Konversatorium zum Strafrecht BT I (Grundkurs III) – Nicht-Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt: tamina.preuss@uni-wuerzburg.de
Ablauf der Wiederholungsstunde I. Wiederholung Straftaten gegen die persönliche Frei-heit 1. Freiheitsberaubung, § 239 StGB 2. Nötigung, § 240 StGB 3. Bedrohung, § 241 StGB II. Übungsfall: „Mordsschlägerei“
Freiheitsberaubung, § 239 StGB geschütztes Rechtsgut: Fortbewegungsfreiheit (poten-tielle, str.) I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Taugliches Tatobjekt grds. jeder Mensch, der die Fähigkeit hat, seinen Auf-enthaltsort nach seinem Willen (auch mit Hilfe an-derer o. technischer Hilfsmittel) zu verändern (Eser/Ei-sele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 239 Rn. 2) natürlicher Wille der Ortsveränderung
Freiheitsberaubung, § 239 StGB bei Kleinkindern nach h.M. ab dem 1. Lebensjahr, vgl. Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 8 Rn. 418; a.A. Wieck-Noodt, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, § 239 Rn. 14 – Tatfrage im Einzelfall, u.U. auch schon früher) Möglichkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständ-nisses (statt vieler Valerius, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 239 Rn. 5) P.: Schlafende, Bewusstlose, Volltrunkene als Opfer: s. Fall 7 Hinweis: Der Streit kann auch vorab angesprochen werden, da er die Frage nach dem von § 239 StGB geschützten Rechtsgut betrifft. b. Tathandlung
Freiheitsberaubung, § 239 StGB b. Tathandlung einsperren = jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines Raumes hindern Bsp.: verschlossene o. bewachte Tür auf andere Weise der Freiheit berauben = jedes Tun oder Unterlassen, das dem Opfer durch ein anderes Mittel die Fortbewegungsfreiheit nimmt Bsp.: Betäuben, Fesseln, List (im Einzelnen str.) (vgl. Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 22 Rn. 7) Drohung, die mit einem Übel, das eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben erreicht, ausreichend (BGH NJW 1993, 1807)
Freiheitsberaubung, § 239 StGB P.: überwindbare Hindernisse stehen der Fortbe-wegungsfreiheit entgegen: grds. völlige Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit – nicht nur Erschwerung – erforderlich, Hindernisse müssen aber nicht unüberwindbar sein das Opfer muss sich aber nicht auf unzumutbare Verhaltens-alternativen verweisen lassen (z.B. Sprung aus dem fahrenden Fahrzeug) P.: Dauer der Freiheitsentziehung/Erheblichkeits-schwelle: s. Fall 7 2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz, § 15 StGB II. Rechtswidrigkeit
Freiheitsberaubung, § 239 StGB III. Schuld IV. Erfolgsqualifikationen, § 239 III, IV StGB (str.) 1. Freiheitsberaubung von länger als einer Woche, § 239 III Nr. 1 StGB (a.A. Qualifikation, Arg.: Wortlaut, Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 239 Rn. 12) 2. Verursachung einer schweren Gesundheitsschädi-gung des Opfers durch die Tat o. während der Tat, § 239 III Nr. 2 StGB
Freiheitsberaubung, § 239 StGB schwere Gesundheitsschädigung = mit den Fällen des § 226 StGB vergleichbare Beeinträchtigungen, wie das Verfallen in eine ernste Krankheit o. eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft (Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 239 Rn. 12) 3. Freiheitsberaubung mit Todesfolge, § 239 IV StGB V. Konkurrenzen Verhältnis zu § 240 StGB: wenn ein Nötigungsmittel nur zum Zwecke der Freiheits-beraubung eingesetzt wird, tritt § 240 StGB hinter dem spezielleren § 239 StGB zurück Tateinheit, wenn die Nötigung noch anderen Zwecken dient
Freiheitsberaubung, § 239 StGB § 239 StGB als Mittel zur Begehung einer anderen Tat tritt zurück (Tateinheit, wenn die Freiheitsberaubung über das zur Tatbestandsverwirklichung erforderliche Maß hinausgeht) § 239 StGB als typische Begleiterscheinung anderer Tatbestände tritt im Wege der Konsumtion zurück
Nötigung, § 240 StGB geschütztes Rechtsgut: Freiheit der Willensbildung u. -betätigung (h.M.) Erfolgsdelikt I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Nötigungsmittel: Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel aa. Gewalt = Vermittlung körperlich wirkenden Zwanges zur Über-windung eines geleisteten o. erwarteten Wider-standes (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 23 Rn. 23)
Nötigung, § 240 StGB Gewaltformen: vis absoluta u. vis compulsiva P.: Gewaltbegriff: s. Fall 7 P.: Gewalt gegen Dritte („Dreiecksnötigung“): e.A.: gegeben, wenn der Dritte, dem Nötigungsopfer so nahe steht, dass eine Gewaltanwendung gegen ihn vom Genötigten als – nicht notwendig körperlich wirkender – Zwang empfunden wird (Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl. 2014, § 240 Rn. 11) a.A.: nur zu bejahen, wenn auch ggü. dem Genötigten physischer Zwang vermittelt wird, ansonsten Drohungs-alternative (Valerius, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 240 Rn. 27)
Nötigung, § 240 StGB P.: Gewalt gegen Sachen: muss zu einem körperlichen Zwang beim Opfer führen (str.) bb. Drohung mit einem empfindlichen Übel Drohung = Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat o. zu haben vorgibt ausdrücklich o. konkludent abzugrenzen von bloßen Warnungen (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 23 Rn. 42) P.: Ernstlichkeit aus Tätersicht: entscheidend ist, dass das Opfer die Drohung ernst nehmen soll, Arg.: instrumen-talisierender Charakter der Drohung (Sinn, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, § 240 Rn. 84)
Nötigung, § 240 StGB P.: fehlende Ernstnahme durch das Opfer: steht nicht entgegen → i.d.R. aber nur Versuchsstrafbarkeit Übel = jede vom Betroffenen als nachteilig empfun-dene Veränderung in der Außenwelt (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 240 Rn. 32) empfindlich = wenn der in Aussicht gestellte Nachteil von einer Erheblichkeit ist, dass seine Auskündigung geeignet erscheint, den Bedrohten i.S.d. Täter-verlangens zu motivieren, was zu verneinen ist, wenn von ihm erwartet werden kann, dass er der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält
Nötigung, § 240 StGB P.: Drohung gegen Dritte („Dreiecksnötigung“): genügt, wenn dies für das Opfer ein empfindliches Übel darstellt, bes. Nähebeziehung nicht erforderlich (Sinn, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, § 240 Rn. 84) P.: Drohung mit einem Unterlassen: s. Fall 7 b. Nötigungserfolg: Handlung, Duldung o. Unterlassung Handlung = positives Tun (zum Ganzen Valerius, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 240 Rn. 5) Duldung = Untätigbleiben gegenüber einer Handlung des Täters oder eines Dritten Unterlassung = Nichtvornahme einer möglichen Handlung
Nötigung, § 240 StGB Vollendung, wenn das Opfer mit dem abgenötigten Verhalten zumindest begonnen hat (weiterführend Valerius, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 240 Rn. 66) 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz, § 15 StGB P.: Erforderlichkeit von Absicht bzgl. des abge-nötigten Verhaltens: s. Fall 7 II. Rechtswidrigkeit 1. Kein Eingreifen allgemeiner Rechtfertigungsgründe 2. Verwerflichkeit, § 240 II StGB
Nötigung, § 240 StGB Hinweis: § 240 I StGB ist ein „offener Tatbestand“. Strafwürdiges Nötigungsunrecht liegt erst vor, wenn das Verhalten des Täters verwerflich i.S.d. § 240 II StGB ist. Die Verwerflichkeitsklausel wird nach h.M. im Rahmen der Rechtswidrigkeit geprüft. Auch bei Anwendung von Gewalt besteht keine „Indizwirkung“ für die Verwerflichkeit (weiterführend Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 240 Rn. 16). = wenn die Verhaltensweise i.R.e. Gesamtabwägung sozial unerträglich ist u. daher strafwürdiges Unrecht darstellt (BGH NJW 1988, 1739 [1741]) kann sich dem Nötigungsmittel, dem Nötigungszweck oder der Zweck-Mittel-Relation ergeben (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 23 Rn. 61 f.)
Nötigung, § 240 StGB P.: Berücksichtigung von Fernzielen: dagegen spricht, das Anliegen, das strafrechtliche Urteil von politischen Einflüssen möglichst freizuhalten, dafür aber das Prin-zip der Gesamtabwägung u. die verfassungsrecht-lichen Wertungen (vgl. Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 23 Rn. 65 ff.) III. Schuld IV. Besonders schwere Fälle, § 240 IV StGB V. Konkurrenzen nur eine Tat, wenn durch eine Nötigungshandlung verschiedene Verhaltensweisen des Opfers erzwun-gen werden (BGH NStZ-RR 2017, 312)
Nötigung, § 240 StGB § 240 StGB tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück, wenn die Nötigung zum Tatbestand eines anderen Delikts gehört (z.B. §§ 239a, 239b StGB) § 240 StGB tritt als typische Begleiterscheinung anderer Taten zurück (Tateinheit, wenn die Nötigung über das zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche hinausgeht)
Bedrohung, § 241 StGB geschütztes Rechtsgut: individueller Rechtsfrieden des Einzelnen (h.M.) abstraktes Gefährdungsdelikt I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Bedrohungstatbestand, § 241 I StGB aa. Bedrohung mit einem Verbrechen = Inaussichtstellen eines Verbrechens (§ 12 I StGB) auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt P.: Auslegung der Äußerung: s. Fall 7
Bedrohung, § 241 StGB bb. Gegen den Bedrohten o. eine ihm nahestehende Per-son nahestehende Person: die Person muss dem Bedrohten so nahe stehen, dass er sich selbst in seiner Rechtssicherheit bedroht fühlen kann (Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 241 Rn. 6) Personenkreis des § 35 S. 1 StGB – Angehörige i.S.v. § 11 I Nr. 1 StGB u. in ähnlicher Weise mit dem Täter verbundene Personen (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 241 Rn. 4a) nur tatsächlich existierende Personen, Arg.: Wortlaut, Art. 103 II GG; anderenfalls Äußerung obj. nicht geeignet, den Rechts-frieden zu stören (BVerfG NJW 1995, 2776) b. Vortäuschungstatbestand, § 241 II StGB
Bedrohung, § 241 StGB 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz, § 15 StGB bzgl. § 241 II StGB Handeln wider besseres Wissen: dolus directus 2. Grades II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Konkurrenzen § 241 StGB tritt hinter die (versuchte) Nötigung zu-rück (BGH NStZ 2006, 342; str.)
Bedrohung, § 241 StGB § 241 StGB tritt zurück, wenn die Tat mit dem Versuch o. der Vollendung des angedrohten Verbre-chens zusammentrifft (Sinn, in: MüKo, 3. Aufl. 2017, § 241 Rn. 17 m.w.N.)
II. Übungsfall: „Mordsschlägerei“ A erteilt B den Auftrag, seinen Geschäftspartner C zu töten. Er soll ihm in einer Kneipe, in die C jeden Abend zu gehen pflegt, unbemerkt ein giftiges Pulver in das Bier schütten. A will C aus dem Weg räumen lassen, weil dieser mit einem sehr lukrativen Geschäft, das A zu tätigen gedenkt, nicht einverstanden ist. Außerdem will A den gesamten Geschäftserlös für sich behalten. Er bietet B 10.000 Euro für die Tat an, die dieser annimmt. A weiß nicht, dass B gegen C schon lange schweren Groll hegt, weil sich Bs frühere Freundin X dem C zugewandt hat. B hatte die Beziehung zu X selbst beendet, er will jedoch, dass sie nach ihm keine Beziehungen zu anderen Männern mehr aufnimmt. Auch deshalb will er C töten. In der Kneipe verwechselt B allerdings das Bierglas des C mit dem des D. D trinkt einen kräftigen Schluck, doch als geübter Biertrinker
II. Übungsfall: „Mordsschlägerei“ schmeckt er sofort, dass etwas nicht stimmt, und spuckt das Bier wieder aus. Dann schlägt er C, den er in Verdacht hat, etwas in sein Bier getan zu haben, mit einem kräftigen Schlag zu Boden. C rappelt sich auf, wobei die anwesende X ihn anfeuert, sich ,,nichts gefallen zu lassen“ und es beginnt eine Prügelei, an der sich auch der E be-teiligt. E erhält dabei von C einen kräftigen Schlag mit dem Bierglas auf die Hand, sodass der linke Mittelfinger gebrochen wird und seine Bewegungsfähigkeit dauerhaft verliert. Dies trifft E besonders schlimm, weil er Linkshänder ist und bereits seinen linken Zeigefin-ger verloren hat. Auch B prügelt zeitweise mit, um nicht aufzufallen, zieht sich aber zurück, bevor E den Schlag auf seine Hand erhält. Vgl. Hilgendorf, Fälle zum Strafrecht für Fortgeschrittene, Klausuren-kurs II, 2. Aufl. 2014, Fall 6.
II. Übungsfall: „Mordsschlägerei“ Bearbeitervermerk: Wie haben sich A, B, C, D, E und X strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge wurden gestellt.
Übungsfall Lösung: Tatkomplex 1: Der Giftanschlag I. Strafbarkeit des B 1. §§ 211, 212 I, 22, 23 I StGB z.N. des C a. Vorprüfung (+) b. Tatentschluss bzgl. der Tötung eines anderen Menschen (+) P.: B wollte C töten, erwischte aber das Bierglas des D: fraglich ist, auf wen sich der Vorsatz bezog
Übungsfall error in persona: es wird zwar das Objekt getroffen, auf das sich z.Z. der Tat (§ 8 StGB) der Vorsatz konkretisiert hatte, dieses ist aber dennoch nicht das ursprünglich vorgestellte Tatobjekt → bei tatbestandlicher Gleichwertigkeit nicht vorsatzrelevant → Vorsatz wäre auf D bezogen aberratio ictus (Fehlgehen der Tat): der Angriff das konkret anvisierte Tatobjekt wird verfehlt u. stattdessen ein anderes getroffen → kein Vorsatz hinsichtlich des getroffenen Objekts: Fahrlässigkeitstat u. Versuch (h. Konkretisierungstheorie; a.A. Gleichwertigkeitstheorie) → Vorsatz wäre auf C bezogen P.: Abgrenzung in Distanzfällen: wenn der Täter die Individualisierung nicht durch sinnliche Wahrnehmung des Opfers vornimmt (zum Ganzen Rengier, Strafrecht AT, 9. Aufl. 2017, § 15 Rn. 42 ff.)
Übungsfall aberratio ictus-Lösung: ausreichende Individualisierung: Verfehlen der Vorstellung „vor dem geistigen Auge“ → Vorsatz wäre auf C bezogen error in persona-Lösung: Individualisierung nicht ausreichend: Angriffsobjekt ist die Person, die aus dem Glas trinkt → Vorsatz wäre auf D bezogen Individualisierungslösung (wohl h.M.): wer das Tatge-schehen so programmiert, dass auch ein anderer Opfer werden kann, muss das Verwechslungsrisiko tragen → Vorsatz wäre auf D bezogen Hinweis: Die Lösung folgt hier der aberratio-ictus Lösung und setzt daher die Prüfung fort. Nimmt man einen error in persona an, wäre ein versuchter Mord z.N. des D zu prüfen.
Übungsfall bzgl. Heimtücke, § 211 II Gruppe 2 Var. 1 StGB (+) Habgier, § 211 II Gruppe 1 Var. 3 StGB (+) niedrige Beweggründe, § 211 II Gruppe 1 Var. 4 StGB: P.: ambivalente Motive als niedrige Beweggründe P.: Motivbündel: Habgier neben den niedrigen Beweggründen bewusstseinsdominant c. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB (+) d. Rechtswidrigkeit und e. Schuld (+) f. Kein Rücktritt, § 24 StGB (+) g. Ergebnis (+)
Übungsfall 2. §§ 223 I, 224 I, II, 22, 23 I StGB z.N. des C (+) 3. § 229 StGB z.N. des D a. Tatbestand (-) b. Ergebnis (-) 4. Zwischenergebnis Strafbarkeit des B gem. §§ 211, 212 I, 22, 23 I StGB z.N. des C II. Strafbarkeit des A 1. §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 25 II StGB z.N. des C a. Vorprüfung (+) b. Tatentschluss
Übungsfall P.: Abgrenzung von Täterschaft u. Teilnahme: A so-wohl nach animus-Theorie (Rspr.) als auch nach Tat-herrschaftslehre (h.L.) nur Teilnehmer 2. §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 26 StGB z.N. des C a. Tatbestand aa. Objektiver Tatbestand (1) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat, § 11 I Nr. 5 StGB (+) (2) Bestimmen (+) bb. Subjektiver Tatbestand („doppelter Anstiftervorsatz“) (1) Vorsatz bzgl. der Haupttat (+)
Übungsfall (2) Vorsatz bzgl. der Anstiftungshandlung (+) Hinweis: Nimmt man oben eine aberratio ictus an, stellt sich hier die Frage, wie sich der error in persona des Haupttäters auf den Anstifter auswirkt, nicht. (2) Vorsatz bzgl. der Anstiftungshandlung (+) b. Akzessorietätslockerung, § 28 StGB Rspr.: Anwendung von § 28 I StGB: Anstiftung zum versuchten Mord, § 211, 22, 23 I, 26 StGB u. aufgrund der „gekreuzten Mordmerkmale“ keine obligatorische Strafrahmenverschiebung nach § 49 I StGB h. Lit.: Anwendung von § 28 II StGB: Anstiftung zum versuchten Mord, §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 26 StGB
Übungsfall c. Rechtswidrigkeit und d. Schuld Hinweis: I. Ü. liegt schon eine Anstiftung zum versuchten Mord vor, weil B heimtückisch handelte u. A diesbezüglich Vorsatz hatte. Auf das objektive (tatbezogene) Mordmerkmal der Heim-tücke findet § 28 StGB keine Anwendung. c. Rechtswidrigkeit und d. Schuld e. Kein Rücktritt, § 24 I StGB f. Ergebnis (+) 3. §§ 223 I, 224 I, II, 22, 23 I, 26 StGB z.N. des C (+) 4. Zwischenergebnis Strafbarkeit des A §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 26 StGB z.N. des C
Übungsfall Tatkomplex 2: Die Prügelei I. Strafbarkeit des D 1. § 223 I StGB z.N. des C durch den Schlag a. Tatbestand aa. Objektiver Tatbestand körperliche Misshandlung (+) Gesundheitsschädigung (+) bb. Subjektiver Tatbestand (+)
Übungsfall b. Rechtswidrigkeit P.: Notwehr, § 32 StGB: bereits kein Angriff seitens des C auf D c. Schuld P.: Erlaubnistatbestandsirrtum: auch auf Grundlage der Vorstellung des D kein gegenwärtiger Angriff mehr d. Strafantrag, § 230 I S. 1 StGB (+) e. Ergebnis (+) 2. § 231 I StGB a. Tatbestand
Übungsfall aa. Objektiver Tatbestand Schlägerei = eine mit gegenseitigen Körperverlet-zungen verbundene tätliche Auseinandersetzung, an der mindestens drei Personen aktiv körperlich mitwir-ken (BGH NJW 1983, 581; Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 3) – hier (+) durch die gegenseitigen Verletzungen von C, D, B und E Beteiligung = jede aktive körperliche Anteilnahme am Fortgang der Auseinandersetzung – hier (+) durch Mitwirkung an der Prügelei bb. Subjektiver Tatbestand (+)
Übungsfall b. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Schwere Körper-verletzung nach § 226 I Nr. 2 Var. 2 StGB Hinweis: Bei den in § 231 I StGB genannten schweren Folgen handelt es sich nach ganz h.M. um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit des Täters erstrecken muss (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 18 Rn. 6 m.w.N.), sodass sich eine Prüfung außerhalb des Tatbestands anbietet. Glied = jeder nach außen in Erscheinung tretende Körperteil, der mit dem Körper verbunden ist und für den Gesamtorganismus eine besondere Funktion erfüllt – hier (+) Mittelfinger
Übungsfall dauernde Gebrauchsunfähigkeit: wenn so viele Funktionen ausgefallen sind, dass das Glied für seine eigentliche Zweckbestimmung unbrauchbar ist (Rengier, Strafrecht BT II, 18. Aufl. 2017, § 15 Rn. 16) – hier (+) durch dauerhaften Verlust der Be-wegungsfähigkeit P.: Wichtigkeit des Gliedes: nach der allgemeinen Bedeutung für den Gesamtorganismus, str. Berücksichtigung sozialer Funktionen u. individueller Körpereigenschaften frühere Rspr.: allein nach der generellen Bedeutung für jeden Menschen, Arg.: Rechtssicherheit; Wortlaut „des“ Körpers (RGSt 62, 161) – hiernach (-)
Übungsfall aktuelle Rspr.: nach der allgemeinen Bedeutung für den Organismus unter Berücksichtigung der individuellen körperlichen Verfassung (Links- o. Rechtshänder, Vorschädigungen), nicht aber sozialer Bezüge, Arg.: heutiges „Verständnis eines gleichberechtigten Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher körperlicher Beschaffenheit“, Art. 3 III 2 GG; der Wortlaut schließt es nicht aus, auf die individuellen körperlichen Verhältnisse abzustellen (BGHSt 51, 252; Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht BT 1, 41. Aufl. 2017, § 5 Rn. 315) – hiernach (+) da E bereits den Zeigefinger links verloren hat u. Linkshänder ist Lit. teilweise: nach den individuellen Verhältnissen, auch unter Berücksichtigung sozialer Bezüge (insb. des Berufes) (z.B. Kühl, in: Lackner/Kühl, 28. Aufl. 2014, § 226 Rn. 3) – hiernach (+)
Übungsfall Verursachung durch die Schlägerei (+) b. Rechtswidrigkeit und c. Schuld d. Ergebnis (+) 3. Zwischenergebnis Strafbarkeit des D gem. §§ 223 I, 231, 53 StGB (§ 52 StGB vertretbar) II. Strafbarkeit des C 1. § 226 I Nr. 2 Var. 2 StGB z.N. des E a. Grunddelikt, §§ 223 I, 224 I StGB (+) b. Schwere Folge (+) c. Kausalität (+)
Übungsfall d. Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang (+) e. Wenigstens Fahrlässigkeit, § 18 StGB (+) f. Rechtswidrigkeit und g. Schuld h. Ergebnis (+) 2. § 231 I StGB P.: Ausschluss der Vorwerfbarkeit durch Angriff von D, § 231 II StGB: P.: Rechtsnatur des § 231 II StGB: e.A.: deklaratorischer Verweis auf die Möglichkeit v. Rechtfertigungs- u. Entschuldigungsgründen, Arg.: Aufga-be der früheren Gesetzesfassung („ohne sein Verschulden hineingezogen“) (Stree/Sternberg-Lieben, in: Schön-ke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 10 m.w.N.)
Übungsfall 3. Zwischenergebnis a.A.: Tatbestandsausschluss, der auf die Beteiligung an der Schlägerei im Ganzen bezogen ist (Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 36. Aufl. 2017, § 231 Rn. 16) P.: Rechtfertigung durch Notwehr, § 32 StGB (-) da der Angriff des D bereits beendet war 3. Zwischenergebnis Strafbarkeit des C gem. §§ 226 I, 231 I, 52 StGB Hinweis: Teilweise wird zwischen § 224 StGB und § 226 StGB Idealkonkurrenz angenommen (so BGH NStZ-RR 2009, 278 bzgl. § 224 I Nr. 5 StGB; im Einzelnen str.). III. Strafbarkeit des B 1. § 223 I StGB (-) 2. § 231 I StGB
Übungsfall P.: Ausscheiden des A vor Eintritt der schweren Folge: nach h.M. unbeachtlich, da die Beteiligung des Aus-scheidenden die Gefährlichkeit der Schlägerei ge-steigert hat (vgl. ausführlich Fall 6) 3. Zwischenergebnis Strafbarkeit des B gem. § 231 I StGB IV. Strafbarkeit des E 1. § 223 I StGB (-) 2. § 231 I StGB
Übungsfall P.: Strafbarkeit des (ausschließlich) selbst verletzten Täters: nach h.M. irrelevant, da die schwere Folge auch dann Indiz für die Gefährlichkeit des Gesamtge-schehens ist (vgl. ausführlich Fall 6) V. Strafbarkeit der X 1. § 231 I StGB P.: Beteiligung durch psychische Mitwirkung: X feuert nur an: nach h.M. genügt jede aktive Mitwirkung auch durch psychische Mitwirkung, Arg.: u.U. Beweis-schwierigkeiten; Steigerung der Gefährlichkeit auch durch psychische Unterstützung (Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 231 Rn. 4)
Übungsfall P.: Anfeuern bezieht sich aber nur auf einen Zwei-kampf zwischen C u. D: aber durch das Anfeuern beginnt eine Schlägerei (a.A. vertretbar) 2. §§ 223 I, 26 StGB z.N. des E (-) 3. §§ 223 I, 27 StGB z.N. des E (-) 4. Zwischenergebnis Strafbarkeit der X gem. § 231 I StGB (a.A. vertretbar) Gesamtergebnis und Konkurrenzen Strafbarkeit des A gem. §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 26 StGB z.N. des C Strafbarkeit des B gem. gem. §§ 211, 212 I, 22, 23 I StGB z.N. des C; § 231 I StGB; § 53 StGB
Übungsfall Strafbarkeit des C gem. §§ 226 I, 231 I, 52 StGB Strafbarkeit des D gem. §§ 226 I, 231 I, 52 StGB Strafbarkeit von E und X jeweils gem. § 231 I StGB
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