Soziale Teilhabe durch Partizipative Forschung

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 Präsentation transkript:

Soziale Teilhabe durch Partizipative Forschung Prof. Dr. Michael T. Wright, LICSW, MS 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit in Deutschland Berlin, 29. September 2017

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Von der Abbildung der Welt hin zur Veränderung der Welt „Wenn wir die Logik eines reflektierten Pragmatismus zu Ende denken, kommen wir zu einem neuen Verständnis von Forschung, das sich von den üblichen Vorstellungen radikal unterscheidet. Wir ersetzen die Faszination mit der Entdeckung der Welt wie sie ist durch eine wertebasierte Suche danach, wie sie sein könnte. Die Idee, dass Forschung das zentrale Ziel verfolgen sollte, die Zukunft zu gestalten, öffnet den Weg zu einer neuen Orientierung, neuen Herangehensweisen und einer neuen Reflexivität.“ Gergen, KJ (2014) From Mirroring to World-Making: Research as Future Forming. Journal for the Theory of Social Behaviour DOI: 10.1111/jtsb.12075 Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Verschiede wissenschaftliche Paradigmen Positivismus und Post-Positivismus Interpretative (hermeneutische) Tradition Kritische Sozialwissenschaft Konstruktivismus Partizipative Sozialforschung (Aktionsforschung) Etc. Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Partizipative Sozialforschung: Eine Definition Das Ziel der Partizipativen Sozialforschung (PSF) ist ein Maximum an Partizipation am gesamten Forschungsprozess für die Menschen, deren Leben oder Arbeit erforscht wird. Dieses Kernmerkmal unterscheidet PSF von anderen Formen der Sozialforschung. Forschung wird nicht an, sondern mit den Menschen betrieben, um Erkenntnisse zu gewinnen, die zur Verbesserung ihrer Lebens- oder Arbeitsverhältnisse beitragen können. Es werden keine abstrakten „Daten“ generiert, die einen Abstand zu den Beforschten voraussetzen, sondern Erkenntnisse über das Leben bzw. die Arbeit von den Menschen gewonnen, die sie selbst für relevant halten. Der Forschungsprozess wird als Partnerschaft zwischen allen Beteiligten („Stakeholdern“) gestaltet, zu denen u. a. Wissenschaftler/innen, Fachkräfte des Gesundheits-, Sozial- oder Bildungswesens, Entscheidungsträger/innen und engagierte Bürger/innen der Zivilgesellschaft gehören. In Anlehnung an: International Collaboration for Participatory Health Research Position Paper No. 1 (2013) Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wurzeln der Partizipativen Sozialforschung Participatory Rural Appraisal (z. B. Chambers 1981) Liberationist Research approaches (z. B. Freire 1970) Action Research in organizational development (z. B. Lewin 1948) Action Research in education, practitioner research (z. B. Carr & Kemmis 1986) Lay/Community Epidemiology, Popular Epidemiology (z. B.. Watterson 1995) Human Inquiry and Cooperative Inquiry (z. B. Reason 1998) Appreciative Inquiry (z. B. Cooperrider/Whitney 1999) Community-Based Participatory Research (z. B. Minkler/Wallertstein 2008) Action Science (z. B. Argyris et al. 1985) Constructivist Research (z. B. Guba & Lincoln 1989) Feminist Research (z. B. Maguire 1987) Empowerment Evaluation (z. B. Fetterman et al. 1995) Democratic Dialogue (z. B. Gustavsen 1992) Etc. Gemeinsamkeiten: **Partizipation der Menschen, um die es geht **Unmittelbare Verbindung zw. Handlung und Forschung Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Neuere Entwicklungen der Partizipativen Forschung in Deutschland Wissenschaftsläden Wissenschaftsladen Bonn Partizipative Gesundheitsforschung Netzwerk Partizipative Gesundheitsforschung Teilhabeforschung Aktionsbündnis Teilhabeforschung Gestaltungsorientierte Forschung Bundesinstitut für Berufsbildung Transdisziplinäre Forschung Institut für sozial-ökologische Forschung Citizen Science Bürger schaffen Wissen Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Einige Kernmerkmale Partizipation bedeutet Einfluss auf den Forschungsprozess, von Problemdefinition bis hin zur Methodenauswahl, Datenerhebung, Datenauswertung, Interpretation und Verwertung. PSF ist ein kollektiver Forschungsprozess. PSF-Projekte gehören allen Beteiligten. PSF fördert Engagement, um Veränderungsprozesse zu unterstützen. PSF fördert kritische Reflexivität, d.h. Auseinandersetzungen mit Machtgefällen, die Missständen zugrunde liegen. International Collaboration for Participatory Health Research Position Paper No. 1 (2013) Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Schwerpunkte der Partizipativen Sozialforschung Praxisforschung (practitioner research), die von Praktiker/inne/n selbst (mit oder ohne Unterstützung von Wissenschaftler/inne/n) konzipiert und umgesetzt wird, um die eigene Praxis zu verbessern. Gemeinschaftsforschung (community-based research), in deren Mittelpunkt (sozial benachteiligte) Menschen stehen, die von Angeboten des Sozial- und Gesundheitswesens profitieren sollen. Forschungsziel ist, diese Menschen zu unterstützen, ihre eigene Lebenslage zu erforschen und dabei Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, die diese Lage positiv verändern (oft in Zusammenarbeit mit Praktiker/inne/n). Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Soziale Arbeit: Eine Definition Soziale Arbeit ist eine praxisorientierte Profession und eine wissenschaftliche Disziplin, dessen bzw. deren Ziel die Förderung des sozialen Wandels, der sozialen Entwicklung und des sozialen Zusammenhalts sowie die Stärkung und Befreiung der Menschen ist. Die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, die Menschenrechte, gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlagen der Sozialen Arbeit. Gestützt auf Theorien zur Sozialen Arbeit, auf Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften und indigenem Wissen, werden bei der Sozialen Arbeit Menschen und Strukturen eingebunden, um existenzielle Herausforderungen zu bewältigen und das Wohlergehen zu verbessern. Generalversammlungen des IFSW und IASSW im Juli 2014 Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Ein Ansatz für die Soziale Arbeit Werteorientiert, politisch bewusst Fördert kritische Reflexivität, d.h. Auseinandersetzungen mit Machtgefällen, die Missständen zugrunde liegen Gemeinsame Ziele: Emanzipation, Empowerment, Teilhabe Grundsätzlich von Praktiker/inn/en und Adressat/inn/en gesteuert Grundsätzlich in die Praxis und die Lebenswelten der Beteiligten integriert Diverse Methoden aus der Praxis können als Datenerhebungs- und Datenauswertungsmethoden verwendet werden (Formen der Gruppenarbeit, der Moderation, der visuellen Darstellung etc.) Fokus auf die Perspektiven und Lebenswelten von Menschen, die benachteiligt sind (lokales Wissen, lokale Theorien) Grundsätzliche Verbindung von Handlung und Forschung zur Verbesserung der erforschten Lage Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Beispiele AfroLebenVoice (2013) Unsere Stimmen gegen Diskriminierung. Ein Photovoice-Projekt mit HIV-positiven Migrant/inn/en (pdf-Fassung). http://www.aidshilfe.de/de/shop/afrolebenvoice-unsere-stimmen-gegen-diskriminierung Das Bildnis eines behinderten Mannes: kulturgeschichtliche Studie zu Behinderung und ihrer Aktualität – ein Forschungsprojekt aus Innsbruck: www.trafo-research.at/cms/scripts/active.asp?vorlage=3&id=346&rubrik=346 Partizipation und Kooperation in der HIV-Prävention mit Migrantinnen und Migranten (PaKoMi) – ein Forschungsprojekt der Forschungsgruppe Public Health am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und der Deutschen AIDS-Hilfe: http://www.hiv-migration.de/content/pakomi-partizipation-und-kooperation-der-hiv-pr%C3%A4vention-mit-migrantinnen-und-migranten ; s. auch: von Unger, H; Gangarova, T;Ouedraogo, O; Flohr, C; Spennemann, N; Wright, MT (2013) Stärkung von Gemeinschaften: Partizipative Forschung zu HIV-Prävention mit Migrant/innen. Prävention und Gesundheitsförderung; 8(3): 171-180. PartKommPlus – Forschungsverbund für gesunde Kommunen – vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und an der KHSB angesiedelt, diverse Projekte in sechs Bundesländern: www.partkommplus.de Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17

Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17 Ressourcen von Unger (2013) Partizipative Forschung. Einführung in die Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS. van der Donk, C; van Lanen, B; Wright, MT (2014) Praxisforschung im Sozial- und Gesundheitswesen. Bern: Huber. Schwerpunktheft „Partizipative Gesundheitsforschung“ in der Zeitschrift Prävention und Gesundheitsförderung, Band 8, Heft 3, August 2013. International Collaboration for Participatory Health Research (ICPHR) (2013) What is Participatory Health Research? Position Paper No. 1. Version: May 2013: www.icphr.org Netzwerk Partizipative Gesundheitsforschung (PartNet): www.partnet-gesundheit.de Zertifizierte internationale Weiterbildung der ICPHR an der KHSB: Partizipative Sozialforschung: eine systematische Einführung www.khsb-berlin.de – Weiterbildung – zertifizierte Zusatzausbildungen – Partizipative Sozialforschung Branom, C (2012) Community-Based Participatory Research as a Social Work Research and Intervention Approach, Journal of Community Practice; 20(3): http://dx.doi.org/10.1080/10705422.2012.699871 Wright, 7. Fachtagung Klinische Sozialarbeit, Berlin, 29. 09.17