Aktuelle Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Reinbek – 13. Dezember 2016
Gesetzgebung AÜG-Reform 2017 Weiterer Neuerungen Rechtsprechung Kündigungsrecht AGB- und Vertragsrecht Entgelt und Arbeitszeit Entschädigung und Schadensersatz Urlaubs- und Befristungsrecht Verschiedenes
Gesetzesvorhaben AÜG/Werkverträge Weitere Neuerungen Gesetzgebung Gesetzesvorhaben AÜG/Werkverträge Weitere Neuerungen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
1. Gesetzesvorhaben AÜG/Werkverträge auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
AÜG-Reform 2017 hat das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen tritt zum 01.04.2017 in Kraft
Höchstüberlassungsdauer echtes Equal-Pay nach Frist Reform 2017 AÜG-Reform 2017 Höchstüberlassungsdauer echtes Equal-Pay nach Frist Streikbrecherverbot Verbot der Reserveerlaubnis Rechts des Betriebsrats § 80 Abs. 1 BetrVG Definition des Arbeitsvertrag (s.u. Werkverträge)
Höchstüberlassungsdauer maximal 18 Monate je Entleiher dann drei Monate Unterbrechung zwingend (oder Übernahme!) Fristlauf beginnend (auch für Altfälle) ab 01.04.2017, damit Handlungsbedarf erst ab 01.10.2018 tarifliche Abweichung möglich, für nicht tarifgebundene Entleiher bei Bezugnahme auf Tarif aber nur bis max. 24 Monate Reform 2017
Echtes Equal-Pay nach Frist Leiharbeitnehmer erhält spätestens nach 9 Monaten Entgelt entsprechend vergleichbarer Stammarbeitnehmer Abweichung nur zulässig bei (Branchen-) Zuschlagstarifverträgen, die gleichwertig sind zu Tarifen im Entleiherbetrieb dann Equal-Pay erst nach 15 Monaten Pflicht, wenn stufenweise Heranführung ab 6 Wochen Reform 2017
Streikbrecherverbot Einsatz von Leiharbeitnehmern durch Entleiher bei Arbeitskampf unzulässig Reform 2017
Verbot der Reserveerlaubnis keine Zulässigkeit mehr bei Überlassungserlaubnis „auf Vorrat“ („Fallschirmlösung“) Reform 2017
Rechte des Betriebsrats Ergänzung des § 80 Abs. 2 BetrVG Berücksichtigung bei der Personalplanung § 92 BetrVG Reform 2017
Reform 2017 § 611 a Abs. 1 BGB – Entwurf Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
2. Weitere Neuerungen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Verzugsschadenpauschale § 288 Abs. 5 S. 1 BGB: EUR 40,-- Pauschalschaden bei Verzug zzgl. zu Verzugszinsen gültig für Entgeltverzug ab Juli 2016 streitig, ob im Arbeitsrecht anwendbar LAGe Köln und Baden-Württemberg: ja!
Textform bei Ausschlussklauseln § 309 Nr. 13 BGB Textform statt Schriftform betrifft Neu-Arbeitsverträge ab 01.10.2016 anderenfalls Klauselunwirksamkeit der gesamten Ausschlussklausel, wenn Neuverträge weiterhin Schriftform verlangen
B. Rechtsprechung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
1. Kündigungsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
a. Kündigungsformalien auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Verkürzung der Anhörungsfrist des Betriebsrats – BAG Urt. v. 25.05.2016 – 2 AZR 345/15 nur abschließende Stellungnahme des Betriebsrats kann das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG vorzeitig beenden besondere Anhaltspunkte müssen für die Annahme von „abschließend“ gegeben sein anderenfalls Wartepflicht bis Fristablauf trotz Stellungnahme
Umfang der Unterrichtung des Betriebsrats – BAG Urt. v. 16.07.2015 – 2 AZR 15/15 Informationspflicht gegenüber dem BR umfasst auch Umstände, die sich zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, wenn sie für den Kündigungsentschluss irrelevant waren
b. verhaltensbedingte Kündigung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Überwachungsrecht an E-Mails der Arbeitnehmer – EGMR Urt. v. 12.01.2016 – 61496/08 dienstlicher E-Mail-Account darf zur Überprüfung der ausschließlich dienstlichen Nutzung überwacht werden kein Verstoß gegen Privat- und Familienleben, der Wohnung und der Korrespondenz (Art. 8 EMRK)
Auswertung des Browser-Verlaufs durch Arbeitgeber LAG Berlin-B. Urt. v. 14.01.2016 – 5 Sa 657/15 (nicht rk.) private Nutzungsgestattung nur „in Ausnahmefällen“ während der Pausen Kontrolle ergibt Surfen während der Arbeitszeit an 5 von 30 Nutzungstagen fristlose Kündigung gerechtfertigt Missbrauchskontrolle nach § 32 BDSG erforderlich, da keine andere Aufklärungsmöglichkeit
Kündigung wegen Herstellung von Raubkopien – BAG Urt. v. 16.07.2015 – 2 AZR 85/15 Brennen und Kopieren privat beschaffter Musik- oder Film-CDs während der Arbeitszeit auf Dienstrechner rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung
Kündigung wegen Berufung auf nicht bestehendes Zurückbehaltungsrecht – Einschätzungsrisiko – BAG Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14 fehlerhafte Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts kann beharrliche Arbeitsverweigerung sein gleichwohl Abmahnungserfordernis
Kündigung wegen Drogenkonsums – BAG Urt. v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15 ein LKW-Fahrer kann wegen Drogenkonsums fristlos gekündigt werden kein Unterschied, ob Konsum während oder außerhalb der Arbeitszeit
2. AGB- und Vertragsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Teilnahme an Personalgespräch während AU – BAG Urt. v. 02.11.2016 – 10 AZR 596/15 grundsätzlich keine Teilnahmepflicht am Personalgespräch während der AU Ausnahmen nur in besonderen Situationen und bei besonderem Interesses des Arbeitgebers denkbar
Reichweite von Ausschlussklauseln – BAG Urt. v. 21.04.2016 – 8 AZR 753/14 „vertragliche Ansprüche“ erfassen weder Schadensersatzansprüche noch Ansprüche aus unerlaubter Handlung auch keine Erfassung von Ansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB (Vertragsverstöße)
Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag – BAG Urt. v. 24.02.2016 – 5 AZR 258/14 „beide Parteien verzichten auf darüber hinausgehende Forderungen“ wirksame Regelungen kein Scheinverzicht, kein verwerflicher Charakter
Kompensation eines Klagverzichts – BAG Urt. v. 24.09.2015 – 2 AZR 347/14 Vereinbarung eines überdurchschnittlichen Zeugnisses kompensiert nicht die Benachteiligung durch einen Klagverzicht Abwicklungsvertrag hiernach unwirksam
Schriftformerfordernis bei Elternzeitverlangen – BAG Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 145/15 Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG muss die Form des § 126 Abs. 1 BGB (Schriftform) wahren Telefax reicht zur Formwahrung nicht aus mangels wirksamen Elternzeitverlangen kein Sonderkündigungsschutz nach § 18 BEEG
Schutzpflichten gegenüber Nichtrauchern – BAG Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 347/15 Arbeitnehmer haben Anspruch auf Schutz vor Tabakrauch Arbeitgeber ist Maßnahmenverantwortlicher nach § 5 Abs. 1 ArbStättVO Art der Beschäftigung schränkt diese Pflicht jedoch nach Abs. 2 ein, wenn die Tätigkeit im Einzelfall zwingend mit dem Kontakt zu rauchendem Publikum verbunden ist
3. Entgelt und Arbeitszeit auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Entgeltfortzahlung bei verschiedenen Krankheiten – BAG Urt. v. 25.05.2016 – 8 AZR 753/14 Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ende von Erkrankungen trägt allein der Arbeitnehmer gilt auch für unmittelbar aufeinander folgende Krankheiten
Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten – BAG Urt. v. 29.06.2016 – 5 AZR 716/15 für Bereitschaftszeiten wird der gesetzliche Mindestlohn geschuldet
Anrechenbarkeit von Sonderzahlungen auf MiLo – BAG Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16 Anrechnung von monatlich gezahlten Sonderzahlungen und Lohnzuschlägen auf gesetzlichen Mindestlohn zulässig vorbehalt- und widerrufslose Zahlung notwendig
Überstundenabgeltung trotz Verfallfrist – BAG Urt. v. 23.09.2015 – 5 AZR 767/16 Ausweis von Überstunden auf Abrechnung hebt Verfallfrist aus etwaige vereinbarte Verfallfrist kommt nicht zur Anwendung
Vertrauensarbeitszeit und Mehrarbeit – BAG Urt. v. 23.09.2015 – 5 AZR 767/13 Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder dem Führen eines Arbeitszeitkontos noch der Geltendmachung von Mehrarbeit entgegen
Bonusfestlegung durch das Arbeitsgericht – BAG Urt. v. 03.08.2016 – 10 AZR 710/14 sieht eine Prämienvereinbarung die arbeitgeberseitige Festlegung nach billigem Ermessen vor und wird dieses nicht gewahrt, kann eine Festsetzung nach billigem Ermessen durch das Gericht erfolgen Vortrag der Parteien ist Grundlage der gerichtlichen Bestimmung
Mitbestimmung bei Wege- und Umkleidezeiten – BAG Beschl. v. 17.11.2015 – 1 ABR 76/13 An- und Ablegen besonders auffälliger Dienstkleidung kann betriebliche Arbeitszeit sein für Auffälligkeit reicht Erkennbarkeit in der Öffentlichkeit als Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers aus Fremdnützigkeit bei besonders auffälliger Dienstkleidung
4. Entschädigung und Schadensersatz auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Objektive Eignung keine Voraussetzung für AGG-Klage – BAG Urt. v. 19.05.2016 – 8 AZR 470/14 Entschädigungsanspruch setzt keine objektive Eignung für die Stelle (mehr) voraus Scheinbewerbungen damit faktisch möglich anders dagegen: EuGH Urt. v. 28.07.2016 – C-423/15
Bezeichnung „Junior Consultant“ und „Berufseinsteiger“ – LAG Baden-W. Urt. v. 19.11.2015 – 6 Sa 68/14 für sich und zusammen kein Indiz für eine Altersdiskriminierung „Junior Consultant“ ist ein betriebshierarchischer Begriff
Keine Verpflichtung zum Präventionsverfahren in der WZ – BAG Urt. v. 21.04.2016 – 8 AZR 402/14 in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses besteht bei schwerbehinderten Arbeitnehmern keine Verpflichtung zur Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX Unterlassen daher kein Indiz für eine Diskriminierung
5. Urlaubs- und Befristungsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Kein Vollurlaubsanspruch bei AV-Beginn zum 01.07. – BAG Urt. v. 17.11.2015 – 9 AZR 179/15 „nach“ sechsmonatigem Bestehen bedeutet nicht „mit“ sechsmonatigem Bestehen bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zum 01.07. nur Teilurlaubsanspruch für dieses Jahr
Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs – BAG Urt. v. 22.09.2015 – 9 AZR 170/14 der Urlaubsabgeltungsanspruch ist vererblich
Pflicht zur Urlaubsgewährung ohne Urlaubsverlangen – LAG Köln Urt. v. 22.04.2016 – 4 Sa 1095/15 (nicht rk.) Arbeitnehmer muss Arbeitgeber durch Urlaubsverlangen nicht mehr in Schuldnerverzug versetzen Arbeitgeber muss von sich aus nachgewähren anderenfalls Schadensersatzanspruch auf Nachgewährung (ggf. auch noch Jahre später)
Urlaubsrechtliche Einheit des Arbeitsverhältnisses – BAG Urt. v. 20.10.2015 – 9 AZR 224/14 nicht jede kurzfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bewirkt neuen Fristlauf des § 4 BUrlB (hier: ein Tag) kurzfristige Unterbrechungen bewirken urlaubsrechtliche Einheit des Arbeitsverhältnisses
Befristete Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit – Umfang – BAG Urt. v. 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 befristet Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit (hier: 4 Unterrichtsstünden für ein Jahr) ist wesentliche Vertragsänderung Schwelle bei 25 % wesentliche befristete Vertragsänderung wird nach AGB-Recht geprüft (nicht: TzBfG) AGB-rechtlicher Maßstab sind aber die Wertentscheidungen des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 - 8 TzBfG
Elternzeit-Befristung vor Antrag der Stammkraft – BAG Urt. v. 09.09.2015 – 7 AZR 148/14 eine Zweckbefristung zur Elternzeitvertretung nach § 21 Abs. 3 BEEG kann bereits dann vereinbart werden, wenn die Stammkraft noch keine Elternzeit verlangt hat Voraussetzung ist lediglich die Ankündigung, Elternzeit nehmen zu wollen
Leistungsentwicklung im Spitzensport (Heinz Müller – 1. FSV Mainz 05) LAG Rheinland-Pf. Urt. v. 17.02.2016 – 4 Sa 202/15 Ungewissheit der Leistungsentwicklung eines Profifussballspielers rechtfertigt die Befristung wegen Eigenart der Arbeitsleistung auch: Altersstrukturerfordernis, sportliche und wirtschaftliche Ziele des Vereins, Abwechslungsbedürfnis des Publikums 16
6. Verschiedenes auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen
Widerspruchsrecht bei mehrfachem Betriebsübergang – BAG Urt. v. 19.11.2015 – 8 AZR 773/14 Widerspruchsrecht nur für letzten Betriebsübergang auf jetzigen Arbeitgeber rückgreifender Widerspruch nur innerhalb der Monatsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB
Wirkungen eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens – BAG Beschl. v. 22.03.2016 – 1 ABR 12/14 Unterlassen eines nach einer Betriebsvereinbarung obligatorischen Konfliktlösungsverfahrens für zu unzulässigen gerichtlichen Anträgen, wenn das Verfahren unterbleibt
Abmeldepflicht voll freigestellter BR-Mitglieder – BAG Beschl. v. 24.02.2016 – 1 ABR 20/14 auch freigestellte BR-Mitglieder müssen sich vor Wahrnehmung außerbetrieblicher BR-Arbeit abmelden und später zurückmelden nur Ort muss nicht mitgeteilt werden
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im Homeoffice – BSG Urt. v. 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht prinzipiell auch im Homeoffice Weg innerhalb der Wohnung ist i.d.R. kein Betriebsweg Wasserholen in Küche ist eigenwirtschaftliche Tätigkeit in Privatwohnung bestehende Risiken hat der Arbeitnehmer zu verantworten
Entfernung betriebsstörender Geschäftsführer – LAG Hamm Beschl. v. 02.08.2016 – 7 TaBV 11/16 kein Entfernungsanspruch des Betriebsrats nach § 104 BetrVG Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer i.S. der Vorschrift