Kardiale Belastung und Gefährdung durch sexuelle Aktivität

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 Präsentation transkript:

Kardiale Belastung und Gefährdung durch sexuelle Aktivität P. Schm d

THEMENKREIS Körperliche Belastung durch sexuelle Aktivität - Gesunde - KHK-Patienten Herzinfarktrisiko durch sexuelle Aktivität Liebestod Was sag‘ ich dem Patienten?

Körperliche Belastung als „Trigger“ für akuten Myokardinfarkt Relatives Risiko eines AMI Zeit bis zum AMI nach körperlicher Belastung >5.5 MET MA Mittleman et al. N Engl J Med (1993)329:1677-1683 Mittleman MA et al. NEJM 329: 1677 – 1683 (1993)

Körperliches Training zur Prävention des akuten Myokardinfarkt Relatives Risiko eines AMI Häufigkeit der körperlichen Belastung (>5.5 MET) pro Woche MA Mittleman et al. N Engl J Med (1993)329:1677-1683 Mittleman MA et al. NEJM 329: 1677 – 1683 (1993)

Herzgesunde Blutdruck- und Herzfrequenzverhalten bei sexueller Aktivität (1) n = 49 (22 m, 27 w) Alter: 40 Jahre Begleitumstände: Gewohnter Partner, daheim Position: men-on-top Methodik: ambulantes, simultanes 24-Stunden- RR- und HF-Monitoring Xue-rui Tan et al, Blood Pressure Monitoring 13 (4): 211 – 217 (2008)

Max.RR (mmHg) nach 10 min (mmHg) Herzgesunde Blutdruck- und Herzfrequenzverhalten bei sexueller Aktivität (2) Max.RR (mmHg) nach 10 min (mmHg) (nach Orgasmus) Männer 141 +/- 17 120 +/- 11 Frauen 122 +/- 17 109 +/- 10 Max. HF (1/min) nach 10 min (1/min) (Beginn Orgasmus) Männer 96 +/- 12 75 +/- 9 Frauen 90 +/- 10 71 +/- 6 Xue-rui Tan et al, Blood Pressure Monitoring 13 (4): 211 – 217 (2008)

Heart Rate (bpm) 130 120 110 100 80 60 n = 10 healthy married couples (% of maximum) 80 60 Bohlen et al, Arch Intern Med 144:1745-1748(1984)

Average RPP x 10³ (bpm x mmHG) 25 20 15 10 5 n = 10 healthy married couples Average RPP x 10³ (bpm x mmHG) (% of maximum) Bohlen et al, Arch Intern Med 144:1745-1748(1984)

METs 4 3 2 1 (% of maximum) n = 10 healthy married couples n = 10 healthy married couples METs (% of maximum) Bohlen et al, Arch Intern Med 144:1745-1748(1984)

„Metabolic equivalents“ (METs) verschiedener Alltagsaktivitäten 1 MET = 3,5 ml VO2/kg/min Aktivität MET Ruhig Sitzen 1,0 Hausarbeiten Bügeln 2,0 Aufwaschen 3,3 Garten umstechen 4,4 Teppich klopfen 5 – 7 Freizeitaktivitäten Wandern (5 km/h) 3,2 Wandern (7,5 km/h) 7 Golf (Wagerl ziehen) 5,1 Tennis 6,8 Hometrainer (100 – 150 W) 7 Radfahren (16 km/h) 7 Sex mit vertrautem Partner Partner on top 2,5 Men on top 3,3 Cheitlin MD: Am J Cardiol 92 (suppl): 3 M – 8 M (2003)

Framingham Heart Study Das absolute Risiko eines 50-jährigen, untrainierten Nichtrauchers, Nicht-Diabetikers während eines Zeitraumes von einer Stunde einen MI zu bekommen liegt bei 1:1000.000 Nach schwerer Körperarbeit steigt sein Risiko im gleichen Zeitraum zwar um das 100fache an, beträgt aber immer noch lediglich 1:10.000 Anderson KM et al, Circulation 83: 356-362 (1991) Anderson KM et al, Am Heart J 121: 293 – 298 (1991) Mittleman MA et al, NEJM 329: 1677-1683 (1993)

Koronarpatienten Mittlere HF während sexueller Aktivität Autoren n HF/min. Garcia-Barreto et al 1986 23 111 (m),104 (w) Hellerstein und Friedmann 1970 14 117 Larson et al 1980 17 115 Drory et al 1995 88 118 Johnston and Fletcher 1979 24 108 Jackson 1981 35 122 Nach Rerkpattanapipat P et al, Eur Heart J 22: 201-208 (2001)

Vergleich der mittleren HF bei Alltagsbelastungen versus Orgasmus bei KHK-Patienten Alltagsaktivitäten: Gehen, Stiegensteigen, Büroarbeit HF-Alltagsaktivitäten HF-Orgasmus 120/min 117/min Range: 107 – 130 Range: 90 – 144 Hellerstein HK, Friedmann EH: Arch Intern Med 125: 987 – 999 (1970)

Vergleich der mittleren HF bzw Vergleich der mittleren HF bzw. Ischämieepisoden bei Alltagsbelastungen, Ergometerbelastung versus Orgasmus bei stabilen KHK – Patienten (1) n = 88 Alter: 52 Jahre, 87 % NYHA I bzw. II Methodik: Ergometrie (85 % predicted HF max) und 24-Std.- EKG HF-Alltag (1/min) HF-Sex (1/min) HF-Ergometrie (1/min) 113 +/- 18 117 +/- 21 150 +/13 Range: 70 – 155 80 – 185 130 – 171 Drory et al: Am J Cardiol 75: 835 – 837 (1995)

Vergleich der mittleren HF bzw Vergleich der mittleren HF bzw. Ischämieepisoden bei Alltagsbelastungen, Ergometerbelastung versus Orgasmus bei stabilen KHK – Patienten (2) Sex Stumme Ischämie Symptomatisch 24 % 7 % Alle Patienten mit Ischämie während der sexuellen Aktivität hatten auch im Belastungs-EKG eine Ischämie. Kein Patient ohne eine Ischämie im Belastungs-EKG hatte eine Ischämie während der sexuellen Aktivität. Drory et al: Am J Cardiol 75: 835 – 837 (1995)

Vergleich der mittleren HF bzw Vergleich der mittleren HF bzw. Ischämieepisoden bei Alltagsbelastungen, Ergometerbelastung versus Orgasmus bei stabilen KHK – Patienten (3) VES/Sex VES/Ergometrie 56 % 43 % Komplexe Arrhythmien 12,5 % 9 % Keine Korrelation zwischen Ischämie und Arrhythmie. Drory et al. Chest: 109: 922 – 924 (1996)

Triggerung des MI durch sexuelle Aktivität Befragung: n = 1.774 Postinfarkt-Patienten Davon im Jahr vor dem Infarkt sexuell aktiv: n = 858 Davon 2 Stunden vor dem Infarkt sexuell aktiv: n = 27 (~ 3 %) Relatives sexinduzierets Infarktrisiko in diesen 2 Stunden: 2,5 Relatives Infarktrisiko bei körperlich hart arbeitenden Patienten (> 6 MET’s, > 2mal/Woche): 1,2 Muller JE et al. JAMA 275: 1405 – 1409 (1996)

Herzinfarktrisiko durch Sex innerhalb 2 Stunden Gesunde Post-MI RR: 2,5 2,7 Post-MI Post-MI - AP + AP RR: 2,6 2,1 Muller JE: Am J Cardiol 86 (suppl): 14 F – 18 F (2000)

Determinants of Myocardial Infarction Onset Study (n = 858) Das absolute Risiko eines MI bei sexueller Aktivität beträgt für gesunde Männer 1:1000.000 und liegt bei KHK-Patienten nicht darüber!!! Mittleman MA et al. NEJM 329: 1677 – 1683 (1993) Willich SN et al. Circulation 87: 1442 – 1450 (1993) Muller JE et al. JAMA 275: 1405 – 1409 (1996)

Relative Riks of Onset of MI nach: Mittleman MA et al: NEJM 329:1677-1683(1993) Willich SN et al: Circulation 87:1442-1450(1993) Muller JE et al: JAMA 275:1405-1409(1996)

„Der plötzliche kardiovaskuläre Tod bei der sexuellen Betätigung“ 20.949 gerichtsmedizinische Obduktionen 39 Todesfälle (37 m, 2 w) während oder kurz nach sexueller Betätigung (~ 0,2 %) Parzeller M et al.: Z Kardiol 88: 44-48 (1999)

„Der plötzliche kardiovaskuläre Tod bei der sexuellen Betätigung“ Todesursache: Frauen - Myocarditis (45jährig) - Subarachnoidalblutung (43jährig) Todesursache: Männer - Erstmanifestation eines MI (11mal) - Reinfarkt (11mal) - Akutes Herzversagen bei KHK (12mal) - Cor bovinum mit Hypertrophie/Dilatation (3mal) Parzeller M et al.: Z Kardiol 88: 44-48 (1999)

Parzeller M et al: Z Kardiol 88:44-48(1999)

Begleitumstände des Exitus Frauen: Sexuelle Aktivität außerhalb einer festen Partnerschaft : 2mal Männer: Sexualität mit - Ehefrau oder Lebensgefährtin: 6mal - Geliebter oder Bekannter: 4mal - Prostituierter: 27mal Parzeller M et al.: Z Kardiol 88: 44-48 (1999)

Sexualverhalten vor und nach einem coronaren event Autor n Pre-event Post-event (sex/Monat) (sex/Monat) Hellerstein und Friedman (1970) 14 8,4 6,4 Bloch et al (1975) 100 5,2 2,7 Papadopoulos et al (1993) 130 8,8 5,6 Johnson et al (1978) 87 6,4 4,6 nach Rerkpattanapipat P et al, Eur Heart J 22: 201-208 (2001)

Literaturempfehlungen bezüglich Sex nach MI (1) Allgemeine Richtlinien: Sexualverhalten vor dem MI Sex daheim mit vertrautem Partner Diskussion mit dem Partner über Sexualpraktiken Kein Sex nach dem Essen (3 Stunden Wartezeit!), nach übermäßigem Alkoholgenuss, Erschöpfungszuständen, bei großer Hitze oder unter Zeitdruck nach Rerkpattanapipat P et al, Eur Heart J 22: 201-208 (2001) Stanek MS. Cardiovascular disease. In: Farber M, ed. Human sexuality Psychosexual effects of disease. New York, NY: Macmillan, 1985: 231-239

Literaturempfehlungen bezüglich Sex nach MI (2) b) Krankheitsbezogen: Allgemeinzustand des Patienten Ausreichende körperliche Leistungsfähigkeit (4-6 METS) Schwere der kardialen Schädigung (NYHA I und II) Auftreten von schwerwiegenden Rhythmusstörungen unter Belastung Auftreten einer AP beim Sex nach Rerkpattanapipat P et al, Eur Heart J 22: 201-208 (2001) Stanek MS. Cardiovascular disease. In: Farber M, ed. Human sexuality Psychosexual effects of disease. New York, NY: Macmillan, 1985: 231-239

Literaturempfehlungen bezüglich Sex nach MI (3) c) Dem Arzt ist zu berichten: AP während sexueller Aktivität Ungewohnte länger dauernde Palpitationen (> 15 min) nach dem Geschlechtsverkehr Ausgeprägte Erschöpfung am „day after“ Schlaflosigkeit nach dem Geschlechtsverkehr nach Rerkpattanapipat P et al, Eur Heart J 22: 201-208 (2001) Stanek MS. Cardiovascular disease. In: Farber M, ed. Human sexuality Psychosexual effects of disease. New York, NY: Macmillan, 1985: 231-239

Prinzipiell gilt jedoch: Je größer der Zeitraum zwischen MI und Wiederaufnahme sexueller Aktivität, umso geringer wird die Orgasmushäufigkeit sein. Johnston B et al, Heart Lung 7: 1026 – 1031 (1978)

Auch hier gilt: „Use it or loose it“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!