„Methodologische Grundlagen qualitativer Sozialforschung“

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„Methodologische Grundlagen qualitativer Sozialforschung“ Prof. Ute L. Fischer – Institut für Soziologie Qualitative Methoden Vorlesung „Methodologische Grundlagen qualitativer Sozialforschung“ VFischer09 Sommersemester 2009

Gliederung 1. Ergänzungen – Oevermann 1991 V6 Gütekriterien und Qualitätsstandards Gliederung 1. Ergänzungen – Oevermann 1991 2. Weiterungen: Wissenssoziologische Hermeneutik 3. Vergleichende Würdigung 4. Gütekriterien und Qualitätsstandards 5. Blick zurück und nach vorn Ute Fischer 27.5.2009 2

Zusätzliche Argumente V6 1. Ergänzungen (Oev. 1991) Zusätzliche Argumente Genetischer Strukturalismus: Konkrete Gebilde (Fälle) als Momente von Besonderem und Allgemeinem analysieren statt deskriptiv beschreiben. Ergebnis: Fallstruktur in ihrer Gesetzlichkeit verstehen (Dis-/Kontinuität; Diachronie/Synchronie; Reproduktion/Transformation). Entstehung von Neuem/Transformation: Beispiel für Analysegegenstand objektive Sinnstruktur: sprachvermittelte, regelkonstituierte Bedeutung, nicht konstruierter Sinn; nachprüfbare Bestandteile der Realität Sequenzialität des Handelns ist Grundstruktur und zugleich Prozess Methode: Sequenzanalyse (V11) schmiegt sich an die sequenzielle Praxis des Untersuchungsgegenstandes an. 3 Ute Fischer 27.5.2009 3

Wissenssoziologische Hermeneutik (Schröer, Reichertz, Hitzler u.a.) V6 2. Weiterungen Wissenssoziologische Hermeneutik (Schröer, Reichertz, Hitzler u.a.) Gemeinsamkeiten mit der strukturalen Hermeneutik: - Rekonstruktion der strukturellen Handlungsprobleme, -bedingungen und -möglichkeiten sowie eröffnete Lösungswege - Erhebung möglichst natürlicher Daten - Abduktive Haltung in Analyse von Protokollen/Texten - Einzelfallanalysen, Sequenzanalyse Unterschiede: Wissensformationen, Subjekt stärker als Struktur im Vordergrund bei Analyse der Konstitution der Sinnstruktur, Abgrenzung gegen „Metaphysik der Strukturen“, Idealtypus aus Konstruktionen zweiter Ordnung Beispiele: - Reichertz (1991): Kriminalpolizisten bei der Aufklärung - Schröer (1992): polizeiliche Beschuldigtenvernehmung 4 Ute Fischer 27.5.2009 4

Objektiver versus subjektiver Sinn – wer sieht was wodurch? 3. Vergleichende Würdigung Objektiver versus subjektiver Sinn – wer sieht was wodurch? Gemeinsamkeiten: Sprache des Falles als Ausgangspunkt Differenzen: bzgl. der Bezugstheorien, Analyseebene und Methode Angemessenheit der Fragestellung zur Analyseebene beachten - subjektiver Sinn  Routine - objektiver Sinn  Krise Beispiele für Ausdrucksgestalten: Tagebuch Sportschaurekonstruktion Ute Fischer 27.5.2009 5 5

Reliabilität, Validität, Objektivität 4. Gütekriterien und Qualitätsstandards Reliabilität, Validität, Objektivität Validität/Gültigkeit der (generalisierten) Aussagen  Angemessenheit der begrifflich-theoretischen Konstruktionen zum empirischen Sachverhalt: Gegenstandsnähe + Regelverstehen Reliabilität/Zuverlässigkeit der Datenerhebung  Ergebnisse wiederholbar (nicht: Messvorgang wiederholbar): durch Rekonstruktion der Forschungsinteraktion und der Fallstruktur Objektivität  intersubjektive Überprüfbarkeit der Ergebnisse: Explikation der kommunikativen Standards der Interpretation (detaillierte Protokolle und extensive Auslegung) metatheoretische Fundierung  Entscheidung für Begriffsrahmen und thematischen Fokus Generalisierbarkeit  logische Schlussverfahren. Vergleich von Idealtypen oder Dimensionen von Typiken (V13) Ute Fischer 27.5.2009 6 6

Kernkriterien (Steinke 2008) V6 4. Gütekriterien und Qualitätsstandards Kernkriterien (Steinke 2008) Intersubjektive Nachvollziehbarkeit (statt Überprüfbarkeit): Dokumentation des Forschungsprozesses, Interpretation in Gruppen, Anwendung kodifizierter Verfahren Indikation des Forschungsprozesses: Angemessenheit der Paradigmenwahl, des methodischen Vorgehens, der Transkription, des Sampling, der Qualitätskriterien zur Fragestellung Empirische Verankerung: Theoriebildung am Gegenstand, Theorieüberprüfung falsifizierend/verifizierend ebenfalls am Material Limitation: Grenzen des Geltungsbereichs der entwickelten Theorie nennen (wie weit reicht Verallgemeinerbarkeit?) Kohärenz: in sich stimmige Theorie, Widersprüche offenlegen Relevanz: Welchen Beitrag leistet die Theorie wofür? Reflektierte Subjektivität: Selbstreflexion der Forschenden Ute Fischer 27.5.2009 7 7

Logische Schlussverfahren: 4. Gütekriterien und Qualitätsstandards Logische Schlussverfahren: Deduktion – Induktion – Abduktion (Reichertz 2008) Deduktion: Einzelfall mit bekannter Regel erklärt (Subsumtion) = tautologisch, wahrheitsübertragend Induktion: a. quantitativ: Einzelfälle werden zu einer Regel verallgemeinert = tautologisch, wahrscheinlich b. qualitativ: Einzelfall (token) wird in Typus (type) eingeordnet = wahrscheinlicher Schluss auf neue Formen des Bekannten Abduktion: Einzelfall löst Irritation aus, keine Regel verfügbar -> Bildung einer Regel -> Erklärung des Falles Ute Fischer 27.5.2009 8 8

Zwischenfeedback Zum nächsten Mal 5-Minuten-Papier V6 5. Blick zurück und nach vorn Zwischenfeedback im Vergleich zu den formulierten Zielen, angekündigten Arbeitsweisen und eingesetzten Methoden 5-Minuten-Papier Zum nächsten Mal Flick 1995, S. 148-173 Stationen des Forschungsprozesses konkretisieren anhand konkreter Studie (in bewährten Gruppen) Kurzpräsentation vorbereiten: Gegenstand, Methode und Realisierung, Einschätzung: Was ist gelungen und überzeugend, was nicht? Nachricht an mich bis 5.6. –> Rückmeldung von mir bis 8.6. Ute Fischer 27.5.2009 9 9