Methoden der Chemie III – Teil 1 Modul M.Che.1101 WS 2010/11 – 12 Moderne Methoden der Anorganischen Chemie Mi 10:15-12:00, Hörsaal II George Sheldrick.

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 Präsentation transkript:

Methoden der Chemie III – Teil 1 Modul M.Che.1101 WS 2010/11 – 12 Moderne Methoden der Anorganischen Chemie Mi 10:15-12:00, Hörsaal II George Sheldrick

Röntgenbeugung an Pulvern (XRD) Es ist nicht immer möglich, Einkristalle zu züchten, vor allem bei sehr schlecht löslichen Verbindungen. Solche Proben sind aber oft mikrokristallin und liefern Röntgenbeugungsdiagramme, die für eine bestimmte Phase charakteristisch sind. Der ganze 3D reziproke Raum wird auf eine Dimension „zusammengequetscht“. Außer bei kleinen Zellen mit hoher Symmetrie überlappen viele Reflexe. Trotzdem findet die Röntgenbeugung an Pulverproben (XRD) viele Anwendungen, vor allem in der Industrie, z.B. 1. Identifizierung von Verbindungen und Polymorphen mit Hilfe einer Datenbank von Pulverbeugungsdiagrammen 2. Semiquantitative Analyse von Mischungen 3. Untersuchungen an Phasenübergängen als Funktion von Temperatur und Druck 4. Klärung der Frage, ob die Struktur eines Einkristalls für die gesamte Probe zutrifft

Das Debye-Scherrer-Verfahren (Göttingen, 1915) Da die Mikrokristalle sich in allen möglichen Orientierungen befinden, besteht das Beugungsmuster aus konzentrischen Kegeln mit Beugungswinkeln 2 . Diese können mit einem zylindrischen Film oder Flächenzähler registriert werden. Die gebeugte Intensität wird als Funktion von  gemessen. Monochromatischer Röntgenstrahl Andrea Thorn

Bragg-Brentano Geometrie 180−2  Detektor Quelle Blende Die Beugungswinkel sind nur genau gleich, wenn die Ebene der Probe auf einem Kreis durch die Quelle und den Detektor liegt. Dieser Kreis ändert sich aber mit 2 . Trotzdem erlaubt diese Geometrie eine relativ ausgedehnte, flache Probe.

Ein modernes Röntgenpulverdiffraktometer In diesem Gerät mit Bragg- Brentano Geometrie bleibt die Probe stehen, der Zähler und die Röntgenquelle werden so bewegt, dass sie den gleichen Winkel zur Ebene der Probe besitzen. Es gibt einen Monochromator zwischen Probe und Detektor, damit möglichst wenig Fluoreszenz aufgenommen wird. Diese Anordnung ist für flache oder unbewegliche Proben besonders geeignet.

Röntgenpulverbeugung Die Beugungswinkel werden mit Hilfe der reziproken Zelle berechnet: sin 2  = ( 2 /4){h 2 a* 2 +k 2 b* 2 +ℓ 2 c* 2 +2kℓb*c*cos  *+2hℓa*c*cos  *+2hka*b*cos  *} Für eine orthorhombische Struktur gilt cos  * = cos  * = cos  * = 0 und a* = 1/a usw. Im kubischen Fall führen weitere Vereinfachungen zu sin 2  = N 2 /4a 2, wobei N = h 2 + k 2 + ℓ 2 ; je nach Gittertyp sind nicht alle Werte für N möglich. Damit kann man zwischen kubischen P, I und F- Gittern unterscheiden. Das Bild zeigt das berechnete Röntgenbeugungsdiagramm von LaB 6, Raumgruppe Pm3m, = Å. 2 2  Intensität 

Röntgenbeugungsdiagramm von Zucker Intensität  2 2  Die meisten Röntgenpulverdiagramme sind etwas schwieriger zu indizieren, wie in diesem Beispiel (Sucrose, Raumgruppe P2 1 ). Auch bei solchen Proben ist es durchaus möglich, die Reflexe zu indizieren und eine Zelle zu bestimmen. Die Bestimmung der Raumgruppe und der Struktur sind aber viel schwieriger.

Weitere Komplikationen bei Pulverproben Obwohl die Anwendungen als „Fingerabdruckmethode“ keine großen technischen Anforderungen stellen, ist der quantitative Einsatz dieser Methode aufwendig. Es müssen unter Anderen folgende Effekte berücksichtigt werden, die bei der Einkristallröntgenbeugung viel weniger problematisch sind: 1.Vorzugsorientierung (Textur) 2.Untergrund 3.K  1 /K  2 Aufspaltung 4.Linienform 5.Kontaminierung mit anderen Verbindungen bzw. Phasen Dazu kommt, dass in den Lauegruppen 3, 3m1, 31m, 4/m, 6/m und m3 nicht-äquivalente Reflexe einander zwangsläufig überlagern.

Das Phasenproblem bei Pulvern Auch wenn das Phasenproblem als mathematisch unlösbar gilt, werden Kleinmolekülstrukturen mit Einkristallröntgendaten mittels Direkter Methoden oft in Sekunden gelöst. Für Pulverproben ist das Phasenproblem immer noch eine echte Herausforderung, hauptsächlich weil das effektive Daten-zu-Parameter-Verhältnis viel schlechter ist. Eine mögliche Lösungsmethode ist die Fragmentsuche. Ein oder mehrere starre Moleküle mit bekannter Struktur werden in der Zelle hin und her bewegt, bis z. B. der Korrelationskoeffizient zwischen beobachteten und berechneten Intensitäten ein Maximum erreicht. Erst dann wird versucht, an Hand der Atomkoordinaten die Raumgruppe zu bestimmen. Man muss zwar erst die Zelle bestimmen, die Suche kann dann aber direkt gegen die gemessenen Intensitäten als Funktion des Beugungswinkels  gemacht werden.

Die Rietveld Strukturverfeinerung In der Rietveld-Methode wird die Struktur direkt gegen die gemessenen Intensitäten als Funktion von  verfeinert, ohne das Pulverdiagramm erst in indizierte Reflexe zu zerlegen. Es werden die gleichen Parameter verfeinert wie in einer Einkristallanalyse, mit einigen Zusatzparametern, um den Untergrund und die Linienform zu beschreiben. Die Dimensionen der Elementarzelle werden ebenfalls mitverfeinert. Bei Mischproben können sogar mehrere Strukturen gleichzeitig verfeinert werden! Diese Methode genießt große Beliebtheit, sollte aber nicht überstrapaziert werden. Es gibt gut dokumentierte Fälle, bei denen eine völlig falsche Struktur bestimmt worden ist (Mit genügend Parametern kann man einen Elefanten fitten!). Die Berechnung der Standardabweichungen ist auch oft fraglich, weil die Korrelation zwischen benachbarten Messpunkten nicht adäquat berücksichtigt werden kann.

Neutronenbeugung an Pulvern Neutronenbeugung mit einer spallation source und time-of-flight Datenerfassung ist besonders geeignet für Pulverproben. Es ist leichter, große Pulverproben zu bekommen als große Einkristalle! Bei (ferro-)magnetischen Strukturen muss die magnetische Streuung der Neutronen zusätzlich berücksichtigt werden. Dabei können Verdopplungen (usw.) der Elementarzelle und Änderungen der Raumgruppe auftreten. Bei den 1651 ‚schwarz-weiß‘ (magnetischen) Raumgruppen werden die Atome als kleine Magnete betrachtet, die entweder parallel oder antiparallel angeordnet werden können. Die ungepaarte Elektronendichte lässt sich mit polarisierten Neutronen und Einkristalldaten bestimmen!

Übungen 1.Für einen kubischen Kristall gilt sin 2  = N 2 /4a 2 mit N = h 2 +k 2 +ℓ 2. Welche N-Werte bis einschließlich N = 20 sind für (a) ein P-Gitter, (b) ein I-Gitter (h+k+ℓ=2n) und (c) ein F-Gitter (h, k und ℓ entweder alle gerade oder alle ungerade) erlaubt? 2.Wie kann man P, I und F-Gitter mit Hilfe eines Röntgenpulver- diagramms einer kubischen Struktur voneinander unterscheiden? 3.Für metallisches Kupfer wurden mit = Å folgende Pulverlinien beobachtet:  = 21.68, 25.25, 37.10, 45.00, 47.63, 58.53, und 72.50°. Versuchen Sie die Linien zu indizieren und die Zellkantenlänge a zu bestimmen! 4.Schlagen Sie eine einfache Struktur vor, die mit diesen Daten konsistent ist. Wie lang ist der kürzeste Cu-Cu-Abstand im Metall?