Leiharbeit in der Diakonie

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Leiharbeit in der Diakonie Regionalversammlungen Frühjahr 2007

Leiharbeit – eine Form der Tarifflucht Gesteigerte „Attraktivität“ von Leiharbeit Unzulässigkeit von Leiharbeit – KGH-Urteil Die „Rechtsverdreher“ – der VdDD Was macht die MAV?

Leiharbeit – eine Form der Tarifflucht Tarifflucht bedeutet Tarifbindung zu verlassen um Löhne/Gehälter abzusenken Drei Phasen der Tarifflucht: Phase 1: Out-sourcing bzw. Vergabe von Aufträgen an Fremdfirmen: Gebäudereinigung, Wäscherei usw. Phase 2: Out-sourcing in eigene Tochterunternehmen. Vorteil: Aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft fällt keine MWSt an. Phase 3: Statt Auftragsvergabe werden AN ausgeliehen – nicht nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen.

Was ist Arbeitnehmerüberlassung?  § 1 Abs.1 AÜG Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer gewerbsmäßig überlassen wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmerüberlassung führt zu einer Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion: Der Verleiher ist Vertragsarbeitgeber. Der Entleiher ist Beschäftigungsarbeitgeber

Gesteigerte „Attraktivität“ von Leiharbeit  Arbeitnehmerüberlassung ist erst durch die letzte Änderung des AÜG als Mittel der Tarifflucht einsetzbar geworden: Die zeitliche Begrenzung der AÜ ist entfallen: Leiharbeitnehmer dürfen jetzt zeitlich unbefristet im selben Entleiherbetrieb eingesetzt werden. Das Synchronisationsverbot ist entfallen: Der Verleiher darf AN für genau den Zeitraum der Entleihe befristet einstellen. Vor allem aber......

Nix mit „equal pay“ !  Nach § 3 I Nr. 3 und § 9 Nr. 2 AÜG dürfen Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht schlechter bezahlt werden als die dort beschäftigten AN. Das gilt nicht, wenn durch Tarifvertrag für den Verleiherbetrieb andere Regelungen getroffen wurden. Auch ein nicht tarifgebundener Verleiher kann die Regelungen eines Leiharbeits-TV anwenden und sich so dem Grundsatz von equal-pay entziehen.

Leiharbeitstarifverträge  Die ersten TVe für Leiharbeit sind von dubiosen Vereinigungen geschlossen worden, deren Status als Gewerkschaft durchaus zweifelhaft ist. Durch diese TVe ist die „Linie“ nach unten verlegt worden.  Der TV, den die DGB-Gewerkschaften mit dem Bundesverband der Arbeitszeitunternehmen geschlossen haben, ist im Verhältnis z.B.zu dem vom Christlichen Gewerkschaftsbund abgeschlossen TV „hochpreisig“.

Grenzen von Out-sourcing  Echtes Out-sourcing (Vergabe an fremde Firmen) ist schnell an funktionale Grenzen gestoßen, weil der Auftraggeber keinen umfassenden Zugriff auf die Aufgabenerledigung hatte und Qualitätsmängel die Folge waren.  Leiharbeitnehmer sind funktional voll in den Beschäftigungsbetrieb integriert. Sämtliche Weisungsrechte obliegen dem Entleiher.

Einsatz von Leiharbeit  Leiharbeit ist allgegenwärtig: - Sie ist zeitlich nicht befristet - Sie kann sich auf alle Arbeitsfelder erstrecken - Es gibt keine „Mindestbeschäftigungsquote“ von Stammmitarbeitern. Fazit: Ein Unternehmen (z.B. ein Krankenhaus) braucht nur einen einzigen Beschäftigten: den Geschäftsführer – der Rest sind Leiharbeitnehmer.

Perspektive MAV-Zuständigkeit Vertreten durch MAV AÜG

Rechtsbeziehungen der Leiharbeitnehmer  LeihAN sind zwei Betrieben zugeordnet, dem Verleiherbetrieb und dem Entleiherbetrieb. Das arbeitsrechtliche Grundverhältnis bezieht sich allein auf die Beziehung zum Verleiherbetrieb, d.h. alle das Grundverhältnis betreffenden Erklärungen werden zwischen AN und Verleiher ausgetauscht: Abmahnungen, Kündigungen, Urlaubsanträge Eingruppierungen usw. Lediglich das Recht, die geschuldete Arbeitsleistung nach Ort, Zeit und Inhalt näher zu bestimmen (Direktionsrecht) ist dem Entleiher übertragen

Kollektivrechtlicher Schutz  Der BR des Verleiherbetriebes ist zuständig in allen personellen Angelegenheiten (§ 99 BetrVG entspricht im wesentlichen § 42 MVG).  Alle organisatorischen und sozialen Angelegenheiten werden personenunabhängig im Entleiherbetrieb geregelt: § 40 MVG.

MAV-Beteiligung bei Einstellungen  Eine Einstellung im Sinne von § 42 MVG liegt vor - bei Eingliederung in den Betrieb - zur Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke - wenn der Arbeitgeber die Tätigkeit organisieren muss und dazu wenigstens teilweise das Direktionsrecht ausübt.

Zustimmungsverweigerung bei Einstellungen Zustimmungsverweigerung möglich bei Vorliegen eines Grundes gem. § 41 MVG AÜ ist grundsätzlich zulässig, deshalb „normale“ Zustimmungsverweigerungsgründe – wie sonst bei Einstellungen – selten gegeben! Jedoch: Nach KGH-Urteil vom 9. Oktober 2006 widerspricht dauerhaft (ersetzende) Leiharbeit kirchlichem Recht

Leiharbeit und Dienstgemeinschaft  Die Dienstgemeinschaft ist konstitutives Element des kirchlichen Selbstverständnisses: Die Dienstgemeinschaft verlangt die Festlegung der Arbeitsbedingungen in einem kirchengemäßen Verfahren (2. od. 3. Weg), dass vor allem durch Transparenz, Parität, Geltung für alle MitarbeiterInnen und Partnerschaft geprägt ist. Nur Einrichtungen, die sich einem solchen Verfahren unterwerfen, können die Zuordnung zur Kirche für sich beanspruchen.

Die „Rechtsverdreher“ – der VdDD Der VdDD zum KGH-Urteil: - KGH-Urteil sei rechtlich fragwürdig - gilt nur für den ganz konkreten Einzelfall - Empfehlung, „Dienstgemeinschaft“ als Mitgliedspflicht „löschen“ - Alternative zu KGH-Urteil sei AVR-DW-EKD, danach sei Leiharbeit in Diakonie zulässig Jedoch:

Der kirchliche Auftrag  Kirche (Diakonie) ist nur wer kirchlichen Auftrag (Verkündigung in Wort und Tat) erfüllt: Mitarbeitende haben deshalb besondere Loyalitätspflichten Leiharbeit ist immer gewerblich, LeihAN haben deshalb nicht die kirchlichen Loyalitätspflichten  Konsequenz: Durch dauerhafte (ersetzende) Leiharbeit ist kirchlicher Auftrag gefährdet, diese widerspricht deshalb kirchlichem Recht !

Was macht die MAV?  Nach der Entscheidung des Kirchengerichtshof vom 09.10.2006 verweigert die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Einstellung von LeihAN berechtigt, sofern diese nicht nur vorübergehend zur Abdeckung von Krankheitsvertretungen, Belastungsspitzen und so weiter dient.

Konsequenz Der Kirchengerichtshof der EKD (KGH-EKD) hat in seiner Entscheidung vom 9.10.2006 festgestellt, dass Leiharbeit in diakonischen Einrichtungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die Ersetzung von Stammmitarbeitern ist jedenfalls nicht zulässig. Dies hindert jedoch die Arbeitgeber bislang nicht, weiterhin Leiharbeiternehmer zu beschäftigen. Es hängt deshalb von der Initiative und dem Engagement der Mitarbeitervertretungen ab, ob diakonische Einrichtungen weiterhin in kirchenrechtswidriger Weise Leiharbeitnehmer beschäftigen und damit Lohndumping und Tarifflucht betreiben.

Arbeitshilfen  Internetadresse KGH-Urteil: www.ekd.de/mitarbeitervertretungsrecht/mitarbeitervertretungsrecht.html  Leitsätze des KGH-Urteils  Hinweise zur Zustimmungsverweigerung