Voraussetzungen des zweiseitigen Rechtsgeschäfts

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Voraussetzungen des zweiseitigen Rechtsgeschäfts Angebot und Annahme Voraussetzungen des zweiseitigen Rechtsgeschäfts

Angebot und Annahme Sind Voraussetzungen des Vertragsschlusses, §§ 145 ff. BGB Also beim schuldrechtlichen Vertrag, aber auch bei der Einigung nach § 929 Und anderen zweiseitigen Geschäften, zB Abtretung, § 398 Bestellung der Hypothek, § 1113

Voraussetzungen des Angebots Empfangsbedürftige WE, Voraussetzungen zur Wiederholung: obj. Rechtsbindungswille Keine bloße invitatio, Keine Gefälligkeitshandlung Handlungswille Abgabe der WE (potentielles) Erklärungsbewusstsein Zugang Weitere inhaltliche Kriterien?

Mindestinhalt? Muss grds. die essentialia negotii enthalten So bestimmt sein, dass es mit einem „Ja“ angenommen werden kann Also Vertragsgegenstand, Vertragspartner und Gegenleistung Sonstige Bestandteile können aus dem Gesetz heraus ergänzt werden zB Umfang der Gewährleistung Aber: Herabgesetzte Anforderungen im Massengeschäft Geschäft für den, den es angeht Anonymer Vertragsschluss am Automaten und bei der Benutzung von Verkehrsmitteln Bzgl. Gegenleistung Regelungen über die übliche Vergütung in §§ 612 II (Dienst), 632 II (Werk) Generell ist Bestimmbarkeit (ggf. durch Auslegung) ausreichend Keine übermäßig formale Betrachtungsweise

Wirkung des Angebots Bindungswirkung, § 145 Antrag ist nach Zugang unwiderruflich Gebundenheit kann ausgeschlossen sein Klausel „Freibleibend“, „Ohne Obligo“ Dann idR invitatio Aber mit Benachrichtigungspflicht bei Antwort des anderen Teils (§§ 241 II, 311 II) -> Schweigen als Annahme.

Erlöschen der Bindung Bei Ablehnung Bei veränderter Annahme (§ 150 II) Gilt als neuer Antrag Bei nicht rechtzeitiger Annahme Ausdr. Frist Oder § 147 I: Unter Anwesenden sofort (sofern nicht Bedenkzeit vereinbart) Ansonsten vernünftige Reaktionsfrist Nicht durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit, § 130 Annahme des erloschenen Antrags gilt als neuer Antrag

Annahme Grds. gleiche Voraussetzungen wie Antrag Mit Besonderheit beim Zugang Zugang kann entbehrlich sein nach § 151 Wenn der Antragende auf Zugang verzichtet Oder wenn besondere Annahme nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten Wichtig: § 151 ersetzt den Zugang, nicht den Annahmewillen Dieser muss nach außen deutlich werden zB Verpacken und Versand bestellter Ware § 151 regelt einen Fall des Vertragsschlusses durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten

Schweigen als Annahme Abgrenzung: Rechtsfolgen? Grds: Keine Nicht gemeint ist konkludentes Handeln Nicht gemeint ist § 151 Sondern die tatsächliche Nicht- Erklärung Rechtsfolgen? Grds: Keine Weder Annahme noch Ablehnung Bei fortdauernden Schweigen Erlöschen des Antrags durch Zeitablauf (§ 147)

Ausnahmen Parteivereinbarung: Gesetzliche Ausnahmen: Parteien können Geltung von Schweigen als Erklärung vereinbaren Gesetzliche Ausnahmen: zB §§ 108 einerseits, § 516 andererseits Sonstige Ausnahmen: Kontrahierungszwang Treu und Glauben (Reaktionspflicht aus §§ 311, 241 II) Insbesondere bei vorherigem „freibleibenden Angebot“ HGB (Kaufm. Bestätigungsschreiben und fortlaufende Geschäftsbeziehung, § 362 HGB)

Widerruf des Angebots Grds. nur bis Zugang möglich, siehe § 130 Danach gilt: pacta sunt servanda Ausnahmen im Verhältnis Verbraucher – Unternehmer In bestimmten Situationen Widerrufsrecht Rücktrittsartig ausgestaltet, § 355 Ausschluss der Bindung an die Erklärung, § 355 I 1 Rückgewähr der Leistungen, § 355 III

Anwendungsbereich des Verbraucher-Widerrufs Achtung: Einen allgemeinen Grundsatz, dass ein Verbraucher alle von ihm geschlossenen Verträge widerrufen könnte, gibt es nicht. Im stationären Handel nur Informationspflichten, § 312a Vertrag trotzdem gültig, ggf. SE Sonderregel für Versandkosten, § 312a II Für Widerruf besondere Vertriebssituation oder besonderer Vertragstyp erforderlich Regelung im BGB abschließend Anwendungsfälle: Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (AGV), § 312b iVm. § 356 Fernabsatzverträge (FAV), § 312c iVm. § 356 Verträge über Teilzeitwohnrecht, § 485 iVm. § 356a Verbraucherdarlehen, § 495 iVm. § 356b Kauf auf Raten, § 506 iVm. § 495 und § 356b Fernunterrichtsvertrag, § 4 FernUSG

Anwendungsbereich Verbraucher-Widerruf Widerrufbarkeit ist Grundsatz Aber zahlreiche Ausnahmen Für AGV und FAV geregelt in § 312 d Abs. 2 Auch hier abschließende Regelung (Vollharmonisierung) Teilweise mit Rückausnahmen: Siehe Abs. 1 Nr. 9 iVm Abs. 1 S.2 –Reisevertrag als AGV Siehe Nr. 12 – Strengere Regel für Telefonvertrieb. Achtung: §§ 495, 506 (Darlehensgeschäfte) sind lex specialis (Abs. 3) Voraussetzungen und Ausnahmen hier besonders geregelt

Ausübung des Widerrufs Erfolgt nach § 355 (rücktrittsartig) Vertrag nicht unwirksam oder nichtig, sondern Rückgewähr der Leistungen Auf vertraglicher Grundlage Sog. Rückgewährschuldverhältnis Pflicht zur weiteren Leistung entfällt Ist schon geleistet worden, Agl. für Rückgewähr Keine Rückabwicklung nach §§ 985, 812!

Durchführung Widerrufserklärung Frist 14 Tage Kann auch konkludent erfolgen Rücksendung der Ware soll jedoch nicht (mehr) genügen, zweifelhaft Frist 14 Tage Zur Fristwahrung genügt Absendung, § 355 I 5 Kein Zugang der Erklärung erforderlich Achtung, gilt nur für die Erklärung, nicht für die Rücksendung der Ware Gefahrtragung hier nach allgemeinen Regeln

Fristlauf 14-Tages-Frist beginnt frühestens mit dem Vertragsschluss Viele Ausnahmen, §§ 356 Abs. 2 und 3 Bei Warenkauf regelmäßig erst mit Erhalt der Ware, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Physischer Besitz, nicht Zugang iSd § 130 (P): Lieferung mangelhafter Ware, Aliud-Lieferung Sonderregel für Dienstleistungen, § 356 Abs. 4 Sonderregel für digitale Inhalte, § 356 Abs. 5 Wichtig: Belehrung über das Widerrufsrecht Ohne Belehrung kein Fristbeginn, § 356 Abs. 3! Belehrung muss den gesetzlichen Vorgaben (im EGBGB) entsprechen Auch bei mangelhafter Belehrung kein Fristbeginn!!! RF bei ganz fehlender oder mangelhafter Belehrung: Widerruf 1 Jahr und 14 Tage möglich, § 356 Abs. 3 S. 2 Belehrung kann nachgeholt oder nachgebessert werden, dann 14 Tage ab Nachholung

Rechtsfolgen Beiderseitige Rückgewähr Auch der Versandkosten „Hin“ immer „Rück“ kann auf den Verbraucher verlagert werden Bei AGV uU Abholungspflicht Kein Nutzungsersatz für Gebrauchsvorteile Verbraucher nutzt immer unentgeltlich Wertersatz nur bei wirksamer Belehrung Und nur, soweit intensiverer Gebrauch, als zu Prüfungszwecken erforderlich, § 357 Abs. 7 Gefahr des zufälligen Untergangs trägt der Unternehmer

Das führt zur Frage: Wer ist Verbraucher? Natürliche Person Juristische Personen sind generell ausgenommen, also zB auch der Idealverein (str.) Ebenso kommen alle natürlichen Personen als Verbraucher in Betracht zB auch die Professorin für Bankrecht bei §§ 495, 505 Typisierende Abgrenzung, nicht an individueller Schutzbedürftigkeit orientiert Grund: Rechtssicherheit

Wer ist Verbraucher? Erforderlich ist Handeln zu privaten Zwecken Weder gewerblich noch selbständig beruflich Abhängig beruflich wird privat gleichgestellt Handeln als Arbeitnehmer kann Verbrauchergeschäft sein Existenzgründer nur bei der Kreditaufnahme geschützt (siehe § 512) -> Ermöglicht Gegenschluss -> in den anderen Fällen nicht! GmbH- Geschäftsführer als Verbraucher (BGHZ 133, 71) Bei Geschäften ohne eindeutige Zuordnung (dual use): Vermutung für Gewerblichkeit, wenn Gewerbetreibender handelt (§ 344 HGB) Ansonsten Abgrenzung nach Gebrauchsanteilen (“überwiegend“).

Unternehmer Natürliche oder jur. Person Planmäßiges und dauerhaftes Anbieten von Waren oder Dienstleistungen am Markt Unabhängig von Gewinnerzielungsabsicht Also auch eV oder kommunale Betriebe Untergrenze der anbietenden Tätigkeit sehr fraglich Ebay-Fälle Dazu jetzt EuGH C-105/17 –Kamenova Gesamtwürdigung aller Umstände, Geschäftsbetrieb erforderlich