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Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen

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Präsentation zum Thema: "Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen"—  Präsentation transkript:

1 Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen
2. Einheit WS 2018/19 Hon.-Prof. Dr. Irene Welser

2 DIE BUSINESS JUDGEMENT RULE
„Dem Vorstand ist bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist“ (ARAG/Garmenbeck – Entscheidung BGHZ 135, 244ff) Vgl. dazu Marcus Lutter, GesRZ 2007, 79.

3 In Österreich: wesentliche Aspekte der Business Judgment Rule seit in § 25 Abs 1a GmbHG und § 84 Abs 1a AktG verankert Einführung mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 § 25 Abs 1a GmbHG: „Ein Geschäftsführer handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Doch schon vorher wurde die Gewährung eines haftungsfreien Ermessens an Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführer hier akzeptiert

4 In Deutschland schon vor längerem Eingang in § 93 Abs 1 dAktG:
„Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“

5 Ziel der Verankerung im Gesetz war es, einen „sicheren Hafen“ für Organe zu schaffen, in dem sie unternehmerisch tätig sein können. Entscheidungsträger in der Wirtschaft sollen jedenfalls dann rechtmäßig handeln und sich von vornherein nicht wegen Untreue strafbar machen können, wenn sie ihre unternehmerische Entscheidung sorgfältig vorbereitet haben und diese an den Interessen des Unternehmens ausgerichtet war.

6 Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“
Unternehmerische Entscheidung Keine entsprechende Handlungspflicht (Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag, verbindliche Anordnung) daher: Freiheit, sich so oder auch anders zu verhalten Größe und Bedeutung des entsprechenden Geschäfts gleichgültig Vertragspflichten der Gesellschaft nicht relevant auch „nützliche Gesetzesverletzung“ bleibt Gesetzesverletzung und ist Pflichtverletzung

7 Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“
Handlung zum Wohl der Gesellschaft Vorstellung des Managers maßgeblich („will der Gesellschaft nützen“) Maßnahme darf Bestand der Gesellschaft nicht gefährden oder sie in Unrentabilität führen

8 Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“
Handlung frei von Interessenskonflikten Keine Geschäfte mit nahen Angehörigen, Freunden, etc. Auch im Konzern anwendbar!

9 Voraussetzungen der „Business Judgement Rule“
Handlung auf Basis angemessener Information Entscheidungen sind sorgfältig vorzubereiten breite Informationsgrundlage hier Bedeutung des Geschäfts maßgeblich Kein übergroßes Risiko; Existenz der Gesellschaft darf nicht gefährdet werden Im Gesetz nicht explizit umgesetzt!

10 Rechtsfolgen Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind:
keine Pflichtverletzung des Organs d.h. Verhalten ist rechtmäßig und führt zu keiner Haftung auch wenn es wirtschaftlich ein Misserfolg war Business Judgment Rule ist keine „Entschuldigung“, sondern soll vom Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens freistellen. Umgekehrt führt die Missachtung der Business Judgment Rule nicht automatisch zu einer Haftung

11 Aktuelles zur Business Judgment Rule „Unternehmerisches Ermessen“
Hon.-Prof. Dr. Irene Welser

12 Zur Erinnerung: § 84 (1a) AktG = § 25 (1a) GmbHG
“Jedenfalls” Handeln im Einklang mit Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn unternehmerische Entscheidung, nicht von sachfremden Interessen geleitet, auf Grundlage angemessener Informationen, zulässige Annahme, dass (“gutgläubig”) zum Wohl der Gesellschaft handelt. CHSH 2017

13 Die Grundlegende: 6 Ob 160/15w – Zur Abberufung von Stiftungsvorständen Verkauf einer Liegenschaft, angeblich im Widerspruch zum Stiftungszweck (aber: vorher leerstehend) Thesaurierung der Gewinne zweier Tochtergesellschaften, dadurch Stiftung einem unnotwendigen Insolvenzrisiko aus-gesetzt (Expertenrat, Entwicklung des Unternehmens) -> ist E über Ausschüttung unternehmerische E? Ermessen? OGH: ja! Verknüpfung der Zuweisung von Erträgnissen an die Begünstigten mit dem eigenen Verbleib als Stiftungsvorstände (Streitvermeidung in der Stiftung) => Kein Widerspruch zur BJR CHSH 2017

14 daher: Relevanz der BJR für Abberufung
Haftung ≠ Erforderlichkeit der Enthebung Haftung ≠ Voraussetzung der Enthebung Aber: bei Handeln innerhalb BJR => regelmäßig kein Raum für Abberufung daher: Relevanz der BJR für Abberufung BJR als rechtsformübergreifend anerkannter Rechtsgrundsatz wirtschaftliches Risiko für Handeln trägt Eigentümer “sicherer Hafen” selbst bei Verstoß gegen BJR noch nicht automatisch Haftung (Schaden, Kausalität, Sorfaltswidrigkeit) oder Abberufung CHSH 2017

15 Die „Verunsichernde“:
Symposion Aktuelle Fragen aus Wirtschaftsstrafrecht und Organverantwortlichkeit Die „Verunsichernde“: 6 Ob 198/15 h – Müssen Manager allwissend sein? GmbH & Co KG Übertragung einer Beteiligung der KG durch die GmbH ohne Gegenleistung auf die Gesellschafterin der GmbH Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, wenn nicht in Form von Sachdividende erfolgt (dh analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf eine “verdeckte” Kapitalgesellschaft) – laut erst kurz davor ergangener Entscheidung BJR bei klaren rechtlichen Vorgaben nicht anwendbar? CHSH 2017

16 Welcher Info-Stand für ist Sorgfalt erforderlich?:
Hätte rechtmäßiges Alternativverhalten (Kauf der Geschäftsanteile durch Kommanditisten + Ausschüttung des dadurch erzielten Gewinns an ihn) zum selben Ergebnis geführt? (Beweislast trifft Schädiger!) Welcher Info-Stand für ist Sorgfalt erforderlich?: E am veröffentlicht, in Tagespresse berichtet, Vertrag Problem war “der kautelarjuristischen Praxis” bewusst oder “hätte ihr zumindest bewusst sein müssen” Aber: E in Literatur kritisiert Aber – aber: OGH sagt: Kritik erst später publiziert. CHSH 2017

17 branchen -, größen- und situationsadäquate Bemühung geschuldet
Im Übrigen sei “nicht alles schon deshalb vertretbar, weil es einmal in der Literatur vertreten wurde” (Verweis auf Kodek in Rummel4 zu § 2) Beklagte sind ”zwar keine Juristen und schon gar nicht Rechtsanwälte oder Notare”, aber Sorgfalt ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden branchen -, größen- und situationsadäquate Bemühung geschuldet richtet sich auch nach Transaktionswert -> “wohl regelmäßig spezialisierte Berater” Einholung SV-Gutachten kann exkulpierend sein CHSH 2017

18 verlässliche, sachlich kompetente Stelle
Aber nur, wenn verlässliche, sachlich kompetente Stelle Information über gesamten Sachverhalt Anfrage ergebnisoffen formuliert kein bloßes Gefälligkeitsgutachten extrem geringes oder auffallend hohes Honorar kann Indiz für mangelnde Seriosität sein (?) bei Eignung zum Exkulpieren ist zu prüfen, ob dieses Gutachten die E des OGH diskutierte (?) Weshalb hat sich der Gutachter dennoch für Zulässigkeit ausgesprochen? „Jedermann“ ist verpflichtet, sich Kenntnis von den ihn nach seinen Lebenskreis treffenden „Gesetzespflichten“ zu verschaffen (hier: Gläubigerschutz!) CHSH 2017

19 Betriebliche Notwendigkeit der Umstrukturierung gegeben?
Beweislast bei dem, der sich auf Unkenntnis (?) der Rechtslage berufen möchte Betriebliche Notwendigkeit der Umstrukturierung gegeben? Konflikt Pflichten / nicht erkennbares Verbot nur insoweit exkulpierend, als nicht durch sachfremde (zB eigene) Interessen beeinflusst bei klaren rechtlichen Verpflichtungen -> BJR nicht anwendbar. CHSH 2017

20 “Ob” umzustrukturieren  BJR? Welche und wie viel Info  BJR?
Aber: “Ob” umzustrukturieren  BJR? Welche und wie viel Info  BJR? Rechtlich korrekte Umsetzung  nicht BJR ? Behördliche Auskunft einholen; Vertrauen darauf schuldausschließend ? Kann Befolgung des Rats objektiv rechtswidrig sein? Zu streng, allerneueste Rspr im RIS recherchieren? ? Ratgeber als Erfüllungsgehilfe? ? Je größer Unternehmen ist, desto eher ist es gehalten, Anwaltsrat inhaltlich zu prüfen (Rechtsabteilung) – andererseits, Rechtsabteilung selbst genügt nicht? (vgl zu alldem Brugger, NZ 2016/149) CHSH 2017

21 Die Begehrlichkeiten Bestrafende:
6 Ob 145/16s F.-W. Privatstiftung wieder: Abberufung von Stiftungsvorständen Kunstwerke in Stifung eingebracht gewerbliche Verwertung, Vermietung, Verleihung und Einräumung von Reproduktionsrechten erfolgte durch 100 % “Tochter”-GmbH der Stiftung, errichtet durch Stiftung CHSH 2017

22 Stiftung: Bilanzverluste 112.000 – 148.000 €/Jahr
GmbH: Bilanzgewinne 1 – 1,2 Mio €/Jahr aber: hohe Gehälter – €/Monat Stiftungsvorstände zugleich GmbH-Geschäftsführer dh. Insichgeschäft (§ 7 Abs 5 PSG) GmbH-Geschäftsführer überwachen sich selbst externe Kontrolle fehlt völlig 1 Stiftungsvorstand erhielt €/Jahr CHSH 2017

23 OGH: Abberufung bei grober Pflichtverletzung
Verfolgung des Stiftungszwecks weiterhin gewährleistet? kein strenger Maßstab an Abberufung, da fehlende interne Kontrollmechanismen auch Verrechnung überhöhter Honorare kann Grund sein Anwendung allgemeiner Regeln betr. Interessenskonflikte GmbH erzielt zwar namhafte Einnahmen, diese wurden aber fast durch hohe und nicht nachvollziehbare Personalkosten aufgezehrt 1 Stiftungsvorstand – “bedeutendes eigenwirtschaftliches Interesse, andere 2 dulden das, halten es für angemessen, wirken daran mit” CHSH 2017

24 Alle 3 abzuberufen “Dass dem Vorstand ein gewisses Ermessen iSd Business Judgment Rule zukommt, ändert daran nichts.” Nun: Neue Stiftungsvorstände haben iSd BJR zu entscheiden, ob Schadenersatz gegen Vorgänger geltend gemacht wird. CHSH 2017

25 Beweislastverteilung
BJR entspringt US-amerikanischem Richterrecht USA: Kläger trägt Beweislast, dass Voraussetzungen der BJR nicht gegeben => diese Grundsätze mit übernommen? 1. Entscheidung: OGH ließ Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung genügen für Anwendbarkeit der BJR, und dass diese innerhalb der Befugnisse des Stiftungsvorstands lag 2. Entscheidung: Beweislast des rechtmäßigen Alternativverhaltens trifft Geschäftsführer Vertretbarkeit? CHSH 2017

26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Hon.-Prof. Dr. Irene Welser Head of Department Contentious Business Partner Parkring Wien Telefon: +43/1/


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