Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts

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Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts
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 Präsentation transkript:

Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts Geschäftsfähigkeit Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts

Geschäftsfähigkeit Ist die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte wirksam vornehmen zu können (§ 105 I) Zu unterscheiden von: Ehe- und Testierfähigkeit (vgl. § 2229 I) Deliktsfähigkeit Geregelt in §§ 827 f. Unter 7 Jahren nicht, von 7 – 10 Sonderregel für Straßenverkehr, zwischen 7 und 18 nach Maßgabe der Einsichtsfähigkeit Rechtsfähigkeit Fähigkeit, überhaupt Träger von Rechten und Pflichten zu sein (§ 1) zB Inhaber von Ansprüchen oder Eigentum Menschen ab Geburt, juristische Personen durch Registierung

Geschäftsunfähigkeit Kinder unter sieben Jahren Ausschluss der freien Willensbetätigung auf Dauer (§ 104 Nr. 2) Muss nicht in der Lage gewesen sein, Entscheidung von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen Zustand muss dauerhaft sein, also zB nicht bei Trunkenheit Möglichkeit des lucidum intervallum Möglichkeit, dass Störung sich auf bestimmten Bereiche beschränkt (Querulantenwahn, BGH ZiP 1999, 2073)

Geschäftsunfähigkeit Entmündigung Volljähriger abgeschafft Ersetzt durch Betreuung nach §§ 1896 ff. Schließt Fähigkeit des Betreuten selbst zu handeln nicht aus Solange nicht § 104 II vorliegt Gericht kann aber für bestimmte Bereiche Einwilligungsvorbehalt anordnen (§ 1903) Insbes. in Vermögensangelegenheiten Dann Geschäft nur mit Zustimmung des Betreuers wirksam

Geschäftsunfähigkeit Rechtfolge: WE ist nichtig Auch kein Zugang von WE des anderen Teils möglich (§ 131 I) Keine Erfüllungswirkung (§ 362) bei Leistung an den Geschäftsunfähigen Im Sachenrecht gelten vom Geschäftsunfähigen weggegebene Gegenstände als abhanden gekommen (§ 935) Vertretung durch gesetzliche Vertreter nötig. Rechtlich Neuvornahme, Genehmigung der ursprünglichen WE nicht möglich

Vorübergehende Störung Nichtig ist auch die WE, die im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird (§ 105 II) Bei Suff Faustregel: > 3 Promille Aber Zugang bleibt möglich, Gegenschluss aus § 131 IÜ Wirkung für jedes Geschäft einzeln zu prüfen Insgesamt keine Geschäftsunfähigkeit, Sondervorschrift

Beschränkte Geschäftsfähigkeit Geregelt in §§ 106 ff. Betrifft (nach Abschaffung der Entmündigung) nur noch Minderjährige Alter 7 bis 18 Ohne Differenzierung nach Einsichtsfähigkeit oder Schwierigkeit des Vorgangs Allerdings: Weitgehende Parallelregelung für Betreute, wenn Einwilligungsvorbehalt besteht, § 1903 Zentrale Norm ist § 107: Geschäft kann vorgenommen werden, wenn es lediglich rechtlich vorteilhaft ist Gemeint ist der rechtliche, nicht der wirtschaftliche Vorteil Wirtschaftlicher Vorteil wäre nicht rechtssicher abgrenzbar

Lediglich rechtlicher Vorteil Negativ definiert als die Abwesenheit von rechtlichem Nachteil Was kommt als rechtlicher Nachteil in Betracht? Eingehen einer Verpflichtung Minderung der eigenen Rechtsposition Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind dabei separat zu prüfen Auswirkung des Abstraktionsprinzips

Lediglich rechtlicher Vorteil: Bei Verträgen: Nur dann, wenn den Minderjährigen keine Pflichten aus dem Vertrag treffen Gegenseitige Verträge also immer nachteilig Unvollkommen zweiseitige Verträge (Auftrag, Leihe) auch, da Auftraggeber/Verleiher Sekundärpflichten hat Beim Auftrag zB § 670 Ausnahme daher nur Schenkung und Auslobung als Begünstigter Bei der Schenkung aber auch mittelbare Folgen zu berücksichtigen (zB Schenkung unter Auflage)

Neutrale Geschäfte: Bei manchen Geschäften treffen die Folgen nicht den Minderjährigen, sondern einen anderen Für den Minderjährigen und seine Rechtsstellung ist das Geschäft neutral Hier ist der Schutzzweck des § 107 nicht berührt Beispiele: Auftreten als Stellvertreter (§ 165) Veräußerung fremder Sachen an Gutgläubige (§ 932) Vornahme einer Leistungsbestimmung (§ 317)

Lediglich rechtlicher Vorteil: Bei der Verfügung: Rechtlich vorteilhaft, wenn sie zugunsten des Minderjährigen erfolgt Übertragung, Aufhebung, Veränderung oder Belastung zugunsten des Minderjährigen Ansonsten immer rechtlich nachteilig, weil mit Rechtsverlust verbunden

Lediglich rechtlicher Vorteil Lediglich rechtlicher Vorteil: rechtliche Betrachtungsweise Rechtsgeschäfte einzeln prüfen, Abstraktionsprinzip beachten! Keine ökonomische Betrachtung anstellen Nachteilig: Eingehen einer Verpflichtung, jede Verfügung über eigene Rechte Problem: Mittelbare Nachteile Nicht: Steuern und andere öffentlich-rechtliche Lasten Nicht: Nachteile, die nicht an den Erwerb, sondern das Eigentum an sich anknüpfen zB Belastung eines Grunsstücks mit Hypothek, Nießbrauch Anders aber bei Miete & Pacht wegen § 566, 581 II Anders bei Erwerb einer ETW wegen Mitgliedschaft in Eigentümergemeinschaft

Einwilligung/Genehmigung Einwilligung = vorherige Zustimmung (§ 183) Kann sich auf das konkrete Rechtsgeschäft beziehen („geh endlich zum Friseur!“) Aber auch generell erteilt werden („hier sind 20 €, kauf dir was, aber hör auf zu nerven“) Allerdings nicht schrankenlos: Herstellung einer „Quasi-Geschäftsfähigkeit“ („wir sind mit allem einverstanden“) würde Zweck der §§ 106 ff. zuwiderlaufen Rechtlich unbeachtlich Auf die Zustimmung sind §§ 1643, 1812, 1813 ff., 1819-1822, 1825 anzuwenden Wer selbst nicht handeln kann, kann auch nicht vertreten.

Beispielsfall 1: Minderjähriger M kauft von seinem volljährigen Freund F einen Motorroller für € 500,-. Der Roller wurde übergeben, das Geld noch nicht bezahlt. Die Eltern des M sind gegen das Geschäft. F verlangt a) Bezahlung oder b) (hilfsweise) Herausgabe des Rollers.

Lösung Fall 1 - Erfüllungsanspruch F gegen M auf Zahlung von € 500 aus § 433 II I ) Wirksamer Kaufvertrag? WE des F (+), keine Bedenken 2) WE des M? allg. Vssg. (+) b) Geschäftsfähigkeit? § 107? aa) Zustimmung der ges. Vertreter (-) bb) Lediglich rechtlicher Vorteil? (-), Anspruch des anderen Teils aus § 433 ist rechtlicher Nachteil. II. Ergebnis: Erfüllungsanspruch aus § 433 II (-)

Lösung Fall 1 - Herausgabeanspruch B) F gegen M auf Herausgabe aus § 985 M ist Besitzer II) F müsste Eigentümer sein. War Eigentümer, könnte aber Eig. verloren haben nach § 929 I. Einigung? Übereinstimmende WE (+), aber bei M Problem des § 107! Zustimmung der ges. Vertreter? (-) b) Led. Rechtlicher Vorteil? (+), Vermehrung der Rechtsposition des M durch Übereignung. Einigung (+) 2) Übergabe (+) 3) Berechtigung des F (+) III. Ergebnis: Eig. Verlust,, § 985 (-) C) F gegen M auf Herausgabe aus § 812 I 1, 1. Alt. Etwas erlangt (+), Eigentum und Besitz II) Durch Leistung des F? (+), wollte Kaufvertrag erfüllen III) Ohne Rechtsgrund (+), Kaufvertrag unwirksam IV) Rechtsfolge: Herausgabe, § 812 iVm § 818

Beispielsfall 2: Wie zuvor, nur hat M das Geld schon an F bezahlt. M verlangt (vertreten durch seine Eltern) Herausgabe des Geldes.

Lösung Abwandlung M gegen F auf Herausgabe von 500 € aus § 985 F ist Besitzer (unterstellt, dass es das Geld noch physisch besitzt, sonst nicht) M müsste Eigentümer sein, könnte aber Eig. verloren haben nach § 929 Einigung (+), aber WE des M möglicherweise unwirksam nach § 107. Zustimmung der Eltern (-) Lediglich rechtlicher Vorteil? Übereignung durch den Minderjährigen führt zum Verlust einer Rechtsposition. Das ist ein rechtlicher Nachteil, also (-). Damit Einigung (-), M ist Eigentümer geblieben. Übergabe? (+), M hat an F bezahlt. Recht des F zum Besitz (§ 986)? In Betracht kommt Kaufvertrag, aber der ist ebenfalls unwirksam, siehe oben. Ergebnis: Anspruch aus § 985 besteht. B) M gegen F auf Herausgabe aus § 812 I 1, 1. Alt. (Leistungskondiktion) I ) Etwas erlangt? F hat Besitz am Geld erlangt, s.o. Durch Leistung des M? M wollte den vermeintlichen Kaufvertrag erfüllen. Er hat damit ziel- und zweckgerichtet das Vermögen des F vermehrt. Darin liegt eine Leistung. Ohne Rechtsgrund (+), Kaufvertrag unwirksam, siehe oben. Rechtsfolge: Herausgabe.