Soma und Psyche – Einheit oder Spagat Zu den Herausforderungen interdisziplinärer Kooperation 112. Jahrestagung der DGKJ, Hamburg, Norbert.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Peter Dobmeier Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH
Advertisements

Psychoonkologie in der MHH Die Mitarbeiterinnen
Dissoziation: Definition
Ambulante Psychotherapie und weitere psychotherapeutische Ansätze
HAUSOTTERSTRASSE – stationäre Jugendhilfe und Therapie
Kooperation der Oberlinschule mit der Grundschule Rommelsbach Das Rommelsbacher Modell Kinder in Not Lorek, Meißnest, Stirner,
18. Mai 2015 Dr. med. Cyrill Jeger-Liu, Olten
BIPOLARE STÖRUNGEN. Manie übersteigerte gute Laune – intensive Hochgefühle Vermindertes Schlafbedürfnis → zielloser Tatendrang Sprunghaftigkeit Enthemmung.
Kom verder. Saxion. SE Verhaltensbilder 06 Depression - Manie.
Geschichte Nach jahrelanger eigener Forschung in den Bereichen der Traditionellen Chinesischen - Tibetischen - buddhistischen und indianischen Medizin.
Schwerpunktprogramm Frauenarmut-Arbeit-Gesundheit Ziel ist, ein übertragbares Modell mit gesundheitsfördernden Angeboten für die Zielgruppe armutsbetroffener.
DIE VERGESSENE MEHRHEIT Die besondere Situation von Angehörigen Alkoholabhängiger H. Zingerle, S. Gutweniger Bad Bachgart – Therapiezentrum zur Behandlung.
LERN- UND ÜBUNGSKONTEXTE FÜR ELTERN SCHAFFEN HANDLUNGSANSÄTZE IN AMBULANTEN UND STATIONÄREN HILFEKONTEXTEN Elisabeth Schmutz Institut für Sozialpädagogische.
Therapeutische Arbeit mit Drogenabhängigen mit einem integrativen Ansatz Dr. med. Thomas Kuhlmann Psychosomatische Klinik Bergisch Gladbach.
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Bestandteil der III. Säule des Gesundheitswesens I IIIII ambulante stationäreÖffentlicher med. Versorgung med. VersorgungGesundheitsdienst.
Klasse 5a Donnerstag, 25. August 2016 Stefan Onitsch.
„Einem Depressiven zu sagen, dass er seine Probleme einfach vergessen soll, ist wie einem Blinden zu sagen, dass er genauer hinsehen soll.“ Affektive Störungen:
Kultursensible Suchtbehandlung- Bedeutung des therapeutischen Settings Dr. Ursula Fennen, MBA am 14. Juli 2016.
Infotreff 1.Allgemeine Informationen zum Training im BTZ 2.Führung durchs Haus 3.Abschlussrunde für offene Fragen 4.Einladung zum Mittagessen 5.Möglichkeit.
Grundlagen, Prävention und Umgang im Kontext Pflege
Kinder- und Jugendpsychiatrie Nürnberg
Eine Schule für die Kinder von Huanta.
Fachtagung Sport und GTS
Landestagung der Mobilen Jugendarbeit und Streetwork 2016
Was ist gute Kindheitspädagogik wert?
Vorstellung der Berufseinstiegsbegleitung an Ihrer Schule durch die
Reha Aktivitäten Profil R A P
(K)eine alternative Behandlung von Menschen mit Psychose
24. Vorlesung: Rehabilitation in der Psychiatrie
Herausforderung FTD – Umgang und Strategien
Case Management, Langzeitkranke - Prozess Teil 1
Die Psychotherapeutische Tagesklinik der Klinik Schützen Rheinfelden
Die Kirche im Dorf lassen
365 Tage Jugendcollege Resümee in Zahlen
Demenz Céline Caduff.
Ehrenamt und Arbeitsmarkt ? Zur Struktur einer guten Partnerschaft
Modul 3: Depression.
Transkulturelle Psychoonkologie
Sozialpolitischer Diskurs München 26.Juni 2008
KBS-Austauschplattform 2017 Zusammenarbeit mit der Psychiatrie
Hilfe und Schutz für geflüchtete Frauen und ihre Kinder „Heimat schaffen. Familie schützen. Zukunft schenken“ Einrichtung von „Zentralen Frühe Hilfen“
Master: Kapitel Blau ohne Bild Die Startfolie ist immer in KVBW-Blau.
über relevante Beratungs- und Hilfsangebote
Prof. Dr. Günter Gerhardinger Soziale Arbeit mit Einzelnen und Familien Übersicht über die Lehrveranstaltung Grundlegende Bestimmungsfaktoren der Praxis.
Autismus-Sprechstunde
Bewohnerumfrage 2017 im Altenheim St. Elisabeth
Erziehung in der Schule und zuhause
Ganztagsorientierungsklasse G T O an der Mittelschule Wasserburg
Abteilung Produktionssysteme
von Angelika Widhalm Präsidentin
Probleme, Projekte, Ziele
«Bewerbungsgespräche üben»
Kommunikation Köln 20. Januar
Therapieprozess Schlaganfall
Geschichte und Sozialkunde kombiniert
Überbetriebliche Lehrausbildung (ÜBA) ab 2008
Die 2 Seiten der Medaille vernetzender Arbeit
Kinderpalliativmedizin und stationäres Kinderhospiz in Bayern
Heinrich-Hertz-Berufskolleg Düsseldorf Anlage C - Informatik
Jugendsozialarbeit an der Elsbethenschule
Ambulant orientierte Medizin
Bezirksregierung Düsseldorf
Positionierung Fachfrau/-mann Langzeitpflege und –betreuung in der Domicil-Gruppe Claudia Kubli, Leiterin Bildung Domicil.
Integrationsmanagement im Landkreis Ludwigsburg
Personalplanung - optimiert
Was wir erreichen möchten …
SAFE © SICHERE AUSBILDUNG FÜR ELTERN I Modellprojekt zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind Karl Heinz Brisch Kinderklinik und.
Wünsche an den stationären Sektor aus Perspektive der fachärztlichen ambulanten Versorgung Alicia Navarro Ureña | FÄ Psychiatrie & Psychotherapie | Itzehoe.
TOP TALK ÖSTERREICHISCHE KREBSHILFE WIEN:
Inklusiver Kindergarten im Röthelheimpark
 Präsentation transkript:

Soma und Psyche – Einheit oder Spagat Zu den Herausforderungen interdisziplinärer Kooperation 112. Jahrestagung der DGKJ, Hamburg, Norbert Kohl, Psychosomatische Abt., Kinderkliniken Darmstadt

Soma und Psyche in Mindanao und Cebu-City

Soma und Psyche in der Kinderklinik, im Alltag

Psychosomat. Ansätze im 20. Jahrhundert Holistischer Ansatz Jede Krankheit hat psychosoziale Aspekte Nicht Krankheiten, sondern Kranke behandeln Bedeutung des subjektiven Erlebens der Kranken Bedeutung der Arzt-Patient-Beziehung

Psychosomat. Ansätze im 20. Jahrhundert Psychogenetischer Ansatz (Psychoanalyse) Subjektive Innenwelt des Kranken Konfliktmodell Konversionsmodell Psychophysiolog. Ansatz Stress-Modell Adaptations-Krankheiten

Stress, Trauma und Vulnerabilität

Weitere Modelle Max Schur: Desomatisierung und Resomatisierung Alexander: Parallelität von Psychodynamik und Physiologie

Heute

Bio-psycho-sozial Frühe Bindung Epigenetik Psychoneuroimmunologie Praenatale Programmierung Lebensweise, Schwingung, Rhythmus

Doppelperspektive der psychosomat. Medizin Leib–Seele–Problem: „das zentrale Problem der Medizin“ (Uexküll) Methodischer vs. ontologischer Dualismus Lebensgeschichte und Subjektivität, emotionales, geistiges und körperliches Erleben vs. körperliche Gesetzmässigkeiten Psychosomatik: Spezialdisziplin oder Grundlagenfach

Einheit und Spagat Wie gelingt die Integration der somatischen und psychomatischen Medizin in der Kinderklinik ?

Peter 1 Diagnose M. Crohn im Alter von 12 Jahren Schwerer Verlauf mit ständigen Schüben u. Diarrhoe Zuletzt Behandlung mit Remicade und MTX und Ernährung über Nasensonde mit Spezialnahrung Vorstellung mit Frage begleitender Anorexie Schwierige familiäre Situation, Eltern seit 10 Jahren getrennt, Mutter ehemal. Pflegekind mit Bindungs- u. Bezieh.störung, P. ohne Freunde, ganztags Video

Peter 2 Ambulant Diagnose Depression, Empf.: stat. Beh. Stationäre psychosomatische Behandlung in den Kinderkliniken DA über 6 Monate mit intensiver Einzel-, Gruppen u. Kreativtherapie u. Elternarbeit Begleitende intensive somatische Therapie Ständige Absprachen zw. Kinder-GE und PSO am Ende psychische Stabilisierung und Gewichts- zunahme von 10 kg Übergabe an externe Kinder-GE und Psychotherapie Umzug zum Vater

Darmstädter Kinderkliniken 100 Betten + 10 (PSO) + 4 (som.) Tagesklinik-Plätze 6200 Aufnahmen/Jahr gesamt 2000 Aufnahmen/Jahr Schulkinder-Station Spektrum mit > 10 Fach-Ambulanzen 8 Weiterbild.ermächtigungen

Exkurs Epidemiologie 15-20% psych. Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen, davon ca. 1/3 behandelt 25% psychiatrische Störung bei Kindern in Kinderkliniken Zunahme von Angst- und Panikstörungen, PTBS, von funktionellen Schmerzstörungen u. Adipositas

Psychosomatik in den Darmstädter Kinderkliniken Abteilung seit 15 Jahren inzw. 20 vollstationäre Betten und 10 TK-plätze Fast 50 MitarbeiterInnen, davon viele in Teilzeit Stabile Belegung > 100 % Diverse Schwerpunkte (Anorexie, Schmerzstörungen, Ängste u. Depression, PTBS, Pat. mit chron. Erkrankungen, z.B. CED, DM) 2 Ermächtigungs-Ambulanzen 270 psychosomat. Konsile im Jahr 2016 Krisentelefon u. Krisensprechstunde – Projekt ANNA Dysphagie/Sondenentwöhnung/Fütterstörung

Konsile 2016 Kinderkliniken Darmstadt 269 Konsile (davon 53 Pat. m. Diabetes) Durchschnittsalter 12 Jahre 68% weiblich, 32% männlich 49 Pat. (ca. 18%): direkt od. später Aufn. in PSO Hauptdiagnosen: 59 Pat. Anpass.- und Belastungsstörungen 59 Pat. dissoziative und somatoforme Störungen 38 Pat. emot. Störungen Ki-alter 29 Pat. Ess-Störungen 26 Pat. Affekt. Störungen 25 Pat. ohne PSO-Diagn.

Modelle psychosomat. Konsiliartätigkeit Emergency response model Case finding model Anticipatory model Education and training model Continuity Collaborative care model Thun-Hohenstein in Frank/Mangold 2001

Kinderkliniken Darmstadt

Interdisziplinäre Kooperation Enge Zusammenarbeit mit Klein- und Schulkinderstation Abt. Gastroenterologie und Diabetologie im Bereich Anorexia nervosa im Oberarzt-/Leitungsbereich bei internen und externen Fortbildungen Weiterbildung Krankenschwestern, PJ u. Ass.-Ärzte

Interdisziplinäre Kooperation Angebot psychosomat. Gespräch bei allen Erst- Manifestationen Diabetes u. CED Ambulante und stationäre Betreuung von Pat. mit chron. Erkrankungen (v.a. Diabetes, CED) Betreuung von Schmerzpatienten Wöchentliche Chefarzt-Visiten auf der PSO-Station Teilnahme der PSO-Ärzte an tägl. Arztbesprechungen Wöchentliche somatische Visite Spezial-Sprechstunden: Urotherapie, UMA

Was ist wichtig, was läuft gut in Darmstadt ? Entscheidend ist Positive und wertschätzende Haltung des Chefarztes, der Abt. gegründet und mit-aufgebaut hat Wichtig sind Persönlichkeit und Doppel-Facharzt des Abt.leiters Personal (gute Qualifikation, menschliche Qualität) Tiefenpsycholog. Verstehen bei gleichzeitiger Pragmatismus i.d. Anwendung diverser Methoden Bescheidenheit und gleichzeitig Erfolg der Arbeit

Verbesserungsbedarf ? früher manchmal Überweisung infauster Patienten z.Zt. noch wenig Kooperation mit Neonatologie u. Pulmonologie Kooperation mit niedergelassenen Kinderärzten und Therapeuten poststationäre Nachbetreuung (Begrenzung der Ermächtigung) Übergang von Patienten von der pädiatrischen zur psychosomat. Station Konsile bei V.a. Somatisierungsstörungen (s.u.)

Herausforderungen Kontinuierliche Weiterbildung von Ass.-Ärzten und Schwestern Aufrechterhaltung guter Kommunikationsstrukturen Adaequater Umgang mit Abwehr gg.über Psycho- somatik bei Patienten und Personal Ggfs. Unerfahrenheit junger TherapeutInnen Erfolg der therapeutischen Arbeit und gute Belegung Schaffung eines positiven image auf allen Ebenen Konsile z.B. bei Patienten mit Verdacht auf dissoz. und/oder Somatisierungsstörungen

Notwendigkeiten langsames Wachstum mit Etablierung von Strukturen Aufbauphase – Professionalisierung -Standardisierung Ständige Qualitätsüberprüfung Öffnung für Neues Ständige Supervision Weiterbildung (z.B. Traumatherapie) Kommunikation Somatik-Psychosomatik Therapie-Evaluation Vorträge/Veröffentlichungen und Forschung

Ausblick Gemeinsame somat.-psychosomatische Sprechstunde für Heranwachsende Partnerklinik für Austausch u. Patenschaft für 3. Welt Vernetzung ambulant - stationär in der poststation. Betreuung Internet-basierte Nachsorge Schulungen, Psychoedukation (Bauchschmerztage) ggfs. Therapie-Module Prävention: Vorträge in Schulen (Projekt ANNA)

Soley, 15 Jahre Fallbeispiel mit komplexer Verknüpfung von organischer und seelischer Störung

Pat. mit Anorexie standardmässige somatische Abklärung, ggfs. erweiterte Abklärung bezügl. evtl. Ursachen und Folgen der Anorexie, insbes. Auschluss CED, Tumor, Achalasie, Infektion u.a. Enge Kooperation im Verlauf (Ernährungsberatung, Sondenernährung, Supplementierung von Vitaminen u.a., Abklärung, ggfs. Behandlung neuer somatischer Symptome, z.B. Kardiologie, Gynäkologie, Neurologie 1x Delir bei fragl. refeeding-Syndrom)

Was brauchen wir Raum Zeit

Danke

Literaturhinweise Frank/Mangold: Psychosomat. Grundversorgung bei Kindern und Jugendlichen (2001) Uexküll: Psychosomat. Medizin (2012) Uexküll: Integrierte Psychosomat. Medizin (1992) Jannsen/Joraschky/Tress: Leitfaden Psychosomat. Medizin (2006) Herp.-Dahlmann u.a.: Psychosomat. Kompendium der Pädiatrie (2006) Bürgin: Psychosomatik im Kindes- u. Jug.alter (1993) Viktor v. Weizsäcker: Gesammelte Schriften (1986)