gesellschaftsvertrages beseitigt die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft Zwischenergebnis Die ABC-GbR ist folglich als wirksam zu behandeln und kommt als Vertragspartner des D in Betracht

Lösung Fälligkeit der Forderung (+) Ergebnis zu I. Anspruch des D gegen die ABC-GbR gem. § 488 I 2 BGB (+) Anspruch des D gegen die Gesellschafter (A, B und C) gem. § 488 I 2 BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog (+) Ergebnis D kann den Darlehensrückzahlungsanspruch primär gegen die ABC-GbR geltend machen; analog § 128 S. 1 HGB auch gegen die Gesellschafter A, B und C.

Abwandlung 4/2 Nachdem die Streitigkeit mit D geklärt ist, tritt die 16-jährige M ohne Wissen ihrer Eltern in die ABC-GbR ein und unterstützt die Gesellschaftstätigkeit nach Kräften. Nach dem Gesellschaftsvertrag hat jeder der vier Gesellschafter einen Gewinnanspruch zu ¼. Als M am Ende des Geschäftsjahres ihren Anteil reklamiert, meinen A, B und C, das Mädchen sei mangels Zustimmung ihrer Eltern nie wirksam beigetreten und habe daher auch keinen vertraglichen Gewinnanspruch. Kann M ihren Gewinnanspruch gegen die ABC-GbR geltend machen?

Lösung Anspruch der M gegen die ABC-GbR auf Zahlung des vertraglichen Gewinnanspruchs Bestehen einer BGB-Gesellschaft Gesellschaftsvertrag (+) Gesellschafter P: Minderjährigkeit der M M ist 16 Jahre alt und damit §§ 106, 2 BGB beschränkt geschäftsfähig Beitritt in eine Gesellschaft kein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft iSd § 107 BGB Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (-) §§1643 I iVm 1822 Nr. 3 BGB (-)  Beitritt der M schwebend unwirksam, § 108 I BGB

Lösung Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband? (+) Minderjährigenschutz auf Grund seines in §§ 106 ff. BGB manifestierten – überragenden – Stellenwerts als privatrechtliches Wertungsprinzip dem Gläubigerschutz auch im gesellschaftsrechtlichen Kontext vorrangig An der Anwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaften Verband ändert dies nichts Auswirkungen der Lehre auf Rechtsstellung des Minderjährigen (str.) hM: Minderjähriger wird kein Gesellschafter [BGHZ 17, 160 (167 f.); 38, 26 (29); BGH NJW 1983, 748; 1992, 1503 (1504); Soergel/Hadding/Kießling, BGB, § 705 Rn. 82; Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 12 Rn. 17] dementsprechend treffen ihn weder Nachteile aus etwaiger Gesellschafterhaftung noch kann er Gewinnbeteiligung verlangen  Dann kein Gewinnanspruch der M

Lösung aA: Minderjährige können Gesellschafter werden und somit Gewinnansprüche geltend machen. Allerdings werden sie von negativen Haftungsfolgen und sonstigen Rechtsnachteilen verschont [K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3 c cc; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 105 Rn. 239; Lieder, ZHR 178 (2014), 282 (317); Bayer/Lieder, NZG 2012, 1 (4)] HM schießt über das notwendige Maß hinaus; Minderjährigenschutz nicht dadurch erreicht, dass dem beschränkt Geschäftsfähigen ein Anspruch vorenthalten wird, der allen anderen Gesellschaftern zusteht Der gesetzliche Regelungsplan der §§ 106 ff. BGB ist bereits dann erreicht, wenn der Minderjährige von den mit der Gesellschafterstellung verbundenen Pflichten entbunden und von den Haftungsfolgen freigehalten wird Dementsprechend ist auch eine „hinkende“ Gesellschafterstellung des beschränkt Geschäftsfähigen in Kauf zu nehmen [Dazu krit.: MüKo-BGB/Ulmer/Schäfer, § 705 Rn. 337 f.]  Dann steht der M ein Gewinnanspruch zu

Lösung Gesamtergebnis M kann ihren Gewinnanspruch (nicht) verlangen Ergebnis zu 2. M wird (kein) Gesellschafter der ABC-GbR (+/-) Ergebnis zu I. M hat (k)einen Anspruch gegen die ABC-GbR auf Zahlung des vereinbarten Gewinnanspruchs Gesamtergebnis M kann ihren Gewinnanspruch (nicht) verlangen

Fall 4/3 T beauftragt K mit dem Verkauf eines Gemäldes. Sicherheitshalber vereinbaren die beiden, dass die Kaufpreisforderung aus einem etwaigen Verkauf bereits jetzt direkt auf T übergehen. In Kunstliebhaber L findet K einen zahlungskräftigen Käufer, der bereit ist, die von T geforderten 5.000 € für das Gemälde zu bezahlen. L weiß um die Tätigkeit des K als Kommissionär. Aus einem früheren Geschäft schuldet K dem L umgekehrt noch Geld (1.000 €). Daher erklärt L gegenüber K die Aufrechnung mit dieser Forderung. K meint hingegen, dass die Aufrechnung in diesem Fall ausgeschlossen sei. Davon will L jedoch nichts wissen und entgegnet K, dass er (K) einen Aufrechnungsausschluss mit ihm (L) vor seiner Aufrechnungserklärung hätte vereinbaren müssen. Nachdem K dem T von den Ereignissen bei L berichtet, ist T nicht sonderlich begeistert. T verlangt nunmehr von L Zahlung des Kaufpreises iHv. 5.000 €. L beruft sich wiederum auf die bereits erklärte Aufrechnung mit K.

Lösung 4/3 A. Anspruch des T gegen L auf Kaufpreiszahlung iHv. 5.000 € aus § 433 II BGB Kaufvertrag zwischen T und L T und L sind nicht selbst in Kontakt getreten, daher Zurechnung der WE in Folge einer Stellvertretung durch K, § 164 I 1 BGB Dann muss K im Namen des T gehandelt haben K hat im eigenen Namen (für Rechnung des T) gehandelt Zwischenergebnis Kein Kaufvertrag zwischen T und L geschlossen. Damit nur Kaufpreisforderung aus übergegangenem Recht gegenüber L möglich

Lösung 4/3 B. Anspruch des T gegen L aus abgetretenem Recht gem. §§ 433 II, 398 BGB Kaufvertrag zwischen K und L, § 433 BGB (+) Abtretung einer Forderung, § 398 BGB Abtretungsvertrag (+) Wirksame Abtretung setzt nach § 398 S. 1 BGB Vertrag zwischen altem und neuem Gläubiger voraus Hier: Vorausabtretung  zum Zeitpunkt der Abtretung hat noch keine Forderung bestanden Abtretung künftiger Forderungen zulässig, sofern sie entstehen können und bestimmbar sind Bestimmbarkeit (+) Die künftige Kaufpreisforderung für das Gemälde ist mit 5.000 € eindeutig bestimmbar

Lösung 4/3 Teilweises Erlöschen der Kaufpreisforderung durch Aufrechnung des L, §§ 387, 389 BGB Gleichartige und durchsetzbare Gegenforderung Aus einem früheren Geschäft steht L eine Forderung gegen K in Höhe von 1.000 € zu Die Forderung ist im Verhältnis zur Kaufpreisforderung gleichartig und auch fällig Gegenseitigkeit Grundsätzlich muss sich die Forderung mit der aufgerechnet werden soll (hier: 1.000 €) gegen den Gläubiger der Hauptforderung (5.000 €) richten Gläubiger der Hauptforderung ist T P: Kann L (als Gläubiger der Gegenforderung) auch gegen K (als Schuldner der GF) aufrechnen?

Lösung 4/3 Nach § 407 I BGB könnte Aufrechnung gegenüber K zulässig sein Der neue Gläubiger muss jede Leistung und jedes RG, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, der Schuldner hatte bereits Kenntnis von der Abtretung Keine Kenntnis von der Abtretung L hatte keine Kenntnis von der Vorausabtretung als er K gegenüber die Aufrechnung erklärte L wusste zwar von der Tätigkeit des K als Kommissionär, allerdings gilt grundsätzlich gem. § 392 I HGB, dass Forderungen aus einem Kommissionsgeschäft erst nach Abtretung an den Kommittent von diesem gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden können Kenntnis vom Kommissionsgeschäft bedeutet also gerade keine Kenntnis von der Vorausabtretung (arg e contrario § 392 I HGB)

Lösung 4/3 Aufrechnung gegenüber dem bisherigen Gläubiger P: Aufrechnung des L gegenüber K als RG mit dem „bisherigen Gläubiger“? Insofern kommt es darauf an, ob die Forderung im Falle der Vorausabtretung unmittelbar in der Person des Zessionars entsteht (Direkterwerb) Dann wäre K zu keiner Zeit Gläubiger der Kaufpreisforderung gewesen Oder, ob zunächst (für eine juristische Sekunde) der Zedent Gläubiger der Forderung wird (Durchgangserwerb) Maßgebend ist, ob im Zeitpunkt der Vorausabtretung die Rechtsgrundlage der Forderung bereits vorhanden war oder ob die Rechtsgrundlage noch durch eine Handlung des Zedenten geschaffen werden musste Erst mit Abschluss des Kaufvertrags zwischen K und L ist die Rechtsgrundlage geschaffen worden T ist somit im Wege des Durchgangserwerbs Gläubiger der Kaufpreisforderung geworden

Lösung 4/3 Zwischenergebnis Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 407 I BGB liegen vor. K war zumindest für eine juristische Sekunde Gläubiger der Kaufpreisforderung Anwendbarkeit des § 407 I BGB beim Kommissionsausführungs-geschäft Ausschluss könnte sich aus § 392 II HGB ergeben Im Verhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär (und dessen Gläubigern) gelten Forderungen aus dem vom Kommissionär getätigten Ausführungsgeschäft schon vor der Abtretung als Forderungen des Kommittenten Dann erst recht bei Vorausabtretung Das würde dazu führen, dass K auch nicht für eine juristische Sekunde Inhaber der Kaufpreisforderung war und somit auch nicht „bisheriger Gläubiger“ iSd. § 407 I BGB

Lösung 4/3 aa) Kommissionsausführungsgeschäft Der Kaufvertrag zwischen K und L müsste ein Kommissionsausführungsgeschäft sein Das wiederum setzt voraus, dass zwischen T und K ein Kommissionsvertrag zustande gekommen ist, § 383 HGB § 383 I HGB  K handelt gewerbsmäßig (+)  Gemälde ist Ware (+)  im eigenen Namen für Rechnung eines anderen (+) Ob K Kaufmann ist, kann wegen § 383 II HGB dahingestellt bleiben K verkaufte das Gemälde in eigenem Namen für Rechnung des T

Lösung 4/3 bb) Anwendbarkeit des § 392 II HGB auf den Vertragspartner des Ausführungsgeschäfts (sehr umstr.) Soweit der Gläubiger des Kommissionärs zugleich der Vertragspartner aus dem Ausführungsgeschäft ist und es um die Aufrechnung gegen die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft geht, käme die Anwendung des § 392 II HGB einem Aufrechnungsverbot gegenüber der Forderung aus dem Ausführungsgeschäft gleich. Der Vertragspartner wäre stets gezwungen, die Kaufpreisschuld in bar zu erfüllen H.M.: Umfassende teleologische Reduktion des § 392 II HGB, wenn es sich bei dem Gläubiger des Kommissionärs tatsächlich um den Vertragspartner aus dem Ausführungsgeschäft handelt; [RGZ 32, 39; BGH NJW 1969, 276; BGHZ 104, 123 (128); Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 392 Rn. 12; Hübner, HR, Rn. 888 ff.; Canaris, HR, § 30 Rn. 78] es sei denn, der Vertragspartner hat sich die Aufrechnungsmöglichkeit auf treuwidrige Weise verschafft [Staub/Koller, HGB, § 392 Rn. 39 f.; Brox/Henssler, HR, Rn. 445]

Lösung 4/3 L hiernach Vertragspartner aus dem Verkauf des Gemäldes Für eine treuwidrige Verschaffung fehlt es an Anhaltspunkten Danach ist § 392 II HGB nicht anzuwenden und L könnte gem. § 407 I BGB gegenüber K aufrechnen A.A.: Teleologische Reduktion des § 392 II HGB auf inkonnexe Gegenforderungen. Stammt die Gegenforderung hingegen aus dem Ausführungsgeschäft, sei eine Aufrechnung zulässig [Heymann/Herrmann, HGB, § 392 Rn. 7; K. Schmidt, HR, § 31 Rn. 135; MüKo-HGB/Häuser, § 392 Rn. 25] Da die Forderung des L aus einem früheren Geschäft mit K stammt und gerade nicht aus dem Ausführungsgeschäft, scheidet nach dieser Position eine Aufrechnung aus A.A.: Teleologische Reduktion des § 392 II HGB auf Kenntnis des Vertragspartners. Hiernach kommt es darauf an, ob der Aufrechnende Kenntnis von der Kommissionärsstellung des anderen hatte. Nur bei fehlender Kenntnis, sei der Vertragspartner schutzwürdig [Schwark, JuS 1980, 777 (781); Schwarz, NJW 1969, 1942 (1943)]

Lösung 4/3 L wusste von der Kommissionärsstellung des K Danach ist eine Aufrechnung ebenfalls ausgeschlossen Stellungnahme: Für die h.M. streitet insbesondere, dass der Dritte jederzeit an den Kommissionär leisten kann und § 392 II HGB insofern keinen Schutz vermittelt Für die Aufrechnung kann bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung im Ergebnis nichts anderes gelten Im Übrigen ist es auch nicht gerechtfertigt, den Dritten schlechter zu stellen, als er stehen würde, wenn der Kommissionär im Wege der Vorausabtretung bereits zugunsten des Kommittenten über die Forderung verfügt hätte (Genau das ist hier geschehen!). Denn dann könnte sich der Dritte (hier: L) gemäß § 406 BGB auf seine Aufrechnungsmöglichkeit berufen. Dies muss aber erst recht gelten, wenn er gegenüber seinem unmittelbaren Vertragspartner (Kommissionär) aufrechnen will [Oetker/Bergmann, HGB, § 392 Rn. 12; EBJS/Krüger, HGB, § 392 Rn. 11; Canaris, HR, § 30 Rn. 78]

Lösung 4/3 Ergebnis zu bb) § 392 II HGB ist teleologisch zu reduzieren cc) Ergebnis zu d. § 392 II HGB steht § 407 I BGB nicht entgegen Ergebnis zu 2. Die Aufrechnung gegenüber S war gem. § 407 I BGB zulässig. Die aufzurechnenden Forderungen stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis. Ergebnis zu III. Die übrigen Voraussetzungen der Aufrechnung - erfüllbare HF, Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB), kein Aufrechnungsausschluss - sind ebenfalls gegeben, sodass die Kaufpreisforderung des T in Höhe von 1.000 € gem. § 389 BGB erloschen ist.

Lösung 4/3 Ergebnis T kann von L Zahlung in Höhe von 4.000 € aus abgetretenem Recht gem. §§ 433 II, 398 BGB verlangen Anm.: T muss sich für die fehlenden 1.000 € an K halten. Ihm steht ein Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB zu, da K mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 384 I HGB) einen vertraglichen Aufrechnungsausschluss mit L hätte vereinbaren müssen.

Hinweise Fall 4/1 ist angelehnt an BGH NJW 2012, 3368 Dazu auch K. Schmidt, JuS 2013, 553 ff. Fall 4/3 ist angelehnt an RGZ 32, 39; BGH NJW 1969, 276 und entstammt teilweise Muthorst, Jura 2013, 179 ff.