Aktuelle Pathophysiologie und Therapie bei Präeklampsie PD Dr. R. Seufert M.Sc. Universitätsfrauenklinik Mainz Direktor : Prof. Dr. H. Kölbl
Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen 5 – 7 % aller Geburten 2. Stelle der maternalen Todesfälle in Deutschland verursachen 15 % der perinatalen Mortalität verursachen 20 % aller Frühgeburten in Schwellenländer enormes Problem -> z.B. 4o% aller matern. Todesfälle in Nigeria
Klassifikation : Schwangerschaftshypertonien American College of Obstetricians-Gynecologists, 1990 und 1999 Anteil Anstieg der Perinatalen Mortalilität Präeklampsie (RR+ Proteinurie) 35 % Faktor : 3 - 5 Propfgestose 15 % Faktor : 5 - 10 Chronische Hypertonie 35 % Faktor : 1 - 1,5 Gestationshypertonie 15 % kein Anstieg Sibai, 2001
Präeklampsie - Pfropfgestose Hypertonie - Proteinurie Spitze des Eisbergs
Randbedingungen : Ohne Plazenta keine Präeklampsie Kein lebender Foetus notwendig – Kasuistiken : Präeklampsie bei Blasenmolen Erkrankung die es spontan nur beim Mensch gibt
Trophoblastinvasion Brosens 1972, Meekins1995, Steven 2002 Normale Gravidität Präeklampsie Pfropfpräeklampsie
Fehlende Trophoblastinvasion 14. bis 20 SSW -> fehlende Vasodilatation Doppler :Peristiernder diastolischer Notch nach der 18 SSW als Zeichen des erhöhten vasalen Widerstandes -> viele Wochen vor klinischen Symptomen
Effekte nur bei trächtigen Tieren Drosselung der uteroplazentaren Durchblutung Beobachtungen an trächtigen Tieren Stenosierung Pulskurve am Schwanz Blutdruck-anstieg am 21. Tag Besonderheiten 0.15 mm - 188 / 123 Proteinurie hohe Abortrate Nekrosen an Hinterläufen 0.2 mm ? 198 / 130 0,25 mm + 193 / 124 Keine kein RR an A. carotis ad hoc 0,3 mm 178 / 99 0,35 mm ++ 160 / 88 Effekte nur bei trächtigen Tieren
Proteinurie am 20. Tag Gesamtprotein Clip G1 G2 G1 Clip Clip M1 M2
Erhöhte Vasoreaktivität geht Klinik voraus N.Gant et al. 1976 Niedrigere Dosis von Angiotensin II zur Anhebung des RR bei Pat. mit Präeklampsie Wochen vor der klinischen Diagnose normal Präeklampsie
Endothelium derived Substances in Preeclampsia Prostacyclin : Verminderte Synthese Endothelin : Erhöhte Synthese Endothelium Derived Contracting Factor (EDCF) : Erhöhte Synthese NO : Verminderte oder erhöhte Synthese Vasokonstriktion „ Präeklampsie eine Erkrankung des Endothels“ Roberson 1996
Vasoaktive endotheliale Faktoren Das Endothel wiegt 1,5 kg Regulation des vasalen Tonus -> Hypertonie Modulation der Gerinnung -> Gerinnungsaktivation Barriere für Diffusion und Makromoleküle - Ödeme und Proteinurie
Systemische vasoaktive Faktoren plazentaren Ursprungs ?
Konklusion : Wirkung von Faktor X Das Serum von Präeklampsiepatientinnen enthält Faktoren, die über eine verminderte lokale endotheliale Aktivität des NO – Systems zur erhöhten Vasoreaktivität führen und zusätzlich zu einer verminderten PGI2 – Synthese führen
Superoxide Produktion : Isoliertes Gefäß Mean +-STD pmol O2-/min/mg * * p < 0,05 Präeklampieseren erhöhen die Superoxideproduction um den Faktor 3 -> Hauptquelle ist das Endothel
Oxidativer Stress
Standardtherapie beim Hellp-Syndrom ist die primäre Sektio In ganz wenigen selektionierten Fällen kann unter intensivmedizinischen Bedingungen versucht werden die Schwangerschaft zu prolongieren
PRÄEKLAMPSIE + HELLP seit 2 Tagen Oberbauchbeschwerden G.F. 29j G1 in der 24 + 3 SSW seit 2 Tagen Oberbauchbeschwerden Z.n. ICSI – 4 jährige Sterilitätstherapie Proteinurie ( 1330 mg/24h) Hypertonie ( 170/100 mmHg) GOT U/l 822; GPT 781 U/l LDH 849 U/l IUGR mit AU < 5.Perc. etwa 450 g Thrombozyten 15.000/µl CRP 8.7 mg/dl PRÄEKLAMPSIE + HELLP
26 +6: Verlauf: ab 24 + 4 : stationäre Aufnahme Therapie schwere Präeklampsie und HELLP Therapie Celestan 2x 12 mg Dihydralazin und Intensivmedizin Ultraschallbefund: geschätzte 470 g 26 +6: Primäre Sectio in Spinalanästhesie bei steigenden RR - Werten Labor: GOT U/L 300; GPT U/L 487; Thrombozyten Tsd/µl 80; LDH 490 U/l Kind: Mädchen; Gewicht 712 g; APGAR 7/8/9; pHa 7,19
HELLP-Parameter Sectio
Modell zur Leberschädigung beim HELLP-Syndrom Diagnose/Prognose Apoptose in der Leber CD95L Therapie
Magnesiumsulfat – Diazepan – Phenytoin : Was ist besser ? The Eclampsia Trial Collaborative Group n = 1687 Lancet. 1995 Jun 10;345(8963):1455-63. Randomierung : 453 Pat Mg-Sulfat versus 452 Pat mit Diazepan 388 Pat Mg-Sulfat versus 387 Pat mit Phenytoin Re - eklamptischer Anfall Maternale Mortalität
Erneute eklamptische Anfällen : Halbierung unter Magnesiumsulfat The Eclampsia Trial Collaborative Group n = 1687 Lancet. 1995 Jun 10;345(8963):1455-63. Erneute eklamptische Anfällen : Halbierung unter Magnesiumsulfat Maternale Mortalität fällt in Magnesiumgruppe auf die Hälfte ( 2,6 gegen 5,2%) Signifikant besseres Fetal Outcome in Bezug auf Intubation, pH und Apgar 5´ „there is compelling evidence in favour magnesium sulfate rather than diazepan or phenytoin“
Therapie des eklamptischen Anfalls ( Pritchardschema) 1. Initial 4g MgSulfat i.v. über 5 min dann 2. 5 g Mg Sulfat i.m. beidseits gluteal ( = 10 g) 3. alle 4 h weitere 5g MgSulfat UFK Mainz : 2. 2g Mg-Sulfat/h als Dauerinfusion nach 1) ( i.v. Gabe Halbwertzeit etwa 4 h) Bei Unwirksamkeit – Alternativen : Diazepan ( HWZ : 70 h) oder Phenytoin (HWZ 40H) i.v. -> cave : Atmung
Prävention der Präeklampsie mittels ASS ? Nicht eindeutig – minimale Unterschiede
Schwangerschaftshochdruck Ambulant bei : bei RR < 160 / 90mmHg und keine Proteinurie Keine zentralen Symptome Unauff. CTG/Doppler Normales Wachstum KEINE THERAPIE
Einweisung in Klinik RR > 160/100 mm HG Proteinurie und rasche Ödementwicklung Hinweise für fetale Gefährdung ( CTG/Doppler ) Prodromalsymptome -> drohende Eklampsie bzw Hellp Syndrom Hypertonie und Proteinurie und Risikofaktoren zB. zusätzlich Diabetes mellitus, Mehrlinge, Small for Date, Laborauffälligkeiten
Klinik Vor Blutdrucksenkung 500 ml HAES RR Senkung unter CTG – Kontrolle (offen) Als Antihypertensivum : akut Dihydralazin Urapidil ( Ebrantil ) Ab 180/110 mmHg und Proteinurie > 3g Eklampsieprophylaxe mit 1g MG -Sulfat
Warum antihypertensive Therapie ? Einziger Grund : Vermeidung maternaler hypertensiver Komplikationen Die fötale Versorgung wird durch kein bekanntes Antihypertensivum verbessert
Antihypertensive Therapie bei milder bzw Antihypertensive Therapie bei milder bzw. mittelgradiger Präeklampsie ( 170/110 mm Hg) Auswirkungen auf die plazentare Durchblutung Kein Einfluß: Nifedipin (Mari 89, Moretti 90, Pirhonen 90, Sibai 92) Isradipin (Wide-Svennson 91, Grunewald 92) Nicardipin (Walker 92, Carbonne 93) α-Methyldopa (Rey 92, Montan 93) Dihydralazin (Harper 91, Pedron 92, Belfort 95) Atenolol (Nylund 88) Pindolol (Nylund 89, Montan 92) Labetalol (Mahmoud 93) Negativer Einfluß: Dihydralazin (Nylund 88, Janbu 89, Grunewald 93) Atenolol (Montan 92) Labetalol (Harper 91, Montan 93)
Antihypertensive Therapie bei Schwangeren mit chronischer Hypertonie ( 160/100 mm Hg) Schwangerschaftsverlauf und -ausgang (Entwicklung einer Pfropfgestose, Frühgeburtlichkeit, vorzeitige Plazentalösung, perinatale Mortalität) vs Kontr. (keine Therapie) unbeeinflußt, bis auf häufigeres Auftreten fetaler Wachstumsretardierung Redman CWG, Roberts JM. Lancet 1993; Rey E, Couturier A. Am J Obstet Gynecol 1994; von Daelszen P, et al. Lancet 2000; Abalos E, et al. Cochrane Database Syst Rev 2001; Sibai BM. Obstet Gynecol 2002
Antihypertensive Therapie bei schwerer Präeklampsie (> 170/110 mm Hg) Akutbehandlung: Dihydralazin Nifedipin Urapidil α-Methyldopa β-Blocker Längerfristige Behandlung: