Arbeitsrecht und Social Media

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 Präsentation transkript:

Arbeitsrecht und Social Media Hamburg – 13. September 2016

Einstellung / Recruiting Soziale Netzwerke als Arbeitsmittel Nicht-dienstliche Bezüge Kündigung Datenschutz

Soziale Netzwerke im Unternehmen Einstellung – Recruiting Soziale Netzwerke als Arbeitsmittel Private Nutzung Sozialer Netzwerke Kündigung

I. Soziale Netzwerke im Unternehmen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

II. Einstellung - Recruiting Renteneintrittsklauseln, monatsweise Aufstockung

Bewerberinformationen über Soziale Netzwerke: keine Verbotsnorm (Beschäftigendatenschutzgesetz kam bislang nicht) keine Trennung zwischen berufsbezogenen und privaten Netzwerken (str.) Anlehnung an Fragerecht des Arbeitgebers maßgeblich § 32 BDSG Einschleichen unzulässig !!

Mitarbeiterinformationen über Soziale Netzwerke (Background-Screening): problematisch, da Arbeitsverhältnis schon begründet Eigengewinnung ist nicht gleich Drittbeschaffung beachte: Wirkung auf Mitarbeiter Messlatte: § 32 BDSG

§ 32 BDSG – Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses Neuregelung bereits zum 01.09.2009 betrifft „Beschäftigte“ zentrales Merkmal: Erforderlichkeit (vorher § 28 BDSG: „dienen“) besondere Regelung bei Straftaten

(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Headhunting über berufsbezogene Netzwerke: eröffnet „Abwerbekanal“ Abwerben grundsätzlich erlaubt nur Kontaktaufnahme und Erstbeschreibung der neuen Stelle wettbewerbsrechtlich zulässig (auch bei der Arbeit) unzulässig, wenn Verleiten zum Vertragsbruch und Druckausübung durch Kontakt über Erstgespräch hinaus

grundsätzlich nicht möglich Arbeitgeberangabe nicht untersagbar Aufforderung zu Präsenzunterlassung in Sozialen Netzwerken durch den Arbeitgeber? grundsätzlich nicht möglich Arbeitgeberangabe nicht untersagbar Untersagung der Darstellung von Interna möglich (Projekte, Verfahren pp., u.U. problematisch bei Befugnissen, Kompetenzen und Stellungen u.s.w.) Beispiel: „mehrjährig Projektleiter in …-Verfahren“

III. Soziale Netzwerke als Arbeitsmittel

Soziale Netzwerke sind „normale“ Arbeitsmittel: „Eigentum“ des Arbeitgebers Leistungs- und Nutzungsbestimmungen werden durch den Arbeitgeber definiert (ggf. mitbestimmt) Nutzungsverhalten wird durch Weisungsrecht bestimmt

Das Weisungsrecht umfasst sämtliche dienstlichen Äußerungsinhalte Pflicht zur Entfernung dienstlicher Beiträge Anordnungsberechtigung zur Änderung Berechtigung zum Erstellen konkreter Beiträge und Inhalte

Wer ist Urheber der veröffentlichten Inhalte: Mitarbeiter erstellt Inhalte für den Arbeitgeber im Rahmen seines Arbeitsvertrages Urheberrecht hat der Arbeitgeber, nicht der Mitarbeiter keine besondere Vergütungspflicht für „Schöpfungen“

Zahngold im Krematorium – BAG Urt. v. 21.08.2014 – 8 AZR 655/13 Früchte der Arbeit stehen umfassend dem Arbeitgeber zu Anspruchsgrundlage § 667 BGB

Häufige Probleme im dienstlichen Umgang mit Sozialen Netzwerken durch Mitarbeiter: Verletzung von Urheberrechten (insb. Bilder) unabgestimmte Löschvorgänge durch Mitarbeiter wettbewerbsrechtliche Problematiken Verletzung von Betriebsgeheimnissen

Probleme anlässlich der Beendigung von Arbeitsverträgen: Wem gehören Account-Daten? Herausgabepflicht für Passwörter? Anspruch auf Löschen von Mitarbeiterbildern und Textbeiträgen? Anfertigung von Dokumentationen? Verpflichtung zu Nacharbeiten (auch über das Beendigungsdatum hinaus?)

IV. Private Nutzung Sozialer Netzwerke Meldepflichten AU

Private Nutzung Sozialer Netzwerke ist grds. Privatverhalten kein Zugriff auf privates Verhalten durch Direktionsrecht keine Regelung durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen möglich (AGB-Kontrolle) privater Bereich wird verlassen, sobald dienstliche Bezüge entstehen

Ansehensbeeinträchtigungen des Arbeitsgebers durch privates Mitarbeiterverhalten i.d.R. irrelevant Fälle: Nylon+Heels; Lions-Club-Schild

Ansehensbeeinträchtigung des öffentlichen Arbeitgebers – BAG Urt. v. 28.10.2009 – 2 AZR 293/09 nach neuem Tarifrecht keine Pflicht mehr, gesamtes Privatleben auf Ansehen des Dienstherrn abzustimmen aber: Geltung von § 241 Abs. 2 BGB (Rücksicht auf Vertragspartner) nur bei Bezug zur dienstlichen Tätigkeit

Private Nutzung Sozialer Netzwerke am Arbeitsplatz: verletzt die Arbeitspflicht (Ausnahme: Pausen) problematisch, wenn private Internetnutzung (ggf. teilweise) erlaubt oder wenigstens geduldet kein Unterschied, ob mit privatem Smartphone oder über Arbeitgeber-EDV singulärer Verstoß eher geringfügige Vertragspflichtverletzung

V. Kündigung

Kündigungsperspektive bei Beleidigungen von Arbeitgeber, Vorgesetzten, Kollegen und Kunden Drohungen Geheimnisverrat / Verstoß gegen Vertraulichkeit Verletzung der Arbeitspflicht durch Aktivität in Sozialen Netzwerken Dokumentation von Pflichtverletzungen, insb. EfZ-Betrug

Beleidigungen Typische Tathandlungen bei Beleidigungen in Sozialen Netzwerken: direktes Äußern durch posten eines entsprechenden Beitrags (Statusmitteilung, Tweet pp.) Empfehlen- oder Teilen Funktion (Facebook) Re-Tweet (Twitter) „Gefällt-mir-Button“ auf Beitrag eines Dritten angeklickt (Facebook)

Like-Button für kritischen Arbeitgeberbeitrag gesetzt – ArbG Dessau-Roßlau Urt. v. 21.03.2012 – 1 Ca 148/11 Setzen des Like-Buttons als Zustimmung zu beleidigenden Äußerungen des Ehemanns gegenüber eigenem Arbeitgeber Kündigung nur nach vorhergehender Abmahnung

Relevante Beurteilungsfaktoren: Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit Art. 5 GG aber: Beleidigung ist Straftat „Betriebsüblichkeit“? Abgrenzung zur Kritik aber: Grenze zur Schmähkritik

Freie Meinungsäußerung und „Whistleblowing“ – EGMR Urt. v. 21.07.2011 – 28274/08 (Heinisch)

Kritische Arbeitnehmeräußerungen in einem Internetbeitrag – LAG Baden-Württ. Urt. v. 10.02.2010 – 2 Sa 59/09 „menschenverachtende Jagd auf Kranke“ „verschärfte Ausbeutung und Angriff auf gewerkschaftliche Rechte“ keine Vertragspflichtverletzung, wenn von Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt Auflösungsantrag unbegründet

Wissentlich falsche Äußerungen auf Youtube (Streik.TV) – BAG Urt. v. 31.07.2014 – 2 AZR 505/13 keine Berechtigung zur Verbreitung unwahrer Tatsachen über digitale Medien sachliche Kritik an betrieblichen Gegebenheiten über digitale Medien erlaubt Entscheidung im Kontext einer Betriebsratswahl

KZ-Vergleich „Arbeitsbedingungen wie im KZ“ – LAG Berlin-Brand. Beschl KZ-Vergleich „Arbeitsbedingungen wie im KZ“ – LAG Berlin-Brand. Beschl. v. 02.10.2014 – 10 TaBV 1134/14 Verfahren nach § 103 BetrVG betreffend Betriebsratsmitglied interne Äußerung in BR-Sitzung ggü. Personalleiterin emotionale Sachdiskussion noch hinzunehmende Sachkritik keine Grenze zur Schmähkritik überschritten

Drohungen Ernsthaftigkeit (oder nur Gefasel?) Androhung eines empfindlichen Übels Widerrechtlichkeit

Verletzung der Arbeitspflicht Verbotene Internetnutzung durch Leitenden BAG Urt. v. 14.04.2012 – 2 AZR 186/11 auch ein nach zeitlichem Umfang erheblicher Verstoß gegen ein ausdrückliches Verbot der privaten Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses sowie das Herunterladen pornografischen Bildmaterials schafft keinen absoluten Kündigungsgrund alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu beachten

Kündigung wegen missbräuchlicher Internetnutzung BAG Urt. v. 07.07.2005 – 2 AZR 581/04 ausschweifende private während der Arbeitszeit Internetnutzung kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen ausdrückliches Verbot nicht zwingend notwendig Duldung bedeutet nicht Billigung für die Zukunft Abmahnung nicht erforderlich Herunterladen pornografischen Materials birgt Risiko der Rufschädigung des Arbeitgebers

Dokumentation von Pflichtverletzungen Feststellung pflichtwidrigen Verhaltens über Beiträge in Sozialen Netzwerken: Hauptfallgruppe: AU/Efz-Betrug meist (nur) Verdachtskündigung Dokumentation?

Verdachtskündigung Ermittlungspflicht falls bislang bloß Anhaltspunkte (hemmt Frist nach § 626 Abs. 2 BGB) Anhörung des Mitarbeiters – ggf. schriftliche – ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung Nachermittlungspflicht bei Verteidigungsvorbringen ggf. erneute Anhörung des Mitarbeiters

Dokumentation von Pflichtenverstößen in Sozialen Netzwerken: Screenshots/Bildschirmausdrucke Bild- und Videodateien auf Datenträgern Zeugenbekundungen schriftliche Vermerke durch Zeugen

Querschnittsproblematiken Wann ist eine Äußerung öffentlich? Beweisverwertungsfragen Frist § 626 Abs. 2 BGB

Wann ist eine Äußerung öffentlich? bei Twitter immer in offenen Facebook-Profilen Problem: „Begrenztheit“ des Freundeskreises in anderen Sozialen Netzwerken, wenn Profil auf privat eingestellt Auffindungswahrscheinlichkeit relevant?

Kritische Arbeitnehmeräußerungen in einem Facebook-Beitrag – öffentlich? VGH München Beschl. v. 29.02.2012 – 12 C 12.264 „zum kotzen diese Penner“, neuer Anbieter „besonderer Fall“ i.S.v. § 9 Abs. 3 S. 1 MuSchG Abgrenzung zwischen privat und öffentlich erforderlich

Diffamierende Arbeitgeberangabe auf Facebook LAG Hamm Urt. v. 10.10.2012 – 3 Sa 644/12 Arbeitgeberangabe auf Facebook: „Menschen-Schinder & Ausbeuter, Leibeigener, dämliche Scheiße für Mindestlohn -20% erledigen“ Äußerung Vielzahl von Personen zugänglich Beschränkung auf Freundeskreis kann maßgeblich sein

Beweisverwertungsfragen: Persönlichkeitsrechte Datenschutzverstöße Abwägungsvorgang keine „Früchte des verbotenen Baumes“-Doktrin

Beweisverwertungsfragen: kein grundsätzliches Beweisverwertungsverbot aufgrund Verstoßes gegen datenschutzrechtlich Vorgaben Maß des Verstoßes gegen Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers entscheidend BAG eher kulant

Verwertung der unzulässigen Videoüberwachung – BAG Urt. v. 21.06.2012 – 2 AZR 59/09 verdeckte Videoüberwachung öffentlicher Plätze Verstoß gegen § 6 b BDSG führt nicht per se zur Unverwertbarkeit einer Videoüberwachung Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege ./. Persönlichkeitsrechte bei Verdacht einer Straftat oder schweren Vertragspflichtverletzung

Frist § 626 Abs. 2 BGB: 2 Wochen ab Kenntnis Hemmung bei Anhörungserfordernis bei Verdachtskündigung Dauertatbestand wegen ständiger Verfügbarkeit in Sozialen Netzwerken?