Wie verhalte ich mich richtig bei einem Haftungsfall ? Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M. Universität Wien - Juridicum.

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 Präsentation transkript:

Wie verhalte ich mich richtig bei einem Haftungsfall ? Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M. Universität Wien - Juridicum

Haftpflichtversicherungen Verpflichtung zur sofortigen Meldung eines Haftungsfalles   Eigenbeobachtung   Begehren des Patienten (Brief, Klage)   Deckungsverlust droht Weiterleitung der Korrespondenz und Kooperation Überprüfung der Deckung: Deckungssummen, med und rechtliche Ausnahmen im Vertrag, Nachhaftung Anweisung an die Versicherung kein Vergleichsoffert zu stellen, wenn kein Fehler passiert ist: Prämie Keine freiwilligen Direktzahlung:   Refundierbarkeit bei Versicherung vorweg überprüfen!   Anerkenntnis: Wirkt gegen den Arzt und nicht gegen den Haftpflichtversicherer

Haftpflichtversicherungen Deutschland - BBR Versicherungsumfang bei niedergelassenen Ärzten   Die Versicherung umfasst die gesetzliche Haftpflicht des niedergelassenen Facharztes oder Allgemeinmediziners und seiner Betriebsstätte (Betriebshaftpflichtversicherung).   Diese BBR sind aber nicht bei allen Versicherern gleich.   Versicherungsverträge enthalten darüber hinaus sog. „geschriebene Bedingungen“, die individuelle Vereinbarungen des jeweiligen Versicherungsvertrages beinhalten.   Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht   aus der Beschäftigung von angestellten Ärzten (meist bis zu 2 ohne Mehrprämie eingeschlossen) und Hilfspersonen einschließlich deren persönlicher gesetzlicher Haftpflicht   aus der Beschäftigung eines vorübergehend bestellten Vertreters, nicht aber die persönliche Haftpflicht des Vertreters   wegen Schäden durch Röntgeneinrichtungen zu Untersuchungszwecken

Haftpflichtversicherungen – Deutschland - BBR   Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht   aus Besitz oder Verwendung von Röntgeneinrichtungen zu Heilzwecken sowie deckungsvorsorgefreien radioaktiven Stoffen und Beschleunigern   wegen Schäden im unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Laseranlagen und Laserstrahlung   Erste-Hilfe-Leistung im In- und Ausland   Konsiliartätigkeit   betriebsärztliche Tätigkeit   ärztlicher Sonntags- und Notfalldienst   gelegentliche Gutachtertätigkeit   Vertretung eines vorübergehend verhinderten Arztes (bis zu 3 Monate im Jahr)

Haftpflichtversicherungen – Deutschland - BBR Zusätzlich versicherbar ist   die ambulante Behandlung mit operativer Tätigkeit sowie   die ambulante und stationäre Behandlung mit operativer Tätigkeit inkl. 10 Belegbetten. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bei niedergelassenen Ärzten ist   die Geburtshilfe, außer im Notfall als Erste-Hilfe- Leistung, sowie   die plastische Chirurgie

Haftpflichtversicherungen Checkliste Deckungssumme: Deckungssumme:   pro Fall   pro Zeiteinheit (zB Jahr) Umfang der abgedeckten medizinischen Leistungen: Umfang der abgedeckten medizinischen Leistungen:  zB konservativ - operativ, Zusatzleistungen, Ausschluss einzelner Fächer  Gehilfen, Urlaubsvertreter Umfang des abgedeckten Schadens : Umfang des abgedeckten Schadens :  zB Ausschluss der Deckung bei reinen oder abgeleiteten Vermögensschäden, bzw entgangenem Gewinn Dauer der Deckung : Dauer der Deckung :  D/Ö: Zeitmäßige Begrenzung nach Aufkündigung des Versicherungsvertrages  D: 5 Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages  Ö: 3 Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages

Information an den Patienten Der Arzt ist verpflichtet, dem Patienten Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen.   Nur an den Patienten oder bevollmächtigten Vertreter   Datenschutz   Keine Herausgabe der Originaldokumentation (schriftl)   „Vermutung, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme nicht getroffen worden ist.“ (Kunstfehler, Aufklärungspflichtverletzung)   „Bei Nichtdokumentierung der Aufklärung ist der Arzt beweispflichtig, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung erteilt hätte. An diesen Beweis sind strenge Anforderungen zu stellen.“

Information an den Patienten Keine darüber hinausgehenden Informationen ohne Rücksprache mit Anwalt:   Defektanfälligkeit eines technischen Gerätes   Haftung für Defekt des Gerätes bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis   Fall: „Hat schon länger nicht gut funktioniert“   Ungeschicklichkeit von Gehilfen   Haftung für Fehlleistung von Erfüllungsgehilfen   Fall: „ist so ungeschickt“   Geringe Erfahrung mit dem Eingriff   Keine Aufklärungspflicht, lediglich die Verpflichtung zu einer wahrheitsgemäßen Antwort

Verhalten bei Gericht Beantwortung der Fragen des Richters und der Anwälte   Keine Aussagen, die über die Fragen hinausgehen   Fall: „Nix Baby mehr“   Fall: „Ich lese alle Top-Journals“ Keine unglaubwürdigen Zeugen aufbieten   Kein Zeugenbeweis in einem Routinefall nach mehreren Jahren: „Ich kann mich genau erinnern“   Aussage über Ordinationsgebrauch glaubwürdig Keine Improvisation während der eigenen Aussage   Erfindung einer neuen Geschichte bei unerwarteter Frage

Vergleichsverhandlungen Keine übereilten Entscheidungen während der Verhandlung: bedingter Vergleich Keine Emotionen oder Aufregung „ich will damit nichts mehr zu tun haben“: Emotionen verleiten zu Fehlern Gerichts- und Anwaltskosten berücksichtigen: Auskunft von Anwalte erfragen

Gynäkologisches und Geburtshilfliches in der Rechtsprechung Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M. Universität Wien - Juridicum

Implanon „Wrongful conception“ Deutschland OLG Karslruhe Implantation Implantation Schwangerschaft der Patientin (21 Jahre, nicht verheiratet, vor Antritt einer neuen Stelle) Schwangerschaft der Patientin (21 Jahre, nicht verheiratet, vor Antritt einer neuen Stelle) Geburt eines gesunden Kindes Geburt eines gesunden Kindes Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € ) Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € ) Urteil: Urteil:  Implantat konnte nicht gefunden werden, Wirkstoff konnte im Blut nicht nachgewiesen werden  Gutachten:  Ungewollter Verlust des Röhrchens ist nicht möglich  Versagerrate: 0%  Vermutung der fehlerhaften Implantation  Praktisches Training laut Herstellerangaben notwendig  Familienplanung ist auch dann schützenswert, wenn die Patientin noch kein Kind geboren hat  Auch der Unterhalt des Vaters ist zu ersetzen, da er durch den Behandlungsvertrag der Kindesmutter mitgeschützt wird – Vertrag mit Schutzwirkung Dritter

Implanon „Wrongful conception“ Deutschland – LG Köln Implantation Implantation Schwangerschaft einer Mutter mit abgeschlossener Familienplanung (3 Kinder) Schwangerschaft einer Mutter mit abgeschlossener Familienplanung (3 Kinder) Geburt eines gesunden Kindes Geburt eines gesunden Kindes Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € ) Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € ) Urteil: Urteil:  Dokumentation:  Stäbchen von Arzt, Assistentin und Patientin getastet (schriftlich bestätigt)  Begleiterscheinung der Gestagenwirkung (länger anhaltenden azyklischen Blutungen und Kopfschmerzen)  Erhobener Sachverhalt des GA:  Implantat konnte nicht gefunden werden und Wirkstoff konnte im Blut nicht nachgewiesen werden  Gutachten:  Wahrscheinlichste Ursache: Fehler bei Implantation  Glaubhafte Tastbefunde  Mögliches Therapieversagen  Behandlungsfehler ist nicht die einzige denkbare Ursache: Keine Haftung

Haftung für Urlaubsvertreter Behandlungsvertrag niedergelassener Arzt  Niedergelassener Arzt – Patient  Haftung des niedergelassenen Arztes bei Verletzung des Behandlungsvertrages (zB mangelhafte Aufklärung, Behandlungsfehler)  Haftung für jene Personen, derer sich der Arzt bei Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient

Haftung für Urlaubsvertreter   Verweis auf anderen niedergelassenen Facharzt :   Eigener Behandlungsvertrag mit „Vertreter“   Indizien:   Behandlung in Ordination des „Vertreters“   Direkte Abrechnung des Honorars durch „Vertreter“   Auftreten in eigenem Namen   Keine Haftung für Fehler des „Vertreters“

Haftung für Urlaubsvertreter   Vertrag mit „Urlaubsvertreter“ für die Dauer der Abwesenheit die Patienten zu behandeln :   Behandlung im Rahmen des eigenen Behandlungsvertrages durch „Vertreter“   Kein eigener Behandlungsvertrag mit „Vertreter“   Indizien:   Behandlung in Ordination des „Vertretenen“   Abrechnung des Honorars durch „Vertretenen“   Auftreten des Vertreters im Namen des Vertretenen „für ….“   Haftung für Fehler des „Vertreters“

Haftung für Geräte   Verpflichtung sich mit der Funktionsweise der Apparate vertraut zu machen, soweit ihm dies zumutbar ist.   Verpflichtung, diese Geräte instand zu halten, sie zu kontrollieren und gegebenenfalls von spezialisiertem Personal warten zu lassen.   Kontrollen, jeglicher, die Benutzung und den Zweck des Geräts betreffende Funktion, z.B. durch optische Kontrolle eines Intubationsgerätes vor der Operation.   Der Arzt müsse zwar nicht persönlich jedes Gerät überprüfen, sondern könne spezialisiertes Personal einsetzen, doch müsse er sich dann für deren Fehlverhalten entlasten.   Verpflichtung die Geräte immer so einzusetzen, dass Schäden durch ihren Umgang möglichst vermieden werden.

Haftung für Geräte   umfassende Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf mögliche Fehlfunktionen, insbesondere Programmfehler beim Einsatz von EDV im Bereich der Diagnose und Therapie, zu treffen.   Handhabung muss durch entsprechende Ausbildung des Bedienpersonals sichergestellt werden,   Funktionsstörungen müssen vom Bedienpersonal erkannt werden können.   Koordination von Arzt, Hilfspersonal und medizinischem Gerät muss so geregelt und eingerichtet werden, dass Bedienungsunfälle möglichst ausgeschlossen werden.