L E O N A R D O Graphische Darstellungen der intersystemischen Koordination bei Erwerbs- und Versorgungs- schäden unter Berücksichtigung haftpflichtrechtlicher Parameter und der zeitlichen Kongruenz Reto Menzi 1
L E O N A R D O 2 Alter ~ / † hypothetische Einkommensent- wicklung (= Valideneinkommen) haftpflichtrechtlich ist der Nettolohn ersatzfähig Effektiv erzielter Lohn hypothetische Altersleistung (ohne Unfall) konkretehypothetische Schadensberechnung UnfallRechnungstagAHV-AlterTod Nominale Lohn- entwicklung Reale Lohnent- wicklung, weil gemäss BGE die Teuerung im Dis- kontierungssatz von 3,5 % ent- halten ist fortlaufende Abgeltung Abgeltung in der Regel in Kapitalform (Wahlrecht des Geschädigten, nicht aber der regressierenden Versicherer) Erwerbsausfall (Schadenersatz) Reto Menzi
L E O N A R D O Einleitende Bemerkungen Reto Menzi Die nachfolgenden Graphiken gehen insbesondere von folgenden kumulativen Prämissen aus: 1. Die verunfallte Person ist in einem 100 %igen Pensum erwerbstätig und hat für zwei schulpflichtige Kinder zu sorgen 2. Sie untersteht obligatorisch (oder freiwillig; Art. 4 UVG und Art. 4 BVG) der AHV / IV, dem UVG und dem BVG 3. Sie hat vor dem Ereignis die Beitragspflicht der AHV / IV lückenlos erfüllt, i. c. keine längerfristige Erwerbslosigkeit oder Erwerbstätig- keit im Ausland 4. Ihr Erwerbseinkommen erfuhr in der Vergangenheit eine dynami- sche Entwicklung ohne Unterbrüche und grosse Schwankungen
L E O N A R D O Einleitende Bemerkungen Reto Menzi Die nachfolgenden Graphiken gehen insbesondere von folgenden kumulativen Prämissen aus: 5. Das Einkommen der verunfallten Person liegt im Unfallzeitpunkt beim gleichen Arbeitgeber über der Eintrittsschwelle nach Art. 7 BVG (2015 = mind. CHF , i. c. 75 % der maximalen AHV-Altersrenten) und unter dem Höchstbetrag des versicherten Verdienstes nach UVG bzw. Art. 22 Abs. 1 UVV (seit 2016 = CHF , ab 2008 = CHF , ab 2001 = CHF , vorher CHF etc.) 6. Die unfallkausale Erwerbsunfähigkeit beträgt mindestens 40 % 4 7. Die Teuerungszulagen der Sozialversicherungen bleiben unbe- rücksichtigt
L E O N A R D O 5 Invalidität 100 % Alter ~ / hypothetische Einkommensent- wicklung (= Valideneinkommen / mutmassl. entgang. Verdienst) sozialvers.-rechtlich ist der Bruttolohn massgeblich! hypothetische Altersleistung (ohne Unfall) Effektive Altersleistung konkretehypothetische Schadensberechnung Rentenschaden UnfallRechnungstagAHV-AlterTod Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) 1. Phase UVG-Taggelder (80 % des versicherten Verdienstes ab 3. Tag nach dem Unfall) UVG- Taggelder Direktschaden? 2. Phase Kombination UVG-Taggelder mit (praxisgem. rück- wirk. ausgericht.) IV-Renten: die Taggelder werden gekürzt, soweit sie zusammen mit den IV-Renten den mutm. entg. Verdienstes etc. übersteigen (ATSG 69) IV-Renten (+ 2 Kinderrenten) UVG-Taggelder 3. Phase Kombination IV-Renten mit UVG-Renten: wenn beide Renten zusammen > 90 % des versicherten Verdienstes Komplementärrente (UVG 20 II) 4. Phase Kombination IV-, UVG- und PK-Renten: soweit alle drei Renten zusammen 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen, wird Letztere gekürzt (Art. 24 BVV 2; vgl. auch PK-Reglement) 5. Phase Verkürzung der Altersleistungen durch invaliditäts- bedingt weggefallene Arbeitnehmer- und Arbeit- geberbeiträge: Ersatz im Rahmen der nichtfinan- zierten Renten nach AHV-Alter (BGE 126 III 41) Reto Menzi komplementäre UVG-Invalidenrenten Invaliden-Kinderrenten für 1. Kind Invaliden-Kinderrenten für 2. Kind IV-Invalidenrenten allenfalls zuzüglich Mehrkosten etc. ? Die IV- und UV-Renten reichen wegen der weggefallenen Kinder- renten nicht mehr aus, 90 % des versicher- ten Verdienstes abzudecken. Die UV- Rente wird deshalb nicht mehr ge- kürzt, d. h. keine Komplementärrente mehr versicherter Verdienst nach UVG (Art. 22 Abs. 3 UVV) ordentliche UVG-Invaliden- renten PK-Invaliden- und Kinderrenten (soweit der maximale Leistungsanspruch ausreicht) Effektiv erzielter Lohn 90 % 100 %
L E O N A R D O 6 Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Zusammenfassung 1. Phase 2. Phase 3. Phase 4. Phase Taggeld aus UVG (80 % des versicherten Verdienstes am Unfall- tag ab 3. Tag nach dem Unfall; Art. 16 f. UVG Das Taggeld aus UVG trifft auf (i. d. R. rückwirkend ausgerichtete) Rente(n) der IV Kumulation bis 100 % des mutmasslich ent- gangenen Verdienstes; Art. 69 Abs. 2 ATSG Die Rente aus UVG trifft auf Renten der IV Kürzung der UV- Rente, sofern beide Renten zusammen 90 % des versicherten (Renten-)Verdienstes übersteigen; Art. 20 Abs. 2 UVG Die Renten der IV und UV treffen auf Rente der beruflichen Vor- sorge (PK-Rente) Kürzung der PK-Rente, sofern alle Renten zusammen 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen; Art. 24 Abs. 1 BVV 2 im ersten Jahr nach dem Unfall i. d. R. ab dem zweitem Jahr nach dem Unfall mit Erreichen des medizinisch. Endzustandes theoretisch ab 2., praktisch immer nach 3. Phase Reto Menzi
L E O N A R D O 7 Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Zusammenfassung 4. Phase Die Renten der IV und UV treffen auf Rente der beruflichen Vor- sorge (PK-Rente) Kürzung der PK-Rente, sofern alle Renten zusammen 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen; Art. 24 Abs. 1 BVV 2 theoretisch ab 2., praktisch immer nach 3. Phase Reto Menzi 5. Phase ab AHV-Alter Die Verkürzung der Altersleistungen durch invaliditätsbedingt wegfallende Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge wird i. d. R. durch die lebenslänglich auszurichtenden UV-Renten sowie die Besitzstandgarantie der IV aufgefangen. Der Regress der Sozial- versicherer richtet sich nach dem Ausmass der nichtfinanzierten Renten nach dem AHV-Alter; BGE 126 III 41 ACHTUNG Die erste UVG-Revision, welche voraussichtlich am in Kraft tritt, sieht für Versicherte, die im Unfallzeitpunkt > 45 Jah- re alt sind, ab dem AHV-Alter eine Kürzung der UV-Rente von 2 % vor, wenn IV-Grad >= 40 %, sonst 1 %; Art. 20 Abs. 2 ter UVG
L E O N A R D O 8 Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Besonderheiten zu ATSG 69 II 2. Phase Das Taggeld aus UVG trifft auf (i. d. R. rückwirkend ausgerichte- te) Rente(n) der IV Kumulation bis 100 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes; Art. 69 Abs. 2 ATSG i. d. R. ab dem zweitem Jahr nach dem Unfall Reto Menzi Überentschädigungsberechnung ab Beginn bis zum Ende des Taggeldanspruches; BGE 8C_361/2013 E. 4.1 vom und 117 V 394 vom Global- methode Grenzen- los Der mutmasslich entgangene Verdienst unterliegt betraglich keiner oberen Grenze; BGE 123 V 197 vom Auch nicht versicherte Einkommen, z. B. aus selbständiger Erwerbs- tätigkeit (BGE 126 V 93 vom ), und solche aus Ne- benerwerb (8C_46/2013 vom ) sowie Kinderzulagen (B 60/02 vom ) werden zum mutmasslich entgan- genen Verdienst addiert
L E O N A R D O 9 Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Besonderheiten zu ATSG 69 II 2. Phase Das Taggeld aus UVG trifft auf (i. d. R. rückwirkend ausgerichte- te) Rente(n) der IV Kumulation bis 100 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes; Art. 69 Abs. 2 ATSG i. d. R. ab dem zweitem Jahr nach dem Unfall Reto Menzi Ein hypothetisches Resterwerbseinkommen bei einer nicht ver- werteten Arbeitsfähigkeit wird bei der Überentschädigung im UVG nicht angerechnet; vgl. BGE 117 V 394 E. 4 vom Die Schadenminderungspflicht wird bei der Ermittlung der Überent- schädigung nicht berücksichtigt. Fiktives Restein- kommen Mehr- kosten Siehe Empfehlung 3/92 der AD-HOC-Kommission Schaden UVG vom : nicht versicherte Behandlungskosten wie z. B. Privatabteilungen, Diätkost, Kosten für fremde Hilfe im Haushalt, Behandlungs- und Betreuungsmehrkosten, Anwaltskosten für das sozialvers.-rechtliche Verfahren etc.; BGE 139 V
L E O N A R D O 10 Invalidität 100 % Alter ~ / sozialvers.-rechtlich ist der Bruttolohn massgeblich hypothetische Altersleistung (ohne Unfall) Effektive Altersleistung konkretehypothetische Schadensberechnung PK Renten Rentenschaden UnfallRechnungstagAHV-AlterTod Erwerbsausfall (Schadenersatz) Haftpflichtrechtlicher Ausgleich Ersatzfähig ist der Nettolohn, i. c. Bruttolohn abzüglich eingesparte Sozialversicherungsbeiträge und Gewinnungskosten) UVG- Taggelder IV-Renten (+ 2 Kinderrenten) UVG Taggelder Reto Menzi IV-Renten allenfalls zuzüglich Mehrkosten etc. ? UVG Renten Nettolohn abzüglich Ge- winnungskosten haftpflichtrechtlich nicht geschuldet! Geht die Überentschädigung zu Lasten der Sozialversicherer oder ist sie an andere Schadenspositionen, wie z. B. an den Haushaltführungsschaden, anrechenbar?
L E O N A R D O Regress- substrat PK 20'000 UVG 50'000 IV 30'000 UVG 60'000 Kein Direktschaden Ausgleich bei höheren Sozialversicherungsleistungen als haftpflichtrechtlichen Ersatz Haftpflicht- rechtlicher Schaden IV 36'000 PK 24'000 Verteilung des Regresssubstrates Reto Menzi ' '000 Aufteilung des Regress- substrates im Verhält- nis der erbrachten Leistungen (vgl. ATSV 16 + BVV 2 27e) 100'
L E O N A R D O UVG 54'000 Direktschaden (DS) 12'000 Ausgleich bei reduzierter Ersatzpflicht des Verursachers Haftpflicht- rechtlicher Schaden 120'000 Ersatz- pflichtiger Schaden (= ⅔) 80'000 IV 32'400 Aufteilung des Regresssubstra- tes im Verhältnis der erbrachten Leistungen (vgl. ATSG BVV 2 27e) Quotenvorrecht Reto Menzi 12 Reduktion z. B. wegen Selbstver- schulden (ATSG 73 II + BVV 2 27a I sowie BGE 4A_246/2008) Ersatz- pflichtiger Schaden (= ⅔) 80'000 Verbleiben- des Re- gresssub- strat 68' '000 PK 13'600 UVG 34'000 IV 20'400 DS im Quo- tenvorrecht PK 21'600
L E O N A R D O 13 Alter ~ / † 100 % 90 % hypothetische Altersleistung (ohne Unfall) Effektive Altersleistung UVG-TG konkretehypothetische Schadensberechnung PK-Renten Rentenschaden UnfallRechnungstag UVG-TG AHV-AlterTod IV-Renten Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Invalidität 100 % Art. 24 BVV 2 Reto Menzi sozialvers.-rechtlich ist der Bruttolohn massgeblich Nettolohn abzüglich Ge- winnungskosten Soweit der maximale Leistungsanspruch ausreicht! Leistungs- einstellung mangels Adäquanz haftpflichtrechtlich nicht geschuldet! Der maximale Leistungsanspruch reicht nicht aus, 90 % des mut- mutmasslich entgangenen Ver- dienstes auszugleichen. Deshalb ist ein Direktschaden möglich.
L E O N A R D O 14 UVG-Renten Alter ~ / † hypothetische Lohnentwicklung (= Valideneinkommen) 100 % hypothetische Altersleistung (ohne Unfall) Effektive Altersleistung IV-Renten konkretehypothetische Schadensberechnung PK-Renten Rentenschaden UnfallRechnungstag versicherter UVG-Verdienst AHV-AlterTod IV = 100 % IV = 50 % 50 % UVG- Taggelder IV UVG-TG 45 % Erwerbsausfall (Soz.-vers.-leistungen) Invalidität 100 %, anschliessend 50 % ATSG 69 UVG 20 II Art. 24 BVV 2 Reto Menzi Bei der Koordination nach Art. 20 II UVG bleibt der effektive oder hypothetische Invali- denverdienst unberücksichtigt. Es entsteht daher häufig eine haftpflichtrechtliche Überentschädigung.
L E O N A R D O Kind Versorgungsbedarf 1. Kind Sozialversicherungsleistungen und Schadenersatz Alter ~ / 65 hypothetische Lohnentwicklung 100 % 90% Unfall mit Todesfolge versicherter UVG-Verdienst AHVUVGPK Versorgungsbedarf Versorgung aus Erwerb UVG 31 Abs. 4 Art. 24 BVV 2 Reto Menzi Versorgungsbedarf der Witwe kein Schaden ! haftpflichtrechtlich Geht die Überentschädigung zu Lasten der Sozialversicherer oder ist sie an andere Schadenspositionen, wie z. B. der Versorgung aus Haushaltführung, anrechenbar? Versorgungsanteil des Verstorbenen
L E O N A R D O 16 Ergänzende Grundlagen Gemeinsame Empfehlung Nr. 1/2001 der Arbeitsgruppe BSV / SLK und Suva vom zum Rentenschaden Gemeinsame Empfehlung Nr. 3/2003 der Arbeitsgruppe BSV / SLK und Suva vom zu ATSG 69 Gemeinsame Empfehlung Nr. 7/2003 der Arbeitsgruppe BSV / SLK und Suva vom zum Regress von Vorsorgeeinrichtungen Reto Menzi Gemeinsame Empfehlung Nr. 6/2003 der Arbeitsgruppe BSV / SLK und Suva vom zu Versorgungs- schäden
L E O N A R D O 17 Indizes und Abhängigkeiten Nominallohnindex positiver Landesindex der Konsumentenpreise positiver Reallohn - index Positiver Reallohnindex Nominal- lohnindex negativer Landessindex der Konsumentenpreise Positiver Landesindex der Konsumentenpreise Nominal- lohnindex Negativer Reallohn- index z. B. 2015, 2013, 2012, 2009 z. B. 2011, 2010, 2007, 2006 z. B. 2008, 2005, 2000, 1999 Reto Menzi
L E O N A R D O 18 IV- / AHV- Renten IV- / AHV- Renten Art. 33 ter AHVG / Art. 36 f. IVG -Anpassung in der Regel alle zwei Jahre -arithmetisches Mittel zwischen Lohnindex (Nominallohnindex) und Landesindex der Konsu- mentenpreise (= Teuerung) AHV / IV (Leistungsanpassungen) Im Alter 25Im Alter 64 / 65 Reto Menzi
L E O N A R D O 19 UVG- Renten UVG- Renten Art. 34 UVG - Teuerungszulagen -Anpassung mit den Renten der AHV / IV -Landesindex der Konsumenten- preise (= ausschliessl. Teuerung, d. h. Kaufkrafterhaltung) UVG (Leistungsanpassungen) Im Alter 25 Im Alter 64 / 65 Reto Menzi
L E O N A R D O 20 BV- Renten BV- Renten Art. 36 BVG – Anpassung an die Preisentwicklung -Erstmals nach drei Jahren Lauf- zeit, anschliessend mit den Ren- ten der AHV / IV -Landesindex der Konsumenten- preise (= ausschl. Teuerung, d. h. Kaufkrafterhaltung, analog UVG) PK (Leistungsanpassungen) Im Alter 64 / 65Im Alter 25 Reto Menzi
L E O N A R D O 21 Fazit Die Koordination im Sozialversicherungsrecht richtet sich nach dem validen Bruttoeinkommen Der Ausgleich im Haftpflichtrecht richtet sich nach dem validen Nettoeinkommen (4A_598/2009 / BGE 136 III 222). Im Sozialversicherungsrecht wird intersystemisch der Erwerbsausfall je nach Leistungskonstellation unter- schiedlich koordiniert und ausgeglichen. Reto Menzi Der Ausgleich der Valideneinkommensentwicklung ist im Sozialversicherungsrecht und Haftpflichtrecht unter- schiedlich
L E O N A R D O Vielen Dank für Ihr Interesse! Reto Menzi 22