Zur Wirkung des Vorkaufsrechts, Fall 4.5: Die Gemeinde G hat dem Turn- und Sportverein (TUS e.V.) an einem der Gemeinde gehörenden und an den bestehenden Sportplatz angrenzenden Grundstück Flurnummer 195 ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle bestellt. Am 3. April verkauft G das Grundstück an den Investor I für 100.000.- €. I wird im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Am 2. Mai ruft der Vorstandsvorsitzende des TUS e.V. den Bürgermeister von G an und teilt ihm mit, dass der Verein das Vorkaufsrecht ausübe. Wie ist die Rechtslage?
I. Anspruch G gegen TUS e. V. auf Zahlung von 100. 000. - €, gem I. Anspruch G gegen TUS e.V. auf Zahlung von 100.000.- €, gem. § 433 II BGB KV kommt durch Ausübung des Vorkaufsrechts kraft Gesetzes zu den zwischen G und I vereinbarten Bedingungen zustande, § 464 II BGB. (TUS e.V. kann also zB nicht einwenden, der Kaufpreis sei zu hoch). Wichtig: Die Ausübung bedarf nicht der Form, die für den KV gilt, § 464 I 2. Stellvertretung: Hier Vorschriften über die gesetzliche Vertretung der G durch Bürgermeister aus Gemeindeordnung zitieren (Vorlesung Kommunalrecht), für Verein § 26 II 1 BGB.
(Ausschluss)Frist für die Ausübung: § 1098 I 1 iVm § 469 BGB: 2 Monate ab Mitteilung. Hier ist noch keine Mitteilung abgegeben worden, also Frist noch gar nicht in Gang gesetzt. Voraussetzungen für die Entstehung des Vorkaufsrechts mangels näherer Angaben in SV nicht weiter zu prüfen. Anspruch (+)
II. Anspruch des TUS e. V. gegen G auf Auflassung des Grundstücks, gem II. Anspruch des TUS e.V. gegen G auf Auflassung des Grundstücks, gem. § 433 I 1 KV siehe oben. Keine Unmöglichkeit, denn G gilt dem Verein gegenüber noch als Eigentümer (§ 1098 II, 883 II 1); Eigentum des I ist gegenüber Verein unwirksam.
III. Anspruch des TUS e.V. gegen I auf Zustimmung AG § 1098 II iVm § 888 Anspruch (+)
§ 14 Das unrichtige Grundbuch I. Grundbuchberichtigungsanspruch II. Widerspruch
Wie kann das Grundbuch unrichtig werden? Nichtigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts oder Fehlen der Einigung (z.B. wegen Dissens) Bsp.: Eintragung des Erwerbers als neuer Eigentümer, obwohl Einigung infolge Täuschung beim Abschluss des Grundstückskaufvertrages und anschließender Anfechtung ex tunc unwirksam war
Rechtsänderungen außerhalb des Grundbuchs Erbfall Umwandlung im Gesellschaftsrecht Umwandlung der Hypothek in Eigentümergrundschuld
Fehler des Grundbuchamtes (beachte jedoch: nicht alle Verfahrensverstöße führen zur Unrichtigkeit des Grundbuchs, z.B. nicht Verstoß gegen § 45 GBO, s.o.). Bsp.: Der Rechtspfleger hat versehentlich statt der nicht mehr valutierten Hypothek des B die Hypothek des X gelöscht.
Grundbuchberichtigungsanspruch Voraussetzungen: Unrichtigkeit des Grundbuchs, d.h. Abweichen der wahren Rechtslage vom Grundbuchinhalt Anspruchsinhaber ist der wahre Berechtigte (derjenige, der durch den Grundbuchstand in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt ist) Anspruchsgegner ist der "Buchberechtigte" (derjenige, dessen grundbuchrechtliche Bewilligung notwendig ist, um die Berichtigung durchzuführen)
II. Widerspruch, § 899 Vorläufige Sicherung bei Abweichen von wahrer Rechtslage und Grundbuchstand. Bis zur Korrektur des Grundbuchs aufgrund eines Berichtigungsanspruchs kann viel Zeit vergehen (v.a. wenn der Buchberechtigte erst verklagt werden muss!) → Gefahr des Erwerbs nach § 892.
Voraussetzungen: Einstw. Verfügung (siehe §§ 935 ff ZPO - Glaubhaftmachung der Gefährdung nicht erf. § 899 II 2) oder Bewilligung des Buchberechtigten (desjenigen, dessen Recht von der Berichtigung betroffen wird) Voraussetzungen des Grundbuchberichtigungsanspruchs
Wirkung: keine Grundbuchsperre, sondern Zerstörung des öffentlichen Glaubens, § 892. Stimmt die Buchlage doch mit der wahren Rechtslage überein: Verfügungen unprobl. wirksam. Ist das Grundbuch unrichtig, kann kein Erwerb kraft öff. Glaubens stattfinden.
§ 15 Erwerb kraft öffentlichen Glaubens des Grundbuchs I. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs II. Gutgläubigkeit III. Anwendungsbereich IV. Bereicherungsrechtlicher Ausgleich V. Öffentlicher Glaube des Grundbuchs und Vormerkung
I. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs § 891 BGB: Vermutung für die Richtigkeit des Grundbuchs Positive Richtung: Vom eingetragenen Recht wird vermutet, dass es besteht. Negative Richtung: Vom gelöschten Recht wird vermutet, dass es nicht besteht. § 891 kommt dem Eingetragenen zugute.
Noch weiter geht § 892: Der Inhalt des Grundbuchs gilt als richtig (unwiderleglich) zugunsten desjenigen, der ein Recht an einem Grundstück (oder ein Recht an einem solchen Recht) erwirbt. Das Grundbuch genießt "öffentlichen Glauben", denn nicht nur zugunsten des Eingetragenen, sondern zugunsten der Teilnehmer am Rechtsverkehr wird seine Richtigkeit unterstellt.
II. „Gutgläubigkeit“ (≠ § 932 Abs. 2!!) Keine positive Kenntnis Anders als bei beweglichen Sachen schadet nur positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs, nicht dagegen grob fahrlässige Unkenntnis. Kein Widerspruch
Zeitpunkt für den guten Glauben: § 892 II: Stellung des Eintragungsantrags oder Einigung, je nach dem, was zeitlich später liegt. Stellvertretung: Wenn auf Erwerberseite ein Stellvertreter eingeschaltet ist, kommt es auf dessen Kenntnis an, § 166 I BGB; Ausnahme in § 166 II.
III. Anwendungsbereich: 1. Was genau ist Gegenstand des öffentlichen Glaubens? 2. Was sind die einzelnen geschützten Erwerbsvorgänge?
ad 1. "Inhalt des Grundbuchs", also alles? Nein; basiert auf der "Unrichtigkeit des Grundbuchs" iSd § 894. Der Rechtsverkehr kann vertrauen: - auf das Bestehen eines eingetragenen dinglichen Rechts - auf das Nichtbestehen eines nicht eingetragenen aber eintragungsfähigen dinglichen Rechts
auf das Nichtbestehen einer nicht eingetragenen aber eintragungsfähigen Verfügungsbeschränkung Nicht: Am öff. Glauben nehmen sonstige Angaben über Lage, Größe, Wirtschaftsart (Bestandsverzeichnis) nicht teil ebenso nicht die nicht eintragungsfähigen Rechte wie öff. rechtl. Beschränkungen und Belastungen.
ad 2. Geschützte Erwerbsvorgänge: siehe §§ 892, 893 Erwerb eines Grundstücksrechts oder eines Rechts an einem solchen Recht (Pfandrecht, Nießbrauch) durch rechtsgeschäftliche Verfügung, § 892 I 1.
Bewirkung einer Leistung an den Buchberechtigten, § 893, 1. Alt Bewirkung einer Leistung an den Buchberechtigten, § 893, 1. Alt.: X leistet an H, der aufgrund eines Versehens zu Unrecht als Hypothekar im Grundbuch eingetragen ist. X wird wegen § 893 1. Fall dem wahren Hypothekengl. gegenüber frei und erwirbt die Hypothek nach § 1164 I 1. Andere Verfügungen, § 893, 2. Fall: z.B. Rangvereinbarung, Aufhebung eines Rechts (z.B. eines Nießbrauchs oder Pfandrechts)
Nicht dagegen: Erwerb kraft Gesetzes Bsp. Erbfolge: Wenn der Erblasser zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war, erwirbt sein Erbe nicht das Eigentum aufgrund § 892.
Rechtsgeschäft i. S. eines „Verkehrsgeschäfts“: Rechtsgeschäft i. S. eines „Verkehrsgeschäfts“: Ausgeschlossen nach Sinn und Zweck des § 892 sind auch Erwerbsvorgänge, an denen nur eine Person beteiligt ist. Z.B. Alleingesellschafter G ist Bucheigentümer und überträgt das Eigentum an die X-GmbH, deren einziger Gesellschafter er ist.
IV. Bereicherungsrechtlicher Ausgleich Vollzieht sich wie beim gutgl. Erwerb beweglicher Sachen nach § 816 I 1 bzw. bei Unentgeltlichkeit nach § 816 I 2. Keine Haftung nach § 823, auch nicht bei Fahrlässigkeit seitens des Erwerbers (§ 892 schließt Widerrechtlichkeit aus).
Zusatzfall zum gutgläubigen Erwerb: A ist als Eigentümer eines mit einer Fabrikhalle bebauten Grundstücks in A-Dorf, Fl.nr. 1345 im Grundbuch eingetragen. Er findet in K einen Käufer, der bereit ist, für das Objekt 500.000.- € zu bezahlen. Der bei A angestellte Prokurist P, der auch zur Veräußerung von Grundstücken ermächtigt ist, erklärt am 3.1. vor dem Notar gemeinsam mit dem Käufer die Einigung über den Eigentumsübergang hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 1345 und stellt gleichzeitig, vertreten durch den Notar, den Eintragungsantrag.
Noch bevor die Eintragung bewirkt wird, erfährt P, dass sein Vorgänger X, der früher die Grundstückgeschäfte des A geführt hatte, dem V, der dem A das Grundstück 11 Monate zuvor veräußert hatte, damit gedroht hatte, die außerehelichen Beziehung des V öffentlich zu machen, wenn V nicht bereit wäre, das Grundstück zu einem äußerst günstigen Preis von 250.000.- € zu veräußern. P, der eine ehrliche Haut ist, teilt dem K seine Bedenken in Bezug auf die Eigentümerstellung des A sofort mit.
Tatsächlich geht nur wenige Tage später ein Schreiben des V bei A ein, in dem dieser Rückgängigmachung des Kaufvertrags und der Veräußerung fordert. Nichtsdestotrotz wird K am 5.2. als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. V behauptet, nach wie vor Eigentümer des Grundstücks zu sein, und verlangt von K die Zustimmung zu seiner Wiedereintragung im Grundbuch. Wie ist die Rechtslage?
V (X)-----A-----(P) K
Grundbuchberichtigungsanspruch, gem. § 894 BGB VSS: Auseinanderfallen von Grundbuchinhalt und materieller Rechtslage. Grundbuchinhalt: K ist Eigentümer des Grundstücks Materielle Rechtslage? 1. Veräußerung V – A, § 873: Einigung, § 925 BGB: Nach § 142 Abs. 1 BGB nichtig?
aa) widerrechtliche Drohung: § 123 Abs aa) widerrechtliche Drohung: § 123 Abs. 1; Widerrechtlichkeit ergibt sich aus der Zweck-Mittel-Relation; Anfechtungsgrund nach § 123 erfasst typischerweise auch die dingliche Einigung. Drohung ging von X aus, nicht von V: hier irrelevant; Umkehrschluss aus § 123 Abs. 2. bb) Fristgerechte Erklärung (+), vgl. § 124 Abs. 1. b) Mangels Einigung ist V demnach immer noch Eigentümer. 2. Veräußerung A – K, § 873: a) Einigung, § 925 (+); A wirksam durch P vertreten (§§ 164 Abs. 1 BGB, 49 HGB).
b) Eintragung des K als Eigentümer im Grundbuch (+) c) Berechtigung des A (-) d) Gutgl. Erwerb nach § 892 Abs. 1 S. 1? Grundbuch weist A als Eigentümer aus. Kein Widerspruch. Positive Kenntnis des K von der Anfechtbarkeit zwar vorhanden und grundsätzlich ausreichend, wenn Anfechtung erfolgt, § 142 Abs. 2, aber Eintragungseintrag bereits gestellt und Auflassung erklärt, bevor K Kenntnis erlangt, § 892 Abs. 2. e) Ergebnis: K ist Eigentümer; das Grundbuch ist nicht unrichtig; § 894 (-).
V. Öffentlicher Glaube des Grundbuchs und Vormerkung Zur Erinnerung: Vormerkung ist kein dingliches Recht, ist aber im Grundbuch eingetragen und sichert einen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung.
Fall 4.6: B ist im Grundbuch zu Unrecht als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Wahrer Eigentümer ist E. B verkauft das Grundstück mit notariell beurkundetem Kaufvertrag an den redlichen X und bewilligt ihm eine Auflassungsvormerkung. Die Vormerkung wird auf Grund des am 2. Mai gestellten Eintragungsantrags am 13. Mai eingetragen. Am 10. Mai erfährt X, dass das Grundstück in Wahrheit dem E gehört. a) Hat X die Vormerkung erworben? b) Kann X noch Eigentum am Grundstück erwerben, wenn das Grundbuch inzwischen berichtigt und E wieder als Eigentümer eingetragen ist?
2. Mai: Eintragungsantrag, 13. Mai Eintragung E B X 2. Mai: Eintragungsantrag, 13. Mai Eintragung 10. Mai: X erlangt Kenntnis Grundbuch: B = Eigentümer Vormerkung?
ad a): Gutgl. Erwerb der Vormerkung nach § 892? Vormerkung ist kein dingliches Recht am Grundstück; Daher: Erwerb nicht durch Einigung und Eintragung, sondern durch Bewilligung und Eintragung. Aber: nach ganz h.M. (st. Rechtsprechung) Analogie zu § 893 2. Fall. Damit kann die Vormerkung gutgläubig vom Bucheigentümer erworben werden. Mit der Eintragung daher Erwerb der Vormerkung. Zum nach § 893 maßgeblichen Zeitpunkt (§ 892 II - Stellung des Eintragungsantrags) war X noch redlich.
ad b) Muss die Redlichkeit des X noch bis zur Stellung des Eintragungsantrags für die Eintragung des X als Eigentümer bzw. bis zur Einigung andauern (§ 892 II)? H.M. (RGZ 121, 44; BGH NJW 81, 446): Nach Sinn des § 883 II 1 (Schutz des Vormerkungsberechtigten vor zwischenzeitlichen Vereitelungen des Erwerbs - Sicherungsfunktion) genügt es, wenn der Vormerkungsberechtigte bei Stellung des Eintragungsanstrags hinsichtlich der Vormerkung gutgl. war; spätere Kenntnis von der Nichtberechtigung, Eintragung eines Widerspruchs oder gar Grundbuchberichtigung schaden nicht.
Wie der Eigentumserwerb des X sich gestaltet, ist ebenfalls umstr.: E.A.: analog § 888 BGB: es genügt wenn E (wegen des Grundsatzes der Voreintragung) der Eintragung des X als Eigentümer formell zustimmt. Die Auflassung kann dagegen noch B erklären. A.A.: B kann das Recht nicht mehr verschaffen. Daher ist auch die materiellrechtliche Zustimmung des E nach § 185 BGB notwendig.
Fall 4.7: Wie Fall 4.6, allerdings wusste X schon zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags für die Vormerkung (also schon vor dem 2. Mai), dass E der wahre Eigentümer des Grundstücks ist. Am 15. Mai tritt X seine Rechte aus dem Kaufvertrag mit B an den gutgläubigen Z ab. Ist Z Inhaber einer Vormerkung geworden?
2. Mai: Eintragungsantrag, 13. Mai Eintragung E B X Z 2. Mai: Eintragungsantrag, 13. Mai Eintragung 15. Mai: X tritt Vormerkung an Z ab Vormer kung Grundbuch: B = Eigen tümer
→ hängt davon ab, ob B dem X eine Vormerkung bestellt hat und diese durch Abtretung des zu sichernden Anspruchs gem. § 401 Abs. 1 BGB auf Z übergegangen ist
A. Gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung durch X, §§ 883 Abs A. Gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung durch X, §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1, 893 Alt. 2, 892 BGB? I. Zu sichernder Anspruch, § 883 Abs. 1 S. 1 BGB (+) B und X haben einen formwirksamen (§ 311b Abs. 1 BGB) Kaufvertrag geschlossen, in dem sich B gegenüber X zur Übereignung verpflichtet hat II. Einseitige Bewilligung durch B, § 885 Abs. 1 BGB (+)
III. Eintragung der Vormerkung ins Grundbuch, § 885 Abs. 1 BGB (+) IV. Berechtigung und Verfügungsbefugnis des B, § 885 Abs. 1 („…desjenigen, dessen…“) (-) B ist weder Grundstückseigentümer, noch gem. § 185 Abs. 1 BGB zur Verfügung im eigenen Namen ermächtigt V. Gutgläubiger Erwerb, §§ 893 Alt. 2, 892 BGB (-) X weiß bereit im Zeitpunkt der Beantragung der Vormerkungseintragung, dass es sich bei B nicht um den Berechtigten handelt
B. Gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung durch Abtretung des (vermeintlich) durch die (angebliche) Vormerkung gesicherten Anspruchs, §§ 398, 401 Abs. 1, 892 BGB? I. Wirksame Abtretung des Übereigungsanspruchs, § 398 BGB (+) II. Problem: Automatischer akzessorischer Erwerb der gar nicht existierenden Vormerkung?
e. A.: generell nicht möglich, weil - § 892 BGB nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb erfasst und die Vormerkung als akzessorisches Recht kraft Gesetzes mit der Forderung auf den Erwerber übergeht - anders als bei der Hypothek (§§ 1154, 1155 BGB) keine Sonderregeln existieren, die den Abtretungsvorgang sachenrechtlicher Publizität unterwerfen
a. A.: generell möglich, weil Der Erwerb der Vormerkung aufgrund der Abtretung der gesicherten Forderung eben doch mittelbar auf einem Rechtsgeschäft beruht und § 892 BGB demzufolge anwendbar ist der gesetzliche automatische Miterwerb der Vormerkung dem typischen Parteiwillen entspricht ein Bedürfnis für Kettenveräußerungen besteht, bei denen nicht mit jedem Abtretungsvorgang eine neue Vormerkung bewilligt werden muss
Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht in denjenigen Fällen, in denen der Zedent deswegen nicht Vormerkungsinhaber geworden ist, weil er im Zeitpunkt der Bestellung bösgläubig war – ob der BGH diesem Ansatz auch bei anderen Mängeln in der Vormerkungsbestellung folgen würde, ist unklar → nach BGH ist Z Vormerkungsinhaber geworden
5. Teil: Inhalt und Schutz des Eigentums
§ 16 Herausgabeanspruch und EBV: §§ 985 ff. BGB I. Herausgabeanspruch II. Ansprüche aus EBV: Einführung III. Arten von Besitzern IV. Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Nutzungsersatz V. Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Schadensersatz VI. Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer auf Verwendungsersatz VII. Konkurrenzen
Beispiel zu § 986 I 2: E V U Miete Untermiete Herausgabe
Fall 5.1: Am 1. November veräußert V an K ein Messgerät, das seit 1. Oktober für drei Jahre an L verleast ist. Der Vertrag sieht nur ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vor. V tritt dem K den Anspruch auf Herausgabe des Geräts am Ende der Leasingzeit ab. Am 2. November verlangt K, gestützt auf sein Eigentum, Herausgabe von L.
Kaufvertrag V K Leasing- vertrag L ? Abtretung
Lösung: Herausgabeanspruch des K gem. § 985 BGB gegenüber L? A. Eigentum des K I. Ursprünglicher Eigentümer ist V II. Eigentumsverlust des V durch Übereignung an K gem. §§ 929 S. 1, 931 BGB am 01.11.?
Einigung über den Eigentumsübergang (+) 2. Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. §§ 931, 398 S. 1 BGB (+) der von der dinglichen Einigung zu unterscheidende Abtretungsvertrag liegt laut SV ausdrücklich vor
3. Berechtigung und Verfügungsbefugnis (+) V ist Eigentümer und damit zur Übereignung befugt 4. Zwischenergebnis: K ist Eigentümer des Messgeräts B. Besitz des L (+) L ist als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft unmittelbarer Besitzer, § 854 BGB
C. Kein Besitzrecht des L, § 986 BGB? I. Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 BGB Eigenes Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB? der Leasingvertrag gibt dem L zwar ein Besitzrecht aber nicht gegenüber K, sondern nur gegenüber V (Relativität der Schuldverhältnisse); ein dingliches, gegenüber jedermann wirkendes Besitzrecht verleiht der Leasingvertrag nicht
2. Abgeleitetes Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Alt 2. Abgeleitetes Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (-) es gibt (außer K) keinen mittelbaren Besitzer, von dem L ein Besitzrecht ableiten könnte II. § 986 Abs. 2 BGB (+) L kann dem K das an und für sich nur gegenüber V wirkende Besitzrecht als Einwendung entgegenhalten, da das Messgerät gem. §§ 929 S. 1, 931 BGB übereignet wurde D. Ergebnis K kann das Messgerät innerhalb der dreijährigen Leasinglaufzeit nicht heraus verlangen.
Str.: Ob ZBR aus § 1000 (EBV) oder § 273 BGB ein Recht zum Besitz iSd § 986 gibt. BGH: ja, vgl. BGH NJW 1975, 1121: „Nach herrschender Ansicht vermag auch ein Zurückbehaltungsrecht ein Recht zum Besitz i.S. von § 986 BGB zu begründen. Allerdings nur Zug-um-Zug-Verurteilung Lit: aA: Rechtsfolgen unterschiedlich (siehe auch BGH): ZBR: Verurteilung Zug um Zug; § 986: Abweisung des Herausgabeanspruchs; ZBR ist eine Einrede, § 986 eine Einwendung.
Verjährung des Anspruchs aus § 985 30 Jahre § 197 I Nr. 1 (seit 2002) Beachte: Anders als bei der regelmäßigen Verjährung (3 Jahre) kein subj. Beginn (§ 200 S. 1 BGB). Problematisch: Kunstgegenstände, die in den Wirren des 2. Weltkriegs „verschollen“ waren.
Das „berühmt-berüchtigte“ EBV Merke: Wenn EBV „vorliegt“, grundsätzlich abschließende Regelung gegenüber Delikts-, Bereicherungsrecht und GoA Grundvoraussetzung: Vindikationslage Regelungsgegenstand: Nutzungen, Verwendungen, Schadensersatz Differenzierung nach: redlichem und unverklagten Besitzer bösgl. oder verklagtem Besitzer deliktischem Besitzer
Eigentümer Besitzer - gutgl./unverklagt - bösgl./verklagt Vindikationslage Schadensersatz Nutzungen Verwendungen
Fall 5.2: Am Abend des 4. Februar dringt Dieb X in das Architekturbüro des A ein und stiehlt außer der Portokasse auch einen gerade neu angeschafften Computer. X veräußert den Computer an den nichtsahnenden B, der das Gerät in seinem Betrieb nutzt. Am 2. Mai lässt B das defekte CD-Laufwerk reparieren und eine Speichererweiterung vornehmen. Am 1. August lässt ein Mitarbeiter des B den Monitor bei Umräumarbeiten fallen. Der Monitor geht irreparabel kaputt.
Am 4. August gesteht der inzwischen gefasste X die Tat und gibt an, den Computer an B verkauft zu haben. Als A den Sachverhalt erfährt, verlangt er den Computer von B zurück. Wie ist die Rechtslage? Variante: Wie wäre der Fall zu lösen, wenn B aufgrund der Umstände des Geschäfts mit X hätte wissen müssen, dass der Computer gestohlen war?
A ------------- X B Herausgabe PC ? Schadensersatz ? Nutzungen? B A: Verwendungen?
Vorüberlegungen: Liegt eine Vindikationslage vor? B = redlicher/bösgläubiger/deliktischer Besitzer ? Nutzungen = Gebrauchsvorteile Verwendungen: notwendig/nützlich? Schadensersatz wegen Zerstörung etc.?
A. Herausgabeanspruch des A gegen B I. § 985 BGB 1. Eigentum des A a) A war ursprünglich Eigentümer des Computers b) Eigentumsverlust des A durch Übereignung X an B gem. §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB? aa) Dingliche Einigung (+) bb) Übergabe (+) cc) Berechtigung und Verfügungsbefugnis (-)
Gutgläubiger Erwerb? dd) Rechtsgeschäft i. S. e. Verkehrsgeschäfts (+) ee) Gutgläubigkeit des B (+) B wusste im Zeitpunkt der Übergabe nichts von den wahren Eigentumsverhältnissen und musste davon auch nichts wissen, § 932 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ff) Kein Abhandenkommen gem. § 935 Abs. 1 BGB (-) A hat den unmittelbaren Besitz am Computer wegen des Diebstahls unfreiwillig verloren
d) Zwischenergebnis Eigentümer ist weiterhin A 2. Besitz des B (+) B ist Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft und damit unmittelbarer Besitzer, § 854 BGB 3. Kein Besitzrecht des B, § 986 BGB a) Eigenes Besitzrecht, § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (-) der mit X geschlossene Kaufvertrag wirkt nur zwischen den Parteien, nicht aber gegenüber A
b) Abgeleitetes Besitzrecht, § 986 Abs. 1 S. 1 Alt b) Abgeleitetes Besitzrecht, § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (-) kein Besitzmittler vorhanden, von dem ein Besitzrecht abgeleitet werden könnte 4. Ergebnis A kann den Computer gem. § 985 BGB von B herausverlangen (in der Variante dasselbe Ergebnis, zusätzlich wegen der Bösgläubigkeit des B)
II. § 861 Abs. 1 BGB (-) B ist kein fehlerhafter Besitzer, da er selbst nicht den Diebstahl/die verbotene Eigenmacht verübt hat (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB); B ist auch nicht Erbe des X und hatte im Zeitpunkt des eigenen Besitzerwerbs infolge der eigenen Gutgläubigkeit keine Kenntnis vom fehlerhaften Besitz des X (§ 858 Abs. 2 S. 2 BGB) (ebenso in der Variante, da für die Zurechnung nach § 858 Abs. 2 S. 2 BGB positive Kenntnis erforderlich ist)
III. § 1007 Abs. 1 BGB (-) B war im Zeitpunkt des Besitzerwerbs hinsichtlich der Besitzberechtigung gutgläubig (in der Variante nicht eindeutig zu klären, da § 932 Abs. 2 BGB entsprechend anwendbar und der Sachverhalt nichts über den Grad der fahrlässigen Unkenntnis aussagt)
IV. § 1007 Abs. 2 BGB (+) Der Computer ist dem früheren Besitzer A als bewegliche Sache abhanden gekommen; B ist aktueller Besitzer (aber nicht Eigentümer, s. o.); die Ausschlussgründe des § 1007 Abs. 3 S. 1 BGB greifen nicht (ebenso in der Variante)
V. § 823 Abs. 1 BGB (-) beim gutgläubigen B fehlt es am Verschulden (die Rechtswidrigkeit selbst ist dagegen zu bejahen, da nur der erfolgreiche gutgläubige Eigentumserwerb als Rechtfertigungsgrund in Frage kommt) (in der Variante erneut unklar, da man § 932 Abs.2 BGB als Verschuldensmaßstab wertungsmäßig wird heranziehen müssen)
VI. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 858 Abs. 1 BGB (-) der Streit hinsichtlich des Schutzgesetzcharakters von § 858 Abs. 2 BGB braucht hier nicht geführt zu werden, da die verbotene Eigenmacht dem B hier nicht zugerechnet werden kann, § 858 Abs. 2 BGB (s. o.) (ebenso in der Variante, da fahrlässige Unkenntnis für eine Zurechnung nach § 858 Abs. 2 BGB nicht ausreicht) VII. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (-) keine Leistungsbeziehung zwischen A und B (ebenso in der Variante)
VIII. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (-) B hat zwar Besitz erlangt; allerdings vorrangige Leistungsbeziehung zwischen X und B, die die Anwendbarkeit der Eingriffskondiktion ausschließt (Subsidiarität der NLK!) (ebenso in der Variante) Ergebnis: Vindikationslage (+)
B. Anspruch des A gegen B auf Nutzungsersatz? I. §§ 990 Abs. 1 S. 1, 987 Abs. 1 BGB 1. Vindikationslage im Zeitpunkt der potentiellen Nutzungsziehung (+) s. o.
2. Bösgläubigkeit des B im Zeitpunkt des Besitzerwerbs, § 990 Abs. 1 S 2. Bösgläubigkeit des B im Zeitpunkt des Besitzerwerbs, § 990 Abs. 1 S. 1 BGB (-), daher kein Nutzungsersatz (anders in der Variante: Hier war B bei grob fahrlässiger Unkenntnis bösgläubig i. S. v. § 990 Abs. 1 S. 1 BGB. Außerdem hat B tatsächlich Nutzungen in Form von Gebrauchsvorteilen (§ 100 BGB) gezogen. Fraglich ist nur noch die Höhe des Anspruchs, zB Orientierung an Miete für vergleichbaren Computer).
II. Sonstige Ansprüche auf Nutzungsersatz, z. B II. Sonstige Ansprüche auf Nutzungsersatz, z.B. aus Bereicherungsrecht (-) Sperrwirkung des EBV (§ 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB); B wird als gutgläubiger unverklagter Besitzer privilegiert (nach wohl h. M. – vgl. MünchKomm-BGB § 993 Rn.9; Staudinger, Vorbem. zu § 987 BGB Rn.50 - gilt auch in der Variante beim bösgläubigen Besitzer die Sperrwirkung des EBV im Hinblick auf den Nutzungsersatz, aber str.)
C. Anspruch des A gegen B auf Schadensersatz (wegen des zerstörten Monitors) I. §§ 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB 1. Vindikationslage im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (+) s. o., A kann von B gem. § 985 BGB die Herausgabe verlangen 2. Bösgläubigkeit des B im Zeitpunkt des Besitzerwerbs, § 990 Abs. 1 S. 1 BGB (-) B ist gutgläubig, s. o. 3. Ergebnis Kein SE-Anspruch des A gegen B gem. §§ 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB (anders in der Variante, sofern die Unkenntnis des B den Grad grober Fahrlässigkeit erreicht; dann ist A bösgläubig i. S. v. § 990 Abs. 1 S. 1 BGB; der durch den Mitarbeiter verschuldete Untergang wird A gem. § 278 BGB zugerechnet)
II. § 823 Abs. 1 BGB (wegen Verletzung des EigentumsR) (-) Hier käme zwar eine Eigentumsverletzung in Betracht; allerdings ist § 823 Abs. 1 BGB wegen der Sperrwirkung des EBV (§ 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB!) nicht anwendbar (Sinn und Zweck: Privilegierung des gutgläubigen und unverklagten Besitzers); § 992 BGB greift im vorliegenden Falle nicht (nach h. M. gilt die Sperrwirkung des EBV bei Schadensersatzansprüchen auch in der Variante zugunsten des bösgläubigen aber nicht deliktischen Besitzers, d.h. B haftet nur gem. §§ 990, 989 auf SE) IV. § 831 BGB (-) nicht anwendbar wegen Sperrwirkung des EBV, s. o. (ebenso nach h. M. in der Variante)
D. Anspruch des B gegen A auf Verwendungsersatz I. Die Reparatur des Defekts (notwendige Verwendung) 1. § 994 Abs. 1 BGB a) Vindikationslage im Zeitpunkt der Reparatur (+) s. o. b) Verwendung (+) Die Reparatur ist ein freiwilliges Vermögensopfer, das dem Computer zugute kommt, indem sie dessen Wiederherstellung dient c) Notwendigkeit der Verwendung (+) Reparatur ist notwendig, da sie im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur Erhaltung des Computers objektiv erforderlich war und auch A als Eigentümer vernünftigerweise die Reparatur durchgeführt hätte
d) Keine Rechtshängigkeit oder Bösgläubigkeit i. S. v. § 990 Abs d) Keine Rechtshängigkeit oder Bösgläubigkeit i. S. v. § 990 Abs. 1 BGB (+) siehe Sachverhalt e) Ausschluss nach § 994 Abs. 1 S. 2 BGB? die Reparatur dient der Erhaltung des Computers und fällt unter die gewöhnlichen Erhaltungskosten; außerdem verbleiben dem gutgläubigen und unverklagten B die Nutzungen (s. o.).
f) Zwischenergebnis Ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten scheidet aus (in der Variante wäre bei grob fahrlässiger Unkenntnis des B § 994 Abs. 2 BGB zu prüfen; dieser verweist auf die Vorschriften der GoA; hier würde die Reparatur dem mutmaßlichen Willen bzw. objektiven Interesse des A entsprechen, so dass ein Anspruch aus §§ 994 Abs. 2, 683 S. 1, 670 BGB zu bejahen wäre; in der Variante hätte B auch Nutzungsersatz zu leisten.)
2. §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB (-) zwar grundsätzlich neben dem EBV anwendbar, aber es liegt ein Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung vor, § 687 Abs. 1 BGB, denn B hält sich für den Eigentümer (müsste in der Variante wegen der Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB nicht erneut geprüft werden) 3. Aufwendungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (-) es greift wiederum die Sperrwirkung des EBV (ebenso in der Variante)
II. Die Speichererweiterung (nützliche Verwendung) 1. § 996 BGB a) Vindikationslage im Zeitpunkt der Speichererweiterung (+) s. o. b) Verwendung (+) Speichererweiterung als freiwilliges Vermögensopfer, das dem Computer zugute kommt, indem sie dessen Verbesserung dient c) Keine Rechtshängigkeit oder Bösgläubigkeit i. S. v. § 990 Abs. 1 BGB, § 996 BGB (+) siehe Sachverhalt
d) Nützlichkeit der Verwendung (+/-) bei entsprechender Argumentation im Hinblick auf den knappen Sachverhalt ist jedes Ergebnis vertretbar (in der Variante wäre selbst bei Bejahung der Nützlichkeit ein Anspruch ausgeschlossen, da § 996 BGB explizit nur zugunsten des gutgläubigen Besitzers eingreift) 2. §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB (-) s. o., § 687 Abs. 1 BGB: Eigengeschäftsführung (ebenso in der Abwandlung, da fahrlässige Unkenntnis für § 687 Abs. 2 BGB nicht reicht) 3. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (-) s. o. (ebenso in der Variante)