Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen

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“Fortsetzung Aktuelles zur Business Judgement Rule”
 Präsentation transkript:

Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen 2. Einheit WS 2017/18 Hon.-Prof. Dr. Irene Welser Partner CHSH

DIE BUSINESS JUDGEMENT RULE „Dem Vorstand ist bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist“ (ARAG/Garmenbeck – Entscheidung BGHZ 135, 244ff) Vgl. dazu Marcus Lutter, GesRZ 2007, 79.

In Österreich: wesentliche Aspekte der Business Judgment Rule seit 1.1.2016 in § 25 Abs 1a GmbHG und § 84 Abs 1a AktG verankert Einführung mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 § 25 Abs 1a GmbHG: „Ein Geschäftsführer handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Doch schon vorher wurde die Gewährung eines haftungsfreien Ermessens an Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführer hier akzeptiert

In Deutschland schon vor längerem Eingang in § 93 Abs 1 dAktG: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“

Ziel der Verankerung im Gesetz war es, einen „sicheren Hafen“ für Organe zu schaffen, in dem sie unternehmerisch tätig sein können. Entscheidungsträger in der Wirtschaft sollen jedenfalls dann rechtmäßig handeln und sich von vornherein nicht wegen Untreue strafbar machen können, wenn sie ihre unternehmerische Entscheidung sorgfältig vorbereitet haben und diese an den Interessen des Unternehmens ausgerichtet war.

Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“ Unternehmerische Entscheidung Keine entsprechende Handlungspflicht (Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag, verbindliche Anordnung) daher: Freiheit, sich so oder auch anders zu verhalten Größe und Bedeutung des entsprechenden Geschäfts gleichgültig Vertragspflichten der Gesellschaft nicht relevant auch „nützliche Gesetzesverletzung“ bleibt Gesetzesverletzung und ist Pflichtverletzung

Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“ Handlung zum Wohl der Gesellschaft Vorstellung des Managers maßgeblich („will der Gesellschaft nützen“) Maßnahme darf Bestand der Gesellschaft nicht gefährden oder sie in Unrentabilität führen

Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“ Handlung frei von Interessenskonflikten Keine Geschäfte mit nahen Angehörigen, Freunden, etc. Auch im Konzern anwendbar!

Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“ Handlung auf Basis angemessener Information Entscheidungen sind sorgfältig vorzubereiten breite Informationsgrundlage hier Bedeutung des Geschäfts maßgeblich Kein übergroßes Risiko; Existenz der Gesellschaft darf nicht gefährdet werden Im Gesetz nicht explizit umgesetzt!

Rechtsfolgen Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind: keine Pflichtverletzung des Organs d.h. Verhalten ist rechtmäßig und führt zu keiner Haftung auch wenn es wirtschaftlich ein Misserfolg war Business Judgment Rule ist keine „Entschuldigung“, sondern soll vom Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens freistellen. Umgekehrt führt die Missachtung der Business Judgment Rule nicht automatisch zu einer Haftung