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Veröffentlicht von:Harald Aller Geändert vor über 10 Jahren
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1 Myoarthopathien: Krankheitsbild, Behandlung Prof. Dr. Peter Keel Chefarzt Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Bethesda-Spital, Basel Handout zur Vorlesung Zahnmedizin 2011
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2 Myoarthropathien (Kiefergelenkschmerz): Haupt-/Symptome Schmerzhafte maximale Mundöffnung Schmerzhafte Unterkieferbewegungen (zur Seite/vorne) Druckschmerzhaftigkeit von mind. 4 Muskel- regionen (mind. 1 auf schmerzhafter Seite) (Druck-)Schmerzhaftigkeit der Kiefergelenksregion Schmerzen werden verstärkt durch Belastungen des Kausystems ev. Gelenkgeräusche somatische Befunde erklären Ausmass der Beschwerden nicht Palla, 1999/ Türp & Schindler 2005
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3 Myofaszialer Schmerz –beschränkt auf Kiefermuskulatur, Triggerpunkte, schmerzhafte Kieferöffung Triggerpunkt- massagen oder –injektionen Diskusverlagerungen (oft asymptomatisch) Parafunktionen –Knirschen und Pressen mit Zähnen (Bruxismus) und Zunge, Saugen der Wangen zwischen Zahnreihen meist stressbedingt, selten wegen Okklusionsstörungen Myoarthropathien Arthralgien (Kiefergelenksschmerz) –eng verwandt mit Myoarthropathien, keine Krepitationsgeräusche (DD: Arthrose) Myoarthropathien: Verwandte (assoziierte) somatoforme Störungen
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4 Assoziierte Faktoren Parafunktion (Gefühl Zähne passen nicht zusammen) Bruxismus Gesichtstrauma Schlafstörungen Kopf- oder andere Schmerzen am Bewegungsapparat (widespread pain) Psychologischer Stress Reizdarm (IBS) Hypochondrie Verleugnung von Krankheit McFarlane TV, Oral diseases (2001)
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5 Myoarthropathien: Abklärung Stufe 1 Schmerzanamnese Ganzkörperschmerzzeichnung Chronifizierungszeichen Lokalbefund: Kieferöffung, Gelenkgeräusche, Palpation der Kiefermuskeln (M. temporalis, M. masseter, Regio post-/submandibularis) Türp, 2001
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6 Myoarthropathie: Abklärung Stufe 2 radiologische Abklärung nur bei entsprechender Indikation auf Grund der Symptomatik (Cave: Überbewertung) Umfassende psychosoziale Anmanese: andere Beschwerden, Stressbelastung, Depressivität, Copingstil Türp, 2001
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7 Myoarthropathien: Differentialdiagnosen Klassische Trigeminusneuralgie –Periodisch einschiessende Schmerzanfälle; heftig, messerstichartig, elektrisierend; ausgelöst durch mechanischen Reiz neuropathischer Schmerz Antiepileptika Anhaltender idiopathischer (atypischer) Gesichtschmerz –dumpf, brennender Schmerz; Dysästhesien, Parästhesien; psychische Erkrankungen multimodale Therapie Atypische Odontalgie (Phantomzahnschmerz) –Dumpfe bohrende Dauerschmerzen an Ort eines extrahierten oder behandelten Zahnes symptomatische Behandlung Idiopathisches Mund- und Zungenbrennen –Persistierender brennender Schmerz, ev. Kribbeln, Taubheit, Dysgeusie (Geschmack), Xerostomie; psychosomatische Genese
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8 Vorgehen bei persistierenden Schmerzen (> 4 Wochen) 1.Sicherung des Vertrauensverhältnisses 2.Regeln für die Gesprächstechnik und die Informationsgewinnung 3.Elemente der vertieften (psycho- somatischen) Schmerzanamnese 4.Aktive Schmerzbewältigung mit Patient (Information, Führung, therapeutische Massnahmen)
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9 1. Sicherung des Vertrauensverhältnisses Eingehen auf Patient (thera- peutische Grundhaltung) –Regeln für die Gesprächstechnik und die Informationsgewinnung Beschwerden ernst nehmen –umfassende Anamnese –gründliche körperliche Untersuchung
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10 2. Regeln für die Gesprächstechnik und die Informationsgewinnung Erwartungen klären, Zeitrahmen festlegen Passives Zuhören (Zuwendung) Zeit lassen für Antworten (Pausen) Aktives Zuhören: –gezieltes Nachfragen (sich ins Bild setzen) –offene Fragen
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11 3. Elemente der vertieften (psychosomatischen) Schmerzanamnese Ziele: Suche nach –Zusatzsymptomen als Hinweise für funktionelle Störung –psychosozialen Belastungsfaktoren (Arbeit, Beziehungen)
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12 Vertiefte Schmerzanamnese
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13 Erweiterte Schmerzanamnese
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14 Positivdiagnostik bei unspezifischen Beschwerden (fehlende Befunde) AnamneseProvokation durch ungewohnte Belastung, frühere Schmerz- episoden KörperstatusZähne: Hinweise für Bruxismus Muskeln, Sehnenansätze: Druckschmerzhaftigkeit, Verhärtungen, Verkürzungen Schmerzverlaufwechselhaft, typische Einflüsse Systemanamneseandere funktionelle Störungen PersönlichkeitHinweise auf Überforderung, Dauerbelastung
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15 Tendenz zu Selbstüberforderung –Leistungsorientierung: hartes, pausenloses Arbeiten, Verausgabung, wenig Erholung –Selbstwertprobleme: Anerkennung von Leistung abhängig, Selbstentwertungstendenz –Angst vor Kritik und Verstossung: Perfektionismus, Überanpassung, Überwachsamkeit –Vermeidung von Abhängigkeit: Mangel an Urvertrauen, forcierte Selbständigkeit, Mühe Hilfe zu beanspruchen –Aggressionshemmung: geringes Durchsetzungsvermögen, konfliktscheu, Harmoniesucht –Alexithymie: Unfähigkeit, v.a. unangenehme Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken
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16 4. Aktive Schmerzbewältigung mit Patient: Therapieeinleitung Informations- und Motivationsarbeit in sechs Schritten: Aufklärung über die Gutartigkeit des Leidens, psychosomatisches Krankheitsmodell Konfrontation mit übertriebener Schmerz-/ Krankheitsangst Verzicht auf weitere Abklärungen und invasive Behandlungen Ganzheitliches multimodales Behandlungskonzept
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17 Myoarthropathie: Behandlung: multimodal Aufklärung, Beruhigung medikamentöse Schmerztherapie: Paracetamol, keine NSAR; trizyklische Antidepressiva, ev. SNRI; Muskelrelaxantien (Tizanidin/Sirdalud ® ) Physiotherapie & Physikalische Massnahmen (Wärme, Massagen), Übungen Schienentherapie (Michiganschiene v.a. nachts) psychologische Schmerztherapie: KVT, Entspannungstherapie, Stress- und Konflikt- bewältigung Palla, 1999
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18 Bedeutung der Aufklärung Basis jeglicher erfolgreicher Behandlung wirkt psychotherapeutisch: hilft Ängste und Unsicherheiten abzubauen, wirkt muskelentspannend verbessert Akzeptanz und Erfolg der übrigen Behandlungsmethoden (insbes. der Physio- und Psychotherapie)
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19 Was ist die Evidenz? Zahnschienen besser als gar nichts aber langfristig nicht besser als Placebo Korrekturoperationen und andere chirurgische Eingriffe teilweise erfolgreich (Studienlage schlecht wegen negativer Selektion), insgesamt aber nicht besser als anderes oder Placebo Physiotherapie, Akupunktur und Medikamente fraglich wirksam Multimodale Behandlung mit Schulung, Biofeedback, Entspannung und KVT, besonders wirksam bei Pat. mit psychischer Auffälligkeit
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20 Fallbeispiel Silvia, 1961: Mutterbeziehung Uneheliches Kind, latente Vorwürfe von Mutter (wegen Dir finde ich keinen neuen Partner.), Erzeuger verheimlicht, resp. Lügen Von Mutter vergöttert aber auch missbraucht für Zärtlichkeit, Ersatzpartner und bald Rollentausch, da Mutter chaotisch (Messie), Tablettensüchtig, Übergewichtig (Süssigkeiten als Ersatz), schliesslich nierenkrank
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21 Fallbeispiel Silvia, 1961: Männerbeziehungen Ca. 7-jährig von liebem Mann zu sexuellen Handlungen verführt (gegenseitige Berührung der Genitalien), Verheimlichung durch Drohung mit Gefängnis Wiederholung bei Onkel (?), dort auf als dumm und unglaubwürdig hingestellt, war wehrloses Opfer Später eigene Macht mit Sexualität entdeckt, suchte mit Sex Liebe zu bekommen, unerwünscht schwanger, Abtreibung (Aussteigerszene) Unbefriedigende Partnerschaft, Freund geht zu Prostituierten, da sie ihm zu wenig Lust auf Sex hat
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22 Fallbeispiel Silvia, 1961: Krankheitsanamnese ADHS/Legasthenie als Kind (dumm) Anorexie, Bulimie, Drogenmissbrauch, Sportsucht, Übergewicht Ab 22-j. Zähneknirschen Interview Ab ca. 35-jährig Rückenschmerzen/ Fibromyalgie Erste psychiatrische Behandlung nur mit Medikamenten Psychotherapie ab 2007, Therapeut weicht Aufarbeitung des Missbrauchs aus 2009 Gruppentherapie Fibromyalgie 2010 Einzelpsychotherapie
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23 Fallbeispiel Silvia, 1961: Berufsanamnese Lehre als Verkäuferin, dann Fusspflegerin, Inseratenmanagerin, techn. KV Köchin/ Betreuerin in Heim Hauspflegerin in Spitex, wegen Schmerzen Umschulung von zu FAGE (Krankenschwester) Ausbeutung an Arbeitsplatz, da sehr angepasst/hilfsbereit, bekommt schwierigste Klienten (Messie), Mobbing und Intrigen an Arbeitsplatz, Vorgesetzte empfiehlt ihr Behandlung
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